VwGH vom 30.06.2015, Ra 2014/03/0054
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2014/03/0055
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes Wien 1.) vom , Zl VGW- 101/048/27144/2014-5 (zur hg Zl Ra 2014/03/0054), 2.) vom , Zl VGW-101/048/27143/2014-5 (zur hg Zl Ra 2014/03/0055), beide betreffend Kraftfahrlinienkonzession (mitbeteiligte Parteien: 1. A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Schneider Schneider Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Stephansplatz 8a (zu Zlen Ra 2014/03/0054 und Ra 2014/03/0055),
2. D. sa. p.o. in N, Serbien (zu Ra 2014/03/0054), 3. T GmbH in S, vertreten durch Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23 (zu Zl Ra 2014/03/0055)), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Kostenbegehren der revisionswerbenden Partei werden abgewiesen.
Begründung
Den angefochtenen Beschlüssen liegen Anträge der D sa. p.o. (im Folgenden: zweitmitbeteiligte Partei) bzw der T GmbH (im Folgenden: drittmitbeteiligte Partei) auf Erteilung der Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecken der internationalen Kraftfahrlinien K - W (hg Zl Ra 2014/03/0054) bzw W - K (hg Zl Ra 2014/03/0055) zugrunde.
Mit Bescheiden der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde vom wurden den beiden antragstellenden Unternehmen gemäß §§ 1, 3, 7 Abs 1 Z 1 bis 3 Kraftfahrliniengesetz (KflG) unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecken "Wien, Gaudenzdorfer Gürtel - Margareten Gürtel - Wiedner Gürtel - Landstraßer Gürtel - Knoten Landstraße - A 23 - Knoten Prater - A 4 - österreichisch/ungarische Grenze bei Nickelsdorf" der internationalen Kraftfahrlinien K - W bzw W - K jeweils auf die Dauer von fünf Jahren erteilt.
In den Bescheiden findet sich unter anderem die wörtliche Wiedergabe einer Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei vom , welche diese im Verfahren zur internationalen Kraftfahrlinie W - K erstattet hatte. Die erstmitbeteiligte Partei führte darin ausführlich, unter Anführung näherer Betriebsdaten, im Wesentlichen aus, dass die antragsgemäße Erledigung des Konzessionsansuchens zur Folge hätte, dass die internationale Kraftfahrlinie W - N - K, zu deren Betrieb ihr hinsichtlich der österreichischen Teilstrecke, befristet bis zum , eine Konzession erteilt worden sei, nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne, da diesfalls die erforderlichen Mindesteinnahmen nicht erreicht würden. Der antragsgemäßen Erledigung stünde daher der Ausschließungsgrund des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG entgegen. Die erstmitbeteiligte Partei habe im Zeitraum vom bis auf der vergleichbaren Kraftfahrlinie W - B - P eine repräsentative Erhebung durchgeführt, aus der hervorgegangen sei, dass die Linie fast ausschließlich von in Wien beschäftigten Arbeitsmigranten und deren Familienangehörigen genutzt werde. Auf den 72 von Wien nach Serbien abgehenden Kursfahrten sei erhoben worden, dass von insgesamt 1.476 beförderten Personen 2,57 % Kinder, Schüler und Studenten, 51,15 % in Wien beschäftigte serbische Arbeitsmigranten, 41,94 % Familienangehörige dieser Arbeitsmigranten und 4,34 % Touristen gewesen seien. Dieses Erhebungsergebnis sei auch der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde zugemittelt worden.
Soweit die revisionswerbende Verwaltungsbehörde im Zusammenhang mit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens darauf aufmerksam gemacht habe, dass mit der Novelle des KflG (BGBl I Nr 32/2013) unter anderem auch das , Yellow Cab , durch Neufassung des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG umgesetzt worden sei, und die revisionswerbende Verwaltungsbehörde in ihrer Rechtsbelehrung zur Auslegung der Wortfolge "dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient" die Definition des Begriffes "Touristen" der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) zugrunde lege, sei dem zu entgegnen, dass bereits eine für alle Mitgliedstaaten verbindliche Definition des Begriffes "Touristen" existiere, wobei auf die - näher dargestellte - Entscheidung der Europäischen Kommission vom zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/57/EG des Rates verwiesen werde. Arbeitsmigranten einschließlich deren Familienangehörigen seien demnach keine Touristen.
