VwGH vom 27.05.2015, Ra 2014/12/0022

VwGH vom 27.05.2015, Ra 2014/12/0022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision der IH in P, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-14-0028, betreffend Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 115f LDG 1984 (vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich belangte Behörde: Landesschulrat für Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1956 geborene Revisionswerberin steht als Volksschuldirektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Am beantragte sie die bescheidmäßige Feststellung ihrer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 115f Abs. 2 und Abs. 4 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (im Folgenden: LDG 1984).

Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom wurde festgestellt, dass die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit der Revisionswerberin mit Ende Oktober 2013 35 Jahre 1 Monat und 24 Tage betrage.

Bei dieser Feststellung berücksichtigte die Dienstbehörde den nach der Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Revisionswerberin gelegenen Zeitraum vom bis ohne nähere Begründung nicht.

Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher sie Folgendes vorbrachte:

"Ich musste zur Pflege meines schwerst erkrankten Kindes X, geb. am , einen unbezahlten Karenzurlaub vom 1. Sept.1997 bis in Anspruch nehmen (Beilage: Schreiben v. St. Anna - Kinderspital).Es wurde mir mitgeteilt , dass die Kranken- und Pensionsversicherung für Personen, die schwerst kranke Kinder pflegen, aus den Mitteln des Familienausgleichsfonds weiter bezahlt werden. Ich suchte auch damals im Dienstweg um die Weiterbezahlung der Pensions- u. Krankenversicherung an. Die Krankenversicherung dürfte die Beiträge erhalten haben. Ich stand zu dieser Zeit schon in einem pragmatischen Dienstverhältnis. Im Bescheid über die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit musste ich leider feststellen, dass mir genau die Zeit meines Familienhospizkarenzes vom bis nicht angerechnet wurde. Ich habe nie einen Bescheid oder eine Verständigung bekommen, dass mir diese Zeit nicht angerechnet wird. Ich ersuche um die Aufhebung oder Änderung des Bescheides, sodass mir die Zeit vom bis für die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit angerechnet wird."

Diese Berufung wurde in der Folge dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur weiteren Behandlung als Beschwerde übermittelt.

In den beigeschlossenen und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Verfügung gestandenen Verwaltungsakten finden sich urschriftliche Erledigungen vom und vom , mit welchen der Revisionswerberin unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 58 Abs. 1 und 2 LDG 1984 Karenzurlaube für die Zeit vom bis bzw. vom bis bewilligt wurden. Die Sprüche beider Erledigungen enthalten darüber hinaus den Hinweis, wonach die Zeit des Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhingen, nicht zu berücksichtigen sei, jedoch werde die Urlaubszeit mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam.

Nach Maßgabe der Aktenlage wurden beide Erledigungen an den Bezirksschulrat S zur Kenntnis und zur nachweislichen Ausfolgung des Bescheides übermittelt.

Zustellnachweise betreffend diese Erledigungen fanden sich in den Verwaltungsakten nicht.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom wurde die als Beschwerde gewertete Berufung der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision unzulässig sei.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nach Schilderung des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen Folgendes aus:

"Wie sich aus dem Personalakt des Landesschulrates für Niederösterreich ergibt, wurde der Beschwerdeführerin auf ihr 'Ansuchen um Karenzurlaub gem. § 58 LDG' vom , in dem sie ausdrücklich 'um Gewährung eines halbjährigen, unbezahlten Urlaubes gemäß § 58 LDG 1974' ersuchte, und das sie mit der Pflege ihres kranken Kindes begründete, mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom , Zl. I/P.- 0098541/31-1997, gemäß § 58 Abs. 1 und 2 LDG 1984 ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) für die Zeit vom bis gewährt. Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom , Zl. I/P.-0098541/33-1997, wurde auf Grund des Antrages die Verlängerung dieses Karenzurlaubes bis einschließlich gemäß § 58 Abs. 1 und 2 LDG 1984 bewilligt

Aus einem Karenzurlaub gemäß § 58 LDG 1984 erwächst keine ruhegenussfähige Landesdienstzeit gemäß § 115f Abs. 2 Z. 1 LDG 1984, da § 58 LDG 1984 hiefür keine geeignete Rechtsgrundlage darstellt, und ist diese Zeit für die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit im Sinne des § 115f Abs. 1 LDG 1984 nicht heranzuziehen.

