VwGH vom 18.01.2012, 2009/08/0030

VwGH vom 18.01.2012, 2009/08/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der S R in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2008-0566-9-002119, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. bis nicht zuerkennt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes "gemäß § 7 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 21a Abs. 1 bis 3" AlVG ab. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, die Beschwerdeführerin habe im April 2008 eine vorübergehende Beschäftigung an insgesamt 6 Tagen ausgeübt. Der aus dem erzielten Einkommen gemäß § 21a AlVG anzurechnende Betrag übersteige den täglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Am wurde an die Beschwerdeführerin ein weiterer Antrag auf Arbeitslosengeld ausgegeben. In einer Niederschrift vom vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie im Juni 2008 keine Einkünfte gehabt habe.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse vom wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld ab dem gebührt. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, die Beschwerdeführerin habe den Antrag auf Arbeitslosengeld erst am erfolgreich geltend gemacht.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Da sie im Mai 2008 noch verdient habe, sei ihr Antrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt worden. Dies verstehe sie und finde es auch gerechtfertigt. Im Juni 2008 habe sie jedoch nicht verdient und somit stehe ihr ihres Wissens Arbeitslosengeld zu. Im Juni und Juli habe sie noch in 1190 Wien gewohnt; somit sei das Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel für sie zuständig gewesen; seit Mai sei sie dort als arbeitslos gemeldet. Da sie Anfang Juli 2008 nach 1160 Wien umgezogen sei, habe ihre Beraterin ihr mitgeteilt, dass nicht mehr die regionale Geschäftsstelle Währinger Gürtel, sondern jene in der Huttengasse zuständig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den Bescheid dahin ab, dass der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld ab dem gebühre.

Die belangte Behörde führte aus, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld vom sei zwar mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel vom abgewiesen worden; auch am habe die Beschwerdeführerin beim Arbeitsmarktservice Huttengasse einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. In den zur Beschwerdeführerin geführten chronologischen Aufzeichnungen sei jedoch mit ein Eintrag ersichtlich, wonach die Beschwerdeführerin (an diesem Tag) persönlich vorgesprochen habe.

Der Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sei vom Arbeitslosen persönlich bei der nach seinem Wohnort, mangels eines solchen bei der nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen regionalen Geschäftsstelle geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches sei das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Grundsätzlich sehe das Gesetz vor, dass allfällige Leistungsansprüche persönlich geltend zu machen seien. Im Rahmen der Manuduktionspflicht wäre das Arbeitsmarktservice jedoch verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin bereits am einen Antrag auf Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auszufolgen. Der Berufungseinwand der Beschwerdeführerin, sie habe im Juni nicht verdient, könne erst ab berücksichtigt werden, da eine frühere persönliche Vorsprache nach der rechtskräftigen Abweisung vom nicht dokumentiert sei und von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet werde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG (idF BGBl. I Nr. 104/2007) gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosmeldung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unverzüglich nach der Kenntnis der Kündigung oder sonstigen Auflösung oder Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses oder von der Beendigung der Beschäftigung und die Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld binnen einer Woche nach dem Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 AlVG ruht. Bei späterer Meldung gebührt das Arbeitslosengeld frühestens ab dem Tag der Geltendmachung. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5 AlVG.

Gemäß § 21a Abs. 1 AlVG (idF BGBl. I Nr. 77/2004) ist das aus vorübergehender Erwerbstätigkeit erzielte Nettoeinkommen in einem Kalendermonat auf das an den verbleibenden Anspruchstagen gebührende Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen. Als vorübergehende Erwerbstätigkeit gelten Beschäftigungen, die für weniger als vier Wochen vereinbart wurden, und selbständige Erwerbstätigkeiten, die weniger als vier Wochen lang ausgeübt werden.

§ 46 AlVG (idF BGBl. I Nr. 77/2004) lautet auszugsweise:

"(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Das Arbeitsmarktservice hat neben einem schriftlichen auch ein elektronisches Antragsformular zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich vorgesprochen und das ausgefüllte Antragsformular abgegeben hat. Hat die arbeitslose Person zum Zweck der Geltendmachung des Anspruches bereits persönlich vorgesprochen und können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so kann die regionale Geschäftsstelle vom Erfordernis der persönlichen Abgabe des Antrages absehen. Eine persönliche Abgabe des Antrages ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

(…)

(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.

(6) Hat die arbeitslose Person den Eintritt eines Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestandes wie zB die bevorstehende Aufnahme eines Dienstverhältnisses ab einem bestimmten Tag mitgeteilt, so wird der Bezug von Arbeitslosengeld ab diesem Tag unterbrochen. Tritt der Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestand nicht ein, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach der Unterbrechung, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.

(7) Ist der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung oder das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Die arbeitslose Person ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen."