Die revisionswerbende Verwaltungsbehörde führte im Wesentlichen aus, es könne auf eine Erörterung der Einwände der mitbeteiligten Partei verzichtet werden, da bereits im Ermittlungsverfahren auf die novellierte Fassung des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG hingewiesen worden sei, mit welcher unter anderem eine Umsetzung des C- 388/09, Yellow Cab , erfolgt sei. Mangels Legaldefinition für "im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linien" werde zur Orientierung folgende Definition der UNWTO herangezogen:
"Touristen sind Personen, die zu Orten außerhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind."
Die Linie W - K (gemeint ist offenbar die Kraftfahrlinie W - N - K der erstmitbeteiligten Partei) weise eine Strecke mit der Länge von 1.042 km auf, die üblicherweise in ca 18 Stunden bewältigt werde. Unter Zugrundelegung der von der erstmitbeteiligten Partei mitgeteilten Fahrgastdaten seien 51,15 % Arbeitsmigranten. Um nicht unter die "Touristen-Definition" zu fallen, müssten diese Arbeitnehmer von einem Ort ihres gewöhnlichen Umfeldes an einen solchen reisen, der jedenfalls mit der Ausübung einer bezahlten Tätigkeit verbunden sei. Da diese Fahrgäste über eine Arbeitserlaubnis oder Beschäftigungsbewilligung in Österreich verfügen würden, müsste ihr gewöhnliches Umfeld in Serbien liegen und sie müssten zu einer bezahlten Tätigkeit nach Österreich reisen. Die Annahme, es könne sich um täglich vom "gewöhnlichen Umfeld Serbien" zu einer bezahlten Tätigkeit nach Österreich pendelnde Arbeitnehmer handeln, entbehre allein aufgrund der Fahrzeit von ca 18 Stunden jeder Grundlage. Auch die Annahme, es könne sich um wöchentlich pendelnde Arbeitnehmer handeln, sei schwer zu begründen, wenn berücksichtigt werde, dass damit monatliche Kosten in der Höhe von ca EUR 340 (4x EUR 85 für Hin- und Rückfahrt) verbunden seien. Die revisionswerbende Verwaltungsbehörde komme daher zu dem Schluss, dass es sich bei dem überwiegenden Teil (mehr als 50 %) der befragten Fahrgäste um in Österreich beschäftigte Arbeitnehmer handeln müsse, deren "gewöhnliches Umfeld" arbeitsbedingt zum überwiegenden Teil in Österreich (Wien) liege und die für Familienbesuche oder Urlaube an Orte fahren würden, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden seien. Diese Fahrgäste seien daher als Touristen im Sinne der UNWTO-Definition einzustufen. Auch hinsichtlich der von der erstmitbeteiligten Partei erhobenen Anzahl von Familienangehörigen von Arbeitnehmern (41,94 %) könne davon ausgegangen werden, dass diese keiner Beschäftigung (mehr) nachgehen, weshalb auch diese die Linie zu touristischen Zwecken in Anspruch nehmen würden.
Die Linie W - K (gemeint offenbar die Kraftfahrlinie W - N - K der erstmitbeteiligten Partei) sei keine Linie des Nah- und Regionalverkehrs, die vor allem von Arbeitnehmern, Schülern und Lehrlingen benützt würde, im täglichen Leben integriert und zur Daseinsvorsorge geeignet sei. Sie sei auch keine Linie in einen angrenzenden Mitgliedstaat oder die Schweiz. Vielmehr werde sie als eine im Wesentlichen von "Touristen" im Sinne der Definition der UNWTO frequentierte Linie zu beurteilen sein. Gleiches gelte daher auch für die neu zu genehmigende Linie W - K.
