VwGH vom 11.10.1957, 2553/55
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer, Dr. Koprivnikar und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des EU in L gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 161/3 - II - 1955, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1953, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, von Beruf Holzhändler, hat in seiner Gewinn- und Verlustrechnung für 1953 unter den Betriebsausgaben einen Betrag von S 5.251,70 unter dem Titel "Strafen" ausgewiesen. 10 S davon entfielen auf eine verkehrspolizeiliche Ordnungsstrafe, 5.241,70 S betreffen eine über ihn von der Zollstrafbehörde im sogenannten Unterwerfungsverfahren nach § 413 AO wegen Zollordnungswidrigkeit verhängte Geldstrafe. Diese Bestrafung gründete sich darauf, daß der Beschwerdeführer, der im November 1952 gegenüber einem italienischen Käufer eine kurzfristig terminierte Holzlieferungsverpflichtung eingegangen war und die dazu nach dem Außenhandelsverkehrsgesetz erforderliche Ausfuhrbewilligung trotz angeblicher Zusage nicht rechtzeitig erhalten hatte, sich leihweise eine Ausfuhrbewilligung von einem anderen Tiroler Holzhändler beschaffte und mit dieser die Holzladung abfertigen ließ, wogegen er der aushelfenden Firma später eine auf seinen Namen lautende Ausfuhrbewilligung zur Verfügung stellte.
Das Finanzamt hat die Geldstrafe dem erklärten Gewinn hinzugerechnet und ausgeführt, daß derartige Strafen keine Betriebsausgaben seien, weil sie dem Betriebsinhaber persönlich auferlegt wurden, daher Aufwendungen im Sinne des § 12 Z. 1 des Einkommensteuergesetzes 1939 (EStG) darstellten.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und wendete ein, er sei nur infolge einer geschäftlichen Zwangslage zur Entlehnung der Ausfuhrbewilligung veranlaßt worden, weil der betreffende Lastwagenzug schon beladen an der Grenze gestanden und die stündlich erwartete eigene Ausfuhrbewilligung nicht eingetroffen sei. Die Strafe hänge mit dem Betrieb unmittelbar zusammen, sie sei durch diesen veranlaßt und somit Betriebsausgabe. Dies ergebe sich auch daraus, daß Strafen unter den nicht abzugsfähigen Ausgaben des § 12 EStG nicht aufscheinen.
Die belangte Behörde hat die Berufung nach Vornahme eingehender Erhebungen bei der Zollbehörde und Vorhaltung des Erhebungsergebnisses an den Beschwerdeführer abgewiesen. In Begründung ihres Bescheides hat sie ausgeführt, die als Strafe zu leistenden Aufwendungen seien durch den Beschwerdeführer persönlich und nicht durch seinen Betrieb veranlaßt worden. Die Strafe beruhe auf dem persönlichen Verschulden des Beschwerdeführers und sei somit dessen privater Sphäre zuzurechnen. Dies werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß Strafen nicht unter den nicht abzugsfähigen Ausgaben des § 12 EStG aufgezählt erscheinen, denn diese Aufzählung sei nur eine beispielsweise. Im übrigen würde die Anerkennung von Geldstrafen als Betriebsausgaben dem Sinne der Bestrafung widersprechen. Der Bestrafte solle durch die Verhängung einer Geldstrafe eine Vermögenseinbuße in gleicher Höhe erleiden. Diese Absicht wäre vereitelt, wenn ein Teil der Stufe auf die Allgemeinheit, nämlich die übrigen Steuerzahler, überwälzt werden könnte.
Mit der vorliegenden Beschwerde wird hauptsächlich geltend gemacht, die belangte Behörde hätte schon "vom Grundsatz des Verschuldens aus" zu überprüfen gehabt, ob es sich überhaupt um einen strafbaren Tatbestand handle. Zu einer unzulässigen Weitergabe von Bezugscheinen im Sinne des § 4 Abs. 4 des Außenhandelsverkehrsgesetzes, BGBl. Nr. 105/1951, (in der Folge als AHVG bezeichnet) sei es nicht gekommen, sondern nur zu einem bloßen Austausch. Auch der von der belangten Behörde hervorgehobene Umstand, daß der Beschwerdeführer die Handlung, die zu der strittigen Ausgabe führte, selbst gesetzt habe, könne nicht maßgebend sein, denn dieser Umstand treffe bei der Mehrzahl aller Betriebsausgaben zu. Es komme vielmehr darauf an, ob die Aufwendung mit dem Betrieb zusammenhängt. Wenn z.B. jemand ein Gewerbe unbefugt ausübe, dabei 15.000 S verdiene und wegen unbefugter Gewerbeausübung mit 10.000 S bestraft werde, könne doch nicht zweifelhaft sein, daß die letztgenannte Ausgabe mit dem Betrieb zusammenhängt und somit als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Auch die "grammatikalische Fassung" des § 12 EStG rechtfertige nicht den Schluß, daß die dortige Aufzählung der nicht abzugsfähigen Ausgaben nicht erschöpfend sei. Schließlich sei es unverständlich, wieso bei der Anerkennung einer Strafe als