VwGH vom 23.02.2017, Ro 2014/15/0043

VwGH vom 23.02.2017, Ro 2014/15/0043

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des Ing. G P in N, vertreten durch die dr. mayer gmbh, Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Honauerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100353/2011, betreffend Einkommensteuer 2008, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber war ab 1994 zu 5 % am Stammkapital der E GmbH beteiligt. Mit Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom veräußerte er - so wie alle weiteren Gesellschafter der E GmbH - seinen Geschäftsanteil an die H GmbH und die P AG und erzielte daraus sonstige Einkünfte gemäß § 31 EStG 1988 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010.

2 Der zwischen dem Revisionswerber und den weiteren Gesellschaftern der E GmbH als Verkäufer, der H GmbH sowie der P AG als Käuferinnen und der H AG abgeschlossene Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom lautet auszugsweise:

"ANTEILSKAUF- UND ABTRETUNGSVERTRAG

(...)

2.10 Die Verkäufer beabsichtigen, ihre

Geschäftsanteile an der Gesellschaft, die einer zur Gänze aufgebrachten Stammeinlage im Nennbetrag von insgesamt EUR 37.000 (...) und somit einer Beteiligung an der Gesellschaft von 100 % (...) entsprechen (...) gemäß den Bestimmungen dieses Anteilskauf- und Abtretungsvertrags (...) an die Käuferinnen zu verkaufen und abzutreten und die Käuferinnen beabsichtigen, die Anteile gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags von den Verkäufern zu kaufen und zu übernehmen.

2.11 Die Verkäufer (...) beabsichtigen darüber hinaus,

einen Teil der Forderung auf den ihnen gemäß diesem Vertrag zustehenden Fixen Kaufpreisanteil, der bei Vertragsunterfertigung entsteht und nach Eintritt der Aufschiebenden Bedingungen bei Closing fällig wird, im Ausmaß von EUR 1.950.000 (...), gemäß den Bestimmungen des diesem Vertrag im Entwurf als Anlage 2.11 angeschlossenen Sacheinlage- und Einbringungsvertrags (...) in die (H AG) einzubringen und an diese abzutreten und die (H AG) beabsichtigt, die Einbringungsgegenständlichen Forderungen im Wege der Sacheinlage und Einbringung gemäß den Bestimmungen des Sacheinlagevertrages von den Verkäufern zu erwerben und zu übernehmen.

(...)

3.2 Mit Vollzug der gemäß diesem Vertrag zwischen den

Verkäufern und den Käuferinnen vereinbarten Anteilsverkäufe und - abtretungen sind die Käuferinnen daher mit insgesamt 100 % (...) an der Gesellschaft beteiligt. Der Sacheinlagevertrag und dieser Vertrag bilden eine Einheit; keine der Vertragsparteien hätte einen der beiden Verträge abgeschlossen, ohne auch den anderen Vertrag gleichzeitig so abzuschließen, dass sichergestellt ist, dass das Eigentum an den Anteilen nicht vor Wirksamkeit des Sacheinlagevertrags an die Käuferinnen übergeht. Eine allfällige Ungültigkeit oder Unwirksamkeit dieses Vertrages bewirkt auch die Ungültigkeit bzw. Unwirksamkeit des Sacheinlagevertrags (und umgekehrt).

3.3 Der Stichtag des Vertrages (...) ist der Tag des

Closing (siehe auch Punkt 8). Mit Beginn (00:00) des dem Tag des Closing folgenden Kalendertages gehen Gefahr und Zufall sowie Lasten und Nutzen in Bezug auf die Anteile auf die jeweilige Käuferin über, soweit im Vertrag nichts anderes bestimmt wird.

3.4 Das Eigentum an den Anteilen geht Zug um Zug gegen

Bezahlung des Fixen Kaufpreisanteils (Baranteil und Aktienanteil)

an die Verkäufer gemäß Punkt 4.2 auf die Käuferinnen über.

(...)

4.1 Der Kauf- und Abtretungspreis für die Anteile

(...) besteht aus einem fixen Kaufpreisanteil gemäß Punkt 4.2 und

einem variablen Kaufpreisanteil (zusammen der ‚Kaufpreis').

4.2 Der fixe Kaufpreisanteil (...) beträgt

EUR 11.520.000 (...) und ist am Tag des Closing zur Zahlung (...) fällig. Ein Teilbetrag dieses Kaufpreisanteils in Höhe von EUR 9.570.000 (...) ist von den Käuferinnen in bar durch spesen- und abzugsfreie Überweisung mit Valuta des Tages der Vertragsunterfertigung auf das (...) Treuhandkonto des öffentlichen Notars (...) zu bezahlen. Zum Closing ist der Baranteil, samt angefallenen Zinsen, vom Treuhänder (...) auszuzahlen.

(...)