Den gegen diese Bescheide von der erstmitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerden gab das Verwaltungsgericht Wien mit den angefochtenen Beschlüssen statt, hob die Bescheide auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG an die revisionswerbende Verwaltungsbehörde zurück. Die Erhebung von ordentlichen Revisionen gegen diese Beschlüsse erklärte das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG für unzulässig.
Begründend führte das Verwaltungsgericht - im Wesentlichen gleichlautend - zusammengefasst aus, es sei als maßgebend festzuhalten, dass im Verfahren vor der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde ein noch offenes Verfahren zur Erteilung einer weiteren Konzession für die Kraftfahrlinie W N - W - K zu berücksichtigen sei. Eine Entscheidung dazu sei noch nicht erfolgt. Selbst wenn sich beide Linien weder zeitlich noch örtlich ganz deckten, seien "Befunderhebungen und darauf bauende Schlüsse zur Frequenz gegenseitig für alle, damit auch die schon beschiedene Strecke, bezüglich." Damit könne eine abschließende "Bescheidung" gegenwärtig weder durch die revisionswerbende Verwaltungsbehörde noch durch das Verwaltungsgericht erfolgen. Es müsse offen bleiben, ob weitere umfassende Ermittlungsschritte und Einvernahmen notwendig bzw welche Ermittlungen noch zu treffen seien. Die revisionswerbende Verwaltungsbehörde habe daher im vorliegenden Fall notwendige Ermittlungen des Sachverhalts im Sinne des § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG unterlassen, weshalb nach dieser Bestimmung vorzugehen gewesen sei.
Gegen diese Beschlüsse richten sich die außerordentlichen Revisionen mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und die Bescheide der revisionswerbenden Partei bestätigen, in eventu die angefochtenen Beschlüsse wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufheben. Das Verwaltungsgericht Wien hat die Revisionen zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegt.
Die erstmitbeteiligte Partei erstattete Revisionsbeantwortungen mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge kostenpflichtig in der Sache selbst entscheiden und die Anträge der konzessionswerbenden Unternehmen abweisen, in eventu die Revisionen zurückweisen, in eventu die Revisionen als unbegründet abweisen. Die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes (KflG), BGBl I Nr 203/1999 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 96/2013, lauten (auszugsweise):
" Begriffsbestimmungen, Inhalt und Umfang der Berechtigungen
§ 1. (1) Kraftfahrlinienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden. Der Kraftfahrlinienverkehr ist ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung für jedermann zugänglich.
(...)
(3) Der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs. 1 bedarf einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr, dessen Endhaltestellen auf dem Staatsgebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz liegen, bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.
(...)
Voraussetzungen und Ausschließungsgründe für die Erteilung
von Berechtigungen
§ 7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:
(...)
4. die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn
(...)
b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs. 1 bis 3) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist; dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient, und die Entscheidung über dessen Gefährdung alleine auf Grund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität dieses Kraftfahrlinienverkehrs erfolgen würde, (...)
Verkehrsbereich
§ 14. (1) Der Verkehrsbereich nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erstreckt sich so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann.
(2) Eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt wird, dies ist dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.
(3) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu erleiden, so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird.
(...)"
