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VwGH vom 16.12.2015, Ra 2014/04/0045

VwGH vom 16.12.2015, Ra 2014/04/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der "Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, das Land Steiermark, Land Tirol, Stadt und Land Wien, Land Niederösterreich, Land Oberösterreich, Land Kärnten, Land Vorarlberg, Land Burgenland, Land Salzburg", alle vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W134 2011378- 2/23E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: S GmbH in W, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der erstangeführten revisionswerbenden Partei (Bund) auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Der Bund hat den weiteren revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die revisionswerbenden Parteien führten beginnend im April 2014 ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung durch mit dem Ziel, eine Rahmenvereinbarung mit drei Unternehmern abzuschließen. Gegenstand des Vergabeverfahrens war ein Lieferauftrag (betreffend digitale BOS-Funkgeräte) im Oberschwellenbereich (geschätzter Auftragswert: ca. EUR 32 Millionen). Als vergebende Stelle fungierte die Bundesbeschaffung GmbH.

Die mitbeteiligte Partei legte einen Teilnahmeantrag und wurde zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren eingeladen. Am erfolgte die erste Aufforderung zur Angebotslegung. Nachdem die mitbeteiligte Partei einen (ersten) Nachprüfungsantrag eingebracht hatte, nahmen die revisionswerbenden Parteien sämtliche Ausschreibungsunterlagen der ersten Aufforderung zur Angebotslegung samt dazu ergangenen Fragebeantwortungen und Berichtigungen zurück. Daraufhin zog die mitbeteiligte Partei ihren (ersten) Nachprüfungsantrag zurück. Am erfolgte eine neuerliche Aufforderung zur Angebotsabgabe.

2. Mit Schriftsatz vom beantragte die mitbeteiligte Partei, die Aufforderung zur Angebotsabgabe vom , in eventu einzelne näher bezeichnete Festlegungen in dieser Aufforderung für nichtig zu erklären. Begründend führte die mitbeteiligte Partei aus, dass einzelne Festlegungen im Leistungsverzeichnis bzw. in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen diskriminierend und die Zuschlagskriterien rechtswidrig seien.

3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - nachdem zuvor mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes der Lauf der Frist zur Abgabe von Angeboten für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens ausgesetzt worden war - die Aufforderung zur Angebotsabgabe vom gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 für nichtig erklärt (Spruchpunkt A.I). Den revisionswerbenden Parteien wurde auferlegt, der mitbeteiligten Partei die von ihr entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 18.468,- zu ersetzen (Spruchpunkt A.II). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).

3.1. Das Verwaltungsgericht stellte - auf das Wesentliche zusammengefasst - die im Nachprüfungsverfahren ergangenen Schriftsätze und die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom dar. Weiters gab es Punkt B. 115 des Leistungsverzeichnisses wieder, wonach (hinsichtlich der zu beschaffenden Geräte) sichergestellt sein müsse, dass im Kfz eine "präzise GPS Ortung" möglich sei und die "nötige Ortungsgenauigkeit" erreicht werde.

Diese Anforderungen - so das Bundesverwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung - seien so intransparent und so wenig konkretisiert, dass es den Auftraggebern (den revisionswerbenden Parteien) nach ihrer Willkür frei stehe, Angebote mit dem Argument, die nötige Ortungsgenauigkeit sei nicht erreicht bzw. die präzise GPS Ortung sei nicht möglich, auszuscheiden. Dadurch wären die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzt. Die erforderliche Vergleichbarkeit der Angebote sei nicht gewährleistet und die in § 96 Abs. 1 BVergG 2006 geforderte eindeutige Beschreibung der Leistung nicht gegeben. Da die Rechtswidrigkeit im Sinn des § 325 Abs. 1 BVergG 2006 für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sei, erübrige sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte.

3.2. Zu Spruchpunkt A.II hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die mitbeteiligte Partei für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 18.468,- entrichtet habe. Die reduzierten Gebührensätze gemäß § 3 Abs. 1 der BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe (BVwG-PauschGebV Vergabe) kämen nicht zur Anwendung, weil es sich gegenständlich nicht um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages handle.

