VwGH vom 18.09.2012, 2009/11/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.13-125/2008-9, UVS 34.13-4/2008-9, wegen Übertretungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und des AZG (mitbeteiligte Partei: S P in S, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in 8020 Graz, Neubaugasse 24),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, insoweit sie sich gegen den Schuldspruch zu Spruchpunkt 2. wendet, als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen. II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom wurde dem Mitbeteiligten als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit als nach § 9 VStG nach außen berufenem Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft die Begehung von sechs Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz (AZG) bzw. die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 angelastet; über ihn wurden Geldstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.
Spruchpunkt 1 hatte eine Übertretung des Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 betroffen; diesbezüglich wurde der Berufung des Mitbeteiligten Folge gegeben und das Verfahren eingestellt.
Spruchpunkt 2 und 3 betrafen jeweils eine Übertretung des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Dem Mitbeteiligten wurde jeweils zur Last gelegt, nicht dafür gesorgt zu haben, dass der Arbeitnehmer W.P. nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von höchstens viereinhalb Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einhalte.
Der Lenker habe am (Spruchpunkt 2) bei einer Lenkzeit von 12.33 Uhr bis 17.29 Uhr erst nach vier Stunden und 43 Minuten eine Lenkpause eingelegt; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 4 Z 2 AZG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 77,-- (14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Weiters habe der Lenker am (Spruchpunkt 3) bei einer Lenkzeit von 6.12 Uhr bis 12.46 Uhr nur eine Lenkpause von 33 Minuten, am bei einer Lenkzeit von 7.09 Uhr bis 13.27 Uhr nur eine Lenkpause von 31 Minuten, vom , 23.25 Uhr bis , 6.33 Uhr, nur eine Lenkpause von 34 Minuten sowie am von 7.58 Uhr bis 13.48 Uhr nur eine Lenkpause von 24 Minuten eingehalten; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 4 Z. 2 AZG eine Geldstrafe von EUR 98,-- (18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Die weiteren Spruchpunkte 4, 5 und 6 betreffen Übertretungen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, des § 16 Abs. 3 AZG bzw. des § 13c Abs. 1 Z. 2 AZG, wobei der Mitbeteiligte zu Geldstrafen in Höhe von EUR 75,--, 72,-- bzw. 132,-- verurteilt wurde.
2. Mit Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark (UVS) die gegen den Erstbescheid erhobene Berufung des Mitbeteiligten hinsichtlich der Spruchpunkte 2. bis 6. dem Grunde nach mit der Maßgabe ab, dass die Spruchpunkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu einem neuen Spruchpunkt 2. zusammengefasst würden, wobei der Tatvorwurf (nach dem Einleitungspassus) laute:
"An folgenden Tagen wurde vom Lenker nach einer Lenkzeit von viereinhalb Stunden keine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt: Am , von 12.33 Uhr bis 17.29 Uhr; am , von 6.12 Uhr bis 12.46 Uhr; am , von 7.19 Uhr bis
13.27 Uhr; am , 23.25 Uhr bis , 6.33 Uhr; am , von 7.58 Uhr bis 13.48 Uhr."
Auch hinsichtlich der Spruchpunkte 4 bis 6 erfolgten - für die Erledigung des vorliegenden Beschwerdefalls nicht relevante - Modifikationen.
Hinsichtlich des Strafausspruchs wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und für die Übertretungen 2 bis 6 eine Ermahnung ausgesprochen wurde.
In der Begründung traf der UVS nach einer zusammenfassenden Wiedergabe des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und der dagegen erhobenen Berufung Feststellungen zur Stellung des Mitbeteiligten und seiner Tätigkeit im von ihm geleiteten Transportunternehmen, zu den Usancen bei Einsatz der Fahrer und Fahrzeuge sowie zum bestehenden Kontrollsystem im Allgemeinen und zum Einsatz des Fahrers W.P. im Besonderen, sowie zu den von diesem vorgenommenen Übertretungen von Arbeitszeitbestimmungen.
In der rechtlichen Beurteilung legte der UVS zunächst Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 dar und folgerte, dass diese Bestimmung eine Differenzierung danach, ob der Lenker die erforderliche Lenkpause verkürzt habe, oder er sie verspätet eingelegt habe, nicht vorsehe. Vielmehr handle es sich lediglich um eine Übertretung, nämlich dass nach einer Lenkzeit von viereinhalb Stunden keine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt wurde, weshalb die Spruchpunkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu einer Übertretung zusammenzuziehen gewesen seien und dafür lediglich eine Strafe zu verhängen gewesen sei.
