VwGH 22.03.2010, 2007/08/0048
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das die Tätigkeit eines Kraftfahrers betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0220, sowie die ähnlich gelagerten Sachverhalte, die den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 99/08/0030, vom , Zl. 2000/08/0021, vom , Zl. 98/08/0270, vom , Zl. 2001/08/0131, und vom , Zl. 2004/08/0202, zu Grunde lagen). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2003/08/0274 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der T KEG in W, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl/See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom , Zl. 6-SO-N3771/1-2007, betreffend Beitragsnachverrechnung und Verzugszinsen nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Burgenländische Gebietskrankenkasse in 7001 Eisenstadt, Esterhazyplatz 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren an Pauschalgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ausgesprochen, dass die beschwerdeführende Partei als Dienstgeber für die in der Beilage 1 genannten drei Dienstnehmer T., L. und A. nach den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 1 und 2, 33 Abs. 1, 34 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 2, 54 Abs. 1, 56 und 539a ASVG sowie § 1 AlVG nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Sonderbeiträge, Umlagen und Nebenbeiträge (wegen Nichtmeldung bzw. Unterversicherung sozialversicherungspflichtiger Dienstnehmer) in der Höhe von EUR 8.498,81 sowie gemäß § 59 Abs. 1 ASVG Verzugszinsen in der Höhe von EUR 378,84 zu entrichten habe. Die Beilage 1 (Aufstellung der Entgelt- und Beitragsdifferenzen vom ) und die Beilage 2 (Prüfungsprotokoll für den Zeitraum vom bis ) wurden zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erklärt.
Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde neben Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Darlegung von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen Folgendes aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Auf Grund der im Ermittlungsverfahren getroffenen Erhebungen steht fest, dass die drei polnischen Staatsbürger T., L. und A. im Auftrag der (beschwerdeführenden Partei) am in einem Einfamilienhaus in B. Maurerarbeiten durchgeführt haben, ohne für diese erwerbsmäßige Tätigkeit einen gültigen Aufenthaltstitel besessen zu haben. Nach Angabe des Prüfers der (mitbeteiligten Gebietskrankenkasse) waren die drei genannten Arbeiter am für diese Tätigkeit bei der (mitbeteiligten Gebietskrankenkasse) als Dienstnehmer zur Pflichtversicherung angemeldet und wurden die entsprechenden Abgaben und Beiträge abgeführt. Laut Gewerberegister wurde für T. am das Gewerbe 'Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit' angemeldet. Die gleich lautenden Gewerbeeintragungen erfolgten für L. mit und für A. mit . Die (beschwerdeführende Partei) ist Inhaberin eines Baugewerbes, eingeschränkt auf Fassaden, Außenputz, Innenputz und Estriche. Laut Angabe von B., selbstständige Buchhalterin, wurden T., L. und A. im Zeitraum vom bis von der (beschwerdeführenden Partei) als selbstständige Subunternehmer für die Tätigkeit 'Verspachteln von Rigipswänden' bei Bedarf beschäftigt. Die dafür erforderlichen Betriebsmittel wurden den drei Genannten entweder von der (beschwerdeführenden Partei) oder vom jeweiligen Generalunternehmer oder vom Bauherrn zur Verfügung gestellt. Die (beschwerdeführende Partei) führt in ihrer Einspruchsbegründung aus, dass sie mit T., L. und A. jeweils Werkverträge als Subunternehmer abgeschlossen haben, auf Grund derer sie sich verpflichtet haben, als selbstständige Arbeitnehmer die Arbeiten für die (beschwerdeführende Partei) zu erbringen. Die anlässlich der Beitragsprüfung vorgelegten Werkverträge samt Anhängen sind von der (beschwerdeführenden Partei) einerseits und den drei genannten Arbeitern andererseits zwar unterfertigt, jedoch nicht datiert. Die Anhänge zu den Werkverträgen, in denen nach Angabe der (beschwerdeführenden Partei) die konkreten Vertragspflichten für ein bestimmtes Bauvorhaben festgelegt sind, sind ungenau und unvollständig formuliert. Beispielsweise ist in einem Anhang als Preis 'Regiearbeit' vereinbart, es fehlen aber Angaben über die Höhe des Regiepreises. Weiters fehlen Angaben über die genau zu erbringenden Leistungen - angeführt ist lediglich 'Verspachteln' ohne Angabe der Menge, der detaillierten geschuldeten Tätigkeit und der zu verwendenden Materialien - und Angaben über den Leistungszeitraum.
Aus dem Gesamtbild des ermittelten Sachverhaltes geht nach Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts gemäß § 539a ASVG hervor, dass T., L. und A. der (beschwerdeführenden Partei) nicht ein Werk als selbstständige Subunternehmer geschuldet haben, sondern dass sie der (beschwerdeführenden Partei) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben. In Anwendung der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht fest, dass die drei polnischen Arbeitskräfte ihre Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit der (beschwerdeführenden Partei) ausgeführt haben. Dies deshalb, da sie auf Grund der nur ungenauen und unvollständigen Angaben in den Werkverträgen samt den diesbezüglichen Anhängen gar nicht in der Lage gewesen wären, ihre Tätigkeit ohne Anweisungen der (beschwerdeführenden Partei) auszuführen. Insbesondere waren sie auf Anweisungen über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und über das arbeitsbezogene Verhalten angewiesen. Aus dem Ermittlungsverfahren ergibt sich, dass diese Anweisungen an die drei genannten Arbeiter von I., Gesellschafter der (beschwerdeführenden Partei), erfolgt sind. Auch die (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht der drei Arbeiter liegt vor, da diese über kein eigenes Unternehmen mit eigenen Arbeitskräften verfügen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der drei Arbeiter ist gegeben, da diese die erforderlichen Betriebsmittel entweder von der (beschwerdeführenden Partei) oder dem jeweiligen Generalunternehmer oder Bauherrn zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die Tatsache, dass T., L. und A. je einen Gewerbeschein
besitzen, ändert nichts an der Dienstnehmer-Eigenschaft, ... ."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 11.361/A, u.a.) nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12.325/A, ebenso das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0190).
