VwGH vom 21.01.2009, 2007/08/0006
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des H in Wien, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2006-9694, betreffend Bemessung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte das Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Redergasse (in der Folge: AMS Redergasse), fest, dass dem Beschwerdeführer Notstandshilfe (als Pensionsvorschuss) ab bis im Ausmaß von EUR 10,26 täglich gebührt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Beurteilung der Notlage unter Anrechnung des Einkommens der Ehegattin für März, April und Mai 2006 habe wie folgt zu geschehen:
"Nettoeinkommen Ihrer Gattin pro Monat für März,April,Mai 06
EUR 1.109,28
Abzüglich Werbungskostenpauschale EUR 11,00
abzüglich Freigrenze für Partner EUR 458,00
abzüglich Freigrenze für Krankheit EUR
44,00
mtl. Anrechnung gerundet EUR 596,00
(mal 12/365) tägliche Anrechnung EUR 19,59
Ihre fiktive Notstandshilfe beträgt ohne Anrechnung
EUR 29,85
somit ergibt sich ab ein Anspruch auf täglich EUR 10,26 Notstandshilfe (EUR 29,85 abzüglich EUR 19,59)."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass zwar die Bruttonotstandshilfe richtig berechnet worden sei, dass aber bei der Anrechnung des Einkommens seiner Ehegattin, die Hausbesorgerin sei, der Materialkostenersatz und das Lichtpauschale nicht vom anzurechnenden Einkommen abgezogen worden seien. Diese Beträge hätte die Behörde - wie schon im Jahr 2005 auf Grund einer Berufung des Beschwerdeführers - aber abziehen müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, dass der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Feststellungsbescheid über die Höhe der Notstandshilfe im Jahr 2005 Folge gegeben worden sei, dass dies aber auf einem Irrtum der Berufungsbehörde beruht habe. Die Rechtsansicht, dass der Materialkostenersatz nicht zum Einkommen zähle, sei nur dann zutreffend, wenn es um das eigene Einkommen des Arbeitslosen bei der Prüfung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit gehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG gilt als arbeitslos, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben.
§ 33 Abs. 1 bis 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 lauten:
"§ 33. (1) Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden.
(2) Notstandshilfe ist nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.
(3) Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist."
§ 36 AlVG idF BGBl. I Nr. 142/2004 lautet auszugsweise:
"(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erlässt nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer Richtlinien über das Ausmaß der Notstandshilfe. ...
(2) In den nach Abs. 1 zu erlassenden Richtlinien sind auch die näheren Voraussetzungen im Sinne des § 33 Abs. 3 festzulegen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist. Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) zu berücksichtigen. ..."
§ 36a Abs. 1 bis 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 128/2003 lauten:
"(1) Bei der Feststellung des Einkommens für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit (§ 12 Abs. 6 lit. a bis e), des Anspruchs auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2 und 5), und für die Anrechnung auf die Notstandshilfe ist nach den folgenden Absätzen vorzugehen.
(2) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, zuzüglich den Hinzurechnungen gemäß Abs. 3 und dem Pauschalierungsausgleich gemäß Abs. 4. Einkommensteile, die mit dem festen Satz des § 67 des Einkommenssteuergesetzes 1988 zu versteuern sind, bleiben außer Betracht. Die Winterfeiertagsvergütung gemäß § 13j Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, BGBl. Nr. 414/1972, in der jeweils geltenden Fassung, bleibt außer Betracht. Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie aus einer Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen sind nur zur Hälfte zu berücksichtigen.
(3) Dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind die folgenden Beträge hinzuzurechnen:
1. Steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. b bis e, Z 4 lit. a und lit. e, Z 5 lit. a bis d, Z 8 bis 12, Z 15 lit. a, Z 15 lit. b, Z 22 bis 24, sowie § 29 Z 1 zweiter Satz und § 112 Z 1 EStG 1988;
2. die Beträge nach den §§ 10, 10a, 12, 18 Abs. 1 Z 4 sowie Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, 36, 41 Abs. 3 sowie 112 Z 5, Z 7 und Z 8 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden;
3. Sonderunterstützungen nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, und die besondere Schulbeihilfe nach dem Schülerbeihilfengesetz 1983, BGBl. Nr. 455."