Eine solche Rechtsgrundlage liegt zum Beispiel im Fall des § 58c Abs. 1 LDG 1984 vor. Ein Karenzurlaub zur Pflege eines behinderten Kindes gemäß § 58c Abs. 1 LDG 1984 in der damals geltenden Fassung war aber weder beantragt noch bewilligt worden. Die Zeit des Karenzurlaubes zur Pflege eines behinderten Kindes gilt gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung im Gegensatz zur Zeit eines Karenzurlaubes gemäß § 58 LDG 1984 als ruhegenussfähige Landesdienstzeit. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Karenzurlaubes nach § 58c Abs. 1 LDG vorgelegen wären, ist jedoch nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Auch die im § 115f Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 angeführten Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. g bzw. 227a ASVG, können schon deshalb nicht berücksichtigt werden, da das Kind X - nach den Angaben in der Berufung - am geboren ist und der Karenzurlaub vom bis in Anspruch genommen wurde. Der Karenzurlaub beginnt somit nach den im § 115f Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 angegebenen 60 Monaten, die ab der Geburt des Kindes zu zählen sind. Die zitierte Verweisungsbestimmung stellt nämlich auf 'Zeiten der Kindererziehung' (u.a.) im Sinne des § 227a ASVG ab, dessen erster Absatz, erster Satz eine Beschränkung auf 'die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes', enthält. Vor dem Hintergrund dieser Wortwahl bestehen aber keine Hinweise darauf, dass die Verweisungsbestimmung des § 115f Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 einen eigenständigen - von § 227a Abs. 1 ASVG abweichenden - Begriff der 'Zeiten' prägen wollte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der aus den Gesetzesmaterialien zur Verweisungsbestimmung ersichtlichen Zielsetzung einer weitgehenden Harmonisierung des diesbezüglichen Regelungskreises mit dem (allgemeinen) Sozialversicherungsrecht, welche einer Auslegung entgegensteht, wonach Zeiten, welche keine 'Ersatzzeiten für Zeiten der Kindererziehung' im Verständnis des § 227a Abs. 1 ASVG (oder einer anderen Bestimmung des ASVG) sind, dessen ungeachtet als Zeiten der Kindererziehung für die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von Beamten Berücksichtigung zu finden hätten (vgl. VwGH 2009/12/0121 vom ).

Dem ausschließlich auf die Berücksichtigung der Zeit vom bis einschließlich bei der Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gerichteten Beschwerdevorbringen war somit nicht zu entsprechen und war die Beschwerde daher abzuweisen."

Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich damit, dass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Revisionswerberin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge primär in der Sache selbst erkennen; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt.

In der Revision wird als Zulässigkeitsgrund u.a. die Rechtsfrage ins Treffen geführt, inwieweit Verwaltungsgerichte zur amtswegigen Prüfung der effektiven rechtlichen Existenz jener Entscheidungen verpflichtet seien, auf welche sie ihre eigene Entscheidung gründen, auch wenn dazu in der Beschwerde kein ausdrückliches Vorbringen erstattet worden sei. Die Revisionswerberin behauptet in diesem Zusammenhang, dass eine Zustellung der Erledigungen vom bzw. vom an sie niemals erfolgt sei. Die in Rede stehenden Erledigungen seien ihr über diesbezügliche Urgenz erst im Zuge des Verfahrens zur Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit per E-Mail "zur Kenntnis" gebracht worden.

Die vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung. Dort nahm sie über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes auch zur Frage der Zustellung der Erledigungen vom bzw. vom an die Revisionswerberin im Wege des Bezirksschulrates S Stellung. Sie brachte vor, dass in Ansehung beider Erledigungen keine Zustellnachweise im Personalakt aufgelegen seien.

Eine Rücksprache habe ergeben, dass in Ansehung der Erledigung vom keine Übernahmebestätigung existiere. Freilich habe die Direktion der Volksschule P eine Übernahmebestätigung betreffend die Erledigung vom übermittelt, welche mit der Revisionsbeantwortung vorgelegt wurde. Dort findet sich eine Übernahmsbestätigung mit der Unterschrift der Revisionswerberin und dem Datum .

In einer Äußerung zur Revisionsbeantwortung bringt die Revisionswerberin vor, die in Rede stehende Unterschrift sei vermutlich echt, jedoch könne die Datumsangabe nicht stimmen. Sie habe sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Österreich aufgehalten. Möglicherweise sei die in Rede stehende Übernahmsbestätigung nach ihrer Rückkehr nach Österreich von ihr rückdatiert und unterfertigt worden. Die Ausfolgung eines Bescheides habe in diesem Zusammenhang jedoch niemals stattgefunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 115f Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 4 sowie Abs. 4 LDG 1984 in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 140/2011 lautet:

"Versetzung in den Ruhestand von nach 1953 geborenen Landeslehrpersonen mit langer beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit

§ 115f. (1) Die §§ 13 und 13b sind - auch nach ihrem Außerkrafttreten - auf nach dem geborene Landeslehrpersonen weiterhin mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung oder von Amts wegen frühestens mit Ablauf des Monats erfolgen kann, in dem die Landeslehrperson ihr 62. Lebensjahr vollendet, wenn sie zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 42 Jahren aufweist.

