VwGH vom 25.07.2013, 2011/15/0046

VwGH vom 25.07.2013, 2011/15/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Finanzamtes Kufstein Schwaz in 6333 Kufstein, Oskar Pirlo-Straße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0638-I/07, betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2004 (mitbeteiligte Partei: M in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Steuerberater. Er war zunächst mit einem zweiten Steuerberater Gesellschafter einer auf dem Gebiet der Steuerberatung tätigen Personengesellschaft. Mit Realteilungsvertrag vom kam es zur Aufteilung der Gesellschaft zum . In der Folge führten der Mitbeteiligte und der zweite Gesellschafter jeweils einen Steuerberatungsbetrieb als Einzelunternehmen. Die Gewinnermittlungen erfolgten vor und nach der Realteilung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988.

Bei einer Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 wurde die Feststellung getroffen, dass "der Ausgleichsposten gemäß § 29 UmgrStG sowie der rechnerische doppelte Gewinnermittlungsartwechsel" für die Realteilung der Kanzlei zum zwar ermittelt, in weiterer Folge aber nicht erklärt worden sei. Es ergebe sich für den Mitbeteiligten ein "Übergangsgewinn" von 543.663,73 S, der nach Abzug des aktiven Ausgleichspostens (zur Vermeidung der Verschiebung stiller Reserven) von 264.567,62 S verteilt auf 15 Jahre aufzulösen sei. Dies führe beim Mitbeteiligten zu Gewinnerhöhungen in den Jahren ab 2001.

Gegen die den Prüfungsfeststellungen entsprechend ergangenen Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2004 erhob der Mitbeteiligte Berufung und wendete ein, dass die steuerliche Zurechnung des Übergangsgewinns von 543.663,72 S "nicht richtig" sei. Die Mitunternehmerschaft habe den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt; die Nachfolgeunternehmen hätten diese Gewinnermittlungsart beibehalten. In Rz 1579 der UmgrStR werde festgehalten, dass der mit der Bilanzierung im Normalfall verbundene Wechsel zur Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 nicht eintrete, wenn die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 stets beibehalten werde. Der Jahresabschluss zum Realteilungsstichtag habe diesfalls bloß Statuscharakter ("Evidenzstatus"). Der Mitbeteiligte habe den Gewinn weiterhin nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt.

Der "Übergangsgewinn" von 543.663,73 S entspreche den vom Mitbeteiligten erhaltenen bzw. geleisteten Einnahmen und Ausgaben der Jahre ab 2001. Sie seien in den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen dieser Jahre auch entsprechend berücksichtigt worden. Jeder Ansatz eines Übergangsgewinns würde zu einer doppelten Besteuerung (im Ausmaß dieses Übergangsgewinns) führen.

Im Übrigen sei - wenn die vorstehenden Argumente gegen den Ansatz eines rechnerischen Übergangsgewinns dem Grunde nach nicht stichhaltig sein sollten - die Aufteilung des für die Mitunternehmerschaft berechneten Übergangsgewinns auf die Gesellschafter nach dem Verhältnis der Kapitalkonten (56,73 % zu 43,27 %), wie sie der Betriebsprüfer vorgenommen habe, jedenfalls unrichtig. Vor der Realteilung sei das Ergebnis zwischen dem Mitbeteiligten und dem Mitgesellschafter nämlich stets im Verhältnis 50 zu 50 aufgeteilt worden. Jede andere Zuteilung wäre unbegründet.

In den Berufungsvorentscheidungen führte das Finanzamt aus, Rz 1579 der UmgrStR besage lediglich, dass die auf Grund der Realteilung erforderliche Bilanzierung (in den Nachjahren) unterbleiben könne, wenn beide ehemaligen Mitunternehmer den Gewinn weiterhin nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten. Zum Teilungsstichtag habe der auf den Mitbeteiligten (auf Grund seines Kapitalanteils von 56,73 %) entfallende anteilige Übergangsgewinn 2.260.276 S betragen. Die tatsächliche Zuteilung an für einen Übergangsverlust relevanten Vermögenswerten an den Mitbeteiligten habe 1.716.612 S betragen. In der Differenz von 543.664 S sei daher ein zu versteuernder Übergangsgewinn zu erblicken.

Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge.

