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VwGH vom 13.12.2012, 2011/21/0217

VwGH vom 13.12.2012, 2011/21/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der Q in P, vertreten durch die Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schlossgraben 10, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom , betreffend Verweigerung eines Visums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1944 geborene Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Kosovo, stellte am bei der österreichischen Botschaft Skopje den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" für die Dauer von 30 Tagen. Als einladende Person wurde der über einen österreichischen Konventionsreisepass verfügende Sohn der Beschwerdeführerin angegeben, als Zweck der Reise wurde die Rubrik "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden" angemerkt.

Die österreichische Botschaft Skopje (die belangte Behörde) wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom ab. Dabei wurde durch Ankreuzen eines vorgedruckten Textfeldes zum Ausdruck gebracht, dass nach Auffassung der belangten Behörde die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht habe festgestellt werden können.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die belangte Behörde gründete die Versagung des beantragten Visums erkennbar auf Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex, wonach ein Visum u.a. dann zu verweigern ist, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Der Auffassung, dieser Versagungsgrund sei erfüllt, liegt - wie allerdings nur aus der behördlichen Gegenschrift und nicht aus dem vorgelegten Akt ersichtlich ist - zugrunde, dass die Beschwerdeführerin verwitwet sei und ihre Verwurzelung im Herkunftsland daher als gemindert angesehen werden müsse; außerdem habe sie im Antragsformular fälschlich angegeben, verheiratet zu sein. Schließlich könne auch die "Existenz dreier Söhne" im Kosovo - ungeachtet dessen, dass die dazu erstatteten Angaben nicht hätten verifiziert werden können - nicht als Garantie für eine Ausreise der Beschwerdeführerin aus Österreich angesehen werden, zumal sie über kein Einkommen verfüge.

Mit diesen Überlegungen verkannte die belangte Behörde die Tragweite des von ihr herangezogenen Versagungsgrundes. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0344, ausgeführt, dass nicht ohne weiteres - generell - unterstellt werden dürfe, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig bleiben. Es werde daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen, und die Behörde könne die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig werde daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt seien, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde.

Dem ist hinzuzufügen, dass die von der belangten Behörde angesprochene "Garantie für die Ausreise aus Österreich" nicht Voraussetzung für die Visumserteilung ist. Im Rahmen des gegenständlichen Versagungsgrundes nach Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex kommt es vielmehr nur darauf an, ob begründete Zweifel an der Ausreiseabsicht bestehen. Solche sind aus der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin verwitwet ist, aber ebenso wenig zu gewinnen wie aus dem Umstand, dass sie über kein Einkommen verfügt, zumal die "Existenz dreier Söhne" im Kosovo letztlich nicht in Abrede gestellt wird. Folgte man der gegenteiligen Auffassung der belangten Behörde, wäre verwitweten Elternteilen der Besuch ihrer Kinder in Österreich generell unmöglich. Was aber den Gesichtspunkt anlangt, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag unrichtig "verheiratet" als Familienstand angegeben habe, so kommt dem schon deswegen keine Bedeutung zu, weil in der Gegenschrift selbst darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerdeführerin Analphabetin sei und das Antragsformular daher von einer dritten Person habe ausgefüllt werden müssen.

Dass das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel als solches nicht als Versagungsgrund herangezogen wurde, räumt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift selbst ein. Auf diesen Gesichtspunkt braucht daher nicht näher eingegangen zu werden. Festzuhalten ist aber abschließend noch, dass die belangte Behörde entgegen § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme gegeben hat (zu dieser Pflicht auch nach dem Inkrafttreten des Visakodex siehe das schon genannte Erkenntnis vom ).

Nach dem Vorgesagten war der bekämpfte Bescheid aber schon wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
VAAAE-91879