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VwGH vom 24.04.2014, 2011/15/0197

VwGH vom 24.04.2014, 2011/15/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des HA in W, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zlen. RV/1367-L/07 und RV/1378-L/07, betreffend u. a. Einkommensteuer 2004 bis 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Elektrotechniker und erklärte für die Streitjahre 2004 bis 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung kam hervor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2004 eine (bisher nicht offen gelegte) Versicherungsleistung in Höhe von 85.000 EUR im Zusammenhang mit einem im Jahr 1997 erlittenen Motorradunfall erhalten hatte. Um die Steuerpflicht dieses Betrages geht der vorliegende Rechtsstreit.

Der Prüfer vertrat die Ansicht, dass eine unter dem Titel "Verdienstentgang" erhaltene Ersatzleistung steuerpflichtige Einnahme jener Einkunftsart sei, die der Ausfall betroffen habe. Gegenständlich lägen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Die Vergütung sei (abzüglich der ersetzten Rechtsanwaltskosten von 5.000 EUR) dem § 32 Z 1 lit. a EStG 1988 zu subsumieren und die Entschädigung antragsgemäß gleichmäßig auf drei Jahre verteilt anzusetzen.

Das Finanzamt schloss sich dieser Ansicht an, nahm die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2004 bis 2006 wieder auf und erließ entsprechend geänderte Sachbescheide.

In seiner gegen die Einkommensteuerbescheide erhobenen Berufung trat der Beschwerdeführer dieser Beurteilung entgegen. Die Versicherungsentschädigung sei nicht als Einkommen zu werten. Der Beschwerdeführer habe keinen Verdienstentgang erhalten, sondern eine Abgeltung der Beeinträchtigung beider Arme und Hände sowie der Beinfunktion. Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 242/06, lasse sich ablesen, dass derartige Leistungen nicht einkommensteuerpflichtig seien.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Die Versicherung habe dem Finanzamt mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in Folge des Verkehrsunfalls vom an diversen Bewegungseinschränkungen leide, weshalb er laut medizinischem Gutachten auf Baustellen Hilfskräfte benötige. Die Entschädigungsleistung habe sich auf die Leistung einer pauschalierten Rente für die Kosten der Beiziehung von Hilfskräften bei den diversen branchenüblichen Montagearbeiten für die Vergangenheit und Zukunft bezogen. Da dieser Mehraufwand zu Betriebsausgaben führe, sei die geleistete Entschädigung auch als Betriebseinnahme zu erfassen. Auch der Hinweis auf "branchenübliche" Arbeiten lasse auf einen betrieblichen Zusammenhang schließen.

Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

In der Folge forderte die belangte Behörde zunächst den Beschwerdeführer auf, die mit dem Schädiger und seiner Versicherung geführte Korrespondenz (inklusive medizinischer Gutachten) vorzulegen. Sodann nahm die belangte Behörde auch Kontakt mit der Versicherung auf.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1999 eine Entschädigung in Höhe von 1,075.000 S für Kleiderschäden, das beschädigte Motorrad, Therapien und Heilbehelfe, Hilfsmittel, Telefon- und Fahrtkosten, Übernachtungskosten sowie Schmerzens- und Pflegegeld erhalten. Bei diesen Zahlungen habe es sich um solche gehandelt, welche in der privaten Vermögenssphäre eingetretene Schäden betroffen hätten und die zu Recht nicht als steuerpflichtig beurteilt worden seien.

Anders liege der Fall bei der 2004 geleisteten Abfindung. Diese sei ausdrücklich als "Verdienstentgang und für den Einsatz von Ersatzkräften aufgrund der unfallsbedingten Einschränkung der körperlichen Mobilität" geleistet worden. Laut Aktenvermerk der Versicherung vom seien mit der Zahlung von 1,075.000 S im Jahr 1999 die bis dahin gestellten Ansprüche des Beschwerdeführers, nicht jedoch jene aus einem möglichen Verdienstentgang abgegolten worden. Gemeinsam mit dem Aktenvermerk der Versicherung vom , in welchem der Verdienstentgang nach Arbeitstagen (272 im Jahr, 22 im Monat) berechnet werde, ergebe sich, dass mit der Zahlung von 80.000 EUR tatsächlich jene potentielle Vermögensminderung abgegolten werden sollte, welche dem Beschwerdeführer dadurch entstehe, dass er Aufträge, welche voraussetzen, dass sich ein Elektriker frei und sicher auf einer Leiter oder Stiege bewegen könne, ablehnen oder für die mit diesen Aufträgen verbundenen Arbeiten bezahlte Hilfskräfte in Anspruch nehmen müsse, was seinen Gewinn entsprechend schmälern würde.

Im Beschwerdefall sei nicht unterscheidbar, ob mit dem bezahlten Entschädigungsbetrag Aufwendungen für Hilfskräfte abgegolten werden oder die Einnahmen aus entgangenen Geschäften, welche der Beschwerdeführer ablehnen müsse, weil er keine Hilfskräfte einstellen wolle. Es liege nämlich in jedem Einzelfall beim Beschwerdeführer, ob er in Zukunft ein Geschäft ablehnen wolle, welches er nicht selbst durchführen könne, weil ihm das Leiter- oder Stiegen-Steigen nicht möglich sei, oder ob er dafür eine Hilfskraft bezahlen wolle.