Erfolge bei einer Realteilung iSd Art. V UmgrStG die Übertragung der Vermögensteile zum Regelbilanzstichtag der übertragenden Personengesellschaft, so ergebe sich die Besteuerungsgrundlage für die Mitunternehmer der übertragenden Personengesellschaft aus der Steuerbilanz dieser Gesellschaft zum Bilanzstichtag.

Werde der Gewinn von der übertragenden Personengesellschaft nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt und werde diese Art der Gewinnermittlung von den ausscheidenden Mitunternehmern nach der Realteilung beibehalten, so komme es durch die Realteilung zu keinem Wechsel der Gewinnermittlungsart. Die Teilungsbilanz habe ausschließlich die Aufgabe, einen Status festzuhalten (Hinweis auf Hügel/Mühlehner/Hirschler , UmgrStG, Wien 2000, 459).

Nach herrschender Lehre und Verwaltungspraxis müsse bei den Nachfolgeunternehmern eine Korrektur der steuerlichen Ergebnisse erfolgen, um eine Verschiebung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen auf Grund der bisher in Anspruch genommenen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 auszuschließen. Die Korrektur erfolge im Weg der Ermittlung von Differenzbeträgen, die (als Korrekturposten) bei den steuerlichen Ergebnissen der Nachfolgeunternehmer nach dem Teilungsstichtag zu berücksichtigen seien (Hinweis auf Wundsam/Zöchling/Huber/Khun , UmgrStG4, § 30 Rz. 7).

Die Berechnung des Korrekturbetrags solle demnach in Form eines fiktiven doppelten Wechsels der Gewinnermittlungsart (von der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 auf jene nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 bei der Personengesellschaft; von der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 1 auf jene nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 beim Gesellschafter nach erfolgter Realteilung) erfolgen. Die steuerliche Auswirkung ergebe sich auf Grund der unterschiedlichen Verteilung der beiden Übergangsgewinne bzw. - verluste.

Der Mitbeteiligte vertrete die Rechtsansicht, dass ein Gesellschafter (A), der aus dem Forderungsbestand einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft von beispielsweise insgesamt

1.200 lediglich Forderungen mit einem Betrag von 400 übernehme, auch nur diese Forderungen und nicht zusätzlich noch einen Betrag von 200 zu versteuern habe. Die von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung führe zu einem anderen Ergebnis, wie sich dies aus der folgenden beispielhaften Berechnung ergebe:

a) "Rechnerischer" Übergang von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1: A:

+600; B: +600;

b) "Rechnerischer" Übergang von § 4 Abs. 1 auf § 4 Abs. 3: A: - 400; B: -800;


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c)
Korrekturposten bei A: +200, bei B: -200;
d)
Gewinnauswirkung bei A: +400 (an Forderungseingang) + 200 (an Korrekturposten) = +600; bei B: +800 (an Forderungseingang) - 200 (an Korrekturposten) = +600.

Die belangte Behörde sei mit dem Beschwerdeführer der Ansicht, dass sich aus dem geltenden Recht eine Korrektur der steuerlichen Ergebnisse im Wege eines fingierten doppelten Wechsels der Gewinnermittlungsart nicht ergebe.

Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 UmgrStG habe der Nachfolgeunternehmer das übertragene Vermögen mit jenen Werten anzusetzen, die sich bei der geteilten Personengesellschaft bei Anwendung des § 16 unter Beachtung des § 29 leg. cit. ergäben.

Die Tatsache, dass die im Status erfassten Forderungen und Verbindlichkeiten (aus Lieferungen und Leistungen etc.) zu keinem steuerwirksamen Übergangsergebnis führten, sondern erst im Rahmen der laufenden Gewinnermittlung des Übernehmenden für alle Partner als laufende Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben steuerwirksam würden, sei nach herrschender Ansicht weder als Steuerlastverschiebung gemäß § 29 Abs. 1 letzter Satz iVm § 24 Abs. 2 letzter Satz UmgrStG noch als Äquivalenzverletzung gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 2 UmgrStG zu werten. Nach Ansicht des BMF (AÖFV Nr. 174/1998) handle es sich vielmehr um eine Frage der objektiv richtigen Gewinnermittlung und Gewinnzurechnung nach der Umgründung.