Die Forderung (...) auf den weiteren Teilbetrag des fixen Kaufpreises in Höhe von insgesamt EUR 1.950.000 (...), die bei Vertragsunterfertigung entsteht und nach Eintritt der Aufschiebenden Bedingungen bei Closing fällig wird, wird auf Basis des Sacheinlagevertrages gemäß Punkt 4.3 in die (H AG) gegen Ausgabe von insgesamt 600.000 (...) nennbetragslosen Stückaktien an der (H AG) mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von EUR 1 (...) und einem Ausgabekurs von EUR 3,25 (...) je Stückaktie (...) eingebracht. (...) Die Zuteilung und Übertragung der neuen (H AG)-Aktien (...) hat am Tag des Closing durch Übergabe entsprechender Zwischenscheine zu erfolgen.

(Die H AG) verpflichtet sich und sichert zu, dass die die gemäß dem vorstehenden Absatz (...) zu übertragenden und in Zwischenscheinen verbrieften Aktien an der (H AG) unverzüglich gegen Rückgabe der Zwischenscheine auf (...) bekanntzugebende Wertpapierkonten eingebucht und innerhalb einer Woche ab Einbuchung zum Handel im Prime Market der Wiener Börse zugelassen werden; (...)."

3 Am wurde der im Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom angeführte Sacheinlage- und Einbringungsvertrag abgeschlossen. Dieser lautet auszugsweise:

"SACHEINLAGE- und EINBRINGUNGSVERTRAG

(...)

1.2 Die Übertragenden haben aus einem Verkauf von

Geschäftsanteilen gemäß Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom , abgeschlossen zwischen den Übertragenden, der (H GmbH), der (P AG) sowie der (H AG), jeweils bereits entstandene, aber noch nicht fällige Forderungen gegen die (H GmbH) in nachstehend angeführter Höhe:


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Übertragender
Höhe der Forderung
(...)
(...)
(Revisionswerber)
EUR 97.500,--
(...)
(...)

1.3 Die Fälligkeit dieser Forderungen ist aufschiebend

bedingt mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in

das Firmenbuch (...).

1.4 Jeder der Übertragenden beabsichtigt, seine oben

ausgewiesene Forderung gegen die (H GmbH) in die (H AG) einzubringen (...).

Die Einbringung der Einbringungsgegenständlichen Forderungen durch die Übertragenden soll als Sacheinlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung der (H AG) aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der bestehenden Aktionäre der (H AG) erfolgen. (...)"

4 In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 wies der Revisionswerber u.a. Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung gemäß § 31 EStG 1988 in Höhe von 357.914,41 EUR aus, die vom Finanzamt zunächst erklärungsgemäß veranlagt wurden (Einkommensteuerbescheid vom ).

5 Über Aufforderung des Finanzamtes legte der Revisionswerber in weiterer Folge den Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom und eine Berechnung der Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen wie folgt vor:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Veräußerungserlös
fixer Kaufpreis (H AG)
479.678,08
variabler Kaufpreis
45.522,73
30.000 St. (H AG) Aktien
45.900,00
571.100,81
Anschaffungskosten (gemeiner Wert zum gem. § 124 b Z 57 EStG)
-205.000,00
Werbungskosten
Steuerberatung
-3.000,00
Rechtsberatung
-5.186,40
-213.186,40
357.914,41

6 Am hob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 299 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf und erließ einen Einkommensteuerbescheid 2008, in dem sonstige Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung gemäß § 31 EStG 1988 in Höhe von 393.314,41 EUR in Ansatz gebracht wurden. Begründet wurde die Erhöhung im Wesentlichen damit, dass sich die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 31 EStG 1988 auf den Veräußerungszeitpunkt beziehe und die Besteuerung des Erlöses aus der Veräußerung nach dessen Zufluss iSd § 19 EStG 1988. Im Abtretungsvertrag sei vereinbart worden, dass ein Teil des Fixkaufpreises von 1,950.000 EUR "durch Einbringung einer (anteiligen) Kaufpreisforderung gegen (die H GmbH) in die (H AG) gegen Erhalt von 600.000 Stückaktien der (H AG) berichtigt wird". Diese Aktien seien am (Tag des "Closing") in Form von Zwischenscheinen an den Revisionswerber und die weiteren Veräußerer übertragen worden. Bei Zwischenscheinen iSd § 8 Abs. 6 AktG handle es sich um von der Aktiengesellschaft ausgestellte Urkunden, die die Mitgliedschaft bis zur tatsächlichen Aktienausgabe verkörperten. Dieser Teil der Kaufpreisforderung aus der Beteiligungsveräußerung sei daher mit Zuteilung der Zwischenscheine an die Veräußerer als zugeflossen iSd § 19 EStG 1988 anzusehen. Am habe der Börsenkurs der H AG Aktie 2,71 EUR betragen. Für 30.000 Aktien ergebe sich ein Veräußerungserlös von 81.300 EUR. Die Wertminderungen zwischen der Übertragung der Zwischenscheine und dem Einbuchen der Aktien auf dem Wertpapierdepot stellten im außerbetrieblichen Bereich steuerneutrale Vermögensminderungen dar.