2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die belangte Behörde habe zwar erkannt, dass der erstinstanzlichen Behörde ein Manuduktionsdefizit unterlaufen sei, sie habe diesen Umstand aber nicht "ausreichend verwertet". Die Beschwerdeführerin habe bereits vor dem Juni 2008 persönlich einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld eingebracht; aufgrund eines im Mai 2008 dennoch erzielten Einkommens sei dieser Anspruch aber nicht gegeben gewesen und sei demgemäß auch nicht gewährt worden. Die Behörde erster Instanz hätte die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam machen müssen, dass sie im Hinblick auf die fortdauernde Arbeitslosigkeit neuerlich einen ausdrücklichen Antrag stellen müsse, um für den Folgemonat Arbeitslosengeld zu erhalten. Der Beschwerdeführerin sei Anfang Juni 2008 sogar die absolut unrichtige Auskunft erteilt worden, sie solle den Antrag rückwirkend nach Ablauf des Monats Juni einbringen. Da die Beschwerdeführerin keine Frist habe versäumen wollen, habe sie unaufgefordert am vorgesprochen; sie sei dort neuerlich auf den Juli verwiesen worden. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, jene Aufzeichnungen aufzulisten, die seit der Abweisung des vorangehenden Antrages auf Arbeitslosengeld im Umfang eines Anspruches für Mai 2008 tatsächlich angefallen seien. Die belangte Behörde hätte auch eine schriftliche Stellungnahme des Sachbearbeiters bei der regionalen Geschäftsstelle Währinger Gürtel einholen und verwerten müssen. Sollte der belangten Behörde der vorliegende Sachverhalt nicht vollkommen klar erschienen sein, wäre auch die Vorladung der Beschwerdeführerin vor die Berufungsbehörde erforderlich gewesen. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerdeführerin, sie habe bereits für Zeiträume vor dem die Zuerkennung von Arbeitslosengeld beantragt. Aufgrund eines vorübergehenden Engagements habe sich aber ein relevantes Einkommen ergeben. Durch den vorübergehenden Bezug sei lediglich eine Unterbrechung eingetreten; diese Unterbrechung habe mit dem Ende des Engagements ebenfalls geendet, sodass der geltend gemachte Anspruch wieder aufgelebt habe.

3. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. bis verletzt. Der angefochtene Bescheid spricht der Beschwerdeführerin lediglich einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem zu, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen. In der Begründung wird allerdings darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin erstmals am bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vorgesprochen habe. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den besagten Zeitraum zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0041).

4. Nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs. 1 AlVG kommt es für die Qualifizierung eines Sachgeschehens als "Geltendmachung des Anspruches", an die das Gesetz den Beginn des Bezuges von Leistungen nach dem AlVG knüpft, auf die persönliche Abgabe des Antrages bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter Verwendung des hiefür bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars innerhalb der in § 46 Abs. 1 AlVG genannten Fristen an. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nimmt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen vor. Diese abschließende Normierung lässt es - selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst in jenen Fällen, in denen ein Arbeitsloser auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, dieser auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist und die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung keine gesetzliche Grundlage findet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0089, mwN).

5. Im Verfahren ist strittig, ob die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Arbeitslosengeld wirksam - mit Wirkung ab dem - geltend gemacht hat. Nicht strittig ist hingegen, dass die Beschwerdeführerin seit der ersten Geltendmachung von Arbeitslosengeld am die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 AlVG erfüllte; dies mit der (ebenfalls unstrittigen) Einschränkung, dass die Beschwerdeführerin vorübergehend erwerbstätig war. Wie sich aus der in den Akten des Verwaltungsverfahrens befindlichen (der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am übermittelten) Arbeitsbescheinigung ergibt, war die Beschwerdeführerin am 11., 17., 18., 19., 20. und 23. April sowie am 1., 2., 3., 8. und beschäftigt. Das Entgelt aus diesen Beschäftigungen überschritt jeweils (unstrittig) die Geringfügigkeitsgrenze (§ 12 Abs. 3 lit. a iVm § 12 Abs. 6 lit. a AlVG).

6. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der erstinstanzliche (rechtskräftige) Bescheid vom einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für den hier zu beurteilenden Zeitraum (1. bis ) aus folgenden Gründen nicht entgegensteht:

6.1. Spruch und Begründung eines Bescheides bilden eine Einheit, sodass für die Ermittlung des Sinnes eines Bescheides auch die Begründung heranzuziehen ist, wenn wegen der Unklarheit des Spruches an seinem Inhalt Zweifel bestehen (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 59 AVG E 48). Der Spruch eines Bescheides ist im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes auszulegen ("gesetzeskonforme" Auslegung, vgl. aaO, E 40; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 110 ff).

