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VwGH vom 27.04.2012, 2011/17/0313

VwGH vom 27.04.2012, 2011/17/0313

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des J T in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-301019/7/AB/Ba, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom wurde die Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes mit der Gehäusebezeichnung "WEBAK Casino Elegance slim - Panther Multi Games, Nr. EB 1170" angeordnet und ausgesprochen, dass einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdeführervertreters und dem Finanzamt Grieskirchen-Wels zugestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass im Spruch des bekämpften Bescheides der Ausspruch über die aufschiebende Wirkung ersatzlos zu entfallen habe.

Soweit hier von Interesse, führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, weil die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstelle, habe gemäß § 51e Abs. 4 VStG ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung abgesehen werden können, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung nicht habe erwarten lassen und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegen stehe: Es seien ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage im Sinne des § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG sei unzweifelhaft möglich und es sei diesbezüglich auch in der Berufung nichts vorgebracht worden.

Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse sei dem Beschwerdeführer zu folgen, wenn er davon ausgehe, dass die P GmbH Eigentümerin des in Rede stehenden Gerätes sei. Es sei weiters von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am durchgeführten Kontrolle (bei der auch entsprechende Testspiele erfolgt seien) seien in einer bestimmt bezeichneten Tankstelle, deren Pächter der Beschwerdeführer sei, unter anderem das Gerät mit der Bezeichnung "WEBAK Casino Elegance slim - Panther Multi Games, Nr. EB 1170" betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden worden. Mit diesem Gerät, das im Eigentum der P GmbH und in der Gewahrsame des Beschwerdeführers gestanden sei - seien seit mehr als zwei Jahren wiederholt virtuelle Walzenspiele (wie "Bell Scatter", "Mega Jungle", "Golden Island", "Fruity Bars") durchgeführt worden. Die Spieler hätten bei den Walzenspielen nur einen Einsatz und den dazu gehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen können. Anschließend seien für die Dauer von etwa einer Sekunde die am Bildschirm in senkrechten Reihen dargestellten Symbole in ihrer Lage verändert worden, sodass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstanden sei. Die neue Symbolkombination habe einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprechen können oder nicht; bei Entsprechung sei ein Gewinn eingetreten.

Unter Zugrundelegung der konkreten Geräteüberprüfungsdokumentation sowie der Niederschrift jeweils vom , an deren Richtigkeit kein Grund zu Zweifeln bestehe, werde von einem festgestellten Höchsteinsatz von EUR 0,45 - unter einem in Aussicht gestellten Gewinn von EUR 20,-- und 498 SG (Super Games) - ausgegangen.

Da der Beschwerdeführer (als Pächter der Tankstelle) das gegenständliche Gerät in seiner Macht bzw. Gewahrsame gehabt habe, sei dieser als "Inhaber" des Gerätes im Sinne des § 53 Abs. 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren.

Aus § 53 Abs. 3 GSpG ergebe sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0388), dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen sei.

Da dem als Bescheidadressaten angeführten Beschwerdeführer, der der Inhaber des Gerätes sei, der bekämpfte Bescheid gegenüber somit erlassen worden sei, entfalte dieser Beschlagnahmebescheid dem Beschwerdeführer gegenüber auch rechtliche Wirkung.

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Beschlagnahmebescheid sei daher zulässig.

In der Sache führte die belangte Behörde aus, mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 sei das Glücksspielwesen grundsätzlich einem neuen System unterstellt worden, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sogenannte "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt worden und damit für zulässig erklärt sei, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen seien; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" bestehe sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch - im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG - von letzteren nicht in Anspruch genommen werden müsse, also auch ungenutzt bleiben könne).

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage führte die belangte Behörde aus, vorweg sei unter Bezugnahme auf die jüngst ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0097) darauf hinzuweisen, dass ein verwaltungsbehördliches Beschlagnahmeverfahren - freilich nur bei begründetem Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG - auch dann zulässig sei, wenn wegen der inkriminierten Handlung gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt werde, bzw. zu führen sei.

Hinsichtlich des Charakters der an dem beschlagnahmten Gegenstand verfügbaren virtuellen Walzenspiele ergebe sich aufgrund des skizzierten Spielablaufes der Verdacht, dass das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge und die Spiele damit als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren seien. Weiters handle es sich offensichtlich um Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG: Aufgrund der auf dem Gerät installierten Walzenspiele, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt seien, sei in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz von einer verbotenen Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei sei es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien im Sinne des § 12a Abs. 1 GSpG erfolge. Es genüge für die Beschlagnahme iSd § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werde, fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde. Dass mit dem oben angeführten Gerät seit mehr als zwei Jahren Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG mit entsprechend erbrachten Spieleinsätzen das Spielen bei in Aussicht gestellten Gewinnen unternehmerisch zugänglich gemacht worden sei, bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliege, ergebe sich unstrittig aus den Ausführungen in der Niederschrift des Finanzamtes sowie der Geräteüberprüfungsdokumentation vom sowie den im Akt einliegenden Automatenverleihabrechnungen. Darauf gründe der Verdacht, dass auch künftig - das heiße "fortgesetzt" - gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde.