§ 6 Abs. 1 NotstandshilfeV idF BGBl. II Nr. 490/2001 lautet:
"(1) Bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen."
§ 8 Hausbesorgergesetz (HBG) lautet:
"Materialkostenersatz
§ 8. Als Ersatz für die Kosten der Beschaffung der zu den Reinigungsarbeiten gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 lit a bis d erforderlichen Materialien hat der Landeshauptmann durch Verordnung eine angemessene Vergütung (Materialkostenersatz) in Form eines monatlichen Zuschlages zu dem Entgelt gemäß § 7 Abs. 5 lit a und b festzusetzen, den der Hauseigentümer an den Hausbesorger monatlich im nachhinein zu leisten hat. Dieser Zuschlag ist kein Bestandteil des Entgeltes."
§ 13 HBG lautet auszugsweise:
"Dienstwohnung
§ 13. (1) Dem Hausbesorger ist eine den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechende, für die dauernde Bewohnung bestimmte, baulich in sich abgeschlossene, normal ausgestattete Wohnung, die mindestens aus Zimmer, Küche, Vorraum, Klosett und Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) zu bestehen hat, als Dienstwohnung unentgeltlich einzuräumen.
...
(3) Für die Kosten des Stromverbrauches hat der Hauseigentümer an den Hausbesorger einen monatlichen Pauschalbetrag zu leisten, der den Kosten eines Stromverbrauches von 16 kWh entspricht.
..."
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten (darunter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 leg. cit.) nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) unter anderem Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.
Gemäß § 26 Z. 2 EStG gehören Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), oder durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersätze), nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Zunächst ist festzuhalten, dass § 12 Abs. 6 lit. a AlVG nur vorsieht, dass der Entgeltwert für die Dienstwohnung (darunter fällt auch das Lichtpauschale im Sinne des § 13 Abs. 3 HBG, vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0030, mwN) und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten bei der Beurteilung der Vorliegens von Arbeitslosigkeit eines Hausbesorgers nach dem HBG nicht berücksichtigt werden, nicht jedoch, dass sie kein Einkommen im Sinne der Vorschrift des § 36a AlVG - welche gemäß ihrem Abs. 1 auch für die Anrechnung des Partnereinkommens maßgeblich ist - darstellen. Im Gegenteil hat der Verwaltungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0030, ausgesprochen, dass das Lichtpauschale im Sinne des § 13 Abs. 3 HBG grundsätzlich zum Einkommen im Sinne des § 36a AlVG zählt.
Der Beschwerdeführer macht nun geltend, dass das Lichtpauschale und der Materialkostenersatz als Auslagenersätze im Sinne des § 26 Z. 2 EStG von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausgenommen seien.
Ein Aufwandersatz nach § 26 EStG liegt grundsätzlich nur vor, wenn darüber mit dem Arbeitgeber einzeln abgerechnet werden muss. Der Materialkostenersatz gemäß § 8 HBG ist als pauschaler Aufwandersatz nicht unter diese Bestimmung subsumierbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/13/0201, Slg. Nr. 6003 F/1985, mwN, auf das auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom verweist).
Auch das Lichtpauschale gemäß § 13 Abs. 3 HBG ist der Sache nach ein Zuschlag zum Entgelt; es dient der Finanzierung der privaten Lebensführung in der Hausbesorgerwohnung und ist daher schon deshalb kein Auslagenersatz.
Die belangte Behörde hat das Lichtpauschale im Sinne des § 13 Abs. HBG und den Materialkostenersatz gemäß § 8 HBG somit zu Recht bei der Anrechnung des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers auf dessen Notstandshilfe berücksichtigt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am