Hinsichtlich des Verschuldens legt der UVS dar, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Delikten um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handle, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre. Bei diesen Delikten habe der Täter die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und es obliege ihm, alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich seien, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa auch gehöre, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellten. Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft mache, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Ermöglichung der Einhaltung dieser Vorschriften durch den Fahrtauftrag und trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Kontrollsystems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt sei, könne ihm ein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Das Kontrollsystem müsse geeignet sein, unter vorhersehbaren Umständen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften im jeweiligen Betrieb zu verhindern.
Im Folgenden legte der UVS - im Einzelnen, unter Bezugnahme auf die konkret vom Mitbeteiligten gesetzten Maßnahmen - dar, dass zwar ein ausreichend wirksames Kontrollsystem nicht bestanden habe, weshalb den Mitbeteiligten ein Verschulden an den gegenständlichen Übertretungen treffe; das vom Mitbeteiligten eingesetzte Kontrollsystem sei zwar nicht wirksam gewesen, er habe aber eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen sicherzustellen, den Lenker W.P. auch regelmäßig kontrolliert und ermahnt; letztlich sei das Dienstverhältnis mit ihm beendet worden. Das Verschulden des Mitbeteiligten sei daher, was wiederum näher ausgeführt wurde, als geringfügig anzusehen. Bei den festgestellten Übertretungen handle es sich jeweils um solche mit relativ geringfügigen Unter- oder Überschreitungen der Zeiten. Auch sei zu berücksichtigen, dass immerhin 21 Schaublätter für den gesamten Februar 2008 ausgewertet worden seien und insgesamt relativ wenige Übertretungen in diesem Zeitraum vorgelegen seien. Daher seien auch die Schutzzweckverletzungen nicht gravierend und die Folgen der Tat könnten sowohl im Hinblick auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers als auch auf die Verkehrssicherheit im Interesse der Allgemeinheit als unbedeutend angesehen werden. Es sei deshalb von der Verhängung einer Strafe abzusehen gewesen, das Aussprechen einer Ermahnung jedoch nötig gewesen, um dem Mitbeteiligten bewusst zu machen, dass ein Kontrollsystem noch einiger wesentlicher Verbesserungen bedürfe, um tatsächlich wirksam zu sein.
3. Gegen diesen Bescheid (gegen dessen Spruchpunkt 2. und den Ausspruch der Ermahnung zu den Spruchpunkten 2. bis 6.) richtet sich die auf § 13 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 gestützte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, mit der ebenfalls die Abweisung der Beschwerde begehrt wurde.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates, ABl. Nr. L 102/1 vom (iF: VO), von Interesse:
"(Erwägungsgründe)
(16) Nach den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 war es möglich, die täglichen Lenkzeiten und Fahrtunterbrechungen zu so planen, dass Fahrer zu lange ohne eine vollständige Fahrtunterbrechung fahren konnten, was zu Beeinträchtigungen der Straßenverkehrssicherheit und schlechteren Arbeitsbedingungen für die Fahrer geführt hat. Es ist daher angebracht, sicherzustellen, dass aufgeteilte Fahrtunterbrechungen so angeordnet werden, dass Missbrauch verhindert wird.
(17) Mit dieser Verordnung sollen die sozialen Bedingungen dür die von ihr erfassten Arbeitnehmer sowie die allgemeine Straßenverkehrssicherheit verbessert werden. Dazu dienen insbesondere die Bestimmungen über die maximale Lenkzeit pro Tag, pro Woche und pro Zeitraume von zwei aufeinander folgenden Wochen, die Bestimmung über die Verpflichtung der Fahrer, mindestens einmal in jedem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit zu nehmen, und die Bestimmung, wonach eine tägliche Ruhezeit unter keinen Umständen einen ununterbrochenen Zeitraum von neuen Stunden unterschreiten sollte. Da diese Bestimmungen angemessene Ruhepausen garantieren, ist unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der praktischen Durchführung in den vergangenen Jahren ein Ausgleichssystem für reduzierte tägliche Ruhezeiten nicht mehr notwendig.
…
Artikel 6
(1) Die tägliche Lenkzeit darf 9 Stunden nicht überschreiten.
Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.
(2) Die wöchentliche Lenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen, dass die in der Richtlinie 2002/15/EG festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
(3) Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten.
…
Artikel 7
Nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden hat ein Fahrer eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.
Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.
Artikel 8
(1) Der Fahrer muss tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.
…
Artikel 19
(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die vorliegende Verordnung und die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 Sanktionen fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, abschreckend und nicht diskriminierend sein. Ein Verstoß gegen die vorliegende Verordnung und gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 kann nicht mehrmals Gegenstand von Sanktionen oder Verfahren sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Maßnahmen und die Regeln bezüglich Sanktionen bis zu dem in Artikel 29 Absatz 2 genannten Datum mit. Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten entsprechend.
