VwGH vom 18.02.2015, Ra 2014/03/0057
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H Z in T, vertreten durch Mag. Alois Pirkner, Rechtsanwalt in 5580 Tamsweg, Kuenburgstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl LVwG- 1/180/4-2014, betreffend eine jagdrechtliche Disziplinarangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Ehrengericht der Salzburger Jägerschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Sachverhalt
1. Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses wurde der Bescheid des Ehrengerichts der Salzburger Jägerschaft vom , mit dem der Revisionswerber wegen eines groben Verstoßes gegen die Weidgerechtigkeit bestraft wurde, gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Mit Spruchpunkt 2. des bekämpften Erkenntnisses wurde die Erhebung einer ordentlichen Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
2. Begründend wurde zunächst Folgendes festgehalten:
"Vorweg wird festgehalten, dass im Rahmen der Beschwerdeverhandlung auf die Frage des Beschwerdeführervertreters im Zuge der Einvernahme des Zeugen 'P', dass vor dem Ehrengerichtsverfahren ausschließlich davon die Rede gewesen sei, dass die Entleerung des Eimers ausschließlich akustisch wahrnehmbar gewesen sei, vom Verhandlungsleiter festgestellt wurde, dass eine derartige Situation praktisch vorstellbar sei und alle nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen seien und es hier letztlich auch nicht um eine Verarschung ginge. Seitens des Beschwerdeführervertreters wurde daraufhin beantragt, den Verhandlungsleiter als befangen abzulehnen.
Seitens des Verhandlungsleiters wurde festgestellt, dass eine derartige Befangenheit nicht erkannt und die Verhandlung fortgesetzt werde.
Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit seinem Vertreter den Verhandlungssaal verlassen und wurde die Verhandlung in deren Abwesenheit fortgesetzt."
Mit dem Erkenntnis des Ehrensenates der Salzburger Jägerschaft sei der revisionswerbenden Partei vorgeworfen worden, sie habe am in der sogenannten B auf einem näher genannten Grundstück im Jagdgebiet Gemeindejagd T entgegen den Bestimmungen des § 5 der Wildfütterungsverordnung eine Kirrfütterung mit Kraftfutter zum Zweck der Abschusserfüllung betrieben. Dadurch habe die revisionswerbende Partei einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit gemäß § 138 Abs 2 lit a des Salzburger Jagdgesetzes 1993 begangen, deshalb sei gemäß § 138 Abs 3 lit b leg cit über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- ausgesprochen worden.
Nach § 5 der Wildfütterungsverordnung seien Wildfütterungen zum Zweck der Abschusserfüllung außerhalb von Futterplätzen oder Wildwintergattern untersagt. Aus dem vom Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisverfahren, insbesondere der zeugenschaftlichen Einvernahme der die Situation wahrnehmenden Organe (dem Obmann der gegenständlichen Wildregion sowie zwei Hegemeistern) sei zweifellos davon auszugehen, dass die revisionswerbende Partei sich seinerzeit im Bereich der angeführten Örtlichkeit aufgehalten und aus einem Eimer Futtermittel in einen an einem Baum befestigten Trog geleert habe. Aus den Zeugenaussagen ergebe sich schlüssig und widerspruchsfrei, dass der Revisionsführer seinerzeit die Futtermittel dorthin gegeben habe, seine diesbezügliche Rechtfertigung vor dem Verwaltungsgericht, dass er sich nur zufällig in diesem Bereich aufgehalten hätte, sei als reine Schutzbehauptung einzustufen. Von den Zeugen sei auch übereinstimmend wiedergegeben worden, dass der Betretene sich seinerzeit vor Ort damit gerechtfertigt hätte, Rehe zu füttern und er nach seinen eigenen Angaben seinerzeit das Futter wieder aus dem Trog entfernt und mitgenommen habe. Wäre er damals tatsächlich nur zufällig vor Ort gewesen und mit der Futtertrogbeschickung in keinerlei Zusammenhang zu bringen, sei nicht der geringste Anhaltspunkt dafür zu erkennen, warum er das Futter wiederum entfernt und mitgenommen habe. In diesem Zusammenhang sei es auch von völlig sekundärer Bedeutung, ob von den den Sachverhalt wahrnehmenden Personen der Entleerungsvorgang aus dem von der revisionswerbenden Partei unstrittig mitgeführten Eimer ausschließlich akustisch oder auch visuell wahrgenommen worden sei. Die Zeugen hätten unisono angegeben, aus einer Entfernung von rund 30 m im Wald den Vorgang zumindest akustisch (zum Teil auch visuell) wahrgenommen zu haben, somit bestehe für das Verwaltungsgericht kein Zweifel am entsprechenden Beschickungsvorgang der in diesem Bereich ebenso unzweifelhaft bestandenen Fütterungseinrichtung (Futtertrog). Bei den Zeugen handle es sich um jahrzehntelang jagdeinschlägig tätige Personen, denen selbst eine nur akustische Wahrnehmung eines "Kraftfuttereimerentleerungsprozesses" in einer Entfernung von rund 30 m in entlegener Waldumgebung zweifelsfrei zuzutrauen sei.