7 Der Revisionswerber berief gegen den Einkommensteuerbescheid vom und brachte in der Berufung im Wesentlichen vor, im "Closing Protokoll" vom sei (offensichtlich nicht ganz korrekt) festgehalten, die Aktien der H AG seien in Form von Zwischenscheinen an die Verkäufer übertragen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Börsenkurs der Aktie 2,71 EUR betragen. Am seien die Aktien auf dem Wertpapierdepot des Revisionswerbers eingebucht worden. Zu diesem Stichtag habe der Börsenkurs der Aktie 1,53 EUR betragen. Der Zufluss des nicht in bar zu begleichenden Kaufpreisteils sei nach Ansicht des Revisionswerbers am erfolgt. Für die Berechnung der Einkünfte aus der Veräußerung der in Rede stehenden Beteiligung sei der Kurswert der Aktie vom heranzuziehen, weil sich aus dem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag sowie dem Sacheinlage- und Einbringungsvertrag ergebe, dass die Begleichung der Schuld aus dem nicht in bar zu begleichenden Kaufpreisteil erst mit der Einbuchung der Aktien auf dem Wertpapierdepot erfolgt sei. Die Zwischenscheine hätten nur zur Sicherstellung gedient, weil in Punkt 4.2 des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vereinbart worden sei, dass die in den Zwischenscheinen verbrieften Aktien unverzüglich gegen Rückgabe der Zwischenscheine auf von den Verkäufern bekanntzugebende Wertpapierkonten einzubuchen seien. Die Verkäufer seien zur Rückgabe der Zwischenscheine verpflichtet gewesen. Wären bis zum nicht alle für die Vertragsabwicklung vorgesehenen Handlungen - zu denen die Einbuchung der Aktien auf den Wertpapierdepots der Verkäufer gezählt habe - durchgeführt worden, wäre gemäß Punkt 8.13 des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages sogar ein Rücktritt vom Vertrag möglich gewesen. Dies habe eine Übertragung der Zwischenscheine praktisch ausgeschlossen. Es sei daher nicht von einem Kaufpreiszufluss am auszugehen. Im Übrigen stelle der Börsenkurs am - selbst bei Annahme des Zuflusses an diesem Stichtag - keinen tauglichen Wertfür die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes dar, weil die Zwischenscheine nicht zum Handel im Prime Market der Wiener Börse zugelassen gewesen seien.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) - nach Durchführung von Erhebungen und eines Erörterungsgesprächs - keine Folge. Es vertrat - wie zuvor das Finanzamt - den Standpunkt, "dass der Revisionswerber bereits ab Aushändigung der Zwischenscheine am über seine Beteiligung an der (H AG) verfügen konnte" und dass für die Bewertung der in den Zwischenscheinen verbrieften Aktien der Börsenkurs vom maßgeblich sei.

9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 § 31 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lautete auszugsweise:

"(1) Zu den sonstigen Einkünften gehören die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war. (...)

(...)

(3) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös (...) einerseits und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten andererseits anzusetzen. (...)"

12 Der Revisionswerber war zu 5 % am Stammkapital der E GmbH beteiligt und hat seine Beteiligung - ebenso wie die weiteren Gesellschafter der E GmbH - an die H GmbH und die P AG veräußert. Der von der H GmbH und der P AG zu entrichtende Kaufpreis bestand u. a. aus einem fixen Kaufpreisanteil, der insgesamt 11,520.000 EUR betragen hat, am (Tag des "Closing") zur Zahlung fällig war und mit einem Teilbetrag in Höhe von insgesamt 9,570.000 EUR ausbezahlt worden ist. Die verbleibende Forderung in Höhe von 1,950.000 EUR, von der 97.500 EUR (5 %) auf den Revisionswerber entfielen, wurde gegen Ausgabe von 600.000 nennbetragslosen Stückaktien an der H AG, von denen 30.000 (5 %) auf den Revisionswerber entfielen, in die H AG eingebracht. Die vom Revisionswerber in die H AG eingebrachte Forderung in Höhe von

97.500 EUR wurde am (Tag des "Closing") fällig. Am wurden dem Revisionswerber auch die in Zwischenscheinen verbrieften Aktien der H AG zugeteilt.

13 Gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 gilt die Einlage von Wirtschaftsgütern in eine Körperschaft (hier: AG) als Tausch (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 6 Tz 63). Beim Tausch von Wirtschaftsgütern liegt jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor, wobei als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen ist (§ 6 Z 14 lit. b EStG 1988).

14 Der Revisionswerber hat seine Forderung im Tauschwege im Sinne des § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 abgetreten. Bereits dies führt zur Vereinnahmung des Entgeltes aus dem Verkauf der Beteiligung an der E GmbH. Das Entgelt bemisst sich nach dem Wert der in die H AG eingebrachten Forderung. Dem Wert der Aktien, die der Revisionswerber als Gegenleistung für die Einbringung der Forderung erhalten hat, kommt - entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung - bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung an der E GmbH keine Bedeutung zu.

15 Der Revisionswerber ist daher durch das angefochtene Erkenntnis nicht in subjektiven Rechten beschwert, weshalb die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am