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VwGH vom 26.02.2015, 2011/16/0180

VwGH vom 26.02.2015, 2011/16/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Mairinger und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0952-L/08, betreffend Grunderwerbsteuer (mitbeteiligte Partei: S AG, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Durch ein Schreiben einer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater GmbH vom erlangte das Finanzamt F (in der Folge: Finanzamt) davon Kenntnis, dass durch Umgründungsverträge vom eine grundsteuerlich relevante Anteilsvereinigung in der Hand der S GmbH und der I GmbH (in der Folge: ISR GmbH) erfolgt sei. Mit dem Schreiben wurde (zu den in Kopie beigelegten Verträgen) folgende Sachverhaltsdarstellung erstattet:


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"1.
...
2.
Im Jahr 2000 waren an L Gesellschaft mbH Co KG (im Folgenden: TH KG) die E GmbH (im Folgenden: EF GmbH als Komplementärgesellschaft (mit 0 % Substanzbeteiligung) und die
E GmbH als Kommanditistin (mit 100 % Substanzbeteiligung) beteiligt. TH KG verfügt über umfangreichen inländischen Liegenschaftsbesitz.
3.
Mit Kaufvertrag vom wurden die Anteile an E GmbH durch die bisherige Alleingesellschafterin L Privatstiftung an (S GmbH) veräußert.
4.
Mit Zusammenschlussvertrag vom (mit ertragsteuerlicher Rückwirkung auf den ) ist der TH KG die (ISR GmbH) als weitere Komplementärin (mit 0 % Substanzbeteiligung) beigetreten.
5.
ISR GmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der (S GmbH). Seit dem Jahr 2000 (Ergebnisabführungsvertrag vom mit Wirkung ab ) besteht ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis gemäß § 2 Abs. 2 UStG zwischen (S GmbH) und ISR GmbH.
6.
Mit Verschmelzungsvertrag, ebenfalls vom (mit ertragsteuerlicher Rückwirkung auf den ) wurde (E GmbH) auf (S GmbH) verschmolzen. Mit Abschluss dieses Verschmelzungsvertrages erwarb daher (S GmbH) den Anspruch auf Übertragung der der (E GmbH) gehörigen 100 %igen Kommanditbeteiligung an TH KG.
7.
Im Zusammenschlussvertrag vom wurde (neben dem Beitritt der ISR GmbH als Komplementärin) weiters das Ausscheiden der (EF GmbH) als Komplementärin der TH KG mit Wirkung zum vereinbart. Gemäß Firmenbuchauszug der TH KG ist der Austritt der (EF GmbH) gemäß dieser Vereinbarung auch tatsächlich erfolgt (Eintragung im Firmenbuch am ).
8.
Nach Durchführung der obigen Vereinbarungen vom (Anteilskaufvertrag) und vom (Zusammenschlussvertrag, Verschmelzungsvertrag, Austrittsvereinbarung mit (EF GmbH)) waren an der TH KG die ISR GmbH als Komplementärin (mit 0 % Substanzbeteiligung) und (S GmbH) als Kommanditistin (mit 100 % Substanzbeteiligung beteiligt). Zwischen ISR GmbH und (S GmbH), wie bereits ausgeführt, ist gegenüber dem Finanzamt in den Steuererklärungen eine umsatzsteuerliche Organschaft ausgewiesen.
9.
...
10.
Die Grunderwerbsteuer wird von der 100 % substanzbeteiligten Organträgerin, (S GmbH), getragen."
In der Eingabe der Wirtschaftsprüfer und Steuerberatungs GmbH vom wurde ergänzend vorgebracht, dass "in Abänderung zu Punkt 5. der Sachverhaltsdarstellung vom " die ISR GmbH keine 100 %ige, sondern lediglich eine 99,99 %ige Tochtergesellschaft der S GmbH sei. Als weitere Gesellschaft sei zu 0,01 % die S GmbH (in der Folge: SET GmbH) beteiligt. Diese sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der S Privatstiftung, kein Unternehmer im Sinne des UStG und auch nicht in den Organkreis mit der S GmbH eingebunden. Zwischen der EF GmbH und der S GmbH und zwischen der S GmbH und E GmbH habe keine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG bestanden.
Am sei ein Umgründungsplan abgeschlossen und am 18. Mai seien die beiden folgenden Umgründungsverträge unterzeichnet worden:
-
Gesellschafterbeitrittsvertrag zugleich Zusammenschlussvertrag, mit welchem die ISR GmbH per in die TH KG eingetreten und die EF GmbH per aus dieser ausgeschieden sei,
-
Verschmelzungsvertrag, mit welchem die E GmbH als übertragende Gesellschaft per in die S GmbH als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen worden sei.