Im Zusammenhang mit der Bestreitung der Tatbestandsmäßigkeit des vorgelegten Sachverhaltes sei darauf zu verweisen, dass die gegenständliche Bestimmung des § 5 der Wildfütterungsverordnung unter der Überschrift "Verbot von Kirrfütterungen" stehe. Im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstehe man unter Lockfütterung ("Kirren") das Auslegen oder Ausstreuen von Futtermitteln, die dazu dienten, Wild an bestimmte Stellen anzulocken, unter Umständen mit der Absicht verbunden, es dort zu erlegen (vgl ). Angesichts der gegenständlichen Begleitumstände, wie sie auch selbst von der revisionswerbenden Partei beschrieben worden seien, dass sich in der unmittelbaren Umgebung der betreffenden Futterstelle auch ein entsprechender Bodensitz befinde, von dem unmittelbare Einsicht und damit Schussmöglichkeit auf den Bereich der Fütterungsstelle bestehe, sei nach einschlägiger jagdfachlicher Alltagserfahrung kein anderer Schluss naheliegend, als dass die gegenständliche Fütterung diesen Lockzwecken gedient habe. Die von der revisionswerbenden Partei nach den Zeugenangaben seinerzeit angegebene Motivation, Rehe zu füttern, ergebe im gegenständlichen Zusammenhang wenig Plausibilität, weil in unmittelbarer Umgebung selbst nach den Ausführungen der revisionswerbenden Partei eine Rehfütterung vorhanden sei und dieser Zweck ausschließlich dort erfüllt werden könne. In Bezug auf die Abschusserfüllung sei es von sekundärer Bedeutung, ob diese vom Revisionswerber selbst oder von dritten Personen wahrgenommen würde. In Bezug auf die Strafbemessung könne keine Unangemessenheit erkannt werden, zumal der ausgesprochene Bußgeldbetrag in der Höhe von EUR 1.000,-- noch im untersten Bereich des hiefür vorgesehenen Rahmens von bis zu EUR 7.300,-- liege. In Ansehung der vorliegenden Übertretung sei von einem nicht zu vernachlässigenden Unrechtsgehalt auszugehen, sei mit dieser Übertretung doch gegen eine grundsätzliche Intention einer jagdfachlich korrekten Wildfütterung verstoßen worden bzw sei durch die Kirrung eine diesbezüglich erheblich verpönte Verhaltensweise gesetzt und somit die Weidgerechtigkeit verletzt worden. Dem Revisionswerber sei zumindest die bedingt vorsätzliche Begehung der Übertretung vorzuwerfen, zumal bei ihm als einschlägig kundigem Weidmann die fachlichen Gesamtumstände einschließlich der rechtlichen Zusammenhänge als bekannt vorausgesetzt werden könnten und er ungeachtet dessen den Fütterungsvorgang gesetzt habe. Die ausgesprochene Geldstrafe sei daher insgesamt angemessen iSd § 138 Abs 4 des Salzburger Jagdgesetzes 1993.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Eine solche sei nur anzunehmen, wenn deren Lösung über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehe. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Des Weiteren weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen angegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab, noch fehle es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es seien auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage gegeben.
II. Revisionsverfahren
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, mit der (auch betreffend die Zulässigkeit der Revision) insbesondere eine Verletzung des § 6 VwGVG geltend gemacht wird, zu der höchstgerichtliche Rechtsprechung bislang fehle.