Die belangte Behörde halte dieser Ansicht des BMF entgegen, dass die vom Nachfolgeunternehmer übernommenen Vermögensgegenstände, zB Kundenforderungen, an Werthaltigkeit verlieren könnten, noch ehe sie (zur Gänze) vereinnahmt worden seien. Es wäre nicht sachgerecht, Korrekturposten, die auf Grund des fiktiven doppelten Wechsels der Gewinnermittlungsart anfielen, auch dann zur Gänze zu erfassen, wenn die entsprechenden Forderungen nach dem Teilungsstichtag an Wert verlören bzw. uneinbringlich würden. Bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG könnte dem Wertverlust der Forderung Rechnung getragen werden. Bei den "Korrekturposten" sei dies nicht der Fall. Sie blieben unverändert. Im oben dargestellten Beispielsfall hätten zwar A und B aus den Korrekturposten in Summe nichts zu versteuern. Es bliebe aber dabei, dass A jedenfalls den Betrag von 200 ertragswirksam zu erfassen hätte und B denselben Betrag gewinnmindernd geltend machen könnte. Daran würde sich nichts ändern, wenn von der nach Ansicht der Finanzverwaltung zulässigen "Alternativmethode" Gebrauch gemacht würde und die "rechnerischen Ergebnisse des doppelten Wechsels der Gewinnermittlungsart" - wie dies im vorliegenden Fall erfolgt sei - "in eine dem § 29 Abs. 1 UmgrStG entsprechende Vorsorgemethode eingekleidet werden" (vgl. Rz 1581 UmgrStR, Variante 2). Es komme dann nur zu einer Verteilung der (positiven und negativen) Korrekturposten auf 15 Jahre, unabhängig davon, ob und wann Forderungen eingegangen bzw. wertlos geworden seien.

Die Vornahme von Korrekturposten werde damit gerechtfertigt, dass auch bei Realteilungen sichergestellt sein müsse, dass die Gewinne bzw. Verluste - unabhängig von der Art der Gewinnermittlung - "demjenigen zugerechnet und damit bei ihm steuerlich wirksam werden, der sie erwirtschaftet hat".

Es möge zutreffend sein, dass die Leistungen, die den Kundenforderungen als mögliche Tangenten eines Übergangsgewinns zu Grunde liegen, vor dem Teilungsstichtag erbracht worden seien. Bei der Vereinnahmung der entsprechenden Forderungen handle es sich also um Resultate, die vor dem Teilungsstichtag "erwirtschaftet" worden seien. Dessen ungeachtet seien sie noch keine "Gewinne" (im steuerlichen Sinn), die erwirtschaftet worden seien. Werde das steuerlich relevante Ergebnis fortgesetzt im Weg der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt und komme es anlässlich der Realteilung zu keinem tatsächlichen Wechsel der Gewinnermittlungsart, wäre es unzulässig, davon auszugehen, dass die entsprechenden Gewinne schon vor dem Teilungsstichtag erzielt, dh. realisiert worden seien. Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung komme es nämlich auf den Zufluss bzw. Abfluss im Sinne des § 19 EStG 1988 an.

Nach § 4 Abs. 10 EStG 1988 sei durch Zu- und Abschläge auszuschließen, dass Veränderungen des Betriebsvermögens unberücksichtigt blieben. Die Regelung gelte nur für den Fall des Wechsels der Gewinnermittlungsart. Sie sei daher im gegebenen Zusammenhang nicht anwendbar. Übergangsverluste wären ansonsten auf sieben Gewinnermittlungszeiträume zu verteilen.

Bei den Komponenten, die - nach herrschender Ansicht - in die Ermittlung des "rechnerischen doppelten Übergangsgewinns" (Korrekturpostens) Eingang fänden, handle es sich noch nicht um realisierte Gewinne. Eine Norm, die es zulässig erscheinen ließe, "potentielle" Gewinne, die aus der Zeit der Mitunternehmerschaft herrührten, als realisiert anzusehen und den ehemaligen Gesellschaftern nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels zuzuteilen, bestehe offenkundig nicht. Es erscheine auch widersprüchlich, dass Gewinne aus Kundenforderungen beim Nachfolgeunternehmer (erst) nach Maßgabe des Zuflusses (§ 19 Abs. 1 EStG 1988) zu erfassen seien, gleichzeitig aber Vorsorge getroffen werden müsste, um eine "Verschiebung von Steuerwirkungen" zu vermeiden. Bei den Forderungen, die vor dem Teilungsstichtag entstanden seien, könne es sich nach Ansicht der belangten Behörde nur um die Träger "potentieller" Gewinne handeln, nämlich solcher, die - bei Beibehaltung derselben Gewinnermittlungsart - im Zeitpunkt ihres Zuflusses und im Umfang ihrer Werthaltigkeit verwirklicht würden.