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Revisionsbeantwortung wurde keine erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.

1. Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier zu klärenden gebührenrechtlichen Frage. Da der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Nachprüfungsantrag materiell-rechtlich ein Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen sei, hätten die reduzierten Pauschalgebührensätze gemäß § 3 Abs. 1 BVwG-PauschGebV Vergabe zur Anwendung kommen müssen.

Schon mit diesem Vorbringen zeigt die Revision eine grundsätzliche Rechtsfrage auf. Die Revision ist somit zulässig.

2. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

2.1. Nach den Ausschreibungsbedingungen sind Auftraggeber der Bund sowie die neun Länder. Gemäß § 291 BVergG 2006 ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen. Nach der lit. f des Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG ist die Vollziehung in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens Bundessache hinsichtlich der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch den Bund und die Länder, wenn der Anteil des Bundes am geschätzten Gesamtauftragswert mindestens gleich groß ist wie der Anteil der Länder.

2.2. Dem angefochtenen Erkenntnis lassen sich keine Feststellungen dazu entnehmen, wie sich der Gesamtauftragswert auf die Auftraggeber (Bund und Länder) aufteilt. Damit ist aber keine Überprüfung möglich, ob das Bundesverwaltungsgericht seine Zuständigkeit zu Recht angenommen hat. Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit einem Feststellungsmangel hinsichtlich der von Amts wegen zu prüfenden Frage der Zuständigkeit behaftet (vgl. insoweit das - zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte ergangene - hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0097) und erweist sich somit schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

3. Zur Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Spruchpunkt A.I):

3.1. Die revisionswerbenden Parteien erachten die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung als überschießend. Es wäre vielmehr möglich gewesen, nur Punkt B. 115 des Leistungsverzeichnisses für nichtig zu erklären, zumal die Ausschreibung dadurch keinen gänzlich anderen Inhalt bekommen hätte und auch kein anderer Bieterkreis angesprochen worden wäre. Die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genannten Voraussetzungen, unter denen eine "Teilnichtigerklärung" - somit die Streichung nur einzelner Bestimmungen - ausgeschlossen wäre, würden nicht vorliegen. Der Bieterkreis würde vorliegend nicht verändert, zumal der potentielle Bieterkreis bereits in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens eruiert worden sei und es sich bei dem vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig angesehenen Punkt B. 115 des Leistungsverzeichnisses nicht um eine Anforderung handle, welche die mitbeteiligte Partei nicht erfüllen könne, sondern lediglich um eine solche, die sie nicht erfüllen wolle.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Spruchpunkt A.I des angefochtenen Erkenntnisses die "Aufforderung zur Angebotsabgabe" vom für nichtig erklärt. Der rechtlichen Beurteilung hat das Bundesverwaltungsgericht den Grundsatz vorangestellt, dass die Ausschreibungsunterlagen nach dem objektiven Erklärungswert auszulegen seien. Anlass für die Nichtigerklärung war eine - nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes - intransparente Ausschreibungsanforderung (konkret zwei Festlegungen in Punkt B. 115 des Leistungsverzeichnisses). Es ist somit davon auszugehen, dass mit der Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (auch) die eine Einheit mit dieser Aufforderung darstellenden Ausschreibungsunterlagen (siehe dazu die Ausführungen in Punkt 4.4.) - und zwar mangels anderslautender Hinweise: zur Gänze - für nichtig erklärt wurden.

Dieses Verständnis vorausgesetzt, wäre aber zu prüfen gewesen, ob mit einer Streichung einzelner für Unternehmer diskriminierender Anforderungen nach § 325 Abs. 2 BVergG 2006 das Auslangen hätte gefunden werden können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Streichung einzelner Bestimmungen (anstelle der Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung) dann nicht in Betracht, wenn danach kein Ausschreibungsgegenstand verbliebe, die Ausschreibung dadurch einen gänzlich anderen Inhalt bekäme oder ein anderer Bieterkreis angesprochen würde. In diesen Fällen wäre die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären (siehe das Erkenntnis vom , 2011/04/0115, 0130, 0139, mwN). Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Streichung bloß einzelner Spezifikationen als unzulässig angesehen, weil durch diese Streichung zumindest die (dort) antragstellende Beschwerdeführerin, die im zugrunde liegenden Vergabeverfahren (angesichts der von ihr gerügten Spezifikationen) kein Angebot gelegt hatte, und damit ein anderer Bieterkreis angesprochen würde.

