VwGH vom 30.09.2015, Ro 2014/06/0024
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. des E R und 2. der B R, beide in L, beide vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit/Glan, Unterer Platz 11, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 07-B-BRM-721/1-2013, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0258, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass den revisionswerbenden Parteien mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom die Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer an der Nordseite angebauten Garage auf dem Grundstück Nr. 524/8 erteilt wurde. Der Seitenabstand der Garage zum nordseitig gelegenen Nachbargrundstück wurde - auf Grund der geringen Parzellenbreite und unter Berücksichtigung der Interessen der Gesundheit, der Sicherheit sowie des freien Lichteinfalls auf das Anrainergrundstück - mit 2,20 m festgelegt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurden den revisionswerbenden Parteien weitere Zu- und Umbauten bewilligt, die jedoch keinen Einfluss auf den Schattenpunkt hatten.
Mit einem weiteren Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den revisionswerbenden Parteien die Baubewilligung für einen im Erdgeschoß an die Garage westseitig angebauten Geräteraum sowie die Schaffung eines Wohnraums über der Garage und in östlicher Richtung über einer Säulenabstützung, wobei die Höhe des schattenwerfenden Punktes mit 4,85 m über dem angrenzenden Gelände festgelegt wurde. Der genehmigte Zubau (Geräteschuppen und Wohnräume) hielt einen Seitenabstand von 3 m ein; dabei kam der Schattenpunkt zur Gänze auf dem Baugrundstück zu liegen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde den revisionswerbenden Parteien die Bewilligung für eine "Deckenerhöhung" erteilt; dabei wurde die Decke über dem Geräteraum, der Garage und dem durch Säulen abgestützten Bereich von 2,37 m auf 2,63 m erhöht. Diese Bewilligung bewirkte keine Änderung hinsichtlich des mit 4,85 m kotierten Schattenpunktes.
Mit Schriftsatz vom beantragten die revisionswerbenden Parteien die Genehmigung von Planänderungen ihres mit Bescheid vom bewilligten Vorhabens, wobei unter anderem an der Nordseite der Kniestock um 34 cm angehoben werden solle, was eine Dachoberkante, bemessen vom gedachten Schnittpunkt der Außenmauer, von 5,19 m ergebe. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde rechtskräftig abgewiesen (vgl. das hg. Erkenntnis Zl. 2007/05/0258). Hinsichtlich der Unterschreitung der Mindestabstandsflächen führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, mit Bescheid vom sei das konkrete Garagengebäude mit einem Ausmaß von 6,50 m x 1,50 m ohne nutzbares Dachgeschoß bewilligt worden; eine Bindungswirkung für weitere Bauvorhaben innerhalb des Abstandsbereiches könne diese Bewilligung nicht entfalten; der bewilligte Seitenabstand von 2,20 m beziehe sich nur auf die Garage, nicht jedoch auf das verfahrensgegenständliche Obergeschoß; auch wenn für einen vorhandenen Bestand eine Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen gemäß § 9 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften (K-BV) bewilligt worden sei, könne daraus allein nicht die Basis für beliebige Abstandsverringerungen gemäß § 9 Abs. 1 K-BV gesehen werden; darüber hinaus hätten die revisionswerbenden Parteien nicht mehr bekämpft, dass die belangte Behörde in Übereinstimmung mit den von den revisionswerbenden Parteien eingereichten Plänen den Fußpunkt mit einer Höhe von -0,50 m angesetzt habe.
Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist ein "Ansuchen auf Baugenehmigung für die Änderung beim bestehenden Wohnhaus" der revisionswerbenden Parteien vom , wonach im Obergeschoß Änderungen durch Einbau von zwei Dacherkern laut beiliegenden Plänen ausgeführt und in diesem Zuge auch die Einfahrt und der Kellerabgang überdacht werden sollen.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom den Genehmigungsantrag der revisionswerbenden Parteien gemäß § 15 Abs. 1 K-BO 1996 ab, weil der Mindestabstand zur nördlichen Grundstücksgrenze von 3 m nicht eingehalten werde.
Die revisionswerbenden Parteien beriefen.
