VwGH vom 24.10.2012, 2011/17/0255

VwGH vom 24.10.2012, 2011/17/0255

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der N Vgesellschaft m.b.H. in R, vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/309/10-2011, betreffend Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde erster Instanz vom wurde der beschwerdeführenden Partei, gestützt auf die §§ 1, 2, 3 und 10 des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes, LGBl. Nr. 161/1962 "in der geltenden Fassung", in Verbindung mit der Bewertungspunkteverordnung 1978, LGBl. Nr. 2/1978, "sowie aufgrund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom " als Eigentümer eines näher angeführten "Objektes" eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag für die "Erweiterung dieser Liegenschaft an die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes 'S' und die Ortskanalisation" vorgeschrieben.

Nach dem Spruch dieses Bescheides bildet die beiliegende Bewertungspunkte-Ermittlung einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.

Der Interessentenbeitrag wurde mit EUR 4.474,96 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer, sohin mit EUR 4.922,46, angegeben.

Begründend verwies die Behörde darauf, dass gemäß § 1 des Interessentenbeitragsgesetzes (in der Folge: IBG) die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die gemeinde- oder verbandseigenen Abwasseranlagen eingeleitet werden, zu den Herstellungskosten Beiträge zu leisten hätten, welche zusammen nicht mehr als die Hälfte der Baukosten der Anlage betragen dürften. Die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes bzw. die Ortskanalisation seien wasserrechtlich bewilligt worden. Erhöhe sich gemäß § 10 IBG bei einem Interessenten nach der Vorschreibung des Beitrages die Anzahl der Bewertungspunkte infolge einer durch bauliche oder betriebliche Änderungen bedingten Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage, so habe der Interessent einen Ergänzungsbeitrag zu leisten.

Laut Beschluss der Gemeindevertretung vom sei der Interessentenbeitrag für das Jahr 2009 mit EUR 488,-- zuzüglich 10 % USt. je Bewertungspunkt festgelegt worden. Für das Objekt der beschwerdeführenden Partei seien insgesamt 21,57 Bewertungspunkte errechnet worden, wovon 12,4 Punkte, die bereits 1978 verrechnet worden seien, abzuziehen seien; die sich so ergebenden 9,17 Punkte seien mit EUR 488,-- zu multiplizieren gewesen. Hieraus resultiere der vorgeschriebene Betrag.

Dem Bescheid war offenbar eine "Bewertungspunkte-Ermittlung" vom beigegeben.

1.2. In ihrer dagegen erhobenen Berufung verwies die beschwerdeführende Partei darauf, dass die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides "in keinster Weise nachvollziehbar" sei. So werde im Bescheidspruch auf eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag für die "Erweiterung der Liegenschaft an die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes und die Ortskanalisation" verwiesen. Eine Vorauszahlung sei jedoch nach dem Interessentenbeiträgegesetz ausschließlich in § 11 geregelt; inwieweit eine Erweiterung der Anlage, die nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligt und mit einem Kostenvoranschlag belegt worden sei, heranzuziehen sei, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Nach § 11 leg. cit. dürften auch nur 80 % der zu erwartenden Projektkosten als Vorauszahlung eingehoben werden. In der Begründung beziehe sich der Bescheid ausschließlich auf die Bestimmungen der §§ 1 und 10 IBG und spreche nicht mehr von einer Vorauszahlung, sondern von der Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages infolge einer durch bauliche oder betriebliche Änderung bedingten Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage. Es sei daher dem Bescheid nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ob eine Vorauszahlung für eine allfällige Erweiterung der Abwasseranlage oder ein Ergänzungsbeitrag für eine Erweiterung der Inanspruchnahme der bestehenden Abwasseranlage vorgeschrieben werde.

Auch lasse sich - wie näher dargelegt wird - der Bescheidbegründung nicht mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, wie die Behörde zu dem Vorschreibungsergebnis gelangt sei, bzw. woraus die Annahme resultiere, dass eine erhöhte Inanspruchnahme durch einen im Objekt etablierten Gastgewerbebetrieb gegenüber dem zuvor bestandenen KFZ-Betrieb entstanden sei.