Im vorliegenden Fall erachtete das Bundesverwaltungsgericht die von ihm als rechtswidrig angesehenen Ausschreibungsanforderungen als intransparent und so wenig konkretisiert, dass den Auftraggebern eine nahezu willkürliche Entscheidungsmöglichkeit eingeräumt werde und eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht gewährleistet sei. Ausgehend von dieser Begründung lässt sich aber nicht sagen, dass eine der Voraussetzungen, die eine Streichung bloß einzelner Festlegungen ausschließen, jedenfalls vorgelegen wäre, zumal die Streichung einer Festlegung, die den Auftraggebern nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes einen willkürlichen Gestaltungsspielraum einräumt, für sich genommen noch nicht dazu führen muss, dass dadurch ein anderer Bieterkreis angesprochen würde. Anders als in dem dem zitierten Erkenntnis 2011/04/0115, 0130, 0139 zugrunde liegenden Fall lässt sich der hier angefochtenen Entscheidung auch nicht entnehmen, dass die Angebotsfrist zum Entscheidungszeitpunkt bereits abgelaufen gewesen wäre und somit schon aus diesem Grund nur eine Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung eine Teilnahmemöglichkeit (hier:) der mitbeteiligten Partei gewährleistet hätte. Die Streichung der bezogenen Ausschreibungsanforderungen würde auch nicht dazu führen, dass danach kein Ausschreibungsgegenstand verbliebe oder die Ausschreibung dadurch einen gänzlich anderen Inhalt bekäme. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, die Aufforderung zur Angebotsabgabe und damit auch die unter einem zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen zur Gänze für nichtig zu erklären, erweist sich daher - gemessen an den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu (lediglich) Punkt B. 115 des Leistungsverzeichnisses - als rechtswidrig.

4. Zum Ersatz der Pauschalgebühren durch den Auftraggeber (Spruchpunkt A.II):

Ungeachtet dessen, dass die Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes A.I auf die Entscheidung über den Pauschalgebührenersatz (Spruchpunkt A.II) durchschlägt (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom , 2012/04/0016), soll aus Gründen der Rechtssicherheit die von den revisionswerbenden Parteien aufgeworfene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beantwortet werden.

4.1. Die revisionswerbenden Parteien bringen zu diesem Punkt vor, dass mit dem Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei vom seinem Inhalt nach eindeutig nur die Ausschreibungsunterlagen bekämpft worden seien. Materiell gesehen sei die vorliegende (so bezeichnete) Anfechtung der Aufforderung zur Angebotsabgabe als Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen zu qualifizieren, zumal diese zeitgleich miteinander veröffentlicht worden seien. Sämtliche Ausschreibungsunterlagen in der berichtigten Endfassung seien erst mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe (und somit erst in der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens) zur Verfügung gestellt worden. Die mitbeteiligte Partei habe die Ausschreibungsunterlagen daher nur mittels Nachprüfungsantrages gegen die Aufforderung zur Angebotsabgabe bekämpfen können. Das Bundesverwaltungsgericht hätte den gegenständlichen Nachprüfungsantrag gebührenrechtlich daher als Bekämpfung der Ausschreibungsunterlagen qualifizieren und den reduzierten Gebührensatz zur Anwendung bringen müssen.

Weiters weisen die revisionswerbenden Parteien darauf hin, dass die mitbeteiligte Partei bereits mit Schriftsatz vom einen Nachprüfungsantrag betreffend die Ausschreibung im gegenständlichen Vergabeverfahren gestellt habe. Deshalb sei der nunmehr zugrunde liegende Antrag vom ein Folgeantrag im Sinn des § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 und es wäre nur eine Gebühr in Höhe von 80% des Gebührensatzes zu entrichten gewesen.

