VwGH vom 14.10.2009, 2009/08/0118

VwGH vom 14.10.2009, 2009/08/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSK-329588/0002-II/A/3/2008, betreffend Teilversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Mag. BS, S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligte in der Zeit vom bis der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG unterlegen ist.

In der Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

"Herr Mag. BS war im Jahr 2005 als selbstständiger Musiker tätig. Am erlitt er einen schweren Verkehrsunfall. Der Unfall geschah im Zuge seiner freiberuflichen Tätigkeit als Posaunist am Weg von einer Fernsehaufnahme in L im Burgenland zu seinem Wochenendhaus in P am Plattensee. Mit Schreiben der LBG Wirtschaftstreuhand vom wurde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erstmals mitgeteilt, dass Herr Mag. BS die für die Versicherungspflicht relevante Einkommensgrenze (EUR 3.881,52) im Jahr 2005 überschritten hat, dies jedoch für das Jahr 2006 nicht zutreffen werde.

Daraufhin wurde Herr Mag. BS von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Schreiben vom nachträglich für das Jahr 2005 in die Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG einbezogen; dies geschah mit einem Schreiben, nicht mit Bescheid, mit folgendem Wortlaut: 'Unter Berücksichtigung der derzeit vorliegenden Unterlagen sind Sie vom bis in der GSVG-Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert'. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 weist laut Auskunft der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom (im Akt des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 7.910,24 aus, weiters ausländische Einkünfte in der Höhe von EUR 1.516,72 und nichtselbstständige Einkünfte in der Höhe von EUR 5.462,91.

Mit Bescheid vom hat die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt festgestellt, dass der Unfall vom nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird. Herr Mag. BS hat in weiterer Folge beim Arbeits- und Sozialgericht Klage erhoben. Laut Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom wurde das Verfahren zur rechtskräftigen Entscheidung im Verwaltungsverfahren über den Beginn der Unfallversicherung des Klägers als Ausfluss seiner freiberuflichen Tätigkeit im Jahr 2005 unterbrochen."

Des Weiteren führte die belangte Behörde in der Bescheidbegründung aus, zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Berufungsbehörde liege bereits ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid vor, der Einkünfte nach § 23 EStG ausweise, die die hier maßgebende Versicherungsgrenze des § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b GSVG von EUR 3.881,52 (für das Jahr 2005) überschritten. Die Vorfrage des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG, nämlich das Vorliegen der Pflichtversicherung als neuer Selbständiger, sei daher zu bejahen. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe die Pflichtversicherung bereits auf Grund einer im nachhinein gegebenen Versicherungserklärung ebenfalls bejaht. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG) liege daher im Jahr 2005 neben der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und in der Krankenversicherung auch Pflichtversicherung in der Unfallversicherung vor.

Ferner wurde in der Bescheidbegründung Folgendes ausgeführt:

"Die Ablehnung der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung durch die Unterbehörden gründet sich auf die Bestimmungen des § 10 Abs. 2 ASVG in Verbindung § 18 GSVG, betreffend den Beginn der Unfallversicherungspflicht im Hinblick auf eine Meldepflichtbestimmung.

Nach § 10 Abs. 2 ASVG beginne die Pflichtversicherung nämlich erst mit dem Einlangen der Meldung beim Versicherungsträger, wenn eine Meldepflichtverletzung vorliegt. Diesen Fall nehmen die Unterbehörden an.

Dazu ist auszuführen, dass eine Meldebestimmung betreffend die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG - im Ergebnis - nicht besteht, weil die Pflichtversicherung erst im Nachhinein bei Vorliegen des Einkommenssteuerbescheides feststellbar ist, es sei denn der/die Versicherte entscheidet sich für eine Versicherungserklärung, des Inhalts, dass seine/ihre Einkünfte die Versicherungsgrenze überschreiten werden; die letzt genannte Meldung ist - wie gesagt - freiwilliger Natur bzw. mit der Sanktion des § 35 Abs. 6 GSVG behaftet.