Nach dem Vorlagebericht des Verwaltungsgerichtes wurde die außerordentliche Revision sowohl der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde als auch der Salzburger Landesregierung als oberster Verwaltungsbehörde iSd § 29 VwGG übermittelt.
Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde trat der Revision mit einer Revisionsbeantwortung entgegen.
III. Rechtslage
"Befangenheit
§ 6. Mitglieder des Verwaltungsgerichtes, fachkundige Laienrichter und Rechtspfleger haben sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten."
"Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
2. § 7 AVG lautet:
"Befangenheit von Verwaltungsorganen
§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;
2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.
(2) Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen."
3. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Jagdgesetzes 1993, LGBl Nr 100, zuletzt geändert durch LGBl Nr 106/2013 (SJG), lauten (auszugsweise):
"2. Abschnitt
Ehrengericht
Ahndung von Verstößen gegen die Jägerehre
§ 138
(1) Eine von einem Mitglied der Salzburger Jägerschaft begangene Verletzung der Jägerehre wird unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung durch das Ehrengericht der Salzburger Jägerschaft geahndet. Sind seit dem Zeitpunkt, an dem das mißbilligte Verhalten aufgehört hat, fünf Jahre vergangen, darf kein Straferkenntnis mehr gefällt werden. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(2) Die Jägerehre wird verletzt:
a) durch einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit, das ist insbesondere durch Übertretung der Vorschriften der §§ 54, 61 bis 66, 70 bis 72, 75, 76, 77 und 101 Abs 1;
b) durch ein sonstiges Verhalten, auf Grund dessen sich das Mitglied als der Mitgliedschaft der Salzburger Jägerschaft unwürdig erweist.
(3) Die vom Ehrengericht zu verhängenden Strafen sind:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | die Erteilung eines Verweises; |
b) | die Verhängung eines Bußgeldes bis zu 7.300 EUR zugunsten der Wohlfahrtseinrichungen der Salzburger Jägerschaft; |
c) | der zeitliche Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft auf höchstens fünfzehn Jahre; |
d) | der dauernde Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft. |
(4) Bei der Bemessung der Strafe ist von der Schuld des Täters auszugehen und auf die Art und Schwere der Verletzung, auf die damit verbundene Gefährdung oder Schädigung jagdlicher Interessen und auf allgemeine Erschwerungs- und Milderungsgründe Bedacht zu nehmen. Bei der Bemessung des Bußgeldes sind andere, für die selbe Tat verhängte gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafen zu berücksichtigen."
4. § 5 der Wildfütterungsverordnung, LGBl Nr 94/1996 idF BGBl Nr 5/2009, lautet:
"Verbot von Kirrfütterungen
§ 5
Fütterungen zum Zweck der Abschusserfüllung außerhalb von Futterplätzen (§ 66 JG) oder Wildwintergatter (§ 67) sind untersagt."
IV. Erwägungen
1.1. In der Revision wird insbesondere vorgebracht, dass das Verwaltungsgericht die Bestimmung des § 6 VwGVG nicht beachtet habe. Bezüglich der Geltendmachung (Darstellung und Vorhalt) von Widersprüchen in einer Zeugenaussage bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung habe sich der Verhandlungsleiter (betreffend die Frage einer bloß akustischen oder auch optischen Wahrnehmung des im Erkenntnis festgehaltenen Fütterungsvorganges) mit den Äußerungen, dass "alle nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen" seien und es "hier letztlich auch nicht um eine Verarschung ginge" als befangen iSd § 6 VwGVG erwiesen. Bei der Prüfung der Unbefangenheit iSd § 6 leg cit sei im Interesse des Ansehens der Verwaltungsgerichte ein strenger Maßstab anzulegen. Es müsse genügen, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden müsse und dass dazu der Anschein einer Voreingenommenheit ebenso wie eine einseitige Verhandlungsführung ausreichten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sich der Verhandlungsleiter gemäß § 6 VwGVG der Ausübung seines Amtes enthalten und an den Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes eine entsprechende Anzeige erstatten müssen.