Der Berufung sei daher Folge zu geben. Der "doppelte Übergangsgewinn" sei nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt Beschwerde erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 27 UmgrStG lautet auszugsweise:

"(1) Eine Realteilung im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Vermögen (Abs. 2 oder 3) von Personengesellschaften auf Grundlage eines schriftlichen Teilungsvertrages (Gesellschaftsvertrages) und einer Teilungsbilanz zum Ausgleich untergehender Gesellschafterrechte ohne oder ohne wesentliche Ausgleichszahlung (§ 29 Abs. 2) tatsächlich auf Nachfolgeunternehmer übertragen wird, denen das Vermögen zur Gänze oder teilweise zuzurechnen war. (…)

(2) Zum Vermögen zählen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile im Sinne des § 12 Abs. 2.

(3) Abweichend von Abs. 2 gilt folgendes:


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1.
(…)
2.
Liegen bei einem Betrieb, dessen wesentliche
Grundlage der Klienten- oder Kundenstock ist, keine Teilbetriebe im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 1 vor, gilt als Teilbetrieb die Übertragung jenes Teiles des Klienten- oder Kundenstocks, der vom Nachfolgeunternehmer bereits vor der Realteilung dauerhaft betreut worden ist und für sich als Betrieb geführt werden kann.

(4) Personengesellschaften sind solche, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind.

(5) Auf Realteilungen sind die §§ 28 bis 31 anzuwenden."

§ 29 Abs. 1 UmgrStG lautet auszuweise:

"(1) Für der Bewertung des Betriebsvermögens in der Teilungsbilanz gilt Folgendes:


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1.
Es sind § 14 Abs. 1 und § 16 Abs. 5 anzuwenden.
2.
Die Teilung zu Buchwerten (Buchwertteilung) ist nur
zulässig, wenn für die weitere Gewinnermittlung Vorsorge getroffen wird, daß es bei den an der Teilung beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang der Teilung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung kommt. Die dafür bei den Nachfolgeunternehmern eingestellten Ausgleichsposten sind ab dem dem Teilungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Wirtschaftsjahre abzusetzen oder aufzulösen. § 24 Abs. 2 letzter Satz ist anzuwenden.
(…)"
§ 30 Abs. 1 UmgrStG lautet auszugsweise:

(1) Für den Nachfolgeunternehmer gilt Folgendes:

1. Er hat das übertragene Vermögen mit jenen Werten

anzusetzen, die sich bei der geteilten Personengesellschaft bei Anwendung des § 16 unter Beachtung des § 29 ergeben haben.

(…)"

1. Ermittelt eine Personengesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988, ist im Falle einer Realteilung nach Art. V (§§ 27 ff) UmgrStG eine Bilanz nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG 1988 auf den Teilungsstichtag zu erstellen.

Ermitteln die Nachfolgeunternehmer den Gewinn ebenfalls nach § 4 Abs. 3 EStG 1988, erfolgt sohin durchgehend die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, tritt kein tatsächlicher Wechsel zum Betriebsvermögensvergleich mit anschließendem Rückwechsel zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ein (vgl. Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuerhandbuch, § 24 Tz 173). Die Bilanz auf den Teilungsstichtag hat in diesem Fall nur den Charakter eine Momentaufnahme des übertragenen Vermögens zum Zweck seiner exakten Erfassung und zum Zweck der Ermittlung von Voraussetzungen der Realteilung nach Art. V UmgrStG (vgl. nochmals Quantschigg/Schuch , aaO). Einer solchen Bilanz wird lediglich "Statuscharakter" beigemessen (vgl. Sulz/Oberkleiner , SWK 201, S 899f; Mühlehner , in Hügel/Mühlehner/Hirschler , UmgrStG,§ 29 Rz 26;

Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn , UmgrStG4, § 27 Rz 32;

Kofler , UmgrStrG § 27 Rz 102).

