VwGH vom 18.02.2009, 2007/08/0043
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des S in O, vertreten durch Dr. Bernhard Wörgötter, Rechtsanwalt in 6380 St. Johann in Tirol, Mag. Ed. Angererweg 14, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSG-323383/0003- II/A/3/2006, betreffend Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, dass der Beschwerdeführer vom bis der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unterliegt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 51.633,82 erzielt habe. Eine Überprüfung der Umsatzlisten des Jahres 2002 habe ergeben, dass auch in den Monaten November und Dezember 2002 Umsätze erzielt und Ausgaben getätigt worden seien. Der Versicherungserklärung vom sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer seit Kommanditist der L. KG sei. Seine Gewerbeberechtigungen "Gastgewerbe" und "Betrieb einer Kleingolfanlage" seien mit Wirkung vom ruhend gemeldet worden. Seit dem Stichtag beziehe der Beschwerdeführer eine Erwerbsunfähigkeitspension nach dem GSVG. Die Einbeziehung in die Pflichtversicherung ergebe sich aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer als Kommanditist der L. KG maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung habe. Laut Gesellschaftsvertrag werde die gewöhnliche Geschäftsführung durch die Komplementäre derart eingeschränkt, dass für die Begründung und Beendigung von Dienstverhältnissen die Zustimmung des Kommanditisten erforderlich sei. Darüber hinaus bestehe ein uneingeschränktes Vetorecht, wobei es sich um eine bewusste Erweiterung des im Handelsgesetzbuch eingeschränkten Kontrollrechtes handle.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, welcher mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. In der Bescheidbegründung legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, der Beschwerdeführer habe über viele Jahre den Betrieb Hotel G. als Einzelunternehmer geführt. Mit Wirkung vom habe er seine Gewerbeberechtigungen ruhend gemeldet. In der Folge habe er eine Erwerbsunfähigkeitspension nach dem GSVG auf Grund einer Schulterverletzung bezogen. Mit Gesellschaftsvertrag vom habe der Beschwerdeführer seinen Betrieb Hotel G. mit Ausnahme der unbeweglichen Güter (insbesondere der Gebäude samt fest verbundenem Inventar und Grundstücken) und allfälliger Forderungen Dritter betreffend die Wirtschaftsgüter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die neu gegründete L. KG eingebracht. Diese KG sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht in das Firmenbuch eingetragen worden. Die beiden Töchter des Beschwerdeführers seien Komplementärinnen der KG. Ihnen sei die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft oblegen. Der Beschwerdeführer sei Kommanditist der Gesellschaft, seine Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern beschränke sich nach dem Gesellschaftsvertrag auf seine Einlage im Wert von EUR 150.000,--. Als Kommanditist habe der Beschwerdeführer keine persönliche Arbeitsleistung erbracht. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe er über ein Vetorecht hinsichtlich aller im Zusammenhang mit dem außergewöhnlichen Geschäftsbetrieb stehenden Gesellschafterbeschlüsse verfügt. Im Fall eines Vetos sei ein gefasster Beschluss nichtig gewesen. Die Begründung und Beendigung von Dienstverhältnissen sowie Lohn- und Gehaltsvereinbarungen seien mit dem Gesellschaftsvertrag dem außergewöhnlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet worden. Die L. KG habe an den Beschwerdeführer für die Nutzung der Liegenschaft einschließlich des sogenannten "Liftradels" einen Mietzins von EUR 208.000,-- pro Jahr bezahlt. Nach den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 habe der Beschwerdeführer Einkünfte nach § 23 EStG in Höhe von EUR 41.164,14 (2002) bzw. EUR 51.622,82 (2003) bezogen. Im Zeitraum vom bis seien vom Beschwerdeführer Umsätze in der Höhe von EUR 281,78 (November) bzw. EUR 133.658,67 (Dezember) erzielt worden. Eine Einvernahme der beiden Töchter des Beschwerdeführers sei nicht erforderlich gewesen, da die belangte Behörde ohnedies davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer in der KG nicht mitgearbeitet habe. Er habe lediglich die gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte inne gehabt. Auch die Einholung eines medizinischen Gutachtens über den Gesundheitszustand sei nicht erforderlich, weil es klar sei, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Es erübrige sich auch die Einvernahme des Beschwerdeführers, ob er die ihm zukommenden Rechte tatsächlich nicht ausgeübt habe, die rechtliche Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Rechte allein reiche für die Beurteilung aus. Der Beschwerdeführer sei auf Grund der fehlenden Eintragung der KG und somit seiner Kommanditistenstellung in das Firmenbuch im Außenverhältnis als ein grundsätzlich persönlich haftender Gesellschafter mit unbeschränktem Haftungsrisiko anzusehen, weshalb er bereits deshalb in die Versicherungspflicht einzubeziehen sei. Bis