4.2. Die §§ 318 und 321 BVergG 2006, jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 128/2013, lauten auszugsweise:

" Gebühren

§ 318. (1) Für Anträge gemäß den §§ 320 Abs. 1, 328 Abs. 1 und § 331 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

1. Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der

Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw. ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.

...

4. Für Anträge gemäß § 328 Abs. 1 ist eine Gebühr in der Höhe von 50 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

5. Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren

bereits einen Antrag gemäß § 320 Abs. 1 oder gemäß § 331 Abs. 1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 320 Abs. 1 oder gemäß § 331 Abs. 1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

...

Fristen für Nachprüfungsanträge

§ 321. (1) Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung sind bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg binnen 15 Tagen. Die Frist beginnt mit der Absendung der Entscheidung bzw. mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.

...

(4) Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung sowie der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages können über die in den Abs. 1 und 2 genannten Zeiträume hinaus bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder der Teilnahmefrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt. Wenn die Ausschreibungs-, Wettbewerbs- oder Auktionsunterlagen, Beschreibung der Bedürfnisse und Anforderungen beim wettbewerblichen Dialog, Informationen über die zu vergebende Leistung sowie über den weiteren Verfahrensablauf bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb bzw. die Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages auf brieflichem Weg übermittelt werden, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder die Teilnahmefrist mehr als 22 Tage beträgt."

Die BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe (BVwG-PauschGebV Vergabe), BGBl. II Nr. 491/2013, lautet auszugsweise:

" Erhöhte Gebührensätze

§ 2. (1) Wenn der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 180 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Dreifache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr.

(2) Wenn der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 180 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Sechsfache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr.

...

Reduzierte Gebührensätze

§ 3. (1) Die vom Antragsteller für Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt 25vH der gemäß § 1 festgesetzten bzw. 10vH der gemäß § 2 erhöhten Gebühr.

(2) Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages eingebracht, so bemisst sich die für jeden weiteren Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages zu entrichtende Gebühr gemäß § 318 Abs. 1 Z 5 nach der gemäß Abs. 1 reduzierten Gebühr.

..."

Die Erläuterungen zu dieser Verordnung (abrufbar unter http://www.bka.gv.at/site/5100/Default.aspx ) führen auszugsweise wie folgt aus:

"§ 3 soll dem in § 318 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 festgelegten Grundsatz Rechnung tragen, dass die Gebührenhöhe auch im Hinblick auf bestimmte gesondert anfechtbare Entscheidungen differenziert festgesetzt werden soll. Da bei den angeführten Nachprüfungsanträgen (Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen, der Wettbewerbsunterlagen und der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages) in einem frühen Stadium bereits ohne allzu großen Aufwand eine gesetzeskonforme Ausgestaltung des Vergabeverfahrens ermöglicht werden könnte und überdies in diesen Verfahrensstadien noch keine konkreten Erfolgsaussichten des Antragstellers (insbesondere auf Erteilung des Zuschlags) festgemacht werden können, sollen für diese Nachprüfungsanträge niedrigere Gebührensätze, nämlich lediglich in der Höhe von 25vH der gemäß § 1 festgesetzten Gebühr bzw. 10vH der gemäß § 2 erhöhten Gebühr vorgeschrieben werden.

Die gemäß § 3 Abs. 1 reduzierte Gebührenbasis ist auch für die Bemessung der Gebühren für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und für die Fälle der Antragsrückziehung (siehe § 318 Abs. 1 Z 4 und 7 BVergG 2006) relevant.

§ 3 Abs. 2 enthält eine Regelung betreffend die Reduktion der Gebührensätze für wiederholte Antragstellungen (vgl. § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006), wobei die gemäß Abs. 1 reduzierte Gebührenbasis nur für Fälle der wiederholten Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen, der Wettbewerbsunterlagen und der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages heranzuziehen ist."