1.3. Mit dem mit Datum ausgefertigten Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Berufungsbehörde wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Spruch wiederholt. Begründend wurde ausgeführt, weil die Arbeiten der mitbeteiligten Stadtgemeinde "für Kanalisation und Kläranlage" bisher noch nicht abgeschlossen seien, handle es sich bei der Vorschreibung eines Interessentenbeitrages um eine "Vorauszahlung". Dies gelte auch hinsichtlich der Tatsache, dass die Endkosten für die Kanalisationsanlage nicht bekannt seien. Ebenso würden sich die Objekte ändern, sodass nur von einer "Vorauszahlung" gesprochen werden könne. Weiters werde "festgestellt", dass die "mathematisch ermittelte Berechnungszahl gemäß Interessentenbeiträgegesetz für die Höhe des Interessentenbeitrages pro Bewertungspunkt erheblich höher" sei, als der von der Gemeindevertretung im Beschluss vom festgesetzte Bewertungspunkt in der Höhe von EUR 488,-- zuzüglich 10 % USt. Für die Festsetzung von Gebühren und Abgaben sei nach der Gemeindeordnung die Gemeindevertretung zuständig.

In der Ersterhebung am sei vom damaligen "Objekteigentümer" bestätigt worden, dass die Geschäftsfläche des gegenständlichen Bauwerkes 389,9 m2 betrage und die Wohnnutzfläche demgegenüber nur 92 m2. Der Stadtgemeinde sei nie mitgeteilt worden, dass die im ersten Obergeschoß befindlichen Büroräume (nunmehr) als Wohnräume genützt würden. Bei der Erhebung vom sei (somit) festgestellt worden, dass sich die tatsächliche Wohnnutzfläche von 92 m2 auf 212,7 m2 geändert habe. Außerdem sei im Erdgeschoß ein Teil des KFZ-Betriebes als Cafe und Feinkostladen umgewidmet worden. Diese Änderung des Verwendungszweckes sei von der Bezirkshauptmannschaft baubehördlich mit Bescheid vom überprüft worden. Anlässlich der Kollaudierung habe eine Vor-Ort-Erhebung der Nutzungsflächen stattgefunden, wobei die Richtigkeit der Bewertungspunkteermittlung durch die Unterschrift eines Herrn A. N. bestätigt worden sei. Es werde weiters darauf hingewiesen, dass im Objekt noch ein KFZ-Betrieb untergebracht sei; dieser beschäftige zwei Personen, was auch in die Bewertung einbezogen worden sei. Es gebe zwischen den zwei Beschäftigten und dem Cafe und Feinkostladen "keine Verbindung". Die Bewertung sei nach der rechtsgültigen Bewertungspunkteverordnung 1978, LGBl. Nr. 2/1978, durchgeführt worden.

1.4. Über Vorstellung der beschwerdeführenden Partei hob die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom den Berufungsbescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens einschließlich des Parteienvorbringens sowie der nach Ansicht der Behörde heranzuziehenden Rechtsgrundlagen entscheidungswesentlich ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Vorstellung eingewendet, dass die Heranziehung einer von der Gemeindevertretung mit Beschluss festgelegten Berechnungszahl zur Berechnung der Vorauszahlung im Gesetz nicht vorgesehen sei. In § 11 Abs. 3 IBG werde die Festsetzung der Vorauszahlung geregelt; hier sei ein Rahmen für deren Einhebung dahingehend vorgegeben, als diese nur zur Deckung der tatsächlich bisher angefallenen sowie der im laufenden und nächstfolgenden Jahr zu erwartenden Baukosten erforderlich sei. Insofern bedürfe es einer nachvollziehbaren Darlegung der Herstellungskosten und darauf basierend einer Teilung dieser Kosten durch jene Anzahl der Bewertungspunkte, die der projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage entspreche. Eine derartige nachvollziehbare und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Ermittlung der Berechnungszahl liege - auch nach Ansicht der belangten Behörde - dem Bescheid nicht zugrunde, was diesen mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belaste.

Überdies liege ein wesentlicher Verfahrensmangel darin, dass dem vorgelegten Sitzungsprotokoll der Berufungsbehörde nicht zu entnehmen sei, dass die Beratung und Beschlussfassung unter Ausschluss des Bürgermeisters stattgefunden habe, dieser werde vielmehr in der Liste der anwesenden und stimmberechtigten Mitglieder geführt.

