VwGH 25.06.2014, Ro 2014/07/0058
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VwGG §33 Abs1; VwGG §34 Abs2; |
RS 1 | Da auch eine nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrages die Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde iSd § 34 Abs. 2 VwGG begründet, war das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG einzustellen (vgl. B , 2013/11/0216; B , 2007/12/0195; B , 2007/17/149). |
Normen | |
RS 1 | Erfolgt die Benutzung der privaten Tagwässer oder die Errichtung von Anlagenteilen einer Wasserversorgungsanlage auf fremden Liegenschaften auf der rechtlichen Grundlage eines Privatrechtstitels (zB ersessene Dienstbarkeit), dann wird auf fremde Rechte iSd § 9 Abs. 2 WRG 1959 Einfluss nicht durch die Benutzung der privaten Tagwässer und die Errichtung der hiezu dienenden Anlagen, sondern lediglich durch diesen Privatrechtstitel geübt, was es nicht mehr rechtfertigt, eine Bewilligungsbedürftigkeit der Wasserversorgungsanlage aufgrund von § 9 Abs. 2 WRG 1959 zu erkennen (vgl. E , 2011/07/0230). |
Normen | |
RS 2 | Wird von demjenigen, der eine wasserrechtliche Bewilligung für eine Anlage beantragt, die nur wegen der Berührung fremder Rechte bewilligungspflichtig sein könnte, das Vorliegen eines Privatrechtstitels (ersessene Dienstbarkeit des Wasserbezuges und der Wasserleitung) behauptet, der den Zugriff auf diese fremden Rechte abdeckt, dann ist es nicht Sache der Wasserrechtsbehörde, zu prüfen, ob dieser behauptete Titel zu Recht besteht oder nicht. Bei der Prüfung, ob der Antrag einer meritorischen Erledigung zuzuführen ist oder nicht, hat die Behörde aber von den Angaben des Bewilligungswerbers auszugehen. Sachbehauptungen des Bewilligungswerbers, welche einer Bewilligungsbedürftigkeit des Vorhabens entgegen stehen, wären daher zum Anlass der Zurückweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung aus dem Grunde der Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zu nehmen gewesen (vgl. E , 92/07/0085; E , 2002/07/0037). Der Antrag des Bewilligungswerbers wäre daher zurückzuweisen gewesen. Für die Entscheidung in der Sache fehlte es der Wasserrechtsbehörde somit an der Zuständigkeit. Da die Behörde das Berufungsvorbringen des Bewilligungswerbers nicht zum Anlass dafür genommen hat, den vor ihr bekämpften Bescheid im Sinne einer Zurückweisung des Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung abzuändern, sondern über die beantragte wasserrechtliche Bewilligung ungeachtet eines die Bewilligungsfreiheit des Vorhabens ergebenden Sachvorbringens des Bewilligungswerbers in der Sache entschieden hat, leidet der angefochtene Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. E , 92/07/0085). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des *****, vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 3/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 08-ALL- 1747/2013, betreffend Wiederverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes (mitbeteiligte Partei: *****), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Mit Verfügung vom , Ro 2014/07/0058-2, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgefordert, die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. B 1002/2013-4, zur Entscheidung abgetretene Beschwerde in mehreren Punkten innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung der Verfügung zu ergänzen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass der ergänzende Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung vorzulegen sei. Die Versäumung der Frist gelte als Zurückziehung der Beschwerde.
Mit dem am zur Post gegebenen ergänzenden Schriftsatz ist der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag zwar in inhaltlicher Hinsicht nachgekommen. Der Schriftsatz wurde allerdings nicht in vierfacher, sondern lediglich in dreifacher Ausfertigung vorgelegt.
Da auch eine nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrages die Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG begründet, war das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 leg. cit. einzustellen (vgl. dazu u.a. die hg. Beschlüsse vom , 2013/11/0216, vom , 2007/12/0195, und vom , 2007/17/149).
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über den Antrag des G S in K, vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 3/II, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Kärnten vom , Zl. 08-ALL- 1747/2013, betreffend Wiederverleihung eines Wasserbenutzungsrechtes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Der Antragsteller hatte gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom fristgerecht Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, deren Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 1002/2013-4, abgelehnt und die an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten worden war.