Die Berufungsbehörde holte das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom ein, in welchem dieser zusammengefasst ausführte, unter Berücksichtigung der für die Erteilung der Baubewilligung maßgeblichen Geländehöhe von -0,50 m errechne sich eine abstandswirksame Höhe von 5,23 m. In der Baubewilligung 2004 sei die Höhe mit 4,85 m bewilligt worden. Durch die beantragte Projektsänderung erhöhe sich der Zubau gegenüber der Baubewilligung aus dem Jahre 2004 bezogen auf die schattenwerfenden Punkte. Der Zubau sei auch nicht entsprechend der Baubewilligung 2004 errichtet worden. Die Überhöhe des konsenswidrig errichteten Zubaus gegenüber der in der Baubewilligung 2004 enthaltenen Höhe betrage inklusive derzeit noch nicht vorhandener Dachdeckung +0,38 m (5,23 m - 4,85 m). Darüber hinaus sei der 2004 bewilligte Zubau durch die nunmehr beantragten beiden Vorbauten im Obergeschoß in Richtung Nordwesten um 0,80 m vergrößert worden. Die beiden Vorbauten seien jeweils 3 m breit, die Vorbauten und die dazwischen liegende Mauernische wiesen eine Gesamtlänge von 9,14 m auf und wären durch ein gemeinsames Pultdach verbunden. Durch die Vergrößerung ergäben sich Auswirkungen sowohl auf den Abstand zur Grundgrenze als auch auf die im Baubescheid 2004 bewilligte Traufenhöhe. Der vorgeschriebene Mindestabstand zur nordwestlichen Grundstücksgrenze von 3 m werde um 0,80 m unterschritten; die Dachtraufe der Vorbauten liege zudem höher als die bereits konsenswidrig zu hoch errichtete Dachtraufe des derzeit bestehenden Zubaus. Die beantragten zusätzlichen Vorbauten im Obergeschoß erreichten eine Höhe von 4,95 m über dem Höhenfixpunkt (Erdgeschoß-Fußboden +/- 0,00). Die Außenwände der Vorbauten im Obergeschoß lägen um 0,80 m näher an der nordwestlichen Grundstücksgrenze als in der Baubewilligung 2004 (mit 3 m) beantragt und genehmigt worden sei. Sowohl beim bereits konsenswidrig errichteten Zubau als auch bei den zusätzlich beantragten Vorbauten im Obergeschoß kämen die ermittelten Abstandsflächen teilweise auf dem Anrainergrundstück zu liegen. Der konsenswidrig errichtete Zubau weise eine abstandsrelevante Höhe, gemessen ab dem Urgeländebestand zum Zeitpunkt der Baubewilligung 2004 (-0,50 m), von 5,23 m auf. Daraus errechne sich eine Abstandsflächentiefe und ein erforderlicher Mindestabstand zur Grundstücksgrenze von 3,14 m. Der konsenswidrig errichtete Zubau überschreite die Abstandsfläche somit um 0,14 m. Für die zusätzlichen Vorbauten im Obergeschoß sei am Einreichplan eine Höhe auf dem projektierten Gelände von 4,95 m kotiert worden. Dazu müsse der Niveauunterschied zum Urgelände von 0,50 m hinzugerechnet werden. Dadurch ergebe sich eine schattenflächenrelevante Gebäudehöhe von 5,45 m, die Abstandsflächentiefe betrage daher 3,27 m. Der tatsächliche Abstand betrage jedoch nur 2,20 m, sodass die Abstandsflächen um 1,07 m ins Nachbargrundstück hineinragten. Selbst wenn man vom projektierten Gelände als Grundlage für die Ermittlung der Abstandsflächen ausginge, ragten der konsenswidrig errichtete Zubau um 0,04 m und die zusätzlichen Vorbauten im Obergeschoß um 0,80 m zu nah an das Nachbargrundstück heran. Der Bestand des Urgeländes zum Zeitpunkt des Bauantrages sei aus den Akten ersichtlich.
Die revisionswerbenden Parteien äußerten sich im Rahmen des Parteiengehörs negativ zu dem Gutachten des Amtssachverständigen.
Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom die Berufung der revisionswerbenden Parteien ab.