1.5. Mit Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Berufungsbehörde, datiert mit , wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei (neuerlich) als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid auch durch Wiederholung des Spruches bestätigt.

Begründend führte die Berufungsbehörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Parteienvorbringens aus, dass die mathematisch ermittelte Berechnungszahl gemäß dem Interessentenbeiträgegesetz für die Höhe des Interessentenbeitrages pro Bewertungspunkt erheblich höher sei als der von der Gemeindevertretung laut Beschluss vom festgesetzte Bewertungspunkt für das Jahr 2009 in der Höhe von EUR 488,-- zuzüglich 10 % USt. Die Berechnungszahl errechne sich aus der Hälfte der Herstellungskosten dividiert durch die Anzahl der Bewertungspunkte und es ergebe sich rechnerisch eine Berechnungszahl von EUR 741,03 netto. Für die Festsetzung von Gebühren und Abgaben sei nach der Gemeindeordnung die Gemeindevertretung zuständig und sei mit Beschluss der Gemeindevertretung vom der Bewertungspunkt für das Jahr 2009 mit EUR 488,-- zuzüglich 10 % USt. festgesetzt worden. Überdies habe in der Sitzung der Gemeindevorstehung vom der Bürgermeister auf Grund von Befangenheit vor Abhandlung und Beschlussfassung über die Berufung der beschwerdeführenden Partei den Sitzungssaal verlassen und der Vizebürgermeister den Vorsitz übernommen, was aus dem "Gesamtprotokoll der Sitzung" klar ersichtlich sei. Dem Auszug aus dem Sitzungsprotokoll zu den einzelnen Tagesordnungspunkten sei dies dann nicht eindeutig zu entnehmen gewesen.

1.6. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Partei (nunmehr) als unbegründet ab. Von der mitbeteiligten Stadtgemeinde seien im gegenständlichen Verfahren Unterlagen vorgelegt worden, die sowohl die bisher aufgelaufenen Kosten für die Errichtung der Anlage dokumentierten als auch die Gesamtinanspruchnahme der Anlage. Aus diesen "Werten", nämlich der Hälfte der Herstellungskosten und der bisher vergebenen Berechnungspunkte, lasse sich somit jene Berechnungszahl ermitteln, die als Grundlage für die Berechnung von Vorauszahlungen im Rahmen des § 11 Abs. 3 IBG diene, welche von der Gemeinde eingehoben werden könnten.

Es sei also unzutreffend, wie die beschwerdeführende Partei als Vorstellungswerberin vorbringe, dass die Ermittlung der Höhe der Berechnungszahl nicht nachvollziehbar sei. Ausgehend von der nunmehr ermittelten Berechnungszahl von EUR 745,40 sei die Vorschreibung, der eine Berechnungszahl von EUR 488,-- zugrunde liege, somit gesetzeskonform erfolgt. Diesbezüglich könne von der Vorstellungsbehörde keine Rechtswidrigkeit im Vorgehen der mitbeteiligten Stadtgemeinde gesehen werden.

1.7. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Gesetz vom über die Leistung von Interessentenbeiträgen für die Herstellung gemeindeeigener Abwasseranlagen in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg (Salzburger Interessentenbeiträgegesetz), LGBl. Nr. 161/1962 in der Fassung LGBl. Nr. 55/1988, regelt die Beitragszahlung zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen. Nach § 1 Abs. 1 leg. cit. haben in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Interessenten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Beiträge zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen (im Folgenden kurz Anlagen) zu leisten. Herstellungskosten sind dabei nach § 1 Abs. 2 IBG jene Kosten, die der Gemeinde für die Herstellung, Erweiterung oder technische Verbesserung der Anlage sowie für die Wiedererrichtung nicht mehr funktionsfähiger größerer Teile der Anlage erwachsen, einschließlich den Beträgen, die sich aus der Aufwertung der Vorauszahlungen gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. ergeben.

Interessenten sind dabei nach Abs. 3 dieser Bestimmung unter anderem die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden und zwar gleichgültig, ob der Anschluss an die Anlage im Zuge ihrer Herstellung oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

Der durch Beiträge zu deckende Teil der Herstellungskosten darf nach § 1 Abs. 4 erster Satz IBG nicht mehr als die Hälfte dieser Kosten ausmachen. Der Beitrag wird dabei gemäß § 1 Abs. 5 leg. cit. durch das Verhältnis bestimmt, in dem wertmäßig das Ausmaß der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage zur projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage steht.