2. Im EStG 1972 und in den Vorgängergesetzen waren die steuerlichen Folgen des Wechsels der Gewinnermittlungsart nicht ausdrücklich geregelt. Mit dem EStG 1988 wurde in § 4 Abs. 10 Z 1 im Wesentlichen die seinerzeit bereits bestehende Lehre und Judikatur zu den steuerlichen Auswirkungen des Wechsels verankert (vgl. ErlRV zum EStG 1988, in Hofstätter/Reichel , IA, 30).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den Vorgängergesetzen des EStG 1988 zu Recht erkannt, dass sich der Ansatz eines Übergangsgewinnes bzw. -verlustes als steuerliche Folge des Wechsels aus den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts ergibt. Der Grund für die Vornahme von Zu- und Abschlägen beim Übergang von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich und vice versa besteht darin, zu verhindern, dass auf die Dauer steuerlich relevante Vermögensmehrungen entweder überhaupt nicht oder doppelt erfasst werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2132/71, Slg. 4360/F, sowie Jiresch/Fasching/Langer , EStG 1967, Wien 1970, 115ff).

Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ist das Zufließen der Betriebseinnahmen und das Abfließen der Betriebsausgaben maßgeblich. Hingegen bleiben Forderungen und Schulden grundsätzlich außer Betracht. Aus dem System der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ergeben sich gegenüber jenem des Betriebsvermögensvergleiches unterschiedliche Periodenergebnisse. Die Zu- und Abschläge beim Wechsel zwischen den Gewinnermittungen nach § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind Ausdruck des diese beiden Gewinnermittlungsarten umfassenden Grundsatzes der Totalgewinngleichheit: Trotz unterschiedlicher Periodenergebnisse muss der akkumulierte Betriebsgewinn bei beiden Gewinnermittlungsarten grundsätzlich ident sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0116, Slg. 8305/F, sowie Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuer-Handbuch, § 4 Tz. 67 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Der Totalgewinn einer betrieblichen Tätigkeit darf nicht davon abhängen, ob die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder jene nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 gewählt wird bzw. zur Anwendung kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2143/77, 472/80). Folge dieses Grundsatzes der Totalgewinngleichheit ist es beispielsweise, dass auch bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der betrieblich veranlasste Nachlass einer Darlehensverbindlichkeit - obwohl kein Geldzufluss stattfindet - als Betriebseinnahme zu erfassen ist (vgl. Quantschnigg/Schuch , aaO, § 36 Tz. 5.1, und nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0116, Slg. 8305/F). Der betriebsbedingte Ausfall eines Darlehens stellt bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung eine Betriebsausgabe dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 83/13/0150).

Auch der gegenständliche Fall der Realteilung unter Aufrechterhaltung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Totalgewinngleichheit zu prüfen:

Als Beispiel sei angenommen eine aus den Gesellschaftern A und B bestehende Personengesellschaft. Nach der Gewinnverteilungsabrede soll jedem der Gesellschafter die Hälfte des Gewinnes zukommen. Die Gesellschaft umfasst zwei Teilbetriebe mit jeweils gleichem Verkehrswert und gleich hohen (bzw. keinen) stillen Reserven. Jeder der Teilbetriebe hat im Beobachtungsjahr durch Betriebsleistungen Erträge von 150 erzielt. Beim Teilbetrieb 1 besteht am Jahresende noch die (voll werthaltige) Kundenforderung von 150, diese wird am Ende des Folgejahres beglichen (Fall a) oder (durch einen bis dahin unvorhersehbaren Umstand) uneinbringlich (Fall b). Beim Teilbetrieb 2 hat der Kunde bereits bezahlt, was zu einem entsprechenden Zugang am Bankkonto dieses Teilbetriebes geführt hat. Am Ende des Beobachtungsjahres kommt es zur Realteilung nach Art. V UmgrStG: Der Gesellschafter A erhält den Teilbetrieb 1, der Gesellschafter B den Teilbetrieb 2.

