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VwGH vom 22.03.2010, 2007/08/0015

VwGH vom 22.03.2010, 2007/08/0015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Dr. H D in S, vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 22, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl. 20305- V/14.485/3-2006, betreffend Beitragsgrundlagen und Beitragspflicht nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84- 86), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt stellte mit Bescheid vom auf Antrag des Beschwerdeführers fest, dass dessen endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem GSVG im Jahr 2003 je EUR 998,04 und im Jahr 2004 je EUR 1.206,16 betrage, woraus sich ein endgültiger monatlicher Beitrag von EUR 149,71 im Jahr 2003 und von EUR 180,92 im Jahr 2004 ergebe. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer zur Entrichtung eines Beitragszuschlages von EUR 167,04 für das Jahr 2003 und von EUR 201,96 für das Jahr 2004 verpflichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2003 Einkommen aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 11.976,53 und jener des Jahres 2004 ein solches Einkommen in Höhe von EUR 10.912,65 ausweise. Im Jahr 2003 seien keine, im Jahr 2004 Beiträge nach dem GSVG in der Höhe von EUR 3.561,23 vorgeschrieben worden. Die Beitragsermittlung basiere auf einem Beitragssatz von 15 %. Eine "Herausrechnung gewisser Einkünfte", abgestellt auf ein näher bestimmtes Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, für welche bereits Sozialversicherungsabgaben nach dem ASVG beglichen worden seien, sei auf Grund der Bindungswirkung an Einkunftsarten nach dem EStG nicht möglich. Gemäß § 35 Abs. 6 GSVG sei bedingt durch die Feststellung der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides ein Zuschlag zu den Beiträgen in Höhe von 9,3 % der Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG zu leisten.

In seinem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wendet der Beschwerdeführer zusammengefasst ein, dass nur jene Teile der vom Finanzamt S für die Jahre 2003 und 2004 rechtskräftig festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Beitragsbemessung nach dem GSVG herangezogen werden dürften, die nicht bereits "mit dem ASVG belastet" seien. Es handle sich hiebei um Entschädigungen für eine Lehrauftragstätigkeit an der Fachhochschule T. Diese seien "steuerrechtlich von der dortigen Verwaltung als solche gemäß § 25 Abs. 1 Ziff. 5 EStG eingestuft bzw. vom Finanzamt auch entsprechend als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 EStG beurteilt worden", während sie sozialversicherungsrechtlich als Einkünfte aus einem Dienstverhältnis qualifiziert und dafür auch Beiträge an die zuständige Gebietskrankenkasse abgeliefert worden seien. Die unreflektierte Übernahme der vom Finanzamt getroffenen Feststellungen, die "im Ergebnis richtig und zutreffend sind", würde aber bei Erfassung der Lehrauftragseinkünfte nach dem ASVG und dem GSVG zu einer gesetzlich nicht gedeckten Doppelbelastung führen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer nach den von ihm nicht beanstandeten und in Rechtskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2003 und 2004 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in der Höhe von EUR 11.976,53 (2003) und EUR 10.912,65 (2004) bezogen habe. Unstrittig sei weiters, dass diese Einkünfte aus der Tätigkeit als wissenschaftlicher Vortragender und Publizist resultieren würden, weshalb auch für 2003 und 2004 die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG festgestellt worden sei. Die Ermittlung der Höhe der Beiträge sei rein rechnerisch vom Beschwerdeführer nicht beanstandet worden und seien keine Ansatzpunkte für ein diesbezüglich fehlerhaftes Ergebnis erkennbar. Auf Grund der rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide habe für die belangte Behörde, die über die Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG zu entscheiden habe, bindend festgestanden, dass die in diesen Bescheiden ausgewiesenen Einkünfte unter den genannten Einkommenstiteln erzielt würden, sodass die ausgewiesenen Einkünfte sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch hinsichtlich der Einkommensart und demzufolge erzielt aus einer entsprechenden selbständigen Tätigkeit der gegenständlichen Entscheidungsfindung zugrundezulegen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, für ein und dieselben Einkünfte nicht zweimal zu einer Pflichtversicherung herangezogen zu werden. Insbesondere erachtet er sich in seinem Recht verletzt, dass gemäß § 25 GSVG iVm § 1 leg. cit. nur solche Einkünfte in die Bemessungsgrundlage für Zwecke des GSVG einbezogen werden, die nicht bereits nach einem anderen Bundesgesetz (hier: ASVG) einer Pflichtversicherung unterliegen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegen (unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 und 6 GSVG), heranzuziehen. Als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des EStG 1988. Die weiteren Bestimmungen des § 25 GSVG regeln Näheres über die Beitragsgrundlage. § 25a GSVG enthält Bestimmungen über eine vorläufige Beitragsgrundlage.