(2) Zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit im Sinne des Abs. 1 zählen

1. die ruhegenussfähige Landesdienstzeit, wobei Teilbeschäftigungszeiten immer voll zu zählen sind,

...

4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. g bzw. 227a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 und 5 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Landesdienstzeit zählende Zeiten einer Karenz nach dem MSchG oder dem VKG oder entsprechenden Bestimmungen,

...

(4) Landeslehrpersonen des Dienststandes können eine bescheidmäßige Feststellung ihrer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert.

..."

Gemäß § 58 Abs. 1 LDG 1984 idF BGBl. I Nr. 61/1997 kann dem Landeslehrer auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Gemäß § 58a Abs. 1 LDG 1984 idF BGBl. I Nr. 61/1997 ist die Zeit eines Karenzurlaubes, soweit bundesgesetzlich nicht anderes bestimmt wird, für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen.

§ 58c Abs. 1 und Abs. 5 LDG 1979, die Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 61/1997, die übrigen wiedergegebenen Teile in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 277/1991, lautete:

"Karenzurlaub zur Pflege eines behinderten Kindes

§ 58c. (1) Dem Landeslehrer ist auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge zu gewähren (Karenzurlaub), wenn er sich der Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden behinderten Kindes widmet, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, und seine Arbeitskraft aus diesem Grund gänzlich beansprucht wird (Abs. 2), längstens jedoch bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Kindes. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält.

...

(5) Die Zeit des Karenzurlaubes zur Pflege eines behinderten Kindes gilt als ruhegenußfähige Landesdienstzeit, ist aber für sonstige Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

..."

Die außerordentliche Revision ist - entgegen der den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich - zulässig, weil Letzteres - wie in der Folge noch zu zeigen sein wird - in Verkennung des Grundsatzes der Amtswegigkeit von der Bescheidqualität der Erledigungen vom bzw. vom ausgegangen ist, wiewohl sich aus den Verwaltungsakten keine Nachweise betreffend die Zustellung dieser Erledigungen an die Revisionswerberin ergaben.

Im Rahmen der inhaltlichen Behandlung der Revision ist vorauszuschicken, dass der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich teilt, wonach für den gedachten Fall des Bescheidcharakters der Erledigungen des Landesschulrates für Niederösterreich vom und vom die der Revisionswerberin damit bewilligten Karenzurlaube als solche im Verständnis des § 58 Abs. 1 LDG 1984 aufzufassen wären, was zur Folge hätte, dass aus dem Grunde des § 58a Abs. 1 LDG 1984 eine Berücksichtigung der diesbezüglichen Zeiten gemäß § 115f Abs. 2 Z. 1 LDG 1984 ausgeschlossen wäre. Die bescheidförmige Bewilligung eines Karenzurlaubes nach § 58 Abs. 1 LDG 1984 stellt nämlich eine andere "Sache" dar als die eines solchen gemäß § 58c Abs. 1 leg. cit. Daraus folgt, dass ein Bescheid, welcher nach dem ausdrücklichen Inhalt seines Spruches einen Karenzurlaub "gemäß § 58 Abs. 1 und 2 LDG 1984" bewilligt, auch dann nicht in Richtung der Bewilligung eines Karenzurlaubes nach § 58c Abs. 1 LDG 1984 umgedeutet werden könnte, wenn - was die Revisionswerberin behauptet - die Voraussetzungen der zuletzt genannten Gesetzesbestimmungen vorgelegen wären und dies der Dienstbehörde auch bekannt gewesen wäre.

Umgekehrt gilt, dass in Ermangelung eines einen Karenzurlaub nach § 58 Abs. 1 LDG 1984 bewilligenden Bescheides die Rechtsfolgen des § 58a Abs. 1 LDG 1984 nicht eingetreten wären, weshalb die diesbezüglichen Zeiten des Aktivdienstverhältnisses gemäß § 115f Abs. 2 Z. 1 LDG 1984 für die Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zu berücksichtigen wären.

Schließlich kommt - wie das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zutreffend unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/12/0121, dargelegt hat - eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Zeiten nach § 115f Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 nicht in Betracht, weil sie nach Vollendung des 48. Lebensmonates der Tochter der Revisionswerberin gelegen sind.

Dagegen bringt die Revisionswerberin vor, dass die in Rede stehende Bestimmung in der oben aufgezeigten Auslegung eine unionsrechtswidrige altersbezogene Diskriminierung konstituiere, zumal ältere Kinder im Fall einer schweren Erkrankung ebenso pflegebedürftig sein könnten wie gesunde jüngere Kinder.