Da im Beschlagnahmeverfahren der begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen die Verwaltungsstrafbestimmungen im Sinne des § 52 Abs. 1 GSpG genüge und im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens "noch keine endgültige und gesicherte rechtliche Beurteilung des Spieles erforderlich sei, brauche eine abschließende Beurteilung der Spiele und eine abschließende Klärung, ob das beschlagnahmte Gerät tatsächlich ein Glücksspielautomat oder ein sonstiger Eingriffsgegenstand sei oder ob eine elektronische Lotterie vorliege, (noch) nicht erfolgen.

Da gemäß § 39 Abs. 6 VStG, der auch im Beschlagnahmeverfahren nach dem GSpG Anwendung finde, einer Berufung ex lege keine aufschiebende Wirkung zukomme, sei darüber im Spruch des erstbehördlichen Beschlagnahmebescheides nicht gesondert abzusprechen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorwiegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, die Vollmachtsbekanntgabe durch den Beschwerdeführervertreter sei mit Schreiben vom für die P GmbH, nicht jedoch für den Beschwerdeführer, erfolgt. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den Beschwerdeführervertreter durch die Erstbehörde sei daher rechtsunwirksam erfolgt. Nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes könne die Zustellung an eine "falsche Person" den Zustellmangel auch dann nicht heilen, wenn der falsche Adressat demjenigen, der als Bescheidadressat in Frage komme, den Bescheid weitergebe. Die Heilung des Zustellmangels erfolge auch dann nicht, wenn der "richtige" Bescheidadressat dann eine Berufung erhebe.

In der Beschwerde wird nicht ausgeführt, welche Rechtsfolgen daraus abgeleitet werden sollten, dass der erstinstanzliche Bescheid nicht dem Beschwerdeführer selbst, sondern dem Beschwerdeführervertreter zugestellt wurde, bevor dieser noch als Vertreter des Beschwerdeführers eingeschritten war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Mehrparteienverfahren eine Berufung von Parteien gegen einen Bescheid, der ihnen nicht zugestellt, wohl aber gegenüber anderen Parteien aber bereits erlassen wurde, zulässig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0071, mwN). Dies trifft im Beschwerdefall zu, weil der erstinstanzliche Bescheid dem Finanzamt, dem gemäß § 50 Abs. 5 GSpG Parteistellung zukommt, zugestellt wurde. Die Parteistellung des Beschwerdeführers ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht strittig und kommt ihm als Inhaber des beschlagnahmten Gerätes auch zu (§ 53 Abs. 2 und 3 GSpG). Die belangte Behörde hat daher zutreffenderweise inhaltlich über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden.

Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt, mit Ausnahme des sehr allgemein gehaltenen Aktenvermerkes enthalte der gegenständliche Akt jedoch keine konkreten Erhebungsergebnisse über die gegenständlichen Geräte. Insbesondere fehle im Akt eine Dokumentation der Geräteüberprüfung. Der sehr allgemein gehaltenen Aktenvermerk reiche für die Beurteilung, ob eine Übertretung nach dem Glücksspielgesetz vorliege, nicht aus. Dies stelle einen Verfahrensmangel dar und werde gerügt.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Abgesehen davon, dass in der Beschwerde gar nicht behauptet wird, dass im Beschwerdefall die Verwirklichung sämtlicher Tatbestandselemente einer Übertretung nach dem Glücksspielgesetz nicht vorlägen, überprüft der Verwaltungsgerichtshof nicht den "Akteninhalt des Verwaltungsverfahrens", sondern den angefochtenen Bescheid. In diesem ist ein Sachverhalt dargestellt worden, der die Beurteilung dahin zulässt, dass eine Übertretung nach dem Glücksspielgesetz vorliegt (siehe oben). Dass oder in welchen Punkten dieser festgestellte Sachverhalt unrichtig sein sollte, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht.

Soweit in der Beschwerde weiters geltend gemacht wird, die belangte Behörde habe zwar das Ermittlungsverfahren ergänzt, die diesbezüglichen Erhebungsergebnisse dem Beschwerdeführer jedoch nicht zu Kenntnis gebracht, wird nicht dargetan, welches Vorbringen der Beschwerdeführer erstattet hätte, das letztlich zu einem anderen Bescheidergebnis hätte führen können. Es wurde somit eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt, sodass es sich schon aus diesem Grund erübrigt, auf dieses Vorbringen einzugehen.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, die belangte Behörde habe aufgrund des mangelhaft geführten Ermittlungsverfahrens auch den Beweisantrag auf Einvernahme der erhebenden Beamten übergangen, wird auch in diesem Zusammenhang die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

In der Beschwerde wird weiters gerügt, es sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer Berufungsverhandlung übergangen worden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid begründet, weshalb gemäß § 51e Abs. 4 VStG von der Durchführung einer Berufungsverhandlung abgesehen wurde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2011/17/0171 und 0173). Dem wurde in der vorliegenden Beschwerde nichts entgegen gesetzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-91280