Mit hg. Verfügung vom wurde er zur Verbesserung der der Beschwerde anhaftenden Mängel aufgefordert. Unter anderem sollte der ergänzende Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung vorgelegt werden.
Mit hg. Beschluss vom , Ro 2014/07/0058-5, wurde das Verfahren eingestellt, weil der ergänzende Schriftsatz nicht in vierfacher, sondern lediglich in dreifacher Ausfertigung vorgelegt worden war.
Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am zugestellt.
Der Antragsteller stellte fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Vorlage des ergänzenden Schriftsatzes in vierfacher Ausfertigung.
Dieser Antrag wurde damit begründet, dass die Rechtsvertreterin des Antragstellers den Inhalt des Schriftsatzes, mit dem der Mangel behoben werden sollte, diktiert habe; dieser Schriftsatz sei von der zuverlässigen, versierten und langjährigen Mitarbeiterin, die bisher fehlerfrei gearbeitet habe, laut Diktat geschrieben und im Entwurf ausgedruckt worden. Der Inhalt des Schriftsatzes sei von der Rechtsvertreterin korrekturgelesen und nach Freigabe durch Abzeichnung von der Mitarbeiterin in weiterer Folge zur Komplettierung (Anschluss von Beilagen und Endprüfung) und Unterfertigung vorgelegt worden. Zuerst hätte die Mitarbeiterin, weil sie Teile des Rubrums der ursprünglichen Beschwerde verwendet habe, lediglich drei Ausfertigungen im Original zur Komplettierung und Unterfertigung und eine Ausfertigung in Kopie für den Mandanten mit dem Akt vorgelegt. Die Rechtsvertreterin habe die Mitarbeiterin darauf hingewiesen, dass nach der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes der ergänzende Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung vorzulegen sei. Von der Mitarbeiterin sei eine weitere Ausfertigung zur Unterschrift angefertigt worden. Das Rubrum sei nicht erneuert worden, es sei auf der im Akt verbleibenden Kopie handschriftlich bei "dreifach" "+1" vermerkt worden.
Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ausfertigungen der Schriftsätze durch die Rechtsvertreterin hätten sich in der Unterschriftenmappe, die immer gemeinsam mit dem zu bearbeitenden Akt der Rechtsvertreterin vorgelegt werde, schlussendlich drei Ausfertigungen des Schriftsatzes ohne Nachweis der Gebühreneinzahlung, eine Ausfertigung des Schriftsatzes samt einem Nachweis der Gebühreneinzahlung, eine kopierte Ausfertigung des Schriftsatzes für den Mandanten und eine Ausfertigung des Schriftsatzes mit Kopie des Nachweises der Gebühreneinzahlung für den Akt der Rechtsvertreterin befunden. Die vier Ausfertigungen des Schriftsatzes mit färbigem Briefpapier und Einfassung sowie eine Ausfertigung des Schriftsatzes, die lediglich ein kopiertes Deckblatt aufweise, seien von der Rechtsvertreterin auf ihre Vollständigkeit überprüft und unterzeichnet worden. Die Unterschriftenmappe mit vier unterschriebenen Ausfertigungen des Schriftsatzes im Original (in Farbe und gebundenem Rand), einer Ausfertigung in Kopie und einer Ausfertigung im Entwurf seien der Mitarbeiterin mit dem Hinweis übergeben worden, die vier unterschriebenen Ausfertigungen, und zwar die Originale, an den Verwaltungsgerichtshof per Einschreiben und die Kopie an den Klienten zu übermitteln und die mit Kürzel unterzeichnete Ausfertigung, der die Kopie des Einzahlungsnachweises angeschlossen sei, im Akt zu belassen. Andere Schriftstücke hätten sich nicht in der Unterschriftenmappe befunden.
Nachdem am ursprünglichen Schriftsatz im Rubrum "dreifach" angeführt sei, sei die Mitarbeiterin vor dem Kuvertieren noch einmal darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Verwaltungsgerichtshof vier Ausfertigungen des Schriftsatzes erhalte. Von der Mitarbeiterin der Rechtsvertreterin sei dann in weiterer Folge nach Anweisung die Kuvertierung der Schriftsätze vorgenommen worden. Offensichtlich sei trotz ausdrücklicher Anweisung und trotz des Umstandes, dass die Rechtsvertreterin mit der Mitarbeiterin noch die Verfügung vom erörtert habe, ein Originalexemplar an den Mandanten der Rechtsvertreterin, dem Antragsteller, übermittelt und an den Verwaltungsgerichtshof lediglich drei Ausfertigungen übermittelt worden. Die für den Antragsteller gedachte Ausfertigung in Kopie sei im Akt der Kanzlei verblieben. Dies sei erst nach Zustellung des Beschlusses vom am aufgefallen.