Die Bestimmungen über den Beginn der Unfallversicherung des § 10 Abs. 2 ASVG stellen auf den Beginn der versicherungspflichtigen Tätigkeit ab (1. Fall) oder auf das Einlangen der Meldung beim Versicherungsträger bei Meldepflichtverletzung (2. Fall). Setzt man diese Regelung in Beziehung zu den obigen Ausführungen über den Eintritt der Pflichtversicherung, so ist festzustellen, dass in diesem Zusammenhang ein Bezugspunkt für die Beurteilung der Fristgerechtheit der Meldung fehlt, weil eben keine Meldepflicht besteht, auch wenn die verba legalia des § 10 Abs. 2 ASVG etwas anderes zu sagen scheinen.

Andererseits stellt § 10 Abs. 2 1. Fall auf die Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit ab, nicht auf den Beginn der betrieblichen Tätigkeit wie § 6 Abs. 4 GSVG, was im Falle des neuen Selbstständigen erst bei Vorliegen des Einkommenssteuerbescheides oder einer Versichertenerklärung, d.h. nach Beurteilung der Einkommenslage durch den potentiell Versicherten beurteilt werden kann, jedenfalls in der Regel nicht bei Aufnahme der Beschäftigung (anders als z.B. bei den unselbstständig Beschäftigten).

Die Annahme einer Meldeverpflichtung bereits bei Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit wäre auch nicht sachgerecht, weil nur jene Personen schließlich in der Unfallversicherung pflichtversichert sind, die die Versicherungsgrenze überschreiten (oder durch Versicherungserklärung die Pflichtversicherung begründen).

Das § 18 GSVG, auf den § 10 Abs. 2 ASVG hinsichtlich der Frist zur Erstattung der Meldung verweist, spricht im Übrigen auch vom Eintritt der Voraussetzungen für den Beginn und das Ende der Pflichtversicherung; damit ist auch diese Bestimmung nicht an das System der neuen Selbstständigen angepasst.

Zieht man § 10 Abs. 2 1. Fall (Beginn der pflichtversicherten Tätigkeit) heran, so ist im gegenständlichen Fall der Beginn der Unfallversicherungspflicht mit festzustellen; dies ist - im Nachhinein beurteilt - jedenfalls möglich.

Da es keine auf die Besonderheiten der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zugeschnittenen Regelungen für die Unfallversicherung gibt, wird diese - wie die Krankenversicherung und die Pensionsversicherung - entweder durch eine Versicherungserklärung ausgelöst oder ist ex post festzustellen. Die Behörde vertritt zusammenfassend die Auffassung, dass das Fehlen einer vollziehbaren Regelung für den Beginn der Unfallversicherung der neuen Selbstständigen nicht dazu führen kann, dass keine Pflichtversicherung in einem Fall wie dem gegenständlichen eintritt, obwohl für den gegenständlichen Zeitraum die als Grundvoraussetzung (Vorfrage) nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG geforderte Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unzweifelhaft feststeht.

In der Literatur haben Franz Schrank und Theodor Tomandl (vgl. ZAS 2004/18, 'Beginn der Versicherung und des Leistungsanspruches bei 'neuen' Selbstständigen') diese Frage thematisiert und Folgendes vertreten:

... Es kann damit nicht nur die Meldung der Aufnahme der

Erwerbstätigkeit gemeint sein, da eine weitere notwendige Voraussetzung für die Versicherungspflicht die Erzielung eines die Versicherungsgrenze überschreitenden Erwerbseinkommens aus dieser Tätigkeit ist. Würde man § 18 Abs. 1 erster Satz nur auf die Aufnahme oder Beendigung der selbstständigen Erwerbstätigkeit beziehen, käme es zu einer Art sinnloser Doppelmeldepflicht: Es müssten dann gleichzeitig zwei verschiedene Meldungen abgegeben werden, nämlich eine über die Aufnahme der 'neuen' Selbstständigkeit und eine weitere über das Überschreiten der Versicherungsgrenze. Die Meldung allein der Aufnahme der Erwerbstätigkeit wäre ohne gleichzeitige Überschreitungserklärung oder die Stellung eines Antrages auf KV unvollständig und sinnlos. Demnach bleibt nur noch die Möglichkeit, die Meldepflicht nach § 18 Abs. 1 erster Satz so zu verstehen, dass entgegen dem Wortlaut nur die Aufnahme einer pflichtversicherten selbstständigen Tätigkeit, aus der ein die Versicherungsgrenze übersteigendes Einkommen erzielt wird zu melden ist und die Meldepflicht nach dem zweiten Satz auf Fälle zu beschränken, in denen später Ausnahmegründe eintreten. Für diese Sicht spricht die im GSVG vorgenommene systematische Trennung der Regelungen für den Beginn und das Ende der Versicherung einerseits und jener über das Vorliegen und Nichtvorliegen der Versicherung andererseits. Letztere Regelungen setzen positiv das Vorliegen eines Versicherungstatbestandes und negativ zugleich das Fehlen eines Ausnahmegrundes (vor allem ein zu geringes Einkommen im Kalenderjahr) voraus. (...)

Erachtet man bereits jede Aufnahme einer 'neuen' selbstständigen Erwerbstätigkeit als meldepflichtig, dann sprengt dies den insofern klaren Gesetzeswortlaut, der auf die Voraussetzungen des Beginns der Pflichtversicherung abstellt und daher nicht isoliert von der Versicherungsgrenze gesehen werden kann. Überdies hätten in allen Fällen des Nichtüberschreitens der Versicherungsgrenze Meldungen ohne Überschreitungserklärung oder ohne Krankenversicherungsantrag keinerlei Konsequenz - und zwar auch für die UV; sie wären nur überflüssiger Verwaltungsaufwand. Ein solches Ergebnis ist im Zweifel nicht anzunehmen, noch dazu, wenn das Gesetz Meldeverstöße unter Strafsanktion stellt. Dies entspricht durchaus den Vorstellungen des Gesetzgebers. Die Gesetzesmaterialien erblicken die Rechtfertigung dieser Sanktion von Meldeverstößen bei den 'neuen' Selbstständigen nämlich im Fehlen formaler Anknüpfungspunkte (wie der Gewerbeberechtigung bei den 'alten' Selbstständigen). Ohne ordnungsgemäße Meldungen wäre die Gesetzesvollziehung bei dieser Personengruppe daher nicht möglich. Auch dies deutet darauf hin, dass es um die Meldung aller Voraussetzungen der Pflichtversicherung und nicht nur um die Meldung der bloßen Tätigkeitsaufnahme geht. (...)

Meldepflichtig kann daher nur jene selbstständige Erwerbstätigkeit sein, die zugleich die Versicherungsgrenze überschreitet. Da dieser Umstand nicht vor dem Ende des Kalenderjahres feststeht beginnt erst zu diesem Zeitpunkt die Meldefrist. Wurde die Meldung rechtzeitig (d.h. im ersten Monat des Folgejahres) erstattet, ist die UV für Arbeitsfälle und Berufskrankheiten, die im vorangegangenen Kalenderjahr eingetreten sind, leistungspflichtig. Es bleibt daher bis Ende Jänner des Folgejahres Zeit für die Abgabe dieser Meldung. Geschieht dies, dann ist vor diesem Zeitpunkt kein Meldeverzug eingetreten und müssen im Sinne der Grundsätze der Sozialversicherung die im vorangegangenen Kalenderjahr eingetretenen Krankheitsfälle geschützt sein!'

