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VwGH vom 28.02.2013, 2011/16/0012

VwGH vom 28.02.2013, 2011/16/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch die Jirovec Partner Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1976-W/10, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit der Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt zog die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom zur Haftung nach §§ 9 und 80 BAO für verschiedene Abgabenschuldigkeiten der K. GmbH heran. Der Bescheid wurde am der Beschwerdeführerin zugestellt.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schriftsatz vom die Verlängerung der Berufungsfrist bis zum (Samstag, dem) und mit Schriftsatz vom die Verlängerung der Berufungsfrist bis zum .

Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt über den Antrag der Beschwerdeführerin vom ab, wonach diesem Antrag "teilweise stattgegeben" werde. Die Frist werde bis zum verlängert. In der Begründung wird angeführt, eine Rechtsmittelfrist von fünf Monaten erscheine ausreichend. Anschließend findet sich der Text:

"Achtung! Durch Ihren Antrag auf Fristverlängerung wurde der Lauf der Berufungsfrist (Antragsfrist) gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit dem Tag, an dem Ihnen diese Entscheidung zugestellt wird. Diese Hemmung kann jedoch nicht dazu führen, dass die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zum dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft."

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der Berufungsfrist bis zum .

Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den eingangs erwähnten Haftungsbescheid vom .

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Berufung als verspätet zurück, weil die Berufungsfrist am abgelaufen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, strittig sei einzig und allein die Frage, ob die bescheidmäßige Terminsetzung der Abgabenbehörde mit eine weitere Hemmung durch einen vor Ablauf dieser Frist gestellten neuerlichen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung zulasse oder nicht.

Der Lauf der Berufungsfrist werde durch einen Fristverlängerungsantrag nur dann gehemmt, wenn er vor Ablauf der Berufungsfrist eingebracht werde. Auch Anträgen auf neuerliche Erstreckung einer bereits verlängerten Berufungsfrist komme hemmende Wirkung zu. Jedoch könne dieses Instrumentarium naturgemäß nicht ad infinitum eingesetzt werden. Einem nach Abweisung eines Fristverlängerungsantrages eingebrachten neuerlichen Fristerstreckungsantrag komme keine hemmende Wirkung mehr zu.

Der Bescheid vom habe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine fristgerechte Einbringung der Berufung nur noch bis möglich sei, und habe somit neben der Zubilligung der Hemmung bis eine Abweisung eines Mehrbegehrens einer noch längeren Zufristung enthalten. Eine weitere Verlängerung einer Frist durch einen vor Ablauf der Frist eingebrachten neuerlichen Antrag wäre wegen der mit einem Bescheid einhergehenden Wirkung der Unabänderbarkeit nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 294 BAO gegeben gewesen wären, was im Beschwerdefall weder behauptet worden sei noch vorliege. Der weitere Antrag auf Fristverlängerung (vom ) habe somit keine Verlängerung der Hemmung bewirken können; eine Berufung hätte nur noch am fristgerecht eingebracht werden können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin ersichtlich im Recht verletzt erachtet, dass über ihre Berufung gegen den Haftungsbescheid in der Sache entschieden werde.

Die belangte Behörde legte Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat.

§ 245 Abs. 3 und 4 BAO lautet:

"(3) Die Berufungsfrist kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft."

Auch Anträgen auf neuerliche Erstreckung einer bereits verlängerten Berufungsfrist kommt hemmende Wirkung zu (vgl. etwa Ritz , BAO4, § 245 Tz 26). Nach der hg. Rechtsprechung kommt demgegenüber einem nach Abweisung eines Fristverlängerungsansuchens eingebrachten neuerlichen Fristerstreckungsansuchen keine hemmende Wirkung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0153, mwN).

Im Beschwerdefall wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Finanzamtes vom die Frist zur Einbringung der Berufung bis zum verlängert.

Der innerhalb dieser Frist mit Schriftsatz vom eingebrachte Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist hemmte nach § 245 Abs. 3 und 4 BAO somit den weiteren Ablauf der Berufungsfrist.

Dass die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom dem Ansuchen vom nur teilweise stattgab und die Frist nicht wie beantragt bis zum , sondern nur bis zum verlängert, das "Mehrbegehren" somit abgewiesen hatte, ändert daran nichts. Bei (teilweiser) Stattgabe kann vor Ablauf der Frist neuerlich eine Fristverlängerung beantragt werden (vgl. insoweit zutreffend Lenneis, Zurückweisung eines Fristverlängerungsantrages - widersprüchliche Bescheidgestaltung, in UFS Journal 2012/3, 111 ff, Punkt 3.3).

Der somit innerhalb offener Berufungsfrist (diese endete unter Berücksichtigung der teilweise Stattgebung des Antrages vom durch Bescheid vom mit ) eingebrachte Fristverlängerungsantrag vom hemmte gemäß § 245 Abs. 3 letzter Satz BAO den Ablauf der Berufungsfrist bis zur Zustellung der Entscheidung darüber (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 2012/13/0016), somit bis zur Zustellung des Bescheides des Finanzamtes vom . Wann dieser Bescheid zugestellt wurde, ist weder den vorgelegten Verwaltungsakten noch den Schriftsätzen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu entnehmen.

Mit der Ansicht, der Antrag der Beschwerdeführerin vom habe keine Verlängerung der Hemmung bewirken können, hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am