Von der Mitarbeiterin der Rechtsvertreterin habe am die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Manipulation des aufgetragenen Schriftsatzes genau dargestellt werden können. Wie es jedoch dazu gekommen sei, dass trotz des Umstandes, dass die Übermittlung des Schriftsatzes in vierfacher Ausfertigung mit der Rechtsvertreterin erörtert worden sei, ein Exemplar dieser vier Ausfertigungen an den Mandanten übermittelt worden sei, sei unerklärlich. Es handle sich dabei um eine noch nie vorgekommene entschuldbare Fehlleistung der Mitarbeiterin.
Die Rechtsvertreterin habe sich auf Grund des Umstandes, dass die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes und die Notwendigkeit, den Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung vorzulegen, mit der langjährigen Mitarbeiterin besprochen worden sei und weil die entsprechenden Vermerke abgehakt worden seien, darauf verlassen, dass die Mitarbeiterin auch tatsächlich die vier Ausfertigungen samt Originalunterschrift, Farbdeckblatt und Rahmung am linken Rand an den Verwaltungsgerichtshof und eine Kopie der Ausfertigung an den Mandanten versende und die mit Kürzel abgezeichnete Ausfertigung im Akt belasse. An das Gespräch über die notwendige vierfache Übermittlung des Schriftsatzes könne sich sowohl die Rechtsvertreterin als auch die Mitarbeiterin genau erinnern. Die Mitarbeiterin habe aus Interesse nachgefragt, warum der Verwaltungsgerichtshof vier Ausfertigungen der Ergänzung benötige, zumal ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof drei Ausfertigungen der Beschwerde übermittelt worden seien. Daraus habe sich ein Gespräch entwickelt, in dem dies von der Rechtsvertreterin kurz skizziert worden sei. Jedenfalls sei nach diesem Gespräch klar gewesen, dass vier Ausfertigungen an den Verwaltungsgerichtshof zu schicken seien. Von der Rechtsvertreterin sei dann der Kuvertierungsprozess nicht überwacht worden, dieser sei von der Kanzleileiterin selbständig vorgenommen worden.
Nach Ansicht des Antragstellers liege ein Fall des § 46 Abs. 1 VwGG vor. Zur Bescheinigung der Vorgänge wurden eine eidesstattliche Erklärung der Mitarbeiterin und eine Kopie des Exemplars für den Handakt der Rechtsvertreterin vorgelegt und der Schriftsatz vom in vierfacher Ausfertigung übermittelt.
§ 46 Abs. 1 VwGG hat folgenden Wortlaut:
"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."
Die Wiedereinsetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , 2003/03/0164, mwN) auch zu bewilligen, wenn eine Frist durch ein Verhalten von Angestellten des Bevollmächtigten der Partei versäumt wurde, es sei denn, es läge ein Verschulden der Partei vor. Dem Verschulden der Partei selbst ist das Verschulden ihres Vertreters gleichzustellen. Ein Versehen einer Kanzleibediensteten stellt für einen Rechtsanwalt und damit für die von diesem vertretene Partei nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten hinreichend nachgekommen ist. Zu prüfen ist also, ob ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des einschreitenden Rechtsanwaltes im Hinblick auf seine Aufsichts- und Kontrollpflichten vorliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof geht von dem im Wiedereinsetzungsantrag in sich widerspruchsfrei dargestellten und in den wesentlichen Punkten mit der eidesstättigen Erklärung der Kanzleikraft übereinstimmenden Sachverhalt aus.
In seiner Rechtsprechung hat es der Verwaltungsgerichtshof nicht als zweckmäßige und zumutbare Kontrollmaßnahme angesehen, dass sich der Rechtsanwalt nach Übergabe sämtlicher Schriftstücke an die bisher bewährte Kanzleikraft in jedem Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expeditierung der Sendung überzeugt. Die Überwachungspflicht des Parteienvertreters geht also nicht so weit, jede einzelne einfache Arbeitsverrichtung, wie die Kuvertierung und Aufgabe von Postsendungen, zu kontrollieren (vgl. zum Ganzen u.a. die hg. Beschlüsse vom , 2012/03/0041, und zuletzt vom , 2014/03/0001).