4.3. Vorauszuschicken ist, dass die von der mitbeteiligten Partei entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 18.468,-

dem Sechsfachen (siehe § 2 Abs. 2 BVwG-PauschGebV Vergabe) des Gebührensatzes betreffend Lieferaufträge im Oberschwellenbereich (gemäß § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe: EUR 2.052,-) plus dem Sechsfachen des entsprechenden Gebührensatzes für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (EUR 1.026,-) entsprechen.

4.4. Im vorliegenden Fall ist die Frage zu klären, ob - bzw. allenfalls unter welchen Voraussetzungen - ein nach der Bezeichnung der bekämpften Entscheidung gemäß § 322 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 auf die Anfechtung der gesondert anfechtbaren Entscheidung "Aufforderung zur Angebotsabgabe" (im Sinn des § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006) gerichteter Nachprüfungsantrag als Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen im Sinn des § 3 Abs. 1 BVwG-PauschGebV Vergabe angesehen werden kann.

4.4.1. Gemäß § 103 Abs. 9 BVergG 2006 sind der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Ausschreibungsunterlagen beizufügen (sofern sie nicht im Internet bereitgestellt werden). Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe und den Ausschreibungsunterlagen um eine Einheit handle und die Ausschreibungsunterlagen daher gemeinsam mit der gesondert anfechtbaren Aufforderung zur Angebotsabgabe angefochten werden können (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2007/04/0065; dort bezogen auf ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, für das aber im Hinblick auf die Regelung in § 103 BVergG 2006 insoweit nicht anderes gilt als für ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung).

4.4.2. Wie die revisionswerbenden Parteien zutreffend festhalten, gibt es zur hier zu klärenden Frage hinsichtlich § 3 Abs. 1 BVwG-PauschGebV Vergabe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Allerdings stellt sich diese Frage nicht nur im Zusammenhang mit den Gebührensätzen für die zu entrichtenden Pauschalgebühren, sondern auch im Zusammenhang mit der maßgeblichen Nachprüfungsfrist nach § 321 BVergG 2006, dessen Abs. 4 für die Anfechtung der Ausschreibung eine - von den allgemeinen Regelungen des § 321 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 für die Anfechtung sonstiger gesondert anfechtbarer Entscheidungen - abweichende Anfechtungsfrist vorsieht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , 2007/04/0037, mit der Frist befasst, die für einen Antrag auf Nichtigerklärung der - gemeinsam mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe übermittelten - Ausschreibungsunterlage maßgeblich ist. Zur Frage, gegen welche Entscheidung der Nachprüfungsantrag gerichtet war, stellte er fest, dass der dort zugrunde liegende Antrag nicht nur förmlich und explizit gegen die Ausschreibung gerichtet war, sondern sich auch inhaltlich gegen die von der Auftraggeberin festgelegten Bedingungen, zu denen sie die Leistung erhalten wollte, richtete. Ausgehend davon wäre für den Nachprüfungsantrag die besondere - für die Bekämpfung der Ausschreibungsunterlagen vorgesehene - Frist maßgebend gewesen. Im Erkenntnis vom , 2011/04/0003, erachtete der Verwaltungsgerichtshof - anders als im zuvor zitierten Fall - die reguläre Frist des § 321 Abs. 1 (damals noch: Z 7) BVergG 2006 für maßgeblich, weil "die hier gegenständlichen Nachprüfungsanträge auch nach ihrem Inhalt und nach ihrer Zielsetzung nicht gegen die Ausschreibungsunterlagen gerichtet" waren, sondern mit der Anfechtung der Aufforderung zur Angebotsabgabe der Sache nach die Wahl der Verfahrensart bekämpft wurde.