Nach § 194a GSVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen auf Antrag mit Bescheid festzustellen, ob die in § 2 Abs. 1 Z. 4 erster Satz genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei darf das Vorliegen der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG als Vorfrage nicht beurteilt werden. Der Versicherungsträger hat vielmehr die Einleitung des Verfahrens beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu beantragen und das eigene Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Verwaltungsverfahren auszusetzen (zu unterbrechen). Der zuständige Krankenversicherungsträger hat binnen einem Monat ab Zustellung des Antrages des Versicherungsträgers zu entscheiden, widrigenfalls der Versicherungsträger über die Vorfrage selbst zu entscheiden hat. Die Entscheidung über die Vorfrage ist für den darüber als Hauptfrage zur Entscheidung zuständigen Krankenversicherungsträger solange bindend, als er nicht selbst einen Bescheid erlässt (§ 10 Abs. la ASVG).

Wie sich aus der im Verwaltungsakt erliegenden, einen früheren Beitragszeitraum betreffenden Versicherungserklärung ergibt, hat der Beschwerdeführer gegenüber der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angegeben, als wissenschaftlicher Vortragender und Publizist tätig zu sein. Eine Versicherungserklärung für die hier maßgeblichen Zeiträume ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat offenbar auf Grund der ihr vorliegenden früheren Versicherungserklärung nach Erhalt der Daten der Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2003 und 2004 angenommen, dass die dort ausgewiesenen Einkünfte (nur) aus dieser Tätigkeit als selbständig erwerbstätiger wissenschaftlicher Vortragender und Publizist herrühren und die hier strittigen Beiträge vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer hat jedoch bereits in seinem Einspruch gegen den erstinstanzlichen Bescheid geltend gemacht, dass in den in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit auch Einkünfte enthalten sind, die aus einer der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegenden Tätigkeit als Unterrichtender an einer Fachhochschule herrühren, wobei diese Einkünfte gemäß der Ausnahmebestimmung des § 25 Abs. 1 Z 5 (zweiter Satz) EStG 1988 in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgebenden Fassung steuerrechtlich dennoch als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu beurteilen gewesen seien.

Auch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat - als erstinstanzliche Behörde in ihrem Vorlagebericht an die belangte Behörde - ausdrücklich eingeräumt, dass in den beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten ein (freies) Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG zu der vom Beschwerdeführer genannten Fachhochschule ersichtlich ist, meinte jedoch - ohne auf den ausdrücklichen Hinweis des Beschwerdeführers auf die Ausnahmebestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 in der hier maßgebenden Fassung für die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 einzugehen -, dass daraus nichtselbständige Einkünfte resultieren würden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die steuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte im konkreten Fall nach der zitierten Ausnahmebestimmung zutreffend war, da es entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht darum geht, ob die steuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte, aus der die Pflichtversicherung begründenden Tätigkeiten erzielt wurden, zutrifft. Da nämlich in der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG nur selbständig erwerbstätige Personen erfasst sind, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des EStG 1988 erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweigen) eingetreten ist, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers zu prüfen, welche Tätigkeit der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausgeübt hat und ob diese Tätigkeit - aus der gegebenenfalls Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 resultieren - nicht bereits die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründet hat. Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Verwaltungsakt ist im Übrigen zu entnehmen, ob hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten und von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt eingeräumten Tätigkeit des Beschwerdeführers für die von ihm genannte Fachhochschule die Pflichtversicherung - allenfalls in dem nach § 194a GSVG vorgesehenen Verfahren - bescheidmäßig festgestellt wurde.

Da es die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, sich mit der Frage des Vorliegens einer Pflichtversicherung des Beschwerdeführers nach dem ASVG für die von ihm behauptete Lehrtätigkeit auseinanderzusetzen, war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am