2. In den Revisionen wird zur Zulässigkeit gemäß § 28 Abs 3 VwGG zusammengefasst vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei in den angefochtenen Beschlüssen hinsichtlich der Rechtsfrage, in welchen Fällen die Verwaltungsgerichte verpflichtet seien, in der Sache selbst zu entscheiden, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (Hinweis auf die hg Erkenntnisse vom , Zl Ro 2014/03/0063, vom , Zl Ro 2014/11/0060, vom , Zl Ro 2014/05/0062, vom , Zl Ro 2014/22/0021 und , Zl Ro 2014/22/0022). Um zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG vorgelegen seien, sei im Verwaltungsverfahren aufgrund einer Fahrgasterhebung der mitbeteiligten Partei festgestellt worden, welche Personenkreise die bestehende Kraftfahrlinie nutzen würden. Aufgrund dieser Feststellungen sei die revisionswerbende Verwaltungsbehörde zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kraftfahrlinie im Wesentlichen touristischen Zwecken iSd § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG diene. Eine abschlägige Behandlung der Konzessionsanträge wäre nur aufgrund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität des Kraftfahrlinienverkehrs erfolgt. Nachdem bereits der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs 1 Z 4 lit b letzter Halbsatz KflG erfüllt gewesen sei, hätten keine Feststellungen zur Beurteilung der behaupteten Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben getroffen werden müssen; die revisionswerbende Verwaltungsbehörde habe diese Daten dennoch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhoben.
3. Die Revisionen erweisen sich als zulässig, da das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist:
3.1. Gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG ist die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie unter anderem dann ausgeschlossen, wenn der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 1 bis 3) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist. Dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient und wenn die Entscheidung über dessen Gefährdung alleine auf Grund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität dieses Kraftfahrlinienverkehrs erfolgen würde.
Dieser Ausnahmetatbestand vom Ausschließungsgrund des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG wurde im Zuge der Novelle BGBl I Nr 32/2013 in das KflG eingefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle (1986 BlgNR 24. GP, S 14) heißt es dazu:
"In der Rechtssache C-338/09 hat der EuGH in dem am ergangenen Urteil betreffend den in § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b Kraftfahrliniengesetz normierten Konkurrenzschutz wie folgt erkannt:
'2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Bewilligung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu touristischen Zwecken allein auf der Grundlage der Angaben eines Konkurrenzunternehmens, das Inhaber einer Bewilligung für den Betrieb einer mit der beantragten ganz oder teilweise identischen Linie ist, wegen der geminderten Rentabilität dieses Unternehmens versagt wird.'
Unter Berücksichtigung dieses Urteils und insbesondere der Randziffern 44, 51, 53 und 54 ist daher die lit. b in der bisherigen Fassung nicht mehr anzuwenden, wenn in einem Konzessionsverfahren der Konkurrenzschutz für eine Linie gefordert wird, die im Wesentlichen touristischen Zwecken dient und nicht sichergestellt werden kann, dass die entsprechende Entscheidung nicht alleine auf Grund der Angaben des bestehenden (konkurrenzierten) Unternehmens wegen der geminderten Rentabilität (wirtschaftliche Betriebsführung) dieser Linie erfolgt.
Mangels Legaldefinitionen für 'im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linien' (Randziffer 44) wird nach Rücksprache mit dem BMWFJ zur Orientierung folgende Definition der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) herangezogen: 'Touristen sind Personen, die zu Orten außerhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind.'
Abgesehen von Verkehren, die dem Anlassfall der Rechtssache C- 338/09 entsprechen (linienmäßige Stadtrundfahrten im hopp on/hopp off Modus), wird dieses Urteil vor allem auf Drittlandverkehre anzuwenden sein. Es steht damit auch im Einklang mit den geänderten Bestimmungen der Marktzugangsverordnung für den grenzüberschreitenden Personenverkehr (EG) Nr. 1073/2009, in der Konkurrenzschutz massiv eingeschränkt wurde, und in der Hauptsache nur mehr Verkehrsdienste im Rahmen eines oder mehrerer öffentlicher Dienstleistungsaufträge mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen berücksichtigt werden."
Daraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dieser Novelle eine einfachgesetzliche Umsetzung der im , Yellow Cab , entwickelten Rechtsprechungskriterien beabsichtigte und diese - ungeachtet dessen, ob ein Sachverhalt gegeben ist, der in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt (vgl dazu die hg Erkenntnisse vom , Zlen 2012/03/0108 bis 0111 sowie Zlen 2012/03/0128 und 0129) - insbesondere auf Linienverkehre mit Drittstaaten (wie im vorliegenden Fall die von der erstmitbeteiligten Partei betriebene Kraftfahrlinie W - N - K) angewendet wissen wollte.