Die Vorstellung der revisionswerbenden Parteien vom wurde mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass ein Antrag auf Änderung des mit den Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom , vom und vom bewilligten Zubaus zum bestehenden Wohnhaus samt Aufstockung der Garage vorliege. Daher sei auf die bereits ergangenen rechtskräftigen Vorbescheide Bezug zu nehmen, und die diesen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zugrunde gelegten Höhenmaße seien als bindend anzusehen. Auch die Höhenangaben im Einreichplan bezögen sich auf den am bestandenen Geländezustand; dieses Geländeniveau stelle nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom ein verändertes (höheres) Geländeniveau dar, als es zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligungen in den Jahren 2004 und 2005 sowie nach Errichtung des nunmehr bestehenden Zubaus bestanden habe. Die in der ursprünglichen Baubewilligung dargestellte Geländehöhe von -0,50 m bilde die Grundlage für die Beurteilung der Abstandsflächen und "war es auch den darauf folgenden Verfahren bis zum nunmehr rechtskräftigen Erkenntnis des ". Daher sei es rechtskonform, für die Ermittlung der Abstandsflächen nicht das Niveau des projektierten Geländes, sondern das ursprüngliche Geländeniveau heranzuziehen.
Darüber hinaus würden die Vorbauten im Obergeschoß nicht als untergeordnete Bauteile im Sinn des § 6 Abs. 2 lit. c K-BV, sondern als abstandsrelevante Vorbauten angesehen. Die Fassadenflucht der Aufbauten liege vertikal mit der Außenwand des Erdgeschoßes in einer Ebene; die beiden Vorbauten ragten nicht vor das Gebäude. Es seien auch keine für Erker typische Tragkonstruktionen (Balken, Konsolen, etc.) vorhanden, sondern die Vorbauten seien auf die Decke über dem Erdgeschoß aufgebaut. Das gemeinsame Dach, das über die Vorsprünge samt Mauernische reiche, erwecke den Eindruck einer neuen geschlossenen Gebäudefront. Die Vorbauten seien daher im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Erker anzusehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0096).
Ausgehend von der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom halte das beantragte Änderungs- bzw. Zubauvorhaben die Abstandsbestimmungen der K-BV unter Zugrundelegung des Urgeländes nicht ein (Überschreitung der Grundstücksgrenze durch die Abstandsfläche des Zubaus um 0,14 m bzw. hinsichtlich der Vorbauten im Obergeschoß um 1,07 m).
Aber auch bei (fälschlicher) Zugrundelegung des projektierten Geländes betrüge die Überschreitung der Abstandsfläche zur Grundstücksgrenze für den konsenswidrig errichteten Zubau 0,04 m und hinsichtlich der gegenständlichen Vorbauten 0,80 m, wodurch das beantragte Bauvorhaben auch bei (fälschlicher) Zugrundelegung des projektierten Geländes den Abstandsbestimmungen der K-BV widerspreche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahin abändern, dass dem Bauansuchen stattgegeben werde, in eventu, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben.
Die mitbeteiligte Stadtgemeinde beantragte die Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§§ 5, 6 und 9 Kärntner Bauvorschriften (K-BV), LGBl. Nr. 56/1985 idF LGBl. Nr. 8/2010 (vgl. hinsichtlich der am anhängigen Verfahren die Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 3 der Novelle LGBl. Nr. 80/2012) lauten auszugsweise:
"§ 5
Abstandsflächen
(1) Die Abstandsfläche ist für jede Außenwand eines oberirdischen Gebäudes zu ermitteln. Die Abstandsfläche muß so tief sein wie sechs Zehntel des Abstandes zwischen der Außenwand und den durch eine Linie verbundenen Schattenpunkten, die sich auf einer in Höhe des jeweiligen Fußpunktes der Außenwand gelegten Waagrechten ergeben, wenn über das Gebäude Licht in einem Winkel von 45 Grad einfällt. Zur Ermittlung der Abstandsfläche sind so viele Schattenpunkte heranzuziehen, daß durch ihre Verbindung eine entsprechende Darstellung der Abstandsfläche ermöglicht ist. Bei der Ermittlung der Schattenpunkte sind untergeordnete Vorbauten und Bauteile (§ 6 Abs. 2 lit. a bis d) nicht zu berücksichtigen. Übersteigen Vorbauten und Bauteile das im § 6 Abs. 2 lit. c angeführte Ausmaß von 1,30 m, so ist anstelle der Außenwand eine lotrechte Ebene heranzuziehen, die parallel zur Außenwand, jedoch um 1,30 m von der äußersten Begrenzung des Gebäudes in Richtung zur Außenwand, gezogen wird.
