TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 22.03.2012, 2009/09/0268

VwGH vom 22.03.2012, 2009/09/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des HM in H, vertreten durch Sauerzopf Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Börsegasse 9/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-BL-08-1071, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe einen namentlich genannten polnischen Staatsbürger als Arbeitgeber beschäftigt, obwohl die dafür nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erforderlichen Bewilligungen oder Bestätigungen nicht ausgestellt gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG übertreten und über ihn wurden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 34 Tagen festgesetzt und ihm die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.

Hinsichtlich der Zeit und des Ortes dieser Verwaltungsübertretung enthält der Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz folgende Angaben (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zeit ....: , 20.00 Uhr

Ort .....: 1100 Wien, F.-straße".

Auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid für schuldig, er habe die Tat als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher angeführten GmbH mit Sitz in H. am L. (Tatort) begangen. Die Berufung wurde abgewiesen jedoch ihr dahingehend Folge gegeben, als die Dauer der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Tagen auf zwei Tage herabgesetzt wurde.

Hinsichtlich der Zeit und des Ortes enthält der Spruch des angefochtenen Bescheides folgende Angaben:

"Zeit: bis , 20.00 Uhr Betretungsort: 1100 Wien, F.-straße"

Der angefochtene Bescheid enthält eine nähere Begründung insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich bei der Tätigkeit des Ausländers nicht um die Erfüllung eines Werkvertrages, sondern um eine unselbständige Tätigkeit im Sinne einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG gehandelt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zwar wurde der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall dadurch, dass er mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz als Arbeitgeber, hingegen mit dem angefochtenen Bescheid als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH für die vorliegende Verwaltungsübertretung verantwortlich gemacht und bestraft worden ist, nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0011).

Hingegen trifft der Beschwerdevorwurf zu und führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall die gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses genau zu umschreibende Zeit der Tat mit der Umschreibung " bis , 20.00 Uhr" gegenüber der noch im Bescheid der Behörde erster Instanz erfolgten Festlegung:

", 20.00 Uhr" ausgedehnt und damit die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens auf unzulässige Weise entgegen dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 66 Abs. 4 AVG erweitert hat. Diese Bestimmung berechtigt die Berufungsbehörde nämlich nicht zur Auswechslung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat, sondern nur dazu, die Straftat auf der Grundlage der unbedenklichen Sachverhaltsannahme der Behörde erster Instanz näher zu umschreiben (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0172). Die Ausdehnung des Tatzeitraumes auf die im vorliegenden Fall erfolgte Weise war jedoch keine Präzisierung, sondern eine Erweiterung des Vorwurfs. Den Tatort durfte die belangte Behörde im vorliegenden Fall, weil das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz einer berichtigenden Auslegung nicht zugänglich ist, ebenfalls nicht auf die im vorliegenden Fall erfolgte Weise ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0436).

Für das fortgesetzte Verfahren wird noch darauf hingewiesen, dass die Dauer des Verfahrens im Grunde des Art. 6 Abs. 1 EMRK - im Fall der neuerlichen Verhängung einer Verwaltungsstrafe - als mildernd zu berücksichtigen sein wird.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am