Der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs 1 Z 4 lit b zweiter Satz KflG ist daher anhand seines unionsrechtlichen Gehalts im Lichte des gesamten Unionsrechts, seiner Ziele und seines Entwicklungsstandes autonom auszulegen (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/03/0107), setzt allerdings nicht voraus, dass ein Sachverhalt vorliegt, der in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt.
3.2. Art 2 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 1191/69 des Rates vom über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschifffahrtsverkehrs, ABl L 156 vom , Seite 1, in der durch die Verordnung (EWG) Nr 1893/91 des Rates vom , ABl L 169, Seite 1, geänderten Fassung, aufgehoben durch die Verordnung (EG) Nr 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , ABl L 315 vom , Seite 7 (VO 1191/69), lautete:
" Artikel 2
(1) Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sind die Verpflichtungen, die das Verkehrsunternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde.
(...)"
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr 1191/69 und (EWG) Nr 1107/70 des Rates, ABl L 315 vom , Seite 1 (VO 1370/2007), lauten (auszugsweise):
"(13) Einige Verkehrsdienste, häufig in Verbindung mit einer speziellen Infrastruktur, werden hauptsächlich aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben. Da ihr Betrieb offensichtlich anderen Zwecken dient als der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste, müssen die für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Anforderungen geltenden Vorschriften und Verfahren hier keine Anwendung finden.
(...)
Artikel 1
Zweck und Anwendungsbereich
(...)
(2) Diese Verordnung gilt für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Personenverkehr mit der Eisenbahn und andere Arten des Schienenverkehrs sowie auf der Straße, mit Ausnahme von Verkehrsdiensten, die hauptsächlich aus Gründen historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden. (...)
(...)
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
a) "öffentlicher Personenverkehr" Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden;
(...)
e) "gemeinwirtschaftliche Verpflichtung" eine von der zuständigen Behörde festgelegte oder bestimmte Anforderung im Hinblick auf die Sicherstellung von im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten, die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte;
(...)"
3.3. Der C- 338/09, Yellow Cab , die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Kraftfahrlinie - eine Linie zur Personenbeförderung in Autobussen auf einer Strecke innerhalb des Gebietes der Stadt Wien - als im Wesentlichen touristischen Zwecken dienend eingestuft und die mit dem Betrieb solcher Linien verbundenen Verpflichtungen den "Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes" im Sinne des Art 2 Abs 1 der VO 1191/69 gegenübergestellt (Urteil Yellow Cab , Rz 44). Die Definition des Art 2 Abs 1 der VO 1191/69 entspricht im Wesentlichen der Definition des Art 2 lit e der VO 1370/2007 (Urteil Yellow Cab , Rz 10). Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Sinne des Art 2 lit e der VO 1370/2007 betreffen wiederum nur "öffentliche Personenverkehrsdienste". Im Erwägungsgrund 13 der VO 1370/2007 werden Verkehrsdienste, die aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden, von "öffentlichen Personenverkehrsdiensten" abgegrenzt.
Eine Kraftfahrlinie wird daher jedenfalls dann nicht zu touristischen Zwecken betrieben, wenn es sich um einen öffentlichen Personenverkehrsdienst handelt, d.h. wenn Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden (vgl Art 2 lit a der VO 1370/2007; zum Begriff der "Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse" vgl die Mitteilung der Kommission über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, ABl C 9 Nr 2 vom , Seite 1 (6) sowie Lewisch , in Mayer/Stöger , Kommentar zu EUV und AEUV (159b. Lfg, 2013) Art 106 AEUV Rz 81 ff und Koenig/Paul , in Streinz , EUV/AEUV2 (2012) Art 106 AEUV Rz 44 ff).