(2) Ergibt sich aus Abs. 1 eine Tiefe der Abstandsfläche von weniger als 3,00 m, so ist als Tiefe der Abstandsfläche 3,00 m anzunehmen.
§ 6
Wirkung von Abstandsflächen
(1) Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, daß sich in den Abstandsflächen ihrer Außenwände nur die in Abs. 2 lit. a bis d angeführten Gebäude oder sonstigen baulichen Anlagen befinden.
(2) In Abstandsflächen dürfen nur die nachstehend angeführten Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen errichtet werden, und zwar unabhängig davon, ob sie in Verbindung mit einem Gebäude oder einer sonstigen baulichen Anlage oder für sich allein errichtet werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | ... |
c) | Dachvorsprünge, Sonnenblenden, Erker, Balkone, Wetterdächer u. ä. bis zu einer Ausladung von 1,30 m; |
d) | ... |
Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen | |
§ 9 (1) Die sich aus §§ 4 bis 7 ergebende Tiefe von Abstandsflächen ist zu verringern, wenn in einem vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht sind, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 abweichen, Interessen der Sicherheit nicht entgegenstehen und insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird. |
(2) ..."
§ 25 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 - K-GplG 1995, LGBl. Nr. 23/1995, lautet auszugsweise:
"§ 25
Inhalt des Bebauungsplanes
(1) ...
(2) Im Teilbebauungsplan dürfen je nach den örtlichen Erfordernissen folgende weitere Bebauungsbedingungen festgelegt werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | ... |
c) | die Baulinien, das sind die Grenzlinien auf einem Baugrundstück, innerhalb derer Gebäude errichtet werden dürfen, |
d) | ..." |
Die revisionswerbenden Parteien bringen - wie bereits während des Verwaltungsverfahrens - vor, die belangte Behörde hätte nicht vom ursprünglichen Geländeniveau mit -0,50 m, sondern vom projektierten Geländeniveau mit dem Höhenfestpunkt +/- 0,00 m ausgehen müssen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0052, sowie auf die Ausführungen bei | Hauer/Pallitsch , Kärntner Baurecht, 4. Auflage, § 5 K-BV, Anm. 3). Die Gebäudehöhe sei zudem an der nördlichen Grenze bereits 1987 bewilligt und seither von der Behörde nicht korrigiert worden. Daher sei von einem rechtmäßigen Bestand auszugehen. Bereits im Baubewilligungsbescheid aus 2005 habe die Behörde in Bezug auf die damals ausgeführte Decke über dem Erdgeschoß einen Abstand von 2,20 m rechtlich bewilligt. Dieser rechtskräftige Bestand solle durch die nunmehrige Bauführung nicht verändert werden. Daher sei von dem 2005 bereits genehmigten Abstand von 2,20 m auszugehen. Dies stelle die rechtskräftig genehmigte "Baulinie" dar, die mit dem gegenständlichen Projekt nicht überschritten werde. Selbst wenn die Vorbauten nicht als Erker im Sinn des § 6 Abs. 2 lit. c K-BV zu qualifizieren seien, werde die "Baufluchtlinie", die mit dem am von der mitbeteiligten Stadtgemeinde abgestempelten damaligen Bauplan rechtskräftig bewilligt worden sei, nicht überschritten. Es sei lediglich in die damals bewilligte Außenflucht sozusagen eine Nische zurückversetzt worden, sodass sich insgesamt keine Veränderung der Außenflucht ergebe. Unter Bezugnahme auf die bislang ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/05/0001, und vom , Zl. 92/06/0096) seien die zwei geplanten Vorbauten als Erker im Sinn des § 6 Abs. 2 lit. c K-BV zu qualifizieren. |