Damit werden freilich keine Bedenken gegen § 115f Abs. 2 Z. 4 LDG 1984 in der vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vertretenen Auslegung vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung in Beschäftigung und Beruf aufgezeigt. Zum einen werden nämlich nicht Dienstnehmer auf Grund ihres Alters diskriminiert. Zum anderen hat der Gesetzgeber aber durch § 58c LDG 1984 für den hier vorliegenden Fall der Betreuung älterer erkrankter Kinder während eines aufrechten öffentlichrechtlichen Aktivdienstverhältnisses ohnedies die Möglichkeit eines Karenzurlaubes, dessen Zeit als ruhegenussfähige Landesdienstzeit gilt, geschaffen (vgl. § 58c Abs. 5 LDG 1984). Nach dem Vorbringen der Revisionswerberin lagen in Ansehung der hier strittigen Zeiten auch die Voraussetzungen des § 58c Abs. 1 LDG 1984 vor. Im gedachten Fall der Bescheidqualität der Erledigungen des Landesschulrates für Niederösterreich vom und vom wäre die mangelnde Ruhegenussfähigkeit der in Rede stehenden Zeiten nach diesem Vorbringen alleine darauf zurückzuführen gewesen, dass die Revisionswerberin Bescheide, die ihr (lediglich) einen Karenzurlaub nach § 58 Abs. 1 LDG 1984 bewilligten, in Rechtskraft erwachsen ließ, ohne auf die Bewilligung eines Karenzurlaubes gemäß § 58c Abs. 1 LDG 1984 gedrungen zu haben.

Ausgehend vom Vorgesagten ist die oben umschriebene, von der Revisionswerberin als Zulässigkeitsgrund ins Treffen geführte verfahrensrechtliche Rechtsfrage für die Berücksichtigung der hier strittigen Zeiten als Teile der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ausschlaggebend.

Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG galt auch für das gegenständliche Ermittlungsverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht der in § 39 Abs. 2 AVG verankerte Grundsatz der Amtswegigkeit. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich war daher vorliegendenfalls verpflichtet von Amts wegen zu prüfen, ob die Erledigungen des Landesschulrates für Niederösterreich vom bzw. vom an die Revisionswerberin ordnungsgemäß zugestellt wurden.

Dies gilt vorliegendenfalls insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Außerstreitstellung der Zustellung dieser Bescheide dem Berufungsvorbringen der Revisionswerberin im Verfahren zur Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit keinesfalls zu entnehmen war, führte sie dort doch aus, sie habe nie einen Bescheid oder eine Verständigung bekommen, wonach ihr die in Rede stehende Zeit nicht angerechnet werde, während die Erledigungen, von deren Zustellung an die Revisionswerberin das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ausgegangen ist, in ihrem Spruch einen ausdrücklichen diesbezüglichen Hinweis enthielten. Vor diesem Hintergrund konnte auch aus der bloßen Rechtsbehauptung in der Berufung der Revisionswerberin, sie habe einen unbezahlten Karenzurlaub "in Anspruch genommen", kein Zugeständnis der Zustellung der in Rede stehenden Erledigungen an sie abgeleitet werden.

Ordnungsgemäß ausgefüllte Rückscheine, welche den vollen Beweis einer Zustellung der in Rede stehenden Erledigungen erbracht hätten, erlagen in den dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Verfügung gestandenen Verwaltungsakten ebenso wenig wie sonstige Übernahmsbestätigungen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aber nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass die nach der Aktenlage verfügte Zustellung dieser Erledigungen an die Revisionswerberin im Wege des Bezirksschulrates S auch tatsächlich ordnungsgemäß erfolgt wäre.

Auch aus § 27 VwGVG ergibt sich im vorliegenden Sachzusammenhang keine Einschränkung der nach den vorzitierten Bestimmungen geltenden Offizialmaxime, zumal die Revisionswerberin in ihrer als Beschwerde gewerteten Berufung klar zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Anrechnung der in Rede stehenden Zeiten als Teil ihrer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit anstrebt, weshalb sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit den hiefür maßgeblichen Rechtsfragen unter amtswegiger Ermittlung der zu ihrer Beurteilung erforderlichen Tatsachen auseinanderzusetzen gehabt hätte (vgl. hiezu und zur Auslegung des § 27 VwGVG im Allgemeinen das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/03/0066).

Indem das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich amtswegige Ermittlungen zur Frage der - in den Verwaltungsakten nicht ausgewiesenen - Zustellung der in Rede stehenden Erledigungen an die Revisionswerberin unterließ, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit einem - wie oben bereits dargestellt - relevanten Verfahrensmangel. Da sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht veranlasst sieht, war das angefochtene Erkenntnis aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Im fortzusetzenden Verfahren wird sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob (zumindest) die Erledigung vom an die Revisionswerberin zugestellt wurde. In diesem Zusammenhang wird es auch das von ihr in der Äußerung zur Revisionsbeantwortung erstattete Vorbringen vor dem Hintergrund der vom Landesschulrat für Niederösterreich vorgelegten Übernahmsbestätigung zu würdigen haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am