VwGH vom 24.03.2010, 2007/06/0025

VwGH vom 24.03.2010, 2007/06/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde 1. des E B und 2. des M K, beide in K, 3. des M K in L und 4. des R P in K, alle vertreten durch Schmid Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-

12.10 K 217-06/8, betreffend Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Parteien: 1. A GesmbH Co KG, vertreten durch Lattenmayer, Luks Enzinger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mahlerstraße 11; 2. Marktgemeinde K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der erstmitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf einem näher genannten Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilt.

Mit Schreiben an den Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde vom beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 6 des Steiermärkischen Baugesetzes die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages betreffend die Baueinstellung und die Beseitigung bereits errichteter Teile der Mobilfunkanlage. Sie hätten festgestellt, dass mit der Errichtung der Mobilfunkanlage begonnen worden sei, obgleich keine ordnungsgemäße Baubewilligung vorliege.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der genannte Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Fernmeldeanlage sei nicht geeignet, die in § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz angeführten Rechte von Nachbarn zu verletzen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom abgewiesen.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Vorstellung, welcher mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. Begründend wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten in ihrem Antrag vom lediglich auf die Konsenslosigkeit der Errichtung der Mobilfunkanlage hingewiesen. Eine Verletzung von konkreten Nachbarrechten sei in keiner Weise geltend gemacht worden. Auch in der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung seien keine Angaben hinsichtlich einer konkreten Nachbarrechtsverletzung erfolgt. Eine bloße Konsenslosigkeit der Bauführung reiche aber nicht aus, dem Nachbarn eine Parteistellung im Sinne des § 41 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz zu verschaffen. Dem Nachbarn komme bei den baubehördlichen Genehmigungsverfahren betreffend sichtbare Antennen und Funkanlagentragmasten keine Parteistellung zu, sondern lediglich ein Anhörungsrecht. Sie hätten daher auch in einem baupolizeilichen Verfahren keine darüber hinausgehende Rechtstellung.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1568/06-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1568/06-5, zur Behandlung abtrat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof auftragsgemäß ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 Steiermärkisches Baugesetz die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages verlangen zu können, verletzt. Sie erachten sich auch dadurch beschwert, dass die Behörde einem Bescheid Rechtswirksamkeit zuerkenne, obwohl er als "Nicht-Bescheid" ein rechtliches Nullum darstelle. Die Beschwerdeführer seien alle Nachbarn im Sinne des § 4 Z. 41 Steiermärkisches Baugesetz und seien im Baubewilligungsverfahren auch als solche qualifiziert worden. Die Frage, ob die Beschwerdeführer als Nachbarn im Baubewilligungsverfahren auch Parteistellung hatten oder bloß Verfahrensbeteiligte mit Anhörungsrechten gewesen seien, sei für die Antragslegitimation nach § 41 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz ohne jede Relevanz. Zu betonen sei, dass im Baubewilligungsverfahren die Erstmitbeteiligte "im Namen von ARGE Telekommunikationsanlagen" aufgetreten sei. Diese besitze keine Rechtspersönlichkeit. Das Ansuchen um Baubewilligung wäre daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die dennoch ergangene Baubewilligung stelle einen rechtlich nicht existent gewordenen "Nicht-Bescheid" dar. Die Erteilung einer Baubewilligung an eine nicht parteifähige Person und die auf Grund bzw. trotz dieser rechtsunwirksamen Erledigung erfolgte Bauführung stelle zweifellos eine massive Beeinträchtigung der subjektiven Rechte der Beschwerdeführer dar. Eine Verletzung von Nachbarrechten liege jedenfalls auch dann vor, wenn das Bauprojekt überhaupt ohne ordnungsgemäße Baubewilligung ausgeführt werde. Den Beschwerdeführern werde auch die Möglichkeit genommen, sich zivilrechtlich gegen den Mobilfunkmast zu wehren, zumal ja angeblich ein Genehmigungsbescheid vorliege. Durch den Antennenmast würden die Grundstücke der Beschwerdeführer auch in Bezug auf die Wohn- und Lebensqualität und die Veräußerbarkeit auf dem Immobilienmarkt stark beeinträchtigt bzw. entwertet. Weiters sei davon auszugehen, dass die Nachbarn durch Immissionen von elektromagnetischen Feldern in ihren subjektiven Rechten auf Schutz ihrer Gesundheit beeinträchtigt würden. Schließlich störe die Mobilfunkanlage auch das Ortsbild und daher auch die Sicht von bzw. auf die Liegenschaften der Beschwerdeführer.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 - Stmk. BauG - idF LGBl. Nr. 78/2003, lautet:

"§ 26

Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß §
33 Abs. 5a Stmk. BauG ist im Baubewilligungsverfahren betreffend sichtbare Antennen und Funkanlagentragmasten den Grundeigentümern, die bis zu 30 Meter von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, Gelegenheit zu geben, binnen zwei Wochen zum Bauvorhaben Stellung zu nehmen (Anhörungsrecht). Die Behörde kann auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Anhörung eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung anberaumen, wozu die Grundeigentümer einzuladen sind. Vom Ergebnis des nach dieser Bestimmung durchgeführten Baubewilligungsverfahrens sind die angehörten Grundeigentümer schriftlich zu informieren.
§
"§41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn


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1.
bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2.
anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3.
baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(2) Werden unzulässige Bauarbeiten trotz verfügter Baueinstellung fortgesetzt, kann die Baubehörde die Baustelle versiegeln oder absperren und die auf der Baustelle vorhandenen Baustoffe, Bauteile, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

(4) Die Behörde hat die Unterlassung der vorschriftwidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen derselben ohne Bewilligung vorgenommen wurde; Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.

(5) Berufungen gegen Bescheide nach Abs. 1 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."

Die Grundeigentümer im Sinne des § 33 Abs. 5a Steiermärkisches Baugesetz besitzen keine Parteistellung. Dadurch besitzen sie auch nicht die an eine Parteistellung geknüpften Rechte (vgl. Hauer/Trippl , Steiermärkisches Baurecht4, S. 369). Der Gesetzgeber verwendet in § 33 Abs. 5a Stmk. BauG offensichtlich ganz bewußt den Begriff "Nachbar" nicht.

Ein Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages (§ 41 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz) haben Nachbarn nur dann, wenn die Bauarbeiten, baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen ihre (sonstigen) Rechte im Sinne des § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz verletzen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0185, und die bei Hauer/Trippl, aaO, S. 440f unter 53e ff wiedergegebene hg. Judikatur). Dazu, dass dies nach den in der Beschwerde vorgebrachten Rechten in der Sache nicht der Fall ist, wird auf das die Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/06/0275 hingewiesen, auf das insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Auch die in der vorliegenden Beschwerde geltend gemachte Wohn- und Lebensqualität begründet nach dem taxativen Katalog des § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz kein Nachbarrecht.

Abgesehen davon sind antragsberechtigte Nachbarn im Sinne des § 41 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz nur jene, die, wie der Verweis in der genannten Bestimmung auf § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz zeigt, gegen die Erteilung der Baubewilligung als Parteien im Baubewilligungsverfahren die im § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz aufgezählten Einwendungen erheben können. Diese Erhebung von Einwendungen kommt auf Grund des § 33 Abs. 5a Steiermärkisches Baugesetz bei sichtbaren Antennen und Funkanlagentragmasten nicht in Frage.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am