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VwGH 14.01.2010, 2009/09/0284

VwGH 14.01.2010, 2009/09/0284

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des VD in W, vertreten durch Dr. Kristina Venturini-Köck und Mag. Dietmar Heck, Rechtsanwälte in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom , Zl. Senat-HO-08-0006, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Inhaber der Gewerbeberechtigung "Holzschlägerung und -bringung" am Standort in K jedenfalls am drei tschechische Staatsangehörige auf der Waldparzelle in W mit Aufforstungsarbeiten entgegen § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung dar, in der der Beschwerdeführer und die drei Tschechen einvernommen wurden. Darauf aufbauend stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"In dem zwischen (dem Beschwerdeführer) und Herrn DV in Kopie beigebrachten Werkvertrag vom wird als Art der Leistung 'Waldarbeiten bei W' angeführt. Als Leistungstermin wurde der ' bis ' angeführt. Obwohl die Fremden angegeben hatten, die deutsche Sprache nicht zu verstehen, ist dieser Vertrag nur in Deutsch abgefasst. Ein weiterer Vertrag vom , in dem als Leistungsart 'Waldarbeiten' angeführt ist und als Leistungstermin der '' wurde sowohl in deutscher Sprache als auch in Tschechisch abgefasst. Konkrete Angaben ,wo welche Arbeiten durchzuführen sind, finden sich ebenso wenig wie Angaben über die Entlohnung. Weiters wurde ein tschechischer Gewerbeschein mit dazugehöriger Übersetzung beigebracht. Herr SU hat im Wesentlichen die gleichen Angaben wie Herr DV gemacht und zusätzlich angegeben, dass er im April 2006 und im September 2006 für (den Beschwerdeführer) gearbeitet habe. Neben den gleichen Werkverträgen wie bei Herrn DV hat er zusätzlich einen Werkvertrag in deutscher Sprache vom bei sich gehabt. Herr JS wurde ebenfalls am niederschriftlich einvernommen und findet sich abweichend zu den Angaben der beiden anderen Fremden die Aussage, dass er kein Werkzeug habe und ihm dies von (dem Beschwerdeführer) zur Verfügung gestellt werde. Weiters finden sich auch hinsichtlich der Arbeitsdauer im Jahr 2006 für (den Beschwerdeführer) und der Bezahlung abweichende Angaben. Ansonsten hat er ebenfalls zwei Werkverträge (gleichlautend wie bei den Herren DV und SU) beigebracht. Ebenso wurde ein tschechischer Gewerbeschein in Übersetzung vorgelegt.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wurden vom (Beschwerdeführer) je eine Rechnungskopie der angetroffenen tschechischen Staatsangehörigen aus dem Jahr 2006 ebenso vorgelegt wie ein Auszug aus dem tschechischen Gewerbezentralregister.

Unbestritten ist, dass der (Beschwerdeführer) das Gewerbe der Holzschlägerung und Holzbringung seit betreibt. Aus seinen Angaben im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass er überwiegend mit der Waldpflege und Aufforstung zu tun hat. Er verfügt über keine Großgeräte und ist sohin eine Holzbringung nicht möglich. Unbestritten ist auch, dass drei tschechische Staatsangehörige bei Aufforstungsarbeiten in einem Waldstück bei W angetroffen wurden. Sie haben die Arbeiten über Auftrag des (Beschwerdeführers) durchgeführt. Die drei Fremden verfügen über tschechische Gewerbeberechtigungen für Waldarbeiten. Sie haben keine Großgeräte und sind sohin überwiegend im Bereich der Waldpflege und Aufforstung tätig. Die drei tschechischen Staatsbürger haben nach ihren eigenen Angaben noch nie in Österreich unselbstständig gearbeitet und waren sohin auch noch nie im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder einer anderen in § 3 Abs. 1 AuslBG angeführten Berechtigung. Der (Beschwerdeführer) verantwortet sich dahingehend, dass er nur Aufträge an selbstständige Unternehmer erteilt habe und er sohin nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliege."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt, dass nach einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von unselbständiger Beschäftigung der Tschechen durch den Beschwerdeführer auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht in konkreter Weise entgegen. Er beruft sich zusammengefasst im Wesentlichen (in Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes) darauf, die Tschechen hätten jeder für sich als Selbständige einen vom Beschwerdeführer erhaltenen Auftrag als Subunternehmer durchgeführt.

Insofern der Beschwerdeführer auf die Gewerbeberechtigung der Tschechen hinweist, ist ihm zu entgegnen: Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, ist der bloß formale Umstand, dass die Tschechen im Besitz von Gewerbeberechtigungen waren, für die Beurteilung ihrer sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129). Ausländer, die formell im Besitz von Gewerbeberechtigungen waren, nach der nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmenden Beurteilung ihrer Tätigkeit aber de facto nicht selbständig sind, sind nicht vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0187).

Insofern sich der Beschwerdeführer darauf beruft, ein ihm erteilter Auftrag sei den Tschechen als geteilte Subaufträge weitergegeben worden, ist ihm zu antworten:

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag im Vorhinein individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN). Dass entgegen den auf den Aussagen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers beruhenden Ausführungen der belangten Behörde ein konkreter Inhalt der Werkverträge bekannt gegeben worden sei, wird auch in der Beschwerde nicht dargetan. Der Beschwerdeführer ist in dieser Hinsicht an seine Aussage und die Aussage der Zeugen DV und JS in der mündlichen Verhandlung zu erinnern, wonach der Beschwerdeführer den Tschechen nicht in einem vorher abgeschlossenen Vertrag, sondern erst unmittelbar an Ort und Stelle bei Arbeitsbeginn den Kahlschlag und die Stelle gezeigt habe, wo die Bäumchen zu setzen seien.

Schon deshalb, weil sich den behaupteten "Werkverträgen" nicht einmal entnehmen lässt, ob es sich überhaupt bei der behaupteten Vergabe an die Tschechen um ein abgrenzbares, unterscheidbares "gewährleistungstaugliches" Werk handelt, geschweige denn eine Abgrenzbarkeit der von den Tschechen zu verrichtenden Tätigkeiten untereinander im Vorhinein möglich war, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens eines Werkvertrages zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und den Tschechen andererseits nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche.

Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass derartige Arbeiten wie die in den obigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde beschriebenen Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf im Zusammenwirken mit anderen Arbeitern erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0183, mwN). Bei den gegenständlichen Baumsetzarbeiten handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Arbeiten wie den gegenständlichen der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129, mwN).

Dem Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer den von den Bundesforsten erhaltenen Auftrag nicht alleine hätte ausführen können, ist der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Auch dieser Umstand deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer die Tschechen zur Abdeckung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes einsetzte. Der Beschwerdeführer hat nicht konkret aufgezeigt, dass die Tschechen - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten weisungsfrei gewesen seien.

Wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, dann äußert sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"), die der Beschwerdeführer nach den Aussagen des Zeugen JS auch ausgeübt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0026).

Die belangte Behörde ist sohin zu Recht von einer unmittelbaren Beschäftigung der Tschechen in einem Unterordnungsverhältnisses ausgegangen.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wird eine Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen (§ 35 Abs. 1 VwGG), so ist der Verwaltungsgerichtshof an einen Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedenfalls dann nicht gebunden, wenn dem Art. 6 Abs. 1 MRK nicht entgegensteht. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/02/0197).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2009090284.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-91260