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VwGH vom 24.02.2011, 2011/15/0029

VwGH vom 24.02.2011, 2011/15/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des V S in R, vertreten durch Dr. Andreas Haberl und Dr. Gotthard Huber, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0379-L/07, betreffend Einkommensteuer 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Gesellschafts- und Sacheinlagevertrag vom brachte der Beschwerdeführer sein Einzelunternehmen rückwirkend gemäß Art. III UmgrStG in die S-GmbH ein. In der Einbringungsbilanz zum wurden "unbare Entnahmen" gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG von 250.000 EUR als Verbindlichkeit eingestellt.

In der Abgabenerklärung 2004 beantragte der Beschwerdeführer, den Betrag von 92.487,44 EUR begünstigt nach § 11a EStG 1988 zu besteuern. Der Betrag ergab sich aus dem Jahresgewinn von 188.093,44 EUR unter Berücksichtigung von Entnahmen von

95.606 EUR. Die Veranlagung erfolgte antragsgemäß.

Im Zuge einer Außenprüfung hielt der Prüfer im gemäß § 150 BAO erstellten Bericht unter anderem folgendes fest:

"Tz 2 Rücklage gem. § 11a EStG 1988 Überentnahmen bei Einzelunternehmen im Jahr 2004

Sachverhaltsdarstellung

(…) In der Einbringungsbilanz zum wurden unbare Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG in der Höhe von EUR 250.000,00 als Verbindlichkeit angesetzt. (…)

Prüferfeststellung zur Rücklage gemäß § 11a EStG 1988

Bei Umgründungen gemäß Art. III UmgrStG sind die Entnahmen (einschließlich unbarer Entnahmen gemäß Art. III UmgrStG) im Rückwirkungszeitraum gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG laut Einbringungsbilanz dem einbringenden Einzelunternehmer zuzurechnen, weshalb es im Jahr 2004 zu Überentnahmen kommt (…). Eine Rücklage gemäß § 11a EStG kann für das Jahr 2004 nicht gebildet werden. (…)

Der beantragte begünstigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG steht demnach im Jahr 2004 nicht zu. Der Betrag von EUR 92.487,44 ist demnach mit dem normalen Steuertarif gemäß § 33 EStG 1988 zu versteuern. "

Im - nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen - Einkommensteuerbescheid 2004 folgte das Finanzamt den Feststellungen der Außenprüfung.

Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er beantragte, die Einkommensteuer erklärungsgemäß zu berechnen. Durch den Gesellschafts- und Sacheinlagevertrag sei die "Einzelfirma" mit allen Aktiven und Passiven in die GmbH eingebracht worden. Die bisher im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücke und Gebäude seien mit den durch ein Sachverständigengutachten ermittelten Verkehrswerten angesetzt worden. In diesem Gutachten sei auch angeführt worden, dass das Wohngebäude des Beschwerdeführers im Einzelunternehmen nur zu einem Drittel genutzt worden sei, dieses aber als Ganzes in die GmbH eingebracht werde, da wegen der Expansion des Unternehmens in relativ kurzer Zeit mit einer betrieblichen Nutzung gerechnet werden müsse. Der Beschwerdeführer habe die ihm offen stehende Möglichkeit einer Entnahme nicht genutzt, sondern durch die Zurverfügungstellung des ganzen Wohngebäudes das Eigenkapital noch gestärkt. Der Prüfer habe die Überentnahme 2004 insofern unrichtig berechnet, als das Einlegen des Zwei-Drittel-Anteiles am Wohngebäude im Wert von 127.833 EUR unberücksichtigt geblieben sei. Diese Einlage sei von den Überentnahmen abzuziehen, sodass sich lediglich eine Überentnahme von 27.679,56 EUR ergebe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Nach herrschender Ansicht seien Entnahmen nach § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG auf Grund ihrer Rückwirkung auf den Einbringungsstichtag als Entnahmen im Sinne des § 11a EStG 1988 zu werten; derartige Entnahmen führten noch beim Einbringenden zu einer Kürzung des (begünstigten) nicht entnommenen Gewinnes.

Soweit der Beschwerdeführer Meinungen aus den Einkommensteuerrichtlinien 2000 anführe, sei anzumerken, dass solche Richtlinien bloß Rechtsmeinungen des Bundesministeriums für Finanzen darstellten, welche keinerlei Bindungswirkung entfalteten.

Die Berufung sei somit abzuweisen, weil selbst unter Berücksichtigung der in der Berufung behaupteten Einlage eines Zwei-Drittel-Anteiles des Wohngebäudes kein Anstieg des Eigenkapitals, sondern noch immer eine Verringerung des Eigenkapitals um 27.679,56 EUR eingetreten sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 11a Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 180/2004 lautete:

"Natürliche Personen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100.000 EUR, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind."

§ 11a Abs. 1 EStG 1988 legt den Anstieg des