Im vorliegenden Fall ist durch die mittlerweile aufgrund des Einkommenssteuerbescheides eindeutig zu beurteilende Vorfrage der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG die Frage nicht mehr zu entscheiden; es kann daher hier dahin gestellt bleiben, ob der Auffassung Schrank/Tomandl im Ergebnis zu folgen ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen und Kostenersatz für den Vorlageaufwand begehrt.

Der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 hat folgenden Wortlaut:

"Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

...

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen."

§ 18 Abs. 1 und 2 GSVG in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2004

lauten:

"Meldungen der Pflichtversicherten

§ 18. (1) Die nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten haben den Eintritt der Voraussetzungen für den Beginn und das Ende der Pflichtversicherung binnen einem Monat nach deren Eintritt dem Versicherungsträger zu melden. Die gleiche Meldepflicht hat der von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Ausgenommene im Falle des Eintrittes oder des Wegfalles des Ausnahmegrundes. Der Meldung an den Versicherungsträger ist eine Meldung nach § 333 Abs. 2 GewO 1994 für den Beginn der Pflichtversicherung an die Gewerbebehörde gleichzuhalten.

(2) Die gemäß Abs. 1 Meldepflichtigen haben innerhalb der dort angegebenen Frist alle für das Versicherungsverhältnis bedeutsamen Änderungen sowie maßgebenden Ereignisse und Tatsachen nach deren Eintritt dem Versicherungsträger bekanntzugeben."

Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG sind in der Unfallversicherung alle selbständig Erwerbstätigen, die in der Kranken- oder Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG pflichtversichert sind, versichert.

§ 10 Abs. 2 ASVG in den hier maßgebenden Fassungen BGBl. I Nr. 142/2004 und 132/2005 lautet auszugsweise:

"(2) Die Pflichtversicherung der selbständig Erwerbstätigen und ihrer Familienangehörigen (§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. a), ... beginnt mit dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit bzw. bei nicht fristgerecht erstatteter Meldung (§ 18 GSVG) durch die gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversicherten Personen nach Ablauf des Tages, an dem die Meldung beim Versicherungsträger einlangt. ..."

Die beschwerdeführende Partei bringt zunächst vor, dass der Mitbeteiligte geltend gemacht habe, eine Meldung sei ihm erst im August 2006 möglich gewesen. Zuvor sei sein körperlicher und psychischer Zustand zu schlecht gewesen. Der Fall wäre daher nach den Grundsätzen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 71 und 72 AVG zu prüfen gewesen.

Diesem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei ist entgegenzuhalten, dass die damit angesprochene Frist für die Meldung nach § 18 Abs. 1 GSVG eine materiell-rechtliche Frist darstellt, ist ihre Einhaltung doch für den Bestand der Pflichtversicherung ausschlaggebend und nicht bloß den Verfahrensgang bestimmend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 0945/60, und vom , Zl. 2008/08/0183). Bei einer materiell-rechtlichen Frist kommt aber eine Wiedereinsetzung - ungeachtet der Verschuldensfrage - von vornherein nicht in Betracht (vgl. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom ).

Des Weiteren rügt die beschwerdeführende Partei, dass die belangte Behörde § 10 Abs. 2 ASVG nicht herangezogen habe. § 10 Abs. 2 ASVG verfolge den objektiven Zweck, eine "Nachversicherung" bei der nicht notwendig pflichtversicherten selbständigen Erwerbstätigkeit je nach dem, ob sich ein Unfallrisiko verwirklicht habe oder nicht, zu verhindern. Dies entspreche dem Versicherungsprinzip. Selbständig Erwerbstätige hätten es weitgehend selbst in der Hand, die Höhe ihres Einkommens und damit den Eintritt der Pflichtversicherung zu steuern. Allerdings sei der Abschluss freiwilliger Versicherungen nicht hinfällig. Der Mitbeteiligte habe keine der grundsätzlich in Betracht kommenden freiwilligen Unfallversicherungen gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (vorzeitige Bekanntgabe der Überschreitung der Versicherungsgrenze) oder § 19 ASVG abgeschlossen. Das Argument, dass Versicherungsmeldungen dann ins Leere gingen, wenn die Versicherungsgrenzen letztlich nicht erreicht würden, mache die Bestimmung nicht grundsätzlich bedeutungslos. Selbst wenn man im Übrigen den Ausführungen von Schrank/Tomandl folge, wäre für die mitbeteiligte Partei nichts gewonnen, weil die die Versicherung begründende Tätigkeit auch nicht bis zum Ende des ersten Monats des Folgejahres gemeldet worden sei, sondern erst im August 2006.