…
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein System verhältnismäßiger Sanktionen, die finanzielle Sanktionen umfassen können, für den Fall besteht, dass Unternehmen oder mit ihnen verbundene Verlader, Spediteure, Reiseveranstalter, Hauptauftragnehmer, Unterauftragnehmer und Fahrervermittlungsagenturen gegen die vorliegende Verordnung oder die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verstoßen."
4.2. Gemäß § 28 Abs. 4 Z 2 AZG sind Arbeitgeber, die Lenkpausen gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1815 Euro zu bestrafen.
4.3. Gemäß § 22 Abs 1 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder die Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.
4.4. Die belangte Behörde steht auf dem Standpunkt, bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung nach Art. 7 der Verordnung, wonach nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden ein Fahrer eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen hat, handle es sich - unabhängig davon, ob die Fahrtunterbrechung verspätet (Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses) oder zu kurz (Spruchpunkt 3) erfolgt - um ein einheitliches Delikt.
4.5. Demgegenüber vertritt die beschwerdeführende Partei die Auffassung, Art. 7 der VO sehe jedenfalls zwei Tatbestände vor, einerseits die Lage der Lenkpause (nach viereinhalb Stunden Lenkzeit) und andererseits die Dauer (wenigstens 45 Minuten). Von diesen Tatbeständen könne jeder für sich allein verwirklicht werden.
Einander ausschließende Strafdrohungen im Sinne des § 22 VStG lägen dann vor, wenn nicht jedes Tatbild für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden könnten; wenn also die Verwirklichung des einen Tatbestands die Verwirklichung des anderen zwingend nach sich ziehe.
4.6. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufgezeigt.
4.6.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen dann, wenn Rechtsvorschriften, die dem Schutz von Arbeitnehmern dienen, in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer verletzt werden, mehrere Übertretungen vor. Liegen zwischen Tathandlungen gleicher Art in Ansehung desselben Arbeitnehmers nicht mehr als zwei Wochen (enger zeitlicher Zusammenhang), so kann jedenfalls von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/11/0003).
Zu einem fortgesetzten Delikt können nur einzelne Verstöße gegen eine bestimmte Rechtsvorschrift unter den oben genannten Voraussetzungen zusammengefasst werden, nicht aber auch Verstöße gegen verschiedene Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/11/0188).
Das fortgesetzte Delikt ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Reihe von Einzelhandlungen des Beschuldigten, die zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Beschuldigten (hier: Unterlassung einer wirksamen Kontrolle des Lenkers im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften) zu einer Einheit zusammen treten, eine einzige strafbare Handlung bilden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 81/11/0087, und vom , Zl. 97/11/0003).
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon bisher die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Überschreitung der zulässigen täglichen Arbeitszeit und der zulässigen Wochenarbeitszeit um zwei verschiedene Delikte und nicht um ein fortgesetztes Delikt handelt (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, unter E 212 ff zu § 22 VStG zitierte Judikatur), ebenso bei Überschreitung der zulässigen Tages- bzw. Wochenarbeitszeit einerseits und Nichtgewährung der täglichen bzw. wöchentlichen Mindestruhezeit andererseits (vgl. die aaO unter E 215 ff zitierte Judikatur).
Die zu Übertretungen des AZG ergangene Judikatur wurde auch schon auf Übertretungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 übertragen, die durch die im Beschwerdefall maßgebliche VO ersetzt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/11/0028,0222). In diesem Erkenntnis wurde ausgeführt, dass die Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit gemäß Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 und die Unterschreitung der Mindestruhezeit innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden gemäß Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 zwei verschiedene Übertretungen bilden, die zueinander nicht in einem solchen Verhältnis stehen, dass die Begehung des einen Verstoßes zwingend den anderen Verstoß nach sich zieht.
4.6.2. Im Beschwerdefall indes ist strittig, ob innerhalb des Art. 7 der VO (EG) Nr. 561/2006 eine weitere Differenzierung danach vorzunehmen ist, ob die erforderliche Fahrtunterbrechung verspätet oder verkürzt vorgenommen wurde, ob also dann, wenn einerseits die Fahrtunterbrechung zu spät erfolgte, andererseits für einen zu kurzen Zeitraum, zwei unterschiedliche Delikte vorliegen.
4.6.3. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist dies zu verneinen.
Die Strafnorm des § 28 Abs. 4 Z 2 AZG knüpft, wie dargestellt, ohne weitere Differenzierung daran an, dass Arbeitgeber "Lenkpausen gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren".