1.2. Der Verwaltungsgerichthof hat zu § 6 VwGVG bereits ausgesprochen (), dass sich nach dem klaren Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung u.a. Mitglieder des Verwaltungsgerichtes unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes "wegen Befangenheit" (nicht aber bereits bei bloßer Behauptung des Vorliegens einer Befangenheit durch eine Partei) zu enthalten haben, und weiters (unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu § 7 AVG) ausgeführt, dass eine allfällige Befangenheit von Amts wegen wahrzunehmen ist und diesbezüglich ein Ablehnungsrecht der Parteien fehlt (vgl demgegenüber das in § 31 Abs 2 VwGG ausdrücklich normierte Ablehnungsrecht der Parteien; vgl Eder/Martschin/Schmid , Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, 33).
Da nach § 17 VwGVG für Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG auch die Bestimmung des § 7 AVG anzuwenden ist, ist die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung auch für die Befangenheit iSd § 6 VwGVG maßgeblich.
Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (vgl ). Bezüglich der auf Mitglieder der Verwaltungsgerichte bezogenen Regelung des § 6 VwGVG ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Mitglieder der seinerzeitigen unabhängigen Verwaltungssenate bzw anderer unabhängiger Verwaltungstribunale einschlägig. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass sich auch Mitglieder eines unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 7 Abs 1 Z 3 AVG (neben den in Z 1, 2 und 4 leg cit genannten Fällen) der Ausübung des Amts zu enthalten haben, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (vgl zum Folgenden etwa , , 0292; (VwSlg 17.863 A/2010); ; ; vgl ferner ).
Zum Vorliegen des Befangenheitsgrundes nach § 7 Abs 1 Z 3 AVG genügen Umstände, die die volle Unbefangenheit zweifelhaft erscheinen lassen können und die eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Befangenheit begründen können. Es genügt somit, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinne vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Im Anwendungsbereich des Art 6 EMRK ist die Befangenheit eines Mitglieds eines unabhängigen Tribunals dann anzunehmen, wenn diesem auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa eine Befangenheit oder eine Ausgeschlossenheit eines Organwalters schon angenommen, wenn er vor der Verhandlung etwa durch Äußerungen zu erkennen gibt, dass er sich in der Sache bereits auf eine Entscheidung festgelegt hat. Wenn das Behördenmitglied allerdings ohne sich auf eine Entscheidung festzulegen oder auf neutrale Weise vor der Verhandlung mit einem Parteienvertreter Aspekte in der Rechtssache erörtert, die der Vorbereitung der Verhandlung dienen, so wird dies für sich allein genommen keine Befangenheit oder Ausgeschlossenheit iSd § 7 Abs 1 Z 3 AVG im Licht des Art 6 Abs 1 EMRK bedeuten. Lässt sich jedoch das Mitglied außerhalb der Verhandlung mit einer Partei auf eine sachverhaltsbezogene Erörterung ein oder lässt es den wahrscheinlichen Ausgang des Verfahrens erkennen, so ist der Anschein der Befangenheit gegeben. Ob sich dann ein Organwalter selbst für befangen erachtet oder seine Äußerungen als nicht (völlig) unsachlich wertet, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidungsrelevant.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Fällen, in denen wegen der Mitwirkung eines Mitglieds eines Tribunals, bei welchem bereits auf Grund des äußeren Anscheins Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Tribunals gemäß § 7 Abs 1 Z 3 AVG vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK entstanden sind, einen Verfahrensmangel erblickt, der gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG zur Aufhebung einer derart erlassenen Entscheidung führt. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts ergibt sich auch aus Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) das Recht auf ein faires Verfahren und ein unparteiisches Gericht; inhaltlich entsprechen insofern die Garantien des Art 47 GRC jenen des Art 6 EMRK (vgl , mwH).
1.3. Die von der revisionswerbenden Partei relevierten Aussagen des Verhandlungsleiters sind vor diesem Hintergrund geeignet, den äußeren Anschein an einer Befangenheit des Richters des Verwaltungsgerichtes zu begründen.