Unterläuft einem sonst immer zuverlässig arbeitenden Angestellten erst im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe ein Fehler, so stellt dies ein unvorhergesehenes Ereignis dar. Die Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft diese rein manipulativen Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Rechtsanwalt nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen. Unterläuft im Zug eines solchen manipulativen Vorgangs ein Fehler, liegt dem Rechtsanwalt - unter dem Gesichtspunkt einer rationellen und arbeitsteiligen, die Besorgung abgegrenzter Aufgabenbereiche delegierenden Betriebsführung - eine Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht dadurch zur Last, dass er sich nach Zusammenstellung und Kontrolle des Mängelbehebungsschriftsatzes nicht von der richtigen Anzahl der Schriftsätze in der Mängelbehebungspostsendung überzeugte.
Im vorliegenden Fall lag auch eine eindeutige Anordnung in Bezug auf die Anzahl der Ausfertigungen vor. Folgt man den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Rechtsvertreterin und ihrer Mitarbeiterin, war die Anzahl der dem Verwaltungsgerichtshof zu übermittelnden Ausfertigungen Gesprächsthema, und erteilte die Rechtsvertreterin den ausdrücklichen Auftrag zur Übermittlung des Schriftsatzes in vierfacher Ausfertigung. Dies geht auch aus dem Beilagenvermerk "dreifach+1" auf der Kopie des Handaktes der Rechtsvertreterin hervor.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des G S in K, vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 3/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 08-ALL-1747/2013, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiederverleihung eines Wasserrechtes (mitbeteiligte Partei: F P), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) vom wurde dem Rechtsvorgänger des Revisionswerbers gemäß § 9 Abs. 2 WRG 1934 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserversorgungsanlage auf dem Grundstück Nr. 174 KG R für Trink- und Nutzwasserzwecke, befristet auf die Dauer von 60 Jahren, erteilt.
Das Grundstück, auf dem sich die Quelle befindet, stand damals im Eigentum des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten; es steht nunmehr im Eigentum des Mitbeteiligten. Hinsichtlich der Entschädigungsansprüche des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten heißt es im Spruch des genannten Bescheides, dass die beiden Beteiligten auf den Zivilrechtsweg verwiesen würden.
Dies wurde damit begründet, dass "die beiden Beteiligten schon vor Jahren ein Übereinkommen hinsichtlich der Entschädigung des Eigentümers des dienenden Grundstückes abgeschlossen haben, welches eindeutig zivilrechtlicher Natur ist, und ein Übereinkommen in dieser Sache nicht zu erreichen war, weshalb diese Frage der Entscheidung des Gerichts anheim gestellt werden musste."
Mit Eingabe vom suchte der Revisionswerber um die Wiederverleihung dieses Wasserrechtes an.
Am fand vor der BH eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Mitbeteiligte zu Protokoll gab, er sei einverstanden, dass der Revisionswerber seine Quelle weiterhin nutzen könne. Er verweigerte aber die Unterzeichnung der Verhandlungsschrift.
Der Revisionswerber ersuchte daraufhin die Behörde um eine zweimonatige Verlängerung der Frist zur Vorlage der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers.
Im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der BH teilte der Mitbeteiligte dieser am ausdrücklich mit, dass er als Grundeigentümer der weiteren Nutzung der Quelle auf seinem Grundstück durch den Revisionswerber nicht zustimme.
Die BH wies daraufhin den Antrag des Revisionswerbers auf Wiederverleihung des Wasserrechtes mit Bescheid vom ab.