Zu § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0085, Folgendes ausgeführt:

"Angesichts der Schwierigkeit, dass das Unter- oder Überschreiten der maßgeblichen Versicherungsgrenzen in der Regel erst im Nachhinein festgestellt werden kann, besteht das System dieser Pflichtversicherung somit darin, dass der Versicherte entweder "ex ante" eine Erklärung abgibt, dass die maßgebliche Versicherungsgrenze im Beitragsjahr überschritten wird (dies mit der Konsequenz des unwiderruflichen Eintretens der Versicherung mit Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit bis zu deren Beendigung, dem Wegfall der berufsrechtlichen Berechtigung oder einem ausdrücklichen Widerruf der Versicherungserklärung - § 7 Abs. 4 GSVG), oder dass er - bei Fehlen einer solchen Erklärung - erst im Nachhinein und nach Maßgabe des jeweiligen steuerlichen Ergebnisses der Erwerbstätigkeit in die Pflichtversicherung einbezogen wird.

a) Die Abgabe einer Versicherungserklärung bewirkt daher, dass das Versicherungsverhältnis auch dann für den Zeitraum der Ausübung der betreffenden selbständigen Erwerbstätigkeit bestehen bleibt, wenn sich nach Einlangen des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides herausstellt, dass die Versicherungsgrenze entgegen der abgegebenen Erklärung unterschritten wurde. Insoweit kommt der Versicherungserklärung die Rechtswirkung eines "opting in" zu: Es ist von der Sozialversicherungsanstalt bei Entgegennahme der Erklärung nämlich nicht zu prüfen, ob tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erklärung, es werde die Versicherungsgrenze überschritten werden, realistischen Annahmen entspricht. Maßgeblich ist ausschließlich, ob die betreffende Person eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG tatsächlich ausübt, ob durch diese Tätigkeit nicht nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen eine Pflichtversicherung eingetreten ist und ob sie die erwähnte Erklärung betreffend das voraussichtliche Überschreiten der Versicherungsgrenze abgegeben hat. Es hängt daher der Sache nach nur von einer Willenserklärung des Versicherten ab, ob er unabhängig von der tatsächlichen Höhe der erzielten Einkünfte versichert sein möchte oder ob er nur im Nachhinein unter der Voraussetzung versichert sein möchte, dass nach dem jeweiligen Einkommensteuerbescheid die Einkünfte im betreffenden Kalenderjahr die Versicherungsgrenze überstiegen haben."

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist dadurch, dass eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG besteht, nicht auch gleichsam automatisch eine Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gegeben. Diesbezüglich enthalten die Bestimmungen des § 10 Abs. 2 ASVG in Verbindung mit § 18 GSVG - in Durchbrechung des sonst geltenden Prinzips der ex-lege-Versicherung - nämlich besondere Regelungen, die einzuhalten sind, damit die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung eintritt.

Im vorliegenden Fall kommt es daher darauf an, ob eine Meldung entsprechend den Bestimmungen des § 10 Abs. 2 ASVG in Verbindung mit § 18 GSVG, d.h. rechtzeitig, abgegeben wurde, sodass eine Pflichtversicherung in der Unfallversicherung entstanden ist. § 10 Abs. 2 ASVG verlangt diesbezüglich eine "fristgerecht" erstattete Meldung im Sinne des § 18 GSVG.