Im Beobachtungsjahr ist sowohl dem Gesellschafter A wie auch dem Gesellschafter B die Hälfte des jeweiligen Jahresgewinnes zuzurechnen. Ermittelt die Gesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988, beträgt der jeweilige Gewinnanteil 150 (Hälfte des Jahresgewinnes von 300 bei Ausblendung sonstiger Aufwendungen und Erträge). Die Realteilung zum Ablauf des Beobachtungsjahres ändert nichts an der Zurechnung des Gewinnes aus den in diesem Jahr erbrachten Betriebsleistungen. Sollte die Kundenforderung am Ende des Folgejahres ausfallen, so führt dies bei A, der den Teilbetrieb 1 übernommen hat, zu Betriebsausgaben von 150. Der (aus Beobachtungsjahr und Folgejahr) kumulierte Gewinn von A beträgt 150 (Fall a) oder 0 (Fall b), jener von B beträgt 150.

Ermittelt die Gesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988, beträgt im Beobachtungsjahr der jeweilige Gewinnanteil 75 (Hälfte des Jahresgewinnes von 150). Wird nach der Realteilung die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 fortgesetzt, so ergibt sich:

Die Realteilung führt dazu, dass A mit dem Teilbetrieb 1 die Kundenforderung übernimmt. Geht die Kundenforderung ein, erzielt A Betriebseinnahmen von 150. Fällt die Forderung aus, unterbleiben diese Betriebseinnahmen. Der kumulierte Gewinn von A beträgt also 225 (Fall a) oder 75 (Fall b). Jener von B beträgt 75. Dem Grundsatz, wonach beide Gewinnermittlungsarten bei jedem Steuerpflichtigen zum gleichen Totalgewinn führen müssen, ist damit nicht entsprochen.

Wird allerdings zum Realteilungsstichtag ein Wechsel auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 und anschließend im jeweiligen Einzelunternehmen ein Wechsel zurück auf § 4 Abs. 3 EStG 1988 angenommen, ändert sich das Bild: In der Personengesellschaft wird der Übergangsgewinn von 150 - gleich wie der sonstige Jahresgewinn - zu gleichen Teilen (jeweils mit 75) den Gesellschaftern A und B zugerechnet. In der Folge führt die Forderung in dem von A übernommenen Teilbetrieb 1 zu einem Übergangsverlust des A von


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150.
Geht die Kundenforderung ein, erzielt A Betriebseinnahmen von
150.
Fällt die Forderung aus, unterbleiben diese Betriebseinnahmen. Der kumulierte Gewinn von A beträgt 150 (Fall a) oder 0 (Fall b), jener von B beträgt 150. Dem Grundsatz der Totalgewinngleichheit ist entsprochen.

Somit ergibt sich nur durch den Ansatz der Zu-/Abschläge die Übereinstimmung mit den Resultaten einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Der Grundsatz der Totalgewinngleichheit zwingt daher zur Vornahme der Zu-/Abschläge. Daran ändert nichts, dass - im Hinblick auf die durchgehende Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 - kein Fall des § 4 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorliegt, weil diese Bestimmung (insbesondere im Hinblick auf ihren zweiten und dritten Satz) nicht auf den Fall eines Wechsels und unmittelbaren Rückwechsels auf denselben Stichtag abstellt. Bleibt zu klären, in welchen Veranlagungsjahren die Zu-/Abschläge anzusetzen sind (siehe unter Punkt 4.).

3. In der Literatur wird weitgehend einhellig ebenfalls die Auffassung vertreten, dass die unter Punkt 2. genannten Zu- und Abschläge anzusetzen sind. Sie werden dabei als rechnerisch doppelter Wechsel der Gewinnermittlung (von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 und wiederum auf § 4 Abs. 3 EStG 1988) bezeichnet, der bewirkt, dass lediglich die saldierten Beträge aus diesen beiden Wechselvorgängen steuerlich zum Ansatz zu bringen sind (vgl. Kofler , UmgrstG,§ 27 Tz 102ff mwN;

Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn , UmgrStG4, § 30 Tz 7;

Walter , Umgründungssteuerrecht9, Rz 764; Hammerl , in Fraberger/Hirschler/Kanduth-Kristen/Ludwig/Mayr (Hrsg.), Handbuch der Sonderbilanzen II, 220). Die steuerliche Auswirkung ergebe sich auf Grund der unterschiedlichen Verteilung der beiden Stufen des doppelten Wechsels: Die erste erfolge nach dem Verhältnis der Erfolgsbeteiligung in der Personengesellschaft, die zweite nach Maßgabe der in die Nachfolgebetriebe übernommenen (für einen Übergangsgewinn relevanten) Werte.