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl Ro 2014/03/0063, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, die Ansicht vertreten, dass schon nach dem Wortlaut des § 28 Abs 3 erster Halbsatz VwGVG die Anwendbarkeit des § 28 Abs 3 leg cit erst dann in den Blick tritt, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 der genannten Bestimmung nicht vorliegen, weiters ist die Zurückverweisungsbestimmung systematisch erst nach dem § 28 Abs 2 in den zweiten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG eingeordnet, weshalb sich ihre Anwendbarkeit auf § 28 Abs 3 VwGVG beschränkt und nicht auf die von § 28 Abs 2 VwGVG erfassten Fälle erstreckt. Dem Verwaltungsgericht steht daher in den in Art 130 Abs 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs 2 VwGVG angeordneten Fällen eine kassatorische Entscheidung nicht zu.
§ 28 VwGVG normiert für die überwiegende Anzahl der Fälle die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in der Sache selbst zu entscheiden. Derart wird der sich schon aus Art 130 Abs 4 B-VG ergebenden Zielsetzung, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden sollen, Rechnung getragen. Vor dem Hintergrund dieser in § 28 VwGVG weitreichend umgesetzten Zielsetzung sind die nach § 28 VwGVG verbleibenden Ausnahmen von der (meritorischen) Entscheidung in der Sache selbst strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Vergleichbares gilt für die Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs 2 VwGVG, die angesichts dieser Zielsetzung so zu verstehen sind, dass einer meritorischen Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte so weitreichend entsprochen wird, als diese Voraussetzungen bei einer der Zielsetzung konformen (nicht restriktiven, sondern weiten) Deutung als gegeben angenommen werden können.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Der Rechtsanspruch eines von einer Entscheidung Betroffenen auf die Beachtung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit erfasst angesichts des in § 28 VwGVG verankerten Systems auch die Frage, ob das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst dem § 28 VwGVG konform wahrnimmt. Das Verwaltungsgericht hat daher insbesondere nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs 2 VwGVG verneint bzw wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.
5. In beiden Bescheiden der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde finden sich keine Feststellungen, die im Sinne der Erwägungen unter Punkt 3.3. eine abschließende Beurteilung der Frage ermöglichen würden, ob es sich bei der österreichischen Teilstrecke der von der erstmitbeteiligten Partei betriebenen Kraftfahrlinie W - N - K um eine im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linie im Sinne des § 7 Abs 1 Z 4 lit b zweiter Halbsatz KflG handelt (was nach der oben dargelegten Rechtslage voraussetzt, dass kein öffentlicher Personenverkehrsdienst im Sinne des Art 2 lit a der VO 1370/2007 vorliegt); auch lassen sich den vorgelegten Verfahrensakten - abgesehen von der Einholung von Stellungnahmen unter anderem der erstmitbeteiligten Partei - keine weiteren Ermittlungsschritte in diese Richtung entnehmen.
Auch das Verwaltungsgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sich bei der österreichischen Teilstrecke der Linie W - N - K um eine im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linie im Sinne des § 7 Abs 1 Z 4 lit b zweiter Halbsatz KflG (unter Zugrundelegung der oben dargelegten Auslegung) handelt; es hat auch keinerlei Feststellungen getroffen. Ausgehend von der nicht näher begründeten Annahme, für eine Entscheidung über die gegenständlichen Linien sei der Ausgang des Verfahrens betreffend die Kraftfahrlinie W N - W - K abzuwarten, sind die angefochtenen Beschlüsse offenbar von der Ansicht getragen, dass die Linie der erstmitbeteiligten Partei nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken dient. Das Verwaltungsgericht hat jedoch nicht begründet, warum es den maßgeblichen Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG, nicht selbst festgestellt hat.
6. Die angefochtenen Beschlüsse waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlungen abgesehen werden (§ 39 Abs 2 Z 3 VwGG).
Gemäß § 47 Abs 4 VwGG hat die revisionswerbende Partei (unter anderem) in dem hier vorliegenden Fall einer Amtsrevision gemäß Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz. Die Anträge der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde, der Verwaltungsgerichtshof möge ihr den tarifmäßig festgelegten Kostenersatz für Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand zuerkennen, waren daher abzuweisen.
Wien, am