zur Errichtung der KG mit sei der Beschwerdeführer auf Grund unbeschränkter Haftung jedenfalls selbständig erwerbstätig gewesen. Außerdem sei festzuhalten, dass die Begründung und Beendigung von Dienstverhältnissen sowie Lohn- und Gehaltsvereinbarungen generell dem außergewöhnlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet wurden und deshalb eine Zustimmung des Beschwerdeführers auch in Belangen erforderlich gewesen sei, bei denen es sich im Grunde um Angelegenheiten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe derartige Beschlüsse verhindern können, ihm sei nach dem Gesellschaftsvertrag ein Vetorecht zugestanden, sodass gefasste Beschlüsse der Geschäftsführerinnen nichtig geworden wären. Außerdem seien die wesentlichsten Betriebsmittel, nämlich die Liegenschaften samt Gebäuden, vom Beschwerdeführer der Gesellschaft gegen Entgelt lediglich zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden. Er sei aber weiterhin Alleineigentümer der Liegenschaften geblieben und habe daher über diese im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen verfügen können. Im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei daher davon auszugehen, dass diese Betriebsmittel dem Beschwerdeführer eine wesentliche Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der KG eingeräumt hätten. Im äußersten Falle wäre es ihm auch möglich gewesen, die Nutzungsvereinbarung hinsichtlich seiner Liegenschaften aus wichtigem Grund als Dauerschuldverhältnis zu kündigen und damit der Gesellschaft die Betriebsgrundlage zu entziehen (unabhängig von einer daraus allfällig entstehenden Schadenersatzpflicht). Die rechtliche Stellung des Beschwerdeführers habe sich daher wesentlich stärker als die eines Kommanditisten dargestellt, der bloß einen Kapitalbetrag in eine Gesellschaft einbringe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 58/07-5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des in Beschwerde gezogenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und dafür Kostenersatz begehrt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, ausdrücklich Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit der Frage der Pflichtversicherung eines Kommanditisten gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof in den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/08/0041 und 2006/08/0243, eingehend auseinandergesetzt. Auf die Begründung dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in den genannten Erkenntnissen zunächst dargelegt, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988 jedenfalls nicht als der Privatsphäre zugehörig angesehen werden können. Die Versicherungspflicht einer Person, die selbständig erwerbstätig ist, nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG richtet sich nach der Art der Einkünfte. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht zu prüfen, zumal der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, um welche anderen Einkünfte es sich gehandelt haben sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0196, mwN).
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in den bereits zitierten hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/08/0041 und 2006/08/0243, ausgeführt, dass es darauf ankommt, ob ein Kommanditist auch "selbständig erwerbstätig" ist, d. h. in der KG nicht nur eine reine Kommanditistenstellung innehat, sondern ihm durch den Gesellschaftsvertrag eine darüber hinausgehende Rechtsstellung eingeräumt wird. Kommanditisten sind daher dann als selbständig erwerbstätig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG anzusehen, wenn ihnen auf Grund rechtlicher Gegebenheiten Geschäftsführungsbefugnisse zukommen, die über die ihnen gesetzlich zustehenden Mitwirkungsrechte an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, und der Kommanditist damit einen maßgeblichen Einfluss auch auf die laufende Geschäftsführung besitzt.
Ausgehend davon ist es im vorliegenden Fall nur von Bedeutung, dass der Beschwerdeführer nach dem Gesellschaftsvertrag die rechtliche Möglichkeit gehabt hat, den von der belangten Behörde festgestellten Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen, der über die bloße Kommanditistenstellung nach dem UGB hinausgeht. Es kommt weder darauf an, ob derartige Geschäfte tatsächlich getätigt wurden, noch ob der Beschwerdeführer gesundheitlich in der Lage gewesen ist, an der Geschäftsführung teilzunehmen, oder ob er eine Erwerbsunfähigkeitspension bezogen hat.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die fehlende Eintragung der KG im Firmenbuch begründe keineswegs die volle Haftung des Beschwerdeführers nach außen, ist zu bemerken, dass die belangte Behörde ihren Bescheid für jenen Zeitraum, in dem die KG bereits bestanden hat, auch mit den Regelungen des Gesellschaftsvertrages über die Befugnisse des Beschwerdeführers begründet hat. Eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides ist daher insofern nicht gegeben.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am