Im genannten Zusammenschlussvertrag hätten sich die EF GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin und die E GmbH als Kommanditistin durch Beitritt der ISR GmbH als weitere persönlich haftende Gesellschafterin zur bestehenden TH KG zusammengeschlossen; außerdem sei vereinbart worden, dass die EF GmbH mit Wirkung vom als Gesellschafterin aus der KG ausscheide, sodass ab diesem Zeitpunkt nur mehr die ISR GmbH der KG als Komplementärin angehöre. Im Verschmelzungsvertrag sei vereinbart worden, dass die E GmbH durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes unter Verzicht auf die Liquidation mit der S GmbH auf der Grundlage der Bilanz zum verschmolzen werde. Mit dem Zeitpunkt der Eintragung in das Firmenbuch trete daher die S GmbH anstelle der E GmbH als Kommanditistin in die Gesellschafterstellung bei der TH KG ein.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom gegenüber der S GmbH die Grunderwerbsteuer für die "Anteilsvereinigung/Verschmelzungsvertrag vom " mit EUR 437.834,64 fest.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die S GmbH im Wesentlichen aus, dass bei Personengesellschaften eine Anteilsvereinigung nicht stattfinden könne, weil es durch die Anwachsung nach § 142 HGB zum Erlöschen der Personengesellschaft käme. In Abänderung zu Punkt 5. der Sachverhaltsdarstellung vom sei die ISR GmbH keine 100 %ige, sondern lediglich eine 99,99 %ige Tochtergesellschaft der S GmbH. Als weitere Gesellschaft sei zu 0,01 % die SET GmbH beteiligt. Diese GmbH sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der S Privatstiftung, welche kein Unternehmer im Sinne des UStG und auch nicht in den Organkreis mit der S GmbH eingebunden sei. Sie habe den Anteil treuhändig für die S GmbH gehalten. Zwischen der EF GmbH und der S GmbH sowie zwischen der S GmbH und der SET GmbH habe keine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG bestanden.
In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung traf das Finanzamt ausführliche Feststellungen betreffend die Beteiligungs- und Eigentumsverhältnisse der an den Umgründungsvorgängen beteiligten Gesellschaften. Aufgrund des Vorliegens von Organschaft iSd § 2 Abs. 2 UStG (zwischen der ISR GmbH und der S GmbH) sei davon auszugehen, dass eine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG vorliege.
Die SE
SE GmbH stellte einen Vorlageantrag.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und hob die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung auf. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Jahr 2000 seien die EF GmbH als Komplementärin und die E GmbH als Kommanditistin an der TH KG beteiligt gewesen. Nach dem Zusammenschlussvertrag vom sei die ISR GmbH weitere Komplementärin der TH KG geworden. Mit Kaufvertrag vom sei die E GmbH an die S GmbH verkauft worden. Mit Zusammenschlussvertrag vom sei die ISR GmbH als weitere Komplementärin der TH KG beigetreten. Mit Verschmelzungsvertrag vom sei die E GmbH auf die S GmbH verschmolzen. Ebenso sei im Zusammenschlussvertrag vom beurkundet worden, dass die EF GmbH als Komplementärin aus der TH KG ausscheide.
Dies habe zur Folge, dass nach dem Verschmelzungsvertrag zu keinem Zeitpunkt keine Gesellschaft an der TH KG beteiligt gewesen sei "und daher von einer sog. Anteilsvereinigung die Rede sein" könne (und daher von einer Anwachsung bei der TH KG gesprochen werden könnte). Ein Fall im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG sei ebenso nicht gegeben.
Dazu komme, dass § 1 Abs. 3 GrEStG bei der Anteilsübertragung von Personengesellschaften nicht anzuwenden sei, da Eingesellschafter-Personengesellschaften im Gegensatz zu Eingesellschafter-Kapitalgesellschaften nicht denkbar seien. Dies gelte auch bei der Übertragung von Anteilen eines "100 %- Personengesellschafters", da auch hier ein zweiter Gesellschafter (0 %-Gesellschafter) zum Bestehenbleiben der Personengesellschaft notwendig sei. Wenn es tatsächlich zur Vereinigung aller Anteile bei Personengesellschaften komme, liege eine Anwachsung im Sinne des § 142 HGB und ein Erwerbsvorgang auf Grund des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG) vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, mit welcher das beschwerdeführende Finanzamt inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten vor.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt der Steuer gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinn des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden.
Der Steuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG 1987 auch die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 1 vorausgegangen ist.
Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist.
Die nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).
Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für Abgabenbescheide, mit denen - sowie im Beschwerdefall - eine Abgabenvorschreibung aufgehoben wird.
Den oben angeführten Kriterien entspricht der angefochtene Bescheid in keiner Weise.
Zum einen enthalten die Sachverhaltsfeststellungen lediglich die Angaben, zwischen welchen Unternehmen am welche Verträge abgeschlossen wurden. Über die näheren Inhalte dieser Verträge gibt es aber ebenso wenig Feststellungen, wie über die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der an den Umgründungsvorgängen beteiligten Unternehmen.
Zum anderen hat die belangte Behörde auch nicht in schlüssiger Weise dargestellt, warum sie - anders als die erstinstanzliche Abgabenbehörde - die durch die Verträge bewirkten Vorgänge unter keinen der im GrEStG angeführten Tatbestände zu subsumieren vermag. Der angefochtene Bescheid enthält diesbezüglich zum Teil rechtliche Erwägungen, deren Sinnhaftigkeit sich dem Verwaltungsgerichtshof in dem gegebenen Zusammenhang nicht erschließt. Dies betrifft etwa die Ausführungen über das Anwachsen nach § 142 UGB. Auch aus den rudimentären Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich nämlich nicht, dass an der TH KG jemals nur ein einziger Gesellschafter beteiligt gewesen wäre. Darüber hinaus enthält der angefochtene Bescheid auch rechtliche Schlussfolgerungen, denen jegliche Begründung fehlt (vgl. etwa die Aussage, es liege keine Organschaft iSd § 2 Abs. 2 UStG vor). Eine solche Begründung wäre aber angesichts der eingehenden Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung geboten gewesen.
Daraus ergibt sich aber, dass sich der angefochtene Bescheid insgesamt der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht. Er war daher - ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am