§ 18 Abs. 1 GSVG schreibt die Meldung des Eintrittes der Voraussetzungen für den Beginn der Pflichtversicherung binnen einem Monat nach dem Eintritt dieser Voraussetzungen vor.

Voraussetzung im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG ist insofern, dass die betreffende Person eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG tatsächlich ausübt, dass durch diese Tätigkeit nicht nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen eine Pflichtversicherung eingetreten ist und dass ferner in den Fällen wie dem hier vorliegenden, in denen keine "ex ante"- Erklärung abgegeben wurde, die maßgebliche Versicherungsgrenze im Beitragsjahr überschritten wird.

Im vorliegenden Fall ist es unbestritten, dass der Mitbeteiligte eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG tatsächlich ausgeübt hat und dass durch diese Erwerbstätigkeit keine Pflichtversicherung nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen eingetreten ist.

Soweit Schrank/Tomandl (ZAS 2004, 100 ff (102)) davon ausgehen, dass die Meldefrist des § 18 GSVG für ein Kalenderjahr jedenfalls spätestens einen Monat nach dem 31. Dezember dieses Kalenderjahres ende, kann dem nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Ein Versicherter wird zu diesem Zeitpunkt zwar häufig seine Umsätze kennen, nicht aber den sich nach Abzug der Betriebsausgaben ergebenden Gewinn, der für die Bildung der Beitragsgrundlagen und damit für die Frage der Pflichtversicherung maßgebend ist. Dieser wird häufig noch nicht feststehen oder für eine selbständig erwerbstätige Person nicht ohne Weiteres ermittelbar sein, wobei mitunter auch die Zuordnung von Einkünften unter einzelne Einkunftsarten strittig sein kann. Es kommt daher für die Rechtzeitigkeit der Meldung jeweils auf den konkreten Einzelfall an. Da der Lauf der Frist des § 18 GSVG zumindest die objektive Erkennbarkeit des Vorliegens der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfordert, kann diese Frist auch dann nicht beginnen, wenn der Versicherte z.B. auf Grund der bei einem Unfall erlittenen Verletzungen außerstande ist, sich mit dieser Frage zu beschäftigten. § 18 GSVG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 ASVG kann jedenfalls nicht eine Auslegung beigemessen werden, auf Grund derer die rechtliche Anerkennung eines erlittenen Arbeitsunfalls daran scheitern kann, dass die bei diesem Unfall erlittenen Verletzungen so schwer waren, dass sie auch für die Versäumung der Meldefrist kausal gewesen sind. Nur insoweit ist der Sache nach dem Beschwerdevorbringen zu folgen, wonach sich die belangte Behörde mit der Frage des Verschuldens des Mitbeteiligten an einer allenfalls verspäteten Meldung (wenngleich nicht in einem Wiedereinsetzungsverfahren) auseinandersetzen hätte müssen.

Dem potentiell Meldepflichtigen kann jedoch im Zweifel (d.h. soweit nicht besondere Umstände eine frühere Kenntnis von einem die Versicherungsgrenze übersteigenden Einkommen nahe legen) bei einer gesetzlichen Konstruktion, wie der hier vorliegenden, in der Regel nicht ohne Weiteres abverlangt werden, dass er vor Erhalt des Einkommensteuerbescheides jedenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht für das betreffende Kalenderjahr hätte erkennen müssen.

Unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Zuordnung der Einkünfte zu Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG ist aus der Sicht des Meldepflichtigen somit davon auszugehen, dass er spätestens dann die notwendige Gewissheit über den Eintritt der Voraussetzungen des Beginnes der Pflichtversicherung im Sinne des § 18 GSVG haben kann, wenn der entsprechende Einkommensteuerbescheid vorliegt. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Frist des § 18 Abs. 1 GSVG erst mit Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 begonnen hat. Dieser Zeitpunkt wurde von der belangten Behörde in Verkennung der Rechtslage nicht festgestellt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am