VwGH vom 21.12.2011, 2009/08/0263

VwGH vom 21.12.2011, 2009/08/0263

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des N T in Wien, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2009-0566-9-002073, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom abgewiesen. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe, also unter anderem eine Beschäftigung aufnehmen könne und dürfe. Laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Wien sei der Beschwerdeführer nicht berechtigt, sich im Bundesgebiet aufzuhalten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte vor, sein Asylantrag sei im Berufungsverfahren anhängig. Dem Beschwerdeführer komme damit die Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und somit ein gültiger Aufenthaltstitel zu. Er stehe daher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Allenfalls vorhandene Aufenthalts- oder Rückkehrverbote könnten ihm das Aufenthaltsrecht nicht entziehen. Da er in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt habe, stünden ihm auch Leistungen zu; andernfalls müssten Versicherungsbeiträge retourniert werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei Staatsbürger von Gambia. Er habe am erstmals einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld habe der Beschwerdeführer während der Haft erworben; eine Tätigkeit aufgrund einer erteilten Beschäftigungsbewilligung habe der Beschwerdeführer niemals ausgeübt.

Gegen den Beschwerdeführer sei aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung am ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden; die Entscheidung sei seit rechtskräftig. Dieses sei als Rückkehrverbot nach § 62 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) zu werten. Nach den Angaben des Beschwerdeführers habe dieser im Jahr 2007 einen Asylantrag gestellt. Ein Rückkehrverbot habe gemäß § 62 FPG zur Folge, dass das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen werde, dem Beschwerdeführer aber bis zur Beendigung des Asylverfahrens faktischer Abschiebeschutz zukomme. Der Beschwerdeführer verfüge daher über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung. Damit stehe der Beschwerdeführer der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, weil ihm in Ermangelung einer entsprechenden Aufenthaltsberechtigung keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne und ein Leistungsbezug somit nicht beendet werden könnte.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer (u.a.) der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist (§ 7 Abs. 2 AlVG). Nach § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG kann und darf eine Person eine Beschäftigung aufnehmen, die sich (u.a.) berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

Voraussetzung für die Verfügbarkeit iSd § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ist das Vorliegen der aufenthaltsrechtlichen Berechtigung, eine unselbständige Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen zu dürfen. Es kommt dabei nicht auf die subjektive Absicht des Betroffenen an, im Inland eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen, sondern darauf, dass seine Berechtigung zum Aufenthalt die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme in rechtlicher Hinsicht abdeckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0211, mwN).

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde verweise in ihrem Bescheid (beweiswürdigend) nur pauschal auf vorliegende Unterlagen, Stellungnahmen, EDV-Eintragungen und Auskünfte. Dies ist zwar an sich zutreffend, die Beschwerde kann aber nicht aufzeigen, dass konkrete Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung beruhten.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, es fehlten Feststellungen über die vom Beschwerdeführer erworbene Anwartschaft, über seine Arbeitsfähigkeit und seine Arbeitswilligkeit, so gehen diese Ausführungen ins Leere, da die Abweisung des Antrages auf Arbeitslosengeld nicht auf eine ungenügende Anwartschaft oder mangelnde Arbeitsfähigkeit oder - willigkeit gestützt wurde.

Wenn der Beschwerdeführer weiter rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, die belangte Behörde habe sich mit den für den Beschwerdeführer günstigen Sachverhaltselementen nicht auseinander gesetzt, so wird nicht dargetan, welche ergänzenden Sachverhaltsannahmen die belangte Behörde hätte treffen sollen oder welche Beweisergebnisse sie allenfalls zusätzlich hätte berücksichtigen sollen. Insbesondere hat die belangte Behörde auch nicht - entgegen der Beschwerde - das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe im Jahr 2007 einen Asylantrag gestellt, welcher sich im Stande der Berufung befinde, ignoriert.

Auch ist die Behörde nicht verpflichtet, den Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten. Zwar sind Personen, denen der Status des Asylberechtigten (§ 2 Abs. 1 Z 15 Asylgesetz 2005) oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Abs. 1 Z 16 Asylgesetz 2005) zuerkannt wurde, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt; auf diese Personen sind gemäß § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG die Bestimmungen des AuslBG nicht anzuwenden. Dies gilt aber erst ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung dieses Status. Vor diesem Zeitpunkt sind diese Personen - sofern nicht ein anderes Aufenthaltsrecht besteht - nicht iSd § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG zum Aufenthalt zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung im Inland berechtigt, sodass für diesen Zeitraum auch keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung zustehen kann.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde versucht die belangte Behörde auch nicht, "der Entscheidung im Asylverfahren vorzugreifen" oder in diese "einzugreifen". Die belangte Behörde hat vielmehr beurteilt, ob im zu prüfenden Zeitraum ein Aufenthaltsrecht, das auch zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung im Inland berechtigt, vorgelegen ist.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die belangte Behörde unterlasse jegliche Ausführungen dazu, warum das Aufenthaltsverbot zum Zeitpunkt noch gültig gewesen sei. Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass gegen ihn am ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, welches seit rechtskräftig ist. Weder dem Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens noch der Beschwerde können Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass dieses Aufenthaltsverbot in der Folge aufgehoben oder abgeändert worden oder dass es abgelaufen wäre. Gemäß § 125 Abs. 3 FPG gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten des FPG (also am , § 126 Abs. 1 FPG) noch nicht abgelaufen waren, als nach dem FPG erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer.

Dadurch, dass der Beschwerdeführer nach rechtskräftiger Verhängung des Aufenthaltsverbotes einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, trat das Aufenthaltsverbot nicht außer Kraft (vgl. § 65 Abs. 2 FPG, wonach das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot außer Kraft tritt, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird; nach § 65 Abs. 3 FPG wird das Aufenthaltsverbot zu einem Rückkehrverbot, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird). Ob dadurch, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2007 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, das Aufenthaltsverbot in analoger Anwendung des § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG in ein Rückkehrverbot umgewandelt wurde (vgl. nunmehr § 60 Abs. 2 FPG idF Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011) oder als Aufenthaltsverbot bestehen blieb, ist hier nicht näher zu prüfen, da ein Aufenthaltsverbot aus einer Ausreiseverpflichtung und der Verpflichtung, innerhalb des festgelegten Zeitraums (oder auf Dauer) nicht zurückzukehren, besteht; ein Rückkehrverbot ist demnach Teil eines Aufenthaltsverbotes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0042, mwN). Durch die Zulassung des Asylverfahrens entstand sohin für den Beschwerdeführer jedenfalls kein Aufenthaltsrecht iSd § 13 Asylgesetz 2005, sondern es kam ihm lediglich faktischer Abschiebeschutz iSd § 12 Asylgesetz 2005 zu.

Damit verfügte der Beschwerdeführer aber über kein Aufenthaltsrecht, das ihn berechtigt hätte, im Bundesgebiet eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen; der Beschwerdeführer stand also der Arbeitsvermittlung nicht iSd § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG zur Verfügung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0143, mwN).

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am