Hat eine Gemeinde zu den Herstellungskosten einer Abwasseranlage anteilig beizutragen, so finden gemäß § 1 Abs. 6 IBG auf diesen Kostenanteil die Vorschriften dieses Gesetzes über Herstellungskosten für gemeindeeigene Abwasseranlagen Anwendung; solche Anlagen sind insoweit gemeindeeigenen Abwasseranlagen gleichzuhalten.

Nach § 1 Abs. 7 leg. cit. wird der Beitrag von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Gemeindeabgabe erhoben. Dabei haben die Behörden die Bundesabgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Die Bewertung der Inanspruchnahme der Anlage wird näher in § 2 IBG geregelt, wobei nach § 2 Abs. 1 leg. cit. die Bewertung des Ausmaßes der Inanspruchnahme der Anlage in Bewertungspunkten auszudrücken ist.

Nach § 4 Abs. 1 IBG ist der Beitrag in jenem Ausmaß zu leisten, das sich durch die Vervielfachung der den Interessenten treffenden Anzahl der Bewertungspunkte (§ 2 leg. cit.) mit der Berechnungszahl und einer allfälligen Steigerung nach Abs. 4 bestimmt.

Berechnungszahl ist dabei nach § 4 Abs. 2 leg. cit. jene Zahl, die sich aus der Teilung des auf der Grundlage der genehmigten Abschlussrechnung (§ 3 IBG) nach § 1 Abs. 4 leg. cit. bestimmten Teiles der Herstellungskosten durch jene Anzahl der Bewertungspunkte ergibt, die der projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage entspricht.

Nach § 5 Abs. 1 IBG ist der Beitrag dem Interessenten vom Bürgermeister mit Bescheid vorzuschreiben. Bei der Anrechnung von Vorauszahlungen (§ 11 leg. cit.) sind nach § 5 Abs. 2 IBG diese um 4 v.H. jährlich aufzuwerten, wobei das Halbjahr, in dem die Vorauszahlung geleistet worden ist, außer Betracht zu bleiben hat.

Die Vorauszahlung wird schließlich in § 11 IBG wie folgt geregelt:

"(1) Liegt für eine Anlage ein nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und mit einem Kostenvoranschlag belegtes Projekt vor und wurde diesem von der Gemeindevertretung zugestimmt, so ist die Gemeinde berechtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an Vorauszahlungen auf den nach § 4 zu leistenden Beitrag zu erheben.

(2) Zur Leistung einer Vorauszahlung sind die Eigentümer (Berechtigten aus einem Baurecht) von Grundstücken verpflichtet, von denen nach dem Projekt Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden sollen, soferne


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
das Grundstück bebaut ist oder
b)
sich auf dem Grundstück ein Gebäude in Bau befindet.

(3) Die Vorauszahlung ist einheitlich in einem Hundertsatz, jedoch nicht mehr als mit 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Anlage sowie des Umfanges und Zweckes des bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäudes gemäß § 4 als Beitrag zu entrichten wäre. In diesem Rahmen dürfen Vorauszahlungen nur in dem Ausmaß erhoben werden, als dies zur Deckung der bisherigen sowie der im laufenden und im nächstfolgenden Jahr zu erwartenden Baukosten erforderlich ist.

(4) Ändern sich nach Leistung der Vorauszahlung die Verhältnisse derart, daß voraussichtlich die Beitragspflicht (§ 1) nicht mehr entstehen wird, so ist die Vorauszahlung mit 4 v.H. verzinst auf Antrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuzahlen.

(5) Für die Erhebung der Vorauszahlung gelten die §§ 5 bis 9 sinngemäß."

2.2. Die Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat in ihrem Bescheid vom begründend - wie ausgeführt - ausgesprochen, dass die Arbeiten für Kanalisation und Kläranlage bis dato noch nicht abgeschlossen worden seien, sodass es sich bei der Vorschreibung eines Interessentenbetrages um eine "Vorauszahlung" handle. Weiters werde festgehalten, "dass die mathematisch ermittelte Berechnungszahl gemäß Interessentenbeiträgegesetz für die Höhe des Interessentenbeitrages pro Bewertungspunkt erheblich höher ist als der von der Gemeindevertretung laut Beschluss vom festgesetzte Bewertungspunkt in der Höhe von EUR 488,00 zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer. Für die Festsetzung von Gebühren und Abgaben ist laut Gemeindeordnung die Gemeindevertretung zuständig."