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN).
Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgeblich. Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts können Verpflichtungen nach dem ASVG gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung nicht umgangen oder gemindert werden. § 539a Abs. 3 ASVG sieht vor, dass ein Sachverhalt so zu beurteilen ist, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach dem ASVG gemäß § 539a Abs. 4 ASVG ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgeblich.
In der Beschwerde wird zusammengefasst die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgelegen seien, bekämpft und vorgebracht, dass die drei polnischen Staatsangehörigen auf Basis von Werkverträgen als Subunternehmer tätig geworden seien. Darüber hinaus wird eingewendet, dass die Feststellungen nicht ausreichten, um das Bescheidergebnis zu tragen; weiters werden Begründungsmängel der belangten Behörde, die Unterlassung der Aufnahme angebotener Beweise (nämlich der Einvernahme des Zeugen I. sowie der Komplementäre X. und Y. der beschwerdeführenden Partei) und eine Verletzung von § 45 Abs. 3 AVG geltend gemacht, da der beschwerdeführenden Partei nicht Gelegenheit gegeben worden sei, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:
Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnung enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere auch eine mündliche Verhandlung nach den §§ 40 bis 44 von Amts wegen und auf Antrag durchführen. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages ist kein Rechtsmittel zulässig. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band I2, E 84 zu § 39 AVG).
Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (§ 45 Abs. 3 AVG).
Nach § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht:
Im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde zwar zuzugestehen, dass die von ihr aufgezeigte fehlende Präzisierung der Leistung und des Entgeltes der drei polnischen Staatsangehörigen in den schriftlichen Werkverträgen gegen das Vorliegen eines Werkes sprechen; ebenso fehlen darin auch Anhaltspunkte für die für einen Werkvertrag typische "selbstbestimmte Arbeit in eigener Verantwortung" (vgl. Krejci in Rummel I3, § 1151, Rz 93 wie auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0045).
Selbst wenn man mit der belangten Behörde davon ausgeht, das mit den drei polnischen Staatsangehörigen keine Werkverträge, sondern Dienstverträge abgeschlossen worden seien, so ergibt sich allein daraus noch nicht - gleichsam im Gegenschluss - das Vorliegen eines Dienstverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, weil auch ein freier Dienstvertrag vorliegen könnte, der nicht notwendig zur Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG führt, insbesondere dann nicht, wenn die betreffenden Personen nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG versichert gewesen wären.
Daher ist die belangte Behörde nicht von der - in der zuvor dargelegten und auch von ihr selbst herangezogenen ständigen Judikatur zum Ausdruck gebrachten - Notwendigkeit entbunden, entsprechende Feststellungen zu der für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG relevanten Frage, ob die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten infolge einer Bindung an Weisungen hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend ausgeschlossen war, zu treffen.
Aus den ungenauen und unvollständigen Angaben in den Werkverträgen und den Anhängen allein kann nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass die Ausländer gar nicht in der Lage gewesen wären, ihre Tätigkeiten ohne Anweisungen der beschwerdeführenden Partei auszuführen. Die belangte Behörde lässt auch Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit im Hinblick auf eine allfällige persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten wie auch eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Gegenargumenten der beschwerdeführenden Partei vermissen. Sie lässt auch offen, wie sie zu der Auffassung gelangt ist, dass die Ausländer auf Anweisungen über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und über das arbeitsbezogene Verhalten "angewiesen gewesen" seien und diese Anweisungen durch einen namentlich genannten Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei erfolgt seien. Abgesehen von diesen für das Ergebnis des Verfahrens bedeutsamen Begründungsmängeln reichen somit auch die Feststellungen für eine abschließende Beurteilung des Sachverhalts nicht aus. Darüber hinaus hat die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei auch insbesondere zu den zuletzt genannten Ergebnissen nicht gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten.
Ebenso hat es die belangte Behörde unterlassen, die namhaft gemachten Zeugen einzuvernehmen, bzw. auch nicht in einer der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Weise begründet, weshalb deren Einvernahme nicht notwendig gewesen wäre. Die in der Gegenschrift nachgeholte Begründung vermag diesen Mangel nicht zu beheben.
Ungeachtet der aufgezeigten mangelnden Auseinandersetzung mit den beantragten Zeugeneinvernahmen und der notwendigen Einräumung von Parteiengehör zu den Ermittlungsergebnissen ist daran zu erinnern, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführungen und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - falls auch nach Ergänzung des Beweisverfahrens weiterhin gegenläufige Anhaltspunkte fehlen - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden kann (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0252).
Auf Grund der Ergänzungsbedürftigkeit des Bescheides und der Außerachtlassung der aufgezeigten Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.
Wien, am
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Schlagworte | Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2007080048.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-91268