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VwGH vom 21.11.2013, 2011/15/0170

VwGH vom 21.11.2013, 2011/15/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der m OG in K, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7/4. OG, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. RV/0029-K/11, betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO (hinsichtlich Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2006 bis 2008), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum Tätigkeitsbereich der beschwerdeführenden Personengesellschaft gehört das Personalleasing.

Bei der Beschwerdeführerin wurde im Jahr 2009 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben für die Jahre 2005 bis 2008 durchgeführt. Die Prüferin gelangte dabei zur Auffassung, dass die von der Beschwerdeführerin an die F-GmbH ausgezahlten Honorare in Wahrheit der natürlichen Person JF als Empfänger zuzurechnen seien. Auf Grund der vorgefundenen Umstände gehe die Prüferin davon aus, dass JF Dienstnehmer der Beschwerdeführerin sei.

Im Prüfungsbericht vom hält die Prüferin u. a. fest, in der Buchhaltung der Beschwerdeführerin schienen Fremdleistungen der F-GmbH, die ihren Sitz in Bosnien habe, auf. Die Verrechnung sei in Form von Eingangsrechnungen der F-GmbH an die Beschwerdeführerin erfolgt. Ing. MB, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, habe gegenüber der Prüferin zwar angegeben, die F-GmbH sei Subunternehmer. Bei einer Überprüfung durch die KIAB seien allerdings in der Buchhaltung der Beschwerdeführerin Arbeitsstundennachweise für JF vorgefunden worden. Laut Aussage des JF sei ihm von Ing. MB aufgetragen gewesen, genaue Stundenaufzeichnungen zu führen und die geleisteten Stunden mit einem Stundensatz von 25 EUR in 14-tägigen Abständen abzurechnen. Die Aufträge habe JF immer von Ing. MB erhalten, der ihm auch mitgeteilt habe, wo sich die diversen Baustellen befänden und für welche Firma er zu arbeiten habe.

Nach Ansicht der Prüferin sprächen mehrere Kriterien (Bindung an Arbeitsort, Arbeitszeit, Stundenaufzeichnungen, Art der Ausführung der Arbeit, Kontrollunterworfenheit, persönliche Anwesenheitspflicht) für eine nichtselbständige Tätigkeit des JF.

Mit Bescheiden vom folgte das Finanzamt der Auffassung der Prüferin, indem es die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Bezüge des JF für die Jahre 2006 bis 2008 zur Haftung für Lohnsteuer heranzog und ihr für diesen Zeitraum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorschrieb.

Diese Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag bekämpfte die Beschwerdeführerin nicht.

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, "dem Beschluss des UVS Kärnten Rechnung zu tragen und die durchgeführte Prüfung als falsch aufzuheben". Zur Begründung wurde ausgeführt, die Prüfungsmaßnahmen hätten auch dazu geführt, dass die Bezirkshauptmannschaft ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Ing. MB wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG (Verletzung einer Meldepflicht) durchgeführt habe. Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft habe der UVS für Kärnten nunmehr mit Bescheid vom aufgehoben und zugleich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. "Daher sind die fälligen Abgabenhöhen wieder auf den ursprünglichen Stand - wie korrekt gemeldet - zurückzustellen und die Erhöhung der Abgaben durch die falsche rechtliche Beurteilung zurückzunehmen."

Im Weiteren gibt die Beschwerdeführerin sodann Auszüge aus der Begründung des Berufungsbescheides des UVS wieder. Unter einem legte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt eine Kopie dieser Entscheidung des UVS vor.

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, der Entscheidung des UVS vom Rechnung zu tragen und die aufgrund der Prüfung ergangenen Lohnsteuerhaftungsbescheide sowie Abgabenbescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag aufzuheben.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde ausgesprochen, dass der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Aufhebung der Bescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2006 bis 2008 abgewiesen wird. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Definition des Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 sei eine eigenständige des Steuerrechts und daher mit den korrespondierenden Begriffen des Sozial- und Arbeitsrechtes nicht immer deckungsgleich. Aus abgabenrechtlicher Sicht sei von einem Dienstverhältnis auszugehen. Der UVS sei nicht Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin einen als Berufung zu wertenden "Einspruch" gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes vom . Begründend führte sie darin aus, dass das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren betreffend das Dienstverhältnis zu JF unzureichend geführt worden sei. Die Berufung enthält sodann Sachverhaltsvorbringen zu einzelnen Merkmalen eines Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe sich auf das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat bezogen und daraus geschlossen, aus dessen Rechtsansicht ergebe sich, dass die vom Finanzamt erlassenen Haftungs- und Abgabenbescheide rechtswidrig seien. Dieses Vorbringen könne der Berufung nicht zum Durchbruch verhelfen. Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat (bzw. der Bezirkshauptmannschaft) einerseits und vom Finanzamt andererseits abgeführten Verfahren beträfen nämlich unterschiedliche Rechtsbereiche. Zum einen gehe es um das ASVG zum anderen um das EStG und die BAO. Das Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 decke sich nicht immer mit jenem des Arbeits- und Sozialrechtes; die Finanzbehörden hätten die Beurteilung stets nach abgabenrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Im gegenständlichen Fall habe die abgabenrechtliche Beurteilung ergeben, dass bei JF die Merkmale der Nichtselbständigkeit überwögen und daher von einem Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin auszugehen sei.

Die vom Finanzamt erlassenen und in Rechtskraft erwachsenen Bescheide erwiesen sich somit als rechtsrichtig und einer Aufhebung nach § 299 BAO nicht zugänglich.

Wenngleich für das gegenständliche Verfahren irrelevant, wolle die belangte Behörde aber darauf hinweisen, dass die Beschwerdeführerin bei der Prüfung auf eine Schlussbesprechung verzichtet habe und die ihr eingeräumte Frist zur Einbringung von Rechtsmitteln gegen die nach der Prüfung vom Finanzamt erlassenen Bescheide ungenützt habe verstreichen lassen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 und 124/2003 kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Gemäß § 299 Abs. 2 leg. cit. ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

§ 299 Abs. 1 BAO räumt dem Steuerpflichtigen ein Antragsrecht auf Bescheidaufhebung ein. Den Aufhebungsgrund bestimmt bei der Aufhebung auf Antrag die betreffende Partei. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachtet. Korrespondierend dazu legt bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen die Abgabenbehörde erster Instanz mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die in der Berufung gegen einen Aufhebungsbescheid oder einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, bei der beantragten Aufhebung durch die Partei im Aufhebungsantrag und bei der amtswegigen Aufhebung durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0119). Die Berufungsbehörde kann sohin nicht einen Umstand als Grund für die beantragte Aufhebung nach § 299 BAO heranziehen, der dem Finanzamt nicht bereits im Aufhebungsantrag vorgelegen ist.

Der Aufhebungsantrag der Beschwerdeführerin vom ist - selbst unter Einbeziehung der Eingabe vom - ausschließlich auf den Umstand gestützt, dass der Berufungsbescheid des UVS Kärnten vom ergangen ist, mit welchem das von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt gegenüber Ing. MB wegen des Vorwurfs einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG ergangene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden ist.

Aus dem Umstand, dass an Ing. MB ein Berufungsbescheid des UVS Kärnten ergangen ist, mit welchem gegenüber Ing. MB ein Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden ist, ergibt sich nicht, dass sich der Spruch der in Rede stehenden, an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheide des Finanzamtes betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Haftung für Lohnsteuer "als nicht richtig erweist". Es besteht keine Bindung der Abgabenbehörden an die Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung im genannten, das an Ing. MB ergangene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft aufhebenden Berufungsbescheid des UVS. Das Verfahren vor dem UVS und jenes vor den Abgabenbehörden betreffen überdies auch nicht die Vollziehung derselben Rechtsnormen.

Es ist sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde der Berufung gegen die Abweisung des Aufhebungsantrages keine Folge gegeben hat.

In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. So sei nicht festgestellt worden, dass die F-GmbH weisungsungebunden agiert habe, nicht von der Beschwerdeführerin kontrolliert worden sei und als selbständige Subunternehmerin Honorarnoten gelegt habe. Zudem sei von der Beschwerdeführerin kein Werkzeug gestellt worden. Die belangte Behörde habe auch nicht geprüft, ob der bezahlte Stundensatz von 25 EUR einem Fremdvergleich für Dienstnehmer standhalte. Bei richtiger Feststellung des Sachverhalts hätte sich ergeben, dass die rechtlichen Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht vorlägen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, beschränkt sich doch die mit dem Aufhebungsantrag festgelegte "Sache" (auch) des Berufungsverfahrens auf die Frage, ob die bloße Tatsache des Ergehens des ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Ing. MB einstellendes Berufungsbescheides des UVS die Unrichtigkeit der Bescheide des Finanzamtes zur Folge hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am