Betriebsausgabe ein Teil dieser Strafe, wie es die belangte Behörde darstelle, auf die übrigen Steuerzahler überwälzt werden könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 4 Abs. 4 EStG 1939 sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Bei Geldstrafen, deren Verhängung durch das eigene Verhalten des Betriebsinhabers ausgelöst worden ist, wird man aber, auch wenn ihre Auferlegung durch betriebliche Vorfälle mit veranlaßt worden ist, in der Regel davon ausgehen müssen, daß die Zuwiderhandlungen, die zur Bestrafung führen, nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsausübung fallen und demnach nicht im Betrieb als solchen, sondern im schuldhaften Verhalten des Betriebsinhabers ihre auslösende Ursache haben. Eine andere Betrachtungsweise könnte allenfalls bei Bestrafungen am Platze sein, die von dem Nachweis eines bestimmten Verschuldens des Bestraften nicht abhängig sind oder nur ein geringes Verschulden voraussetzen und sich etwa auf die Nichteinhaltung bestimmter polizeilicher Vorschriften gründen. Von einer Bestrafung wegen eines derart geringfügigen sozusagen zu den Betriebsgefahren gehörenden Deliktes kann jedoch im vorliegenden Fall nach der Aktenlage keine Rede sein. Es ist unbestritten, daß die fragliche Strafe wegen einer Zuwiderhandlung gegen das AHVG verhängt worden ist. Verletzt wurde also eine Rechtsvorschrift, die den Ein- und Ausfuhrhandel, also gerade das Wirtschaftsgebiet, auf dem sich der Beschwerdeführer betätigt, maßgeblich geregelt hat. Der Beschwerdeführer hat selbst zugegeben, es sei ihm bekannt gewesen, daß das fragliche Holzausfuhrgeschäft nach dem AHVG nur auf Grund einer auf seine Firma lautenden Ausfuhrbewilligung zulässig war und daß er auch um eine solche angesucht hatte. Da er dieses Ansuchen trotz seiner unbewiesenen gegenteiligen Behauptung offenbar nicht rechtzeitig gestellt hatte, hat er, um die übernommene Holzlieferung termingemäß durchzuführen, zugegebenermaßen einen auf eine andere Firma lautenden Bewilligungsbescheid leihweise übernommen, zur Abfertigung seiner Lieferung benützt und dem Verleiher des Bewilligungsbescheides später einen ihm selbst erteilten Bewilligungsbescheid zum Ausgleich überlassen. Nach § 4 Abs. 4 AHVG ist aber die entgeltliche oder unentgeltliche Weitergebe oder Annahme eines Bewilligungsbescheides zum Zwecke seiner Verwendung durch andere als die daraus berechtigten Personen verboten, was der Beschwerdeführer als Exportkaufmann bei nur einiger Sorgfalt hätte wissen müssen. Die belangte Behörde konnte demnach mit gutem Grund von der Annahme ausgehen, daß der Beschwerdeführer im sogenannten Unterwerfungsverfahren nicht wegen einer nur geringfügigen Übertretung polizeilicher Vorschriften, sondern wegen der Übertretung einer wichtigen Bewirtschaftungsvorschrift und auch keineswegs bloß wegen eines geringfügigen Verschuldens bestraft worden ist. Grundsätzliche rechtliche Erwägungen gebieten auch, die Wirkungen einer Geldstrafe, die als Unrechtsfolge für die Übertretung einer im Interesse der Allgemeinheit erlassenen Bewirtschaftungsvorschrift verhängt wird, nicht durch deren steuerliche Berücksichtigung als Abzugspost zum großen Teil um ihre Wirkung zu bringen. Durch eine solche Berücksichtigung würde nämlich der Strafzweck infolge der hohen Steuersätze, namentlich bei höherem Einkommen, vereitelt und die Strafe insofern auf Kosten der übrigen Steuerzahler wesentlich herabgesetzt werden, als diese übrigen Steuerzahler dann mittelbar in irgendeiner Form zur Aufholung des durch derartige Abzüge verringerten Steueraufkommens zusätzlich herangezogen werden müßten. Dies und nichts anderes wollte offenbar auch die belangte Behörde zum Ausdruck bringen, wenn sie von der Unzulässigkeit der Überwälzung von Strafen auf die übrigen Steuerzahler gesprochen hat. Der Beschwerdeführer irrt schließlich auch, wenn er meint, daß § 12 EStG eine erschöpfende Aufzählung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben enthalte. Diese Aufzählung ist nach allgemeiner Auffassung von Schrifttum und Rechtsprechung (siehe z.B. Blümich, Einkommensteuergesetz, 5. Auflage, S. 424) keine erschöpfende, sondern behandelt nur die wesentliche Arten jener Ausgaben, die bei keiner der steuerpflichtigen Einkommensarten abzugsfähig sind, während die maßgebliche Abgrenzung der Betriebsausgaben noch besonders im § 4 Abs. 4 EStG geregelt ist.
Die belangte Behörde befindet sich daher mit ihrer Entscheidung auf rechtlichem Boden. Die Beschwerde mußte somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am