4.4.3. Diese Überlegungen lassen sich auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Dass in § 321 Abs. 4 BVergG 2006 seit der BVergG Novelle 2012, BGBl. I Nr. 10, nicht mehr von den "Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen", sondern von der "Ausschreibung" die Rede ist, steht dem nicht entgegen, zumal durch diese Umformulierung nach den Erläuterungen, RV 1513 BlgNR 24. GP 137, lediglich in einer Mehrzahl von Bestimmungen die Bezeichnungen "Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen" bzw. "Bekanntmachungen" einheitlich durch den Überbegriff "Ausschreibung" gemäß der Definition des § 2 Z 10 BVergG 2006 ersetzt werden sollten. Die Erläuterungen zur BVwG-PauschGebV Vergabe begründen die Reduktion des Gebührensatzes damit, dass bei den angeführten Nachprüfungsanträgen in einem frühen Stadium ohne allzu großen Aufwand eine gesetzeskonforme Ausgestaltung des Vergabeverfahrens ermöglicht werden könne. Auch der Verfassungsgerichtshof erachtet in seinem Erkenntnis vom , E 577/2014-10, die reduzierten Gebührensätze des § 3 BVwG-PauschGebV Vergabe schon deswegen als sachlich gerechtfertigt, weil damit Unklarheiten in den Grundlagen eines Vergabeverfahrens in einer frühen Phase geklärt werden können. Diese Erwägungen sind auch für den Fall maßgeblich, in dem die Ausschreibungsunterlagen gemeinsam mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe zur Verfügung gestellt werden und ein Nachprüfungsantrag - wenn auch nach seiner Bezeichnung gegen die Aufforderung zur Angebotsabgabe gerichtet - die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausschreibung zum Inhalt hat.

4.4.4. Da die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Ausschreibungsunterlagen eine Einheit darstellen (siehe das bereits zitierte Erkenntnis 2007/04/0065), ist für die Beurteilung, ob ein Nachprüfungsantrag dem reduzierten Gebührensatz nach § 3 BVwG-PauschGebV Vergabe unterliegt, fallbezogen maßgeblich, ob der erkennbare Wille des Antragstellers darauf gerichtet ist, die Festlegung des Auftraggebers, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte, somit die Ausschreibung (gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Z 10 BVergG 2006) zu bekämpfen. Im vorliegenden Fall haben die revisionswerbenden Parteien zutreffend darauf hingewiesen, dass im Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei Rechtswidrigkeiten im Leistungsverzeichnis bzw. in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen geltend gemacht worden sind. Der Umstand, dass als nichtig zu erklärende, gesondert anfechtbare Entscheidung die "Aufforderung zur Angebotsabgabe" genannt wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass der Antrag seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach gegen die Ausschreibung gerichtet war.

Ausgehend davon sind in einem Fall wie dem vorliegenden die reduzierten Gebührensätze des § 3 BVwG-PauschGebV Vergabe maßgeblich.

4.5. Soweit die revisionswerbenden Parteien die Nichtbeachtung des § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 (Sonderbestimmung für sogenannte Folgeanträge) rügen, ist Folgendes festzuhalten:

Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass sämtliche Ausschreibungsunterlagen der ersten Aufforderung zur Angebotslegung (vom ) von den revisionswerbenden Parteien zurückgenommen worden sind, "nachdem die Antragstellerin (die mitbeteiligte Partei) einen Nachprüfungsantrag gestellt" hatte. Zwar lässt sich den diesbezüglichen Feststellungen nicht entnehmen, ob der erste Nachprüfungsantrag seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach ebenfalls gegen die Ausschreibung gerichtet war. Dies vorausgesetzt (was im fortzusetzenden Verfahren zu klären ist), wären aber auch die Reduktionsregelungen des § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 bzw. des § 3 Abs. 2 BVwG-PauschGebV Vergabe zu beachten.

5. Aus den dargelegten Gründen war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen der - vorrangig wahrzunehmenden - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Der Antrag der erstangeführten revisionswerbenden Partei (Bund) auf Zuspruch von Aufwandersatz gegenüber dem Bund (als in einem Fall wie dem vorliegenden zum Aufwandersatz verpflichteten Rechtsträger; siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/04/0022) war abzuweisen, weil ein Kostenersatz im Fall der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/04/0092, mwN). Daraus ergibt sich aber nicht, dass der Bund den anderen revisionswerbenden Parteien nicht Kosten zu ersetzen hätte (vgl. insoweit zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte das hg. Erkenntnis vom , 2009/04/0024).

Wien, am