Die Tat fällt also nicht unter mehrere - einander nicht ausschließende - Strafdrohungen. Es handelt sich aber auch nicht um verschiedene selbständige Taten iS des § 22 Abs. 1 erster Fall VStG:
Art. 7 der VO selbst verlangt, dass der Fahrer "nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden … eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten" einlegt; Art. 10 Abs 2 VO verpflichtet das Verkehrsunternehmen, die Arbeit der Fahrer so zu organisieren, dass diese (u.a.) die Bestimmungen des Kapitels II der VO einhalten können; die Mitgliedstaaten haben nach Art. 19 VO ein bestimmten Kriterien genügendes Sanktionssystem sicherzustellen.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im - aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung des Art. 19 der VO ergangenen - Urteil vom , Rs C- 210/10 (Marton Urban), Folgendes ausgeführt:
"22 Allerdings ist festzuhalten, dass die Verordnung Nr. 561/2006 keine genaueren Regeln hinsichtlich der Festlegung der innerstaatlichen Sanktionen enthält und insbesondere kein ausdrückliches Kriterium für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit solcher Sanktionen aufstellt.
23 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Union auf dem Gebiet der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Voraussetzungen, die ein nach dem Unionsrecht geschaffene Regelung vorsieht, befugt, die Sanktionen zu wählen, die ihnen sachgerecht erscheinen. Sie sind allerdings verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Befugnis das Unionsrecht und seine allgemeinen Grundsätze, also auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten (vgl. u.a. Urteile vom , Louloudakis, C-262/99, Slg. 2001, I-5547, Randnr. 67, und vom , Profaktor Kulesza, Frankowski, Jozwiak, Orlowski, C-188/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlich, Randnr. 29).
Somit dürfen hier die repressiven Maßnahmen, die nach den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften gestattet sind, nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , ERG u.a., C-379/08 und C-380/08, Slg. 2010, I-2007, Randnr. 86)."
Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verlangt also die Festlegung wirksamer, verhältnismäßiger, abschreckender und nichtdiskriminierender Sanktionen (Art. 19), trifft aber keine näheren Regelungen über deren Festlegung.
Ein Verstoß gegen die Verhaltensnorm des Art. 7 VO kann in unterschiedlichen Spielarten erfolgen: Die Fahrtunterbrechung ("Lenkpause") wird verspätet, aber ausreichend lang eingelegt, sie erfolgt verspätet und überdies zu kurz, sie erfolgt zwar rechtzeitig, aber zu kurz, sie erfolgt zwar rechtzeitig und (an sich) ausreichend lang, wird aber unterbrochen durch eine weitere Lenkzeit, oder aber, es wird - innerhalb der täglichen Lenkzeit nach Art. 6 Abs. 1 der VO - gar keine Fahrtunterbrechung (nicht einmal eine verspätete oder/und zu kurze) eingehalten.
Verstößen gegen diese Bestimmung - in welcher Spielart auch immer - ist gemeinsam, dass sie allesamt den in den zitierten Erwägungsgründen der VO explizit genannten Zielen der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer und der Hebung der Verkehrssicherheit zuwider laufen. Dabei kann nicht gesagt werden, dass etwa zwischen der Verkürzung und der Verspätung einer erforderlichen Fahrtunterbrechung für sich genommen ein unterschiedlicher Unrechtsgehalt besteht. Deutlichen Einfluss auf den Unrechtsgehalt einer konkreten Übertretung hat vielmehr das zeitliche Ausmaß des Zuwiderhandelns: Je länger die Dauer der Fahrtunterbrechung hinter dem normierten Mindestmaß (45 Minuten) zurückbleibt und je später sie angetreten wird, desto stärker wiegt im Regelfall der Unrechtsgehalt.
4.6.4. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf den Umstand, dass durch die in Rede stehenden Übertretungen jeweils des Art 7 der VO (Spruchpunkte 2 und 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, zwischen denen augenscheinlich ein enger zeitlicher Zusammenhang - sie betrafen den 5., 13., 20., 22., 23. und 26. Februar - bestand) nur ein Arbeitnehmer (W.P.) betroffen war, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Beurteilung kam, die Übertretungen seien zu einer zusammenzuziehen und dafür nur eine Strafe zu verhängen.
4.7. Die Beschwerde war daher diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG findet in den Fällen des Art. 81a Abs. 4 B-VG und des Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und 3 sowie Abs. 2 B-VG für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz statt.
5. Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof (unter anderem) die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt, oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird; in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 1.500,-- verhängt wurde.
Das Beschwerdevorbringen zur Ermahnung (betreffend die Spruchpunkte 2 bis 6) zeigt nicht auf, dass die Entscheidung über die Beschwerde von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 33a VwGG abhängt. Der Beschwerdefall wirft im Übrigen auch sonst keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Somit konnte in dem im Spruch genannten Umfang von der Ermächtigung gemäß § 33a VwGG Gebrauch gemacht werden und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt werden.
Wien, am