Die belangte Behörde hat in ihrer Vorstellungsentscheidung vom den eben erwähnten Bescheid unter anderem mit der tragenden Begründung aufgehoben, dass eine nachvollziehbare und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Ermittlung der Berechnungszahl dem Bescheid nicht zugrunde liege; die belangte Behörde hat darin - zutreffend - eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten Vorstellungsbescheide, mit denen ein letztinstanzlicher Gemeindebescheid aufgehoben wird, sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der für die Aufhebung tragenden Gründe Bindungswirkung (vgl. § 80 Abs. 3 lit. c Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. Nr. 107/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 12/2004). Diese Bindungswirkung erstreckt sich auf jenes Verfahren, in dem der Vorstellungsbescheid ergangen ist und ist sowohl von den Gemeindebehörden als auch von der Vorstellungsbehörde und von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu beachten, wobei sich an der Bindung an diese Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde auch durch das Inkrafttreten der BAO für das landesgesetzliche Abgabenverfahren am nichts geändert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0327, mwN).

2.4. Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz ihren Bescheid vom - nach Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde - in dem für die Aufhebung wesentlichen erwähnten Punkt wie folgt begründet:

"Dazu wird von der Berufungsbehörde festgestellt, dass die mathematisch ermittelte Berechnungszahl gemäß Interessentenbeiträgegesetz für die Höhe des Interessentenbeitrages pro Bewertungsgrund erheblich höher ist als der von der Gemeindevertretung laut Beschluss vom festgesetzte Bewertungspunkt für das Jahr 2009 in der Höhe von EUR 488,00 zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer.

Die Berechnungszahl errechnet sich aus der Hälfte der Herstellungskosten dividiert durch die Anzahl der Bewertungspunkte und ergibt sich rechnerisch eine Berechnungszahl von EUR 741,03 netto.

Für die Festsetzung von Gebühren und Abgaben ist laut Gemeindeordnung die Gemeindevertretung zuständig und wurde laut Beschluss der Gemeindevertretung vom der Bewertungspunkt für das Jahr 2009 in der Höhe von EUR 488,00 zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer festgesetzt."

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist damit die Abgabenbehörde zweiter Instanz der ihr durch den aufhebenden Vorstellungsbescheid vom aufgetragenen Begründungspflicht nicht nachgekommen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat nämlich im Wesentlichen ihre bereits als unzureichend angesehene Begründung wiederholt. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angesprochene Vorlage von Unterlagen durch die mitbeteiligte Stadtgemeinde vermag eine diesbezüglich ausreichende Bescheidbegründung nicht zu ersetzen.

Dadurch dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Für das fortgesetzte Verfahren sei nur darauf verwiesen, dass sich die Abgabenbehörden hinsichtlich der Bewilligung des der Vorauszahlung zugrunde liegenden Projektes auf einen Gemeindevertretungsbeschluss aus dem Jahr 1978 berufen haben. Bei einem offenbar vergleichbaren Sachverhalt hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0122, bereits festgehalten, dass vom Vorliegen eines einheitlichen Projektes im Sinne des § 11 Abs. 1 IBG nur ausgegangen werden könnte, wenn bereits zu Beginn der Arbeiten die später ausgeführten Baumaßnahmen vom Projekt erfasst gewesen wären und ein Gemeindevertretungsbeschluss, welcher auch die der vorliegenden Vorschreibung zugrunde liegenden Arbeiten in ihrer Art und im ungefähren Ausmaß umfasst habe, vorhanden gewesen wäre. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Beschwerdefall wurden jedenfalls keine verwertbaren Feststellungen getroffen. Aus dem Akteninhalt ist vielmehr ein Bescheid vom ersichtlich, in dem die mitbeteiligte Stadtgemeinde davon spricht, dass sie als Mitglied des Reinhalteverbandes die Arbeiten zur Herstellung der öffentlichen Kanalisation in Auftrag gegeben und in der Zwischenzeit abgeschlossen habe.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am