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0258, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausführte, dass aus dem mit Bescheid vom bewilligten Seitenabstand von lediglich 2,20 m für ein ebenerdiges Garagengebäude nicht die Basis für eine beliebige Abstandsverringerung gemäß § 9 Abs. 1 K-BV gesehen werden und die erteilte Abstandsverringerung keine Bindungswirkung für weitere Bauvorhaben innerhalb des Abstandsbereiches entfalten könne. Aus dem Umstand, dass seinerzeit die ebenerdige Garage innerhalb des Seitenabstandes bewilligt wurde, lässt sich für das gegenständliche zweigeschossige Bauvorhaben somit - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - nichts gewinnen. Die mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom genehmigte "Deckenerhöhung" bewirkte im Übrigen keine Änderung des mit 4,85 m kotierten Schattenpunktes, und der bereits mit Bescheid vom genehmigte Wohnraum über der Garage hielt mit seiner Höhenkote von 4,85 m einen Grenzabstand von 3 m ein. Aus den in den Jahren 2004 und 2005 erteilten Änderungsgenehmigungen ist für den Revisionswerber somit im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben ebenfalls nichts zu gewinnen. Keinesfalls wurde mit Bescheid vom eine "Baufluchtlinie" erlassen. Die Festlegung von Baulinien kann nur im Rahmen eines Teilbebauungsplanes gemäß § 25 Abs. 2 lit. c Gemeindeplanungsgesetz erfolgen, nicht jedoch in einem Baubescheid. Das diesbezügliche Revisionsvorbringen ist somit nicht zielführend. | |
Daraus folgt, dass das gegenständliche Bauvorhaben eine gemäß § 5 K-BV berechnete Abstandsfläche einzuhalten hat. In dieser Abstandsfläche dürfen u.a. Erker im Sinn des § 6 Abs. 2 lit. c K-BV errichtet werden. Dazu ist Folgendes auszuführen: | |
Nach dem Sprachgebrauch wird unter einem Erker ein in der Regel geschlossener, überdachter, vorspringender Teil an Gebäuden verstanden, der unter Umständen über ein Geschoß oder über mehrere Geschoße reichen kann. Dieser Gebäudeteil wird in der Regel nicht vom Boden hochgeführt, sondern ragt dem Gebäude frei vor oder wird von einem Mauervorsprung oder einer Säule gehalten. Ein Erker ist eine raumbildende Auskragung der Außenwand, die nur zur geringfügigen Vergrößerung eines Raumes dienen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0155, mwN). | |
Ausgehend von dieser Rechtslage kann der hier zu beurteilende Vorbau mit einer Gesamtbreite von 9,14 m (zwei Vorsprünge mit einer Breite von je 3 m und dazwischen eine Mauernische in der Breite von 3,14 m), der mit einem durchgehenden Pultdach verbunden ist und unmittelbar auf die Garage im Erdgeschoß aufsetzt, somit nicht aus der Fassade vorspringt, sondern mit dieser eine einheitliche Gebäudefront bildet, nicht als privilegierter Bauteil im Sinn des § 6 Abs. 2 lit. c K-BV gewertet werden, weil er nicht als eine vor die Fassade vorspringende Auskragung der Außenwand empfunden wird. Was die revisionswerbenden Parteien in diesem Zusammenhang mit dem Zitat der hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/05/0001, und vom , Zl. 92/06/0096, in denen jeweils das Vorliegen eines Erkers verneint wurde, für ihren Standpunkt erreichen wollen, bleibt unklar. | |
Die revisionswerbenden Parteien wenden sich nicht gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die sich auf die Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen im Gutachten vom stützen, wonach der Abstand des Vorbaus nur 2,20 m betrage und damit der erforderliche Mindestabstand von 3 m - selbst wenn man der Berechnung das projektierte Gelände und nicht das Urgelände zugrunde lege - um 80 cm überschritten werde. Diese Aussagen decken sich mit den Einreichunterlagen. Schon aus diesem Grund wiesen die Baubehörden den Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung einer Baubewilligung für den gegenständlichen Zubau zu Recht wegen Verletzung des in § 5 Abs. 2 K-BV normierten Mindestabstandes von 3 m ab. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob zur Berechnung der Abstandsvorschriften fallbezogen das Ursprungsgelände oder das projektierte Gelände heranzuziehen ist. | |
Da sich die Revision somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG iVm § 4 VwGbK-ÜG abzuweisen. | |
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Anwalt vertreten war (§ 48 Abs. 3 Z 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012). | |
Wien, am |