Die vom Richter in der Verhandlung gebrauchten Formulierungen können nicht als eine in einer sachlichen Weise erfolgende Erörterung des Beweiswerts von Zeugenaussagen qualifiziert werden. Damit wurde der Verkehr zwischen dem Gericht und den Parteien nicht streng sachlich geführt. Wenn auch nicht jede verbale Entgleisung eine Befangenheit indiziert, ist doch die bei diesen Formulierungen manifestierte Wortwahl geeignet, begründete Zweifel an der Bereitschaft des Richters des Verwaltungsgerichtes daran zu erwecken, dass die Einwendungen der revisionswerbenden Partei im gebotenen Umfang ernst genommen werden (vgl dazu (VwSlg 10.714 A/1982)) und ihr Vorbringen auch zu ihren Gunsten geprüft wird (vgl ). Zudem laufen diese Aussagen inhaltlich auf eine Bewertung der Darlegungen der revisionswerbenden Partei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hinaus, die schon während der Verhandlung die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes in seiner (erst auf dem Boden aller Ermittlungsergebnisse zu treffenden) Entscheidung vorwegnehmen und insofern auch dieser Beweiswürdigung vorgreifen, ohne erkennen zu lassen, die Einschätzung angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse zu ändern. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Aussagen unumgänglich gewesen wären, um dem Erfordernis einer effizienten Verfahrensführung gerecht werden zu können (vgl dazu ).
Es war daher rechtswidrig, dass der entscheidende Richter diese Äußerungen vornahm und sich dennoch nicht wegen Befangenheit der weiteren Ausübung des Amtes enthielt.
2.1. Die Revision rügt auch, dass der Revisionswerber nach § 138 Abs 3 lit a SJG bestraft worden sei, obwohl ihm eine Übertretung des § 5 der Salzburger Wildfütterungsverordnung vorgeworfen worden sei.
2.2. Auch damit wird eine Rechtswidrigkeit des in Revision gezogenen Erkenntnisses aufgezeigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass durch § 138 Abs 2 lit b SJG ein grober "Verstoßes gegen die Weidgerechtigkeit" pönalisiert wird, wobei bereits das Gesetz selbst in seinem § 138 Abs 2 lit a insbesondere Übertretungen der Vorschriften der §§ 54, 61 bis 66, 70 bis 72, 75, 76, 77 und 101 Abs 1 SJG als ein solches Verhalten qualifiziert. Es trifft zu, dass es keiner besonderen Begründung bedarf, warum ein bestimmtes Verhalten, das in einer Übertretung von im § 138 Abs 2 lit a SJG konkret genannten Bestimmungen des Jagdgesetzes liegt, gleichzeitig einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit darstellt, wird doch in diesen Fällen ein derartiger Zusammenhang schon durch das Gesetz selbst hergestellt. Das Verwaltungsgericht hat allerdings übersehen, dass der revisionswerbenden Partei nicht eine Übertretung der in § 138 Abs 2 lit a SJG genannten jagdgesetzlichen Vorschriften angelastet wurde, sondern ein Verstoß gegen eine Bestimmung der Wildfütterungsverordnung. Deshalb hätte es (wie die Revision im Ergebnis zutreffend geltend macht) im Lichte des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/03/0097, einer besonderen Begründung bedurft, warum eine derartige Übertretung einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit bilde. Eine Verletzung der Jägerehre durch ein sonstiges Verhalten iSd § 138 Abs 2 lit b JG wurde der revisionswerbenden Partei aber gerade nicht angelastet.
3. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vorliegend in Revision gezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht in den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Deckung findet (Art 133 Abs 4 B-VG). Die Revision war daher zulässig und ist auch begründet.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bestimmung des § 29 VwGVG vom Verwaltungsgericht eine entsprechende Entscheidungsbegründung verlangt (vgl dazu etwa , mwH). Im vorliegenden Fall wurde das Verwaltungsgericht dieser Verpflichtung nicht gerecht, weil es in seiner Entscheidungsbegründung die für den zu entscheidenden Fall (namentlich seine rechtliche Beurteilung) relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nannte, sich damit nicht näher auseinandersetzte und es ferner auch unterließ, seine Abweichung von der Rechtsprechung näher zu begründen. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist aber eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung u.a. dann gegeben, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. In einem solchen Fall der Abweichung besteht für den Ausspruch dahin, dass eine Revision nicht zulässig sei, kein Raum.
V. Ergebnis
1. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das in Revision gezogene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben ist.
2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am