Der Revisionswerber erhob Berufung, in der er auf die bei der mündlichen Verhandlung am erteilte Zustimmung des Mitbeteiligten verwies. Weiters machte er geltend, die Wassernutzung für seine Liegenschaft sei als zeitlich unbeschränkte Dienstbarkeit im seinerzeitigen zivilrechtlichen Übereinkommen festgelegt worden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein solches Übereinkommen nicht zustande gekommen sei, sei das gegenständliche Nutzungsrecht (präzis ausgedrückt die Dienstbarkeit, das Wasservorkommen auf Grundstück Nr. 174 als Trink- und Nutzwasser zu beziehen und die dafür erforderlichen Anlagen zu errichten, zu betreiben und zu erhalten) durch über sechzigjährige unbeanstandete und gutgläubige Ausübung längst ersessen. Zur Nutzungsbefugnis von Privatgewässern genüge aber ein Privatrechtstitel, wie zum Beispiel eine Dienstbarkeit; eine solche liege zugunsten seiner Liegenschaft vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom wurde die Berufung des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde legte den Gang des Verwaltungsverfahrens und die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen dar und verwies darauf, dass die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung - von der Einräumung von Zwangsrechten abgesehen - dann, wenn durch ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben bestehende Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959, etwa das Grundeigentum, betroffen seien, nur zulässig sei, wenn der Inhaber des betroffenen Rechts dem Eingriff in sein Recht zustimme. Im vorliegenden Fall habe der Grundeigentümer und Quellbesitzer im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwar seine Zustimmung erteilt, sich dann aber bereits geweigert, die Verhandlungsschrift zu unterfertigen. Deutlicher sei er im Rahmen der persönlichen Vorsprache bei der BH am geworden, wo er die Nutzung der Quelle ausdrücklich untersagt habe. Weder eine Nichtteilnahme an der Verhandlung noch das Unterlassen von Einwendungen seitens des betroffenen Grundeigentümers könne die zivilrechtlich notwendige Übereinkunft zwischen den Beteiligten ersetzen. Dem Grundeigentümer komme daher in jeder Phase des Verfahrens das Anrecht auf Einwendungen zu.
Der Einwand des Revisionswerbers, dass es sich bei der Nutzung der Quelle um ein ersessenes Recht handle, werde auf den Zivilrechtsweg verwiesen, in dem das bei Bedarf zu klären sein werde. Jedoch werde festgehalten, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Zustimmung vom Rechtsvorgänger zur Nutzung nur für die Dauer der Bewilligung erteilt worden sein dürfte und eine Ersitzung nicht zum Tragen komme. Schließlich sei auch die Einräumung von Zwangsrechten nicht in Erwägung gezogen worden, da weder ein öffentliches Interesse gegeben sei, noch die Benutzung der Quelle die einzige Möglichkeit der Wasserversorgung darstelle.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom , B 1002/2013-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Revisionswerber unter anderem geltend, für die Annahme, dass die Zustimmung nur für die Zeit der Bewilligung erteilt worden sein dürfte und eine Ersitzung des Rechts nicht zum Tragen komme, fehle jegliche Grundlage. Diese Auslegung stelle eine unrichtige Mutmaßung dar, für die es keine Anhaltspunkte gebe, zumal die Behörde die genannte Vereinbarung nicht beigeschafft und diesbezüglich auch kein Ermittlungsverfahren geführt habe. Weiters meint der Revisionswerber, die Voraussetzungen des § 21 WRG 1959 für die Wiederverleihung des Wasserrechts seien erfüllt. Der Liegenschaftseigentümer habe bereits seine "rechtskräftige" Zustimmung erteilt, und es hätte die Behörde auch das dem Bescheid vom zugrunde liegende Übereinkommen zu berücksichtigen gehabt. Sonstige Voraussetzungen für die Nichtwiederverleihung des Wasserbezugsrechtes seien nicht gegeben. Des Weiteren gehe aus § 21 Abs. 3 WRG 1959 nicht hervor, dass die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers Voraussetzung für die Wiederverleihung des Wasserrechtes sei. Der Liegenschaftseigentümer habe zu keinem Zeitpunkt im Jahr 1950 seine Zustimmung nur für die Dauer des dem Bescheid vom verliehenen Wasserbenutzungsrechtes, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits uneingeschränkt erteilt. Daher sei er auch entschädigt worden. Schließlich habe die Behörde übersehen, dass § 21 WRG 1959 eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung und einen schonenden Umgang mit der Ressource Wasser in sich berge und nicht den Schutz des Liegenschaftseigentümers. Die Befristung im ursprünglichen Bewilligungsbescheid sei nur an den nunmehrigen Revisionswerber gerichtet und nicht an den Liegenschaftseigentümer, sodass der Liegenschaftseigentümer aus der Befristung des Wasserbezugsrechtes kein Recht ableiten könne. Der Liegenschaftseigentümer sei nicht Bescheidadressat. Im Wiederverleihungsverfahren müsse der Liegenschaftseigentümer die ursprünglich bereits abgegebene Zustimmungserklärung auch nicht wiederholen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Revision unter Ersatz der Vorlagekosten.
Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass für die Behandlung der Revision nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. in diesem Sinne etwa die hg. Beschlüsse vom , Ro 2014/10/0029, und vom , Ro 2014/05/0044).
Es ist unstrittig, dass sich die Quelle, um deren Nutzung es im vorliegenden Fall geht, ihre Fassung und ein Teil der Leitung auf dem Grundstück des Mitbeteiligten befinden.
Nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 bedarf die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hierdurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.
Der Revisionswerber behauptete in der Berufung, er habe zwischenzeitig die Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung (im Sinne des § 477 Z 2 ABGB) ersessen. Der Revisionswerber behauptete somit, über einen - durch Ersitzung erworbenen - Privatrechtstitel zur Nutzung der verfahrensgegenständlichen Quelle zu verfügen.
Diesem Einwand begegnete die belangte Behörde mit dem Verweis auf den Zivilrechtsweg, "in dem das bei Bedarf zu klären sein" werde; dennoch vertrat sie ohne nähere Begründung die Ansicht, dass eine Ersitzung "nicht zum Tragen käme." Damit verkannte die belangte Behörde aber die mögliche Bedeutung eines ersessenen Wasserbezugsrechts für die Bewilligungspflicht des § 9 Abs. 2 WRG 1959.
Erfolgt nämlich die Benutzung der privaten Tagwässer oder die Errichtung von Anlagenteilen einer Wasserversorgungsanlage auf fremden Liegenschaften auf der rechtlichen Grundlage eines Privatrechtstitels, dann wurde auf fremde Rechte im Sinne des § 9 Abs. 2 WRG 1959 Einfluss nicht durch die Benutzung der privaten Tagwässer und die Errichtung der hiezu dienenden Anlagen, sondern lediglich durch diesen Privatrechtstitel geübt, was es nicht mehr rechtfertigte, eine Bewilligungsbedürftigkeit der Wasserversorgungsanlage aufgrund von § 9 Abs. 2 WRG 1959 zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0230, sowie Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 11 zu § 9 WRG 1959).
Läge also der behauptete Privatrechtstitel (ersessene Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung) tatsächlich vor und wären auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Bewilligung nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 nicht gegeben (diesbezüglich finden sich keine ausreichenden Hinweise in den Aktenunterlagen), wäre die Bewilligungspflicht nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 nicht gegeben.
Nun hat der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gestellt und gleichzeitig (in der Berufung) rechtliche Behauptungen aufgestellt, die der Bewilligungsbedürftigkeit entgegenstehen.
Bei der Prüfung, ob der Antrag einer meritorischen Erledigung zuzuführen ist oder nicht, hat die Behörde aber von den Angaben des Revisionswerbers auszugehen.
Sachbehauptungen des Revisionswerbers, welche einer Bewilligungsbedürftigkeit des Vorhabens entgegen stehen, wären daher zum Anlass der Zurückweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung aus dem Grunde der Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zu nehmen gewesen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 92/07/0085, und vom , 2002/07/0037).
Der Antrag des Revisionswerbers wäre daher zurückzuweisen gewesen.
Für die Entscheidung in der Sache fehlte es der Wasserrechtsbehörde somit an der Zuständigkeit.
Da die belangte Behörde das Berufungsvorbringen des Revisionswerbers nicht zum Anlass dafür genommen hat, den vor ihr bekämpften Bescheid im Sinne einer Zurückweisung des Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung abzuändern, sondern über die beantragte wasserrechtliche Bewilligung ungeachtet eines die Bewilligungsfreiheit des Vorhabens ergebenden Sachvorbringens des Revisionswerbers in der Sache entschieden hat, leidet der angefochtene Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom , 92/07/0085).
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014.
Wien, am
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Normen | VwGG §33 Abs1; VwGG §34 Abs2; |
Schlagworte | Zurückziehung Mängelbehebung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014070058.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAE-90517