zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 19.03.2015, Ra 2014/06/0020

VwGH vom 19.03.2015, Ra 2014/06/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision des N S in U, vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Mühlbacherhofweg 4/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. LVwG- 3/44/2-2014, betreffend Übertretung des Salzburger Baupolizeigesetzes (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft T; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft T vom wurde dem Revisionswerber folgende Tat angelastet:

"Sie haben es als Eigentümer des Objektes XXX, zu verantworten, dass zumindest am zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr das gegenständliche Wohnhaus ohne die erforderliche baurechtliche Bewilligung zur Änderung des Verwendungszweckes von Wohnhaus in Bordell und entgegen der bestehenden Flächenwidmung durch die Inhaberin einer Bordellbewilligung, Frau C M, als Bordell genutzt wurde. Der Flächenwidmungsplan weist das gegenständliche Grundstück LN 417/2, KG S, als Grünland aus."

Wegen dieser Übertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 1 Z 25 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Z 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 eine Verwaltungsstrafe von EUR 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) verhängt; ferner wurde dem Revisionswerber ein Verfahrenskostenbeitrag von EUR 70,--

auferlegt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg.

Mit dem bekämpften Erkenntnis wurde der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe vollinhaltlich bestätigt, dass im Tatvorwurf der letzte Satz wie folgt zu lauten hat:

"Bei dem bestehenden als Wohnhaus bewilligten Bau handelt es sich um einen widmungswidrigen laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Gemeinde S im Grünland situierten Bestandsbau im Sinne des § 47 Abs 1 ROG 2009, bei dem eine Änderung der Art des Verwendungszweckes raumordnungsrechtlich gemäß § 47 Abs 2 lit a ROG 2009 nicht zulässig ist."

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG wurde dem Revisionswerber ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 140,-- auferlegt.

Die ordentliche Revision erklärte das Landesverwaltungsgericht Salzburg gemäß § 25a VwGG für nicht zulässig.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision, die vom Landesverwaltungsgericht Salzburg unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Die vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof ist an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Revision gemäß § 25a Abs. 2 VwGG nicht gebunden.

Wie im Folgenden zu zeigen ist, hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg das Erfordernis der Durchführung einer mündlichen Verhandlung verkannt. Die Revision ist folglich, wie vom Revisionswerber zutreffend ausgeführt wird, zulässig, und sie ist auch begründet:

§ 44 VwGVG lautet auszugsweise:

" Verhandlung

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn es einen Beschluss zu fassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389 entgegenstehen.

..."

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 bedarf die Änderung der Art des Verwendungszwecks von Bauten oder Teilen von solchen, soweit sich nicht aus den Abs. 2 und 3 der genannten Bestimmung etwas anderes ergibt, unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen behördlichen Bewilligungen und dergleichen einer Bewilligung der Baubehörde.

Die Baubewilligung ist gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist gemäß Z 1 der genannten Bestimmung der Fall, wenn die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung oder der jeweiligen Kennzeichnung widerspricht, sofern es sich nicht um eine im Einzelfall zulässige Verwendung (§§ 40 Abs. 4, 46 und 47 ROG 2009) handelt.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z 25 leg. cit. begeht, wer einen Bau oder Teile davon ohne die erforderliche Bewilligung in einer mit den in § 9 Abs. 1 Z 1 leg. cit. angeführten raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen nicht übereinstimmenden Weise nutzt oder durch einen Dritten wissentlich nutzen lässt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür (unbeschadet sonstiger Folgen) mit Geldstrafe bis zu EUR 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis sechs Wochen) zu bestrafen.

§ 47 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009, LGBl. Nr. 30,

lautet auszugsweise:

" Widmungswidrige Bestandsbauten

§ 47

(1) Ein bestehender widmungswidriger Bau im Sinn dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Bestand, allenfalls auch unter Zugrundelegung raumordnungsrechtlicher Ausnahme- oder Einzelbewilligungen, rechtmäßig ist und der festgelegten Widmung nicht entspricht.

(2) Änderungen von Bauten gemäß Abs. 1 sowie die Errichtung oder Änderung von Nebenanlagen sind nur zulässig, soweit diese baulichen Maßnahmen

1. zu keiner zusätzlichen wesentlichen Beeinträchtigung der grundsätzlichen Planungsabsicht, der Widmung und der Nachbarschaft führen und

2. nicht zum Gegenstand haben:

a) Änderungen der Art des Verwendungszwecks;

..."

Mit der erfolgten Spruchänderung wurde somit zum Ausdruck gebracht, dass der gegenständlich bestehende Bau rechtmäßig ist und der festgelegten Widmung nicht entspricht (woraus rechtlich die Maßgeblichkeit des § 47 ROG 2009 folgt, während ansonsten im Grünland auch Wohnbauten zulässig sein können - vgl. § 36 Abs. 3 und § 48 ROG 2009, für die Verwendungsänderungen insbesondere auch nach § 46 Abs. 3 Z 1 ROG 2009 möglich sein können).

Vor einer solchen, auch den Sachverhalt berührenden Änderung des Spruches hätte das Verwaltungsgericht jedoch eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG durchzuführen gehabt, zumal die Ausnahmen von der Verhandlungspflicht, die im § 44 Abs. 2, 3 und 4 VwGVG normiert sind, nicht greifen. Angesichts des Umstandes, dass der Spruch in Rechtskraft erwächst, und der damit allenfalls verbundenen Folgen beispielsweise im Hinblick auf eine zukünftige (weitere) Verfolgung kann es hier im Übrigen in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob bzw. wieweit der betreffende Spruchteil bzw. die Spruchänderung für die gegenständliche Strafbarkeit essentiell ist oder nicht, und ebenso, ob allenfalls hinsichtlich des geänderten Spruches rechtzeitig eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden ist.

Das angefochtene Erkenntnis war schon wegen des Unterbleibens der gebotenen öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. Ra 2014/02/0011, und vom , Zl. Ra 2014/11/0060).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den verordnungsmäßigen Pauschalbeträgen bereits berücksichtigt ist.

Wien, am