Damit seien neben der Zuordnung zu § 23 EStG 1988 auch die Tatbestandsmerkmale des § 32 Z 1 lit. a EStG 1988 erfüllt, nämlich der "Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen". Die im Jahr 2004 gezahlte Ersatzsumme sei daher richtigerweise in den Einkommensteuerbescheiden 2004 bis 2006 "gleichmäßig verteilt auf drei Jahre" zugeordnet worden.

Letztlich sei aber noch zu bedenken, dass in der Berechnung des Ersatzbetrages im Aktenvermerk der Versicherung vom auch eine jährliche Entschädigung von 3.000 EUR für den Zeitraum der Pension vorgesehen sei. Dem stehe eine jährliche Entschädigung von 6.000 EUR bis zum 65. Lebensjahr gegenüber. Daraus könne geschlossen werden, dass auch im Zeitraum, welcher vor dem Pensionsantritt liege, 50% der Entschädigung (3.000 EUR) die notwendige Hilfe im privaten Bereich abgelten solle. Dementsprechend seien - wie im angefochtenen Bescheid näher dargestellt - (lediglich) 39.918,61 EUR der an den Beschwerdeführer im Jahr 2004 gezahlten Entschädigung als betrieblich veranlasst anzusehen. Entsprechend dem im Rahmen der Außenprüfung gestellten Antrag sei dieser Betrag gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 auf drei Jahre zu verteilen, was einem jährlichen Betrag von 13.306,20 EUR entspreche. Der Berufung sei daher insofern teilweise stattzugeben und die Bescheide seien entsprechend abzuändern.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiven Recht auf Nichtvorschreibung einer Einkommensteuer hinsichtlich der erhaltenen Zahlung von 80.000 EUR verletzt. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er einen Teilbetrag von 39.918,61 EUR als steuerbar beurteile. Wie aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 242/06, hervorgehe, sei für derartige Leistungen keine Einkommensteuerpflicht gegeben. Durch die Zahlung der Versicherung werde kein zusätzliches Einkommen generiert, sondern lediglich die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers im Bereich beider Arme, Hände und Beine abgedeckt. Die Zahlung stelle einen schädigungsbedingten Ausgleich dar, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht steigere. Es handle sich dabei um eine Schadenersatzrente in kapitalisierter Form. Die Zahlung decke nicht den Verdienstentgang, sondern den Mehrbedarf auf Grund der bestehenden Beeinträchtigungen ab. Der schädigungsbedingt entstandene zusätzliche Bedarf für fiktive Arbeitskräfte unterliege nicht der Einkommensteuerpflicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den Betriebseinnahmen gehören auch Schadenersatzleistungen, wenn sie mit dem Betrieb in Zusammenhang stehen. Entschädigungen für den Verdienstentgang sind Betriebseinnahmen, ebenso Versicherungsentschädigungen, wenn sie für eine betriebliche Tätigkeit oder für Betriebsvermögen gewährt werden (vgl. Doralt , EStG11, § 4 Tz 227/1, und das hg. Erkenntnis vom , 96/14/0087, VwSlg 7693/F).

Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die streitgegenständliche Zahlung zu einem bestimmten Teil den bereits eingetretenen und künftig möglichen Verdienstentgang des Beschwerdeführers als selbständiger Elektrotechniker betrifft. Sie ist zu dieser Beurteilung in eingehender Auseinandersetzung mit den der Versicherungsleistung zu Grunde liegenden Umständen (medizinisches Gutachten, Art der Berechnung der Entschädigung, Erklärung des Beschwerdeführers, in Zukunft auf alle Ansprüche aus dem Verdienstentgang und für Ersatzkräfte zu verzichten) gelangt. Eine Unschlüssigkeit dieser Erwägungen zeigt die Beschwerde nicht auf. Dass zwischen der streitgegenständlichen Zahlung und der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ein Zusammenhang besteht, konnte die belangte Behörde unbedenklich auf den Umstand stützen, dass in den Verhandlungen mit der Versicherung ausdrücklich auf die eingeschränkten Verdienstmöglichkeiten des Beschwerdeführers Bezug genommen und bei Berechnung der Entschädigung auf das 65. Lebensjahr abgestellt wurde.

Der (teilweisen) Einbeziehung der Versicherungsleistung in die Einkommensbesteuerung stehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 18031, betraf keine Versicherungsleistung zum Ausgleich eines Verdienstentganges. Vielmehr hätte sich die Steuerpflicht im dort entschiedenen Fall lediglich auf Grund der Leistung der Entschädigung in Rentenform ergeben. Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde sachverhaltsbezogen davon ausgegangen, dass (rund) die Hälfte der Entschädigung den erhöhten (privaten) Existenzbedarf betrifft, dieser Teil wurde im Beschwerdefall zu Recht nicht als steuerpflichtig beurteilt. Eines Rückgriffes auf verfassungsrechtliche Erwägungen im Sinne des angeführten Erkenntnisses bedurfte es dazu nicht, weil eine Abgeltung des privaten Mehrbedarfes, der nicht in Rentenform erfolgt, von vornherein keiner Einkunftsart unterstellt werden kann.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am