VwGH vom 27.11.2014, Ro 2014/03/0078
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Kommunikationsbehörde Austria in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 77-79, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , GZ VGW- 001/051/4713/2014-1, betreffend Übertretungen des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. O P in B; 2. Wasserverband B in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben.
Begründung
I. Sachverhalt
Mit Straferkenntnis der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom wurde der Erstmitbeteiligte als Obmann der zweitmitbeteiligten Partei wegen Übertretungen nach § 5 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 und 4 sowie § 5 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 und 2 Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG), BGBl I Nr 125/2011, mit zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 60,-- bestraft und es wurden ihm Kosten von EUR 12,-- auferlegt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die zweitmitbeteiligte Partei für die verhängten Geldstrafen sowie die Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.
Über die dagegen erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde) der zweitmitbeteiligten Partei erkannte das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis dahingehend, dass das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG eingestellt werde. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde zugelassen, weil "zur Frage der Anwendbarkeit des § 45 Abs 1 Z 4 VStG in Fallkonstellationen wie der hier zu beurteilenden noch keine höchstgerichtliche Judikatur" vorliege.
II. Revision
Gegen das Erkenntnis erhob die KommAustria Revision und brachte (unter anderem) vor, die Revision sei zulässig und berechtigt, weil das Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache nicht zuständig gewesen sei. Beim MedKF-TG handle es sich um eine Materie, die sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung Bundessache sei und der unmittelbaren Bundesverwaltung angehöre. Über Beschwerden im Anwendungsbereich des MedKF-TG habe daher das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), nicht aber das Landesverwaltungsgericht zu entscheiden.
Die mitbeteiligten Parteien haben keine
Revisionsbeantwortungen erstattet.
III. Rechtslage
1. Art 131 B-VG idF BGBl I Nr 51/2012 lautet auszugsweise:
"(1) Soweit sich aus Abs. 2 und 3 nicht anderes ergibt, erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 die Verwaltungsgerichte der Länder.
(2) Soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. (...)
(3) (...)"
2. Das Bundesverfassungsgesetz über die Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums (BVG Medienkooperation und Medienförderung - BVG MedKF-T), BGBl I Nr 125/2011, lautet auszugsweise:
" § 1 . (1) Die in Art. 126b bis 127b des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. I Nr. 1/1930 , genannten Rechtsträger sowie die sonstigen durch Gesetz der Rechnungshofkontrolle unterworfenen Rechtsträger haben für Medienkooperationen mit und Werbeaufträge an Medieninhaber eines periodischen Mediums den Namen des periodischen Mediums und die Höhe des Entgelts sowie im Falle von Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums den Namen des Förderungsempfängers und die Höhe der Förderung öffentlich bekanntzugeben.
(2) Die Kontrolle der Bekanntgabepflicht obliegt dem auf Grund von Art. 20 Abs. 2 Z 5a B-VG zur Aufsicht und Regulierung elektronischer Medien und zur Förderung der Medien eingerichteten Organ. (...)."
3. Das Bundesgesetz über die Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums (Medienkooperations- und - förderungs-Transparenzgesetz, MedKF-TG), BGBl I Nr 125/2011, lautet auszugsweise:
"Zielbestimmung
§ 1 . Dieses Bundesgesetz dient der Förderung der Transparenz bei Medienkooperationen sowie bei der Erteilung von Werbeaufträgen und der Vergabe von Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Druckwerks gemäß § 1 Abs. Z 5 des Mediengesetzes - MedienG, BGBl. Nr. 314/1981 , oder eines periodischen elektronischen Mediums gemäß § 1 Z 5a MedienG.