Sulz/Oberleitner , SWK 2011, S 901, erachten den rechnerisch doppelten Wechsel als Ausfluss der Grundsätze des § 4 EStG 1988. Mühlehner , aaO, § 29 Rn 27, betont, es sei geboten, die Gewinne/Verluste demjenigen zuzurechnen, der sie erwirtschaftet hat. Demnach habe die teilende Mitunternehmerschaft rechnerisch die Wirkungen eines Wechsels zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln. Bei den Nachfolgebetrieben (und bei der allenfalls bestehen bleibenden teilenden Mitunternehmerschaft) seien rechnerisch die Wirkungen eines Wechsels zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 festzustellen. Der Saldo dieser rechnerischen Wechsel sei bei den Nachfolgebetrieben (und bei der allenfalls bestehen bleibenden teilenden Mitunternehmerschaft) anzusetzen. Damit werde sichergestellt, dass trotz weiterhin bestehender Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der bis zum Teilungsstichtag erwirtschaftete Gewinn gesetzeskonform den Gesellschaftern der Mitunternehmerschaft zugeordnet werde.

4. Nach § 29 Abs. 1 Z 2 UmgrStG ist Vorsorge zu treffen, dass es bei den an der Teilung beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang der Teilung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung kommt. Dies erfolgt durch den Ansatz von "Ausgleichsposten". Die bei den Nachfolgeunternehmern eingestellten Ausgleichsposten sind ab dem Wirtschaftsjahr, das dem Teilungsstichtag folgt, gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Wirtschaftsjahre abzusetzen oder aufzulösen.

Es entspricht der herrschenden Auffassung, dass sich Ausgleichsposten iSd § 29 Abs. 1 Z 2 UmgrStG nur auf stille Reserven beziehen, die aus der Differenz zwischen Teilwerten und bilanzierten Buchwerten resultieren (vgl. Kofler , UmgrStG,§ 29 Tz 24; Walter , Umgründungssteuerrecht9, Rz 776a, Hammerl , aaO, 221, Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn , UmgrStG4, § 29 Rz 16).

Wie Sulz/Oberkleiner , SWK S 900, zutreffend aufzeigen, dienen auch die in Rede stehenden Zu- und Abschläge aus dem rechnerisch doppelten Wechsel der Gewinnermittlung dazu, Steuerlastverschiebungen zu vermeiden. Es mag zutreffen, dass die Ausgleichsposten iSd § 29 Abs. 1 Z 2 UmgrStG nur für stille Reserven im klassischen Sinn gebildet werden. Da aber die in Rede stehenden Zu- und Abschläge in gleicher Weise den Zweck haben, Steuerlastverschiebungen zu vermeiden, muss die Wertungsentscheidung, welche der Gesetzgeber in § 29 Abs. 1 Z 2 UmgrStG in zeitlicher Hinsicht für Ausgleichposten getroffen hat, in gleicher Weise auf diese Zu- und Abschläge zur Anwendung kommen.

Solcherart entspricht die vom Finanzamt in der Beschwerde vorgetragene Ansicht, der beim Mitbeteiligen anzusetzende Betrag aus dem rechnerisch doppelten Wechsel der Gewinnermittlung müsse (wie ein Ausgleichposten) verteilt nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 Z 2 letzter Satz UmgrStG in Ansatz gebracht werden, dem Gesetz.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Für das fortzusetzende Verfahren sei darauf verwiesen, dass auf der ersten Stufe der Berechnung der Zu- und Abschläge aus dem rechnerisch doppelten Wechsel der Gewinnermittlung, nämlich dem rechnerischen Übergang von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 auf der Ebene der Mitunternehmerschaft, die Aufteilung des Übergangsgewinnes auf die Mitunternehmer nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu erfolgen hat, der auch im Falle des Eingangs der Kundenforderungen vor dem Realteilungsstichtag zur Anwendung gekommen wäre.

Wien, am