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VwGH vom 22.05.2014, 2014/15/0008

VwGH vom 22.05.2014, 2014/15/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Revision der Stadtgemeinde P in P, vertreten durch Dr. Peter Gatternig und Mag. Karl Gatternig, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Renngasse 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-3241501/058-2013, betreffend Wiederaufnahme (Kommunalsteuer 2001 bis 2005) und Festsetzung der Kommunalsteuer 2001 bis 2005 sowie eines Säumniszuschlags (mitbeteiligte Partei: Land Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom , wurde dem Land Niederösterreich aufgrund einer Kommunalsteuerprüfung des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs "hinsichtlich der in (P) tätigen Dienstnehmer für die Jahre 2001 bis 2005" eines Betriebes gewerblicher Art Kommunalsteuer in Höhe von 6.251,42 EUR zuzüglich Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom wurde aufgrund einer (weiteren) Kommunalsteuerprüfung des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten in Bezug auf denselben Betrieb gewerblicher Art "hinsichtlich der in (P) tätigen Dienstnehmer (VB-Lehrlinge) für die Jahre 2001 bis 2005" eine Kommunalsteuer in Höhe von 100.738,76 EUR zuzüglich Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Beide Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde P wurden jeweils im Instanzenzug bekämpft. Die Berufung gegen den Bescheid vom wurde vom Land Niederösterreich mit Schreiben vom zurückgezogen. Die Berufung gegen den Bescheid vom blieb unerledigt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom , wurde schließlich die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bürgermeisters vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Vorschreibung von Kommunalsteuer für die Jahre 2001 bis 2005 in Höhe von 6.251,42 EUR verfügt und dem Land Niederösterreich hinsichtlich der in den Jahren 2001 bis 2005 im Gemeindegebiet tätigen Dienstnehmer Kommunalsteuer in Höhe von 106.990,17 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlages vorgeschrieben.

Bezüglich der Wiederaufnahme wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid des Bürgermeisters vom sei aufgrund einer Verständigung des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs ergangen. Im Jahre 2009 sei die Gemeinde P vom Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom Ergebnis einer Prüfung beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung verständigt worden, wobei diese Prüfung Vertragsbedienstete und Lehrlinge umfasst habe, das Prüfungsergebnis des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs jedoch nur - wie sich zwischenzeitlich heraus gestellt habe - Beamte. Aufgrund dieser weiteren Prüfung habe der Bürgermeister der Gemeinde P einen Bescheid vom erlassen, mit dem dem Land Niederösterreich Kommunalsteuer in Höhe von 100.738,76 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlages vorgeschrieben worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung und sodann Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde der Vorstellung Folge gegeben und den Bescheid der revisionswerbenden Gemeinde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde P verwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Berufung der Mitbeteiligten vom gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom , mit dem aufgrund der Kommunalsteuerprüfung des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten hinsichtlich der in (P) tätigen Dienstnehmer (VB-Lehrlinge) für die Jahre 2001 bis 2005 eine ergänzende Kommunalsteuer in Höhe von EUR 100.738,76 zuzüglich Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sei, sei noch immer unerledigt.

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO sei dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig sei. Nachdem aber für den maßgeblichen Zeitraum von 2001 bis 2005 gegenüber der Mitbeteiligten zwei Bescheide (vom und vom ) erlassen worden seien, von denen aber nur der Bescheid vom in Rechtskraft erwachsen sei, sei festzuhalten, dass hinsichtlich des Bescheides vom , der denselben Zeitraum wie der Bescheid vom abdecke, die eingebrachte Berufung bis dato keiner Erledigung zugeführt worden sei.

Schon aus diesem Grund sei daher der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil die revisionswerbende Gemeinde zunächst auch das Verfahren betreffend den Bescheid vom zu Ende führen hätte müssen, indem sie der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben hätte müssen, da zum einen nur ein einheitlicher Bescheid gegenüber der Mitbeteiligten hätte erlassen werden dürfen und zum anderen bezüglich des fraglichen Vorschreibungszeitraumes 2001 bis 2005 entschiedene Sache vorgelegen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 382/74). Erst danach wäre es möglich gewesen, das Verfahren bezüglich des Bescheides vom wiederaufzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Das an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die Abweisung der "Beschwerde" als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung hat sich die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe, wenn sich die Selbstbemessung als unvollständig oder unrichtig erweist, auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf eine restliche und nur bestimmte Sachverhalte in Betracht ziehende Abgabenforderung zu erstrecken. Die Abgabe stellt sich als eine einheitliche Steuer dar, die jeweils für einen bestimmten Abgabenbemessungszeitraum entsteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 89/17/0266; , 2007/16/0123; oder , 2005/15/0155).

Soweit der Bürgermeister der revisionswerbenden Partei in seinem Bescheid vom aufgrund einer erneuten Kommunalsteuerprüfung bei der Mitbeteiligten eine ergänzende Kommunalsteuer "hinsichtlich der in (P) tätigen Dienstnehmer (VB-Lehrlinge) für die Jahre 2001 bis 2005" festsetzte, entschied der Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz rechtswidrig neuerlich über eine bereits festgesetzte Abgabe und belastete damit seinen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung derogiert jedoch dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen. Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, vorausgesetzt, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 94/17/0159, sowie vom , 99/15/0126).

Ohne auf den Umstand einzugehen, dass ein Verfahren wieder aufgenommen worden ist, für das eine Berufung anhängig ist, kann schon deshalb festgestellt werden, dass die belangte Behörde zu Recht zum Ergebnis gekommen ist, dass die Voraussetzungen der Wiederaufnahme nicht vorgelegen sind, weil der Bürgermeister diese auf Umstände gestützt hat, die zum Zeitpunkt des Ergehens des wiederaufzunehmenden Bescheides bereits bekannt waren.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 4 VwGbk-ÜG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden.

Wien, am