Bekanntgabepflicht bei Aufträgen
§ 2 . (1) Zu dem in § 1 genannten Zweck haben die in Art. 126b Abs. 1, 2 und 3, Art. 126c, Art. 127 Abs. 1, 3 und 4, Art. 127a Abs. 1, 3, 4 und 9 und Art. 127b Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 , angeführten sowie sonstige durch Gesetz der Rechnungshofkontrolle unterworfene Rechtsträger für sämtliche entweder direkt oder unter Vermittlung über Dritte erteilten Aufträge
1. über (audiovisuelle) kommerzielle Kommunikation gemäß § 1a Z 6 des ORF-Gesetzes - ORF-G, BGBl. I Nr. 83/2001 , § 2 Z 2 des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes - AMD-G, BGBl. I Nr. 84/2001 , und Werbung und Patronanz gemäß § 19 Abs. 1 und 5 des Privatradiogesetzes - PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001 , sowie über Beiträge im Dienste der Öffentlichkeit im Inhaltsangebot des ORF (§ 14 Abs. 9 ORF-G) oder in Hörfunkprogrammen nach dem PrR-G oder in audiovisuellen Mediendiensten nach dem AMD-G und
2. über entgeltliche Veröffentlichungen gemäß § 26 MedienG an Medieninhaber eines periodischen Druckwerks oder sonst an Medieninhaber eines periodischen elektronischen Mediums
den Namen des jeweiligen periodischen Mediums, in dem - mit Ausnahme der Fälle des Abs 4 - Veröffentlichungen vorgenommen wurden, sowie die Gesamthöhe des jeweils innerhalb für die innerhalb eines Quartals erfolgten Veröffentlichungen (Z 1 und 2) zu leistenden Entgelts nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bekanntzugeben. Für die nach Z 2 erfassten periodischen Druckwerke bezieht sich die Bekanntgabepflicht auch auf entgeltliche Veröffentlichungen in den dem periodischen Druckwerk angefügten Beilagen oder Sondertitel.
(...)
(4) Wurden für einen Rechtsträger keine Aufträge im Sinne des Abs. 1 im jeweils maßgeblichen Quartal durchgeführt oder beträgt die Gesamthöhe des Entgelts der von einem Medieninhaber eines periodischen Mediums durchgeführten Aufträge nicht mehr als 5000 Euro im jeweiligen Quartal, so ist dies im Wege der Webschnittstelle (Abs. 3) innerhalb der in Abs. 3 genannten Frist gesondert bekanntzugeben.
(...)
Bekanntgabepflicht und Veröffentlichung von Förderungen
und Programmentgelt
§ 4 . (1) Zusätzlich zu den Bekanntgabepflichten nach § 2 Abs. 1 haben die dort angeführten Rechtsträger für an Medieninhaber eines periodischen Mediums gewährte Förderungen
1. aus den Fonds gemäß § 29 und § 30 des KommAustria-Gesetzes - KOG, BGBl. I Nr. 32/2001
2. nach dem Presseförderungsgesetz 2004 - PresseFG 2004, BGBl. I Nr. 136/2003 ,
3. nach Abschnitt II des Publizistikförderungsgesetzes 1984 - PubFG, BGBl. Nr. 369/1984 , sowie
4. die mit den in Z 1 bis 3 angeführten Fördermaßnahmen insofern inhaltlich vergleichbar sind, als insbesondere die inhaltliche Gestaltung, Herstellung oder Verbreitung eines periodischen Druckwerks oder die inhaltliche Gestaltung und Ausstrahlung oder Abrufbarkeit eines periodischen elektronischen Mediums gefördert werden,
den Namen des Förderungsempfängers und die Gesamtsumme der jeweils innerhalb eines Quartals gewährten Förderungen bekanntzugeben. Maßgeblich ist die Zusage der Förderung, wobei nachträgliche Änderungen nicht zu berücksichtigen sind. § 2 Abs. 3 und 4 sowie § 3 sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Wurden von einem Rechtsträger keine Förderungen im Sinne des Abs. 1 im jeweils maßgeblichen Zeitraum vergeben oder beträgt die Gesamthöhe der Förderung an einen Medieninhaber nicht mehr als 5 000 Euro im entsprechenden Quartal, so ist dies im Wege der Webschnittstelle (§ 2 Abs. 3) gesondert bekanntzugeben.
(...)
Verwaltungsstrafe
§ 5 . (1) Wer seiner Bekanntgabepflicht gemäß § 2 oder § 4 bis zu dem in § 2 Abs. 3 genannten Zeitpunkt nicht nachkommt und auch die Nachfrist gemäß § 3 Abs. 2 ungenutzt verstreichen lässt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 60 000 Euro zu bestrafen.
(2) Weiters begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 60 000 Euro, zu bestrafen, wer eine Bekanntgabe veranlasst, deren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit offensichtlich ist oder von der KommAustria aus Anlass einer Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellt wurde."
4. Das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria ("KommAustria") (KommAustria-Gesetz - KOG), BGBl I Nr 32/2001 idF BGBl I Nr 84/2013 , lautet auszugsweise:
"Kommunikationsbehörde Austria
§ 1. (1) Zur Verwaltungsführung und Besorgung der Regulierungsaufgaben im Bereich der elektronischen Audiomedien und der elektronischen audiovisuellen Medien einschließlich der Aufsicht über den Österreichischen Rundfunk und seine Tochtergesellschaften, ist die Kommunikationsbehörde Austria ("KommAustria") eingerichtet.
(2) Der KommAustria obliegt weiters die Förderungsverwaltung für Medien nach Maßgabe bundesgesetzlicher Vorschriften.
(3) Der KommAustria obliegt schließlich die Kontrolle der Bekanntgabepflicht von Medienkooperationen, Werbeaufträgen und Förderungen nach Maßgabe bundesgesetzlicher Vorschriften.
Aufgaben und Ziele der KommAustria
§ 2. (1) Die Verwaltungsführung und Besorgung der Regulierungsaufgaben im Sinne des § 1 Abs. 1 umfasst die der KommAustria durch gesonderte bundesgesetzliche Vorschriften zugewiesenen Aufgaben, insbesondere:
(...)
12. Wahrnehmung der Aufgaben nach dem MedKF-TG, BGBl. I Nr. 125/2011 . (...)
Zuständigkeit
§ 13. (1) Die KommAustria besorgt jene Aufgaben, die ihr in § 2 dieses Bundesgesetzes sowie auf Grund gesonderter bundesgesetzlicher Regelungen zugewiesen sind. (...)
(...)
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Zuständigkeit
§ 36. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013), durch Senat."
IV. Erwägungen
1. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
2. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Revision mit der Begründung zugelassen, dass "zur Frage der Anwendbarkeit des § 45 Abs 1 Z 4 VStG in Fallkonstellationen wie der hier zu beurteilenden noch keine höchstgerichtliche Judikatur" vorliege. Von der Lösung dieser Rechtsfrage hängt - wie im Folgenden zu zeigen ist - die Revision jedoch nicht ab, weshalb schon deshalb die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht erfüllt wären.
3. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts jedoch nicht gebunden (§ 34 Abs 1a VwGG). Er kann daher auch eine Revision annehmen, die - wie hier - von einer anderen in der Revision angesprochenen grundsätzlichen Rechtsfrage abhängt. Die Revision macht diesbezüglich geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Zuständigkeit unrichtig beurteilt.
4. Aufgrund dieses Vorbringens ist die Revision zulässig und begründet.
Nach den angeführten verfassungs- und einfachgesetzlichen Vorschriften (§ 1 Abs 2 BVG MedKF-T; §§ 1 Abs 3, 2 Abs 1 Z 12, 13 KOG) obliegt die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem MedKF-TG der KommAustria, die damit eine Angelegenheit der Vollziehung des Bundes als unmittelbare Bundesbehörde besorgt. Für Beschwerden gegen ihre Entscheidungen ist deshalb nach Art 131 Abs 2 B-VG das Verwaltungsgericht des Bundes zuständig, das dabei nach § 36 KOG durch Senat zu entscheiden hat.
5. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.
Wien, am