Zum Zeitpunkt der Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom über den ersten Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes war der regionalen Geschäftsstelle - aus der ihr am übermittelten Arbeitsbescheinigung - bekannt, dass die Beschwerdeführerin in den Monaten April und Mai 2008 vorübergehend erwerbstätig war und dass diese Erwerbstätigkeit nunmehr (laut Arbeitsbescheinigung: durch Zeitablauf) beendet war. Mit dem Bescheid vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom (an sich) ohne Einschränkungen abgewiesen; im Spruch des Bescheides wurde aber insbesondere auf § 21a AlVG verwiesen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich zudem unzweifelhaft, dass die Abweisung deshalb erfolgte, weil der Anrechnungsbetrag für April 2008 den Anspruch auf Arbeitslosengeld überstieg.

6.2. Vorübergehende Erwerbstätigkeiten führen einerseits dazu, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld an diesen Tagen - mangels Arbeitslosigkeit - nicht besteht (insoweit ist der Bezug von Arbeitslosengeld iSd § 46 Abs. 5 und 7 AlVG unterbrochen); anderseits ist das aus der vorübergehenden Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen gemäß § 21a Abs. 1 AlVG auf das an den verbleibenden Anspruchstagen gebührende Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen (vgl. etwa Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 7. Lfg., § 21a Rz 481).

Die Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit nach § 21a AlVG führt aber insbesondere nicht zum (möglichen) Entfall einer materiellen Anspruchsvoraussetzung für die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung; dies im Gegensatz etwa zur Berücksichtigung des Einkommens im Rahmen der Notstandshilfe gemäß § 36 AlVG (dort kann die Berücksichtigung des - eigenen oder jenes des Ehepartners - Einkommens zum Entfall der Anspruchsvoraussetzung der Notlage führen). Eine Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a AlVG setzt vielmehr voraus, dass Arbeitslosengeld zusteht; das aus vorübergehender Erwerbstätigkeit erzielte Nettoeinkommen ist lediglich - entsprechend § 21a Abs. 2 und 3 AlVG - auf das an den verbleibenden Anspruchstagen "gebührende" Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen.

6.3. Die Anrechnung des Einkommens aus einer vorübergehenden Erwerbstätigkeit setzt also voraus, dass Arbeitslosengeld - abgesehen von der Anrechnung - zusteht. Die Anrechnung des Einkommens gemäß § 21a Abs. 1 AlVG bezieht sich auch jeweils (nur) auf einen Kalendermonat. Wenn also mit dem Bescheid vom der Antrag der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld ("in Verbindung mit § 21a Abs. 1 bis 3" AlVG) abgewiesen wurde, so ist dieser Spruch - unter Berücksichtigung der Begründung bei gesetzeskonformer Auslegung - so zu verstehen, dass damit festgestellt wurde, der Beschwerdeführerin gebühre dem Grunde nach Arbeitslosengeld, im Hinblick auf die Anrechnung des Einkommens aus der vorübergehenden Erwerbstätigkeit ergebe sich dessen Höhe für April 2008 aber mit EUR 0,--. Eine Entscheidung über den - hier strittigen - Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. bis wurde hingegen mit dem Bescheid vom nicht getroffen.

7. Gemäß § 46 Abs. 5 und 7 AlVG ist nach Unterbrechung oder Ruhen des Anspruches der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. War der regionalen Geschäftsstelle das Ende des (62 Tage nicht überschreitenden) Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden.

Im hier vorliegenden Fall wurde am ein ("erster") Antrag auf Arbeitslosengeld an die Beschwerdeführerin ausgegeben und ihr eine Frist zur Rückgabe bis zum gesetzt. Diese Frist wurde bis zum verlängert, wobei die Rückgabe schließlich am erfolgte.

Durch die Wiedervorlage dieses ersten Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld am erfolgte auch eine Wiedermeldung (gemäß § 46 Abs. 5 AlVG) nach dem Unterbrechungsgrund der vorübergehenden Erwerbstätigkeit. Weitere Ruhens- oder Unterbrechungsgründe ab dieser Vorlage am werden von der belangten Behörde nicht angenommen. Insbesondere ist eine Anrechnung des Einkommens aus einer vorübergehenden Erwerbstätigkeit - anders als die vorübergehende Erwerbstätigkeit selbst - kein Unterbrechungs- oder Ruhensgrund iSd § 46 Abs. 5 und 7 AlVG, sodass insoweit (nach Beendigung des Anrechnungszeitraumes, also Ablauf des jeweiligen Kalendermonates) auch keine neuerliche Geltendmachung des Anspruches erforderlich ist.

8. Es liegt somit - ungeachtet des weiteren Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom - seit eine wirksame Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld vor, über welchen hinsichtlich des hier zu beurteilenden Zeitraumes mit dem Bescheid vom nicht entschieden wurde. Da auch die materiellen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld für den hier strittigen Zeitraum vorliegen, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, soweit sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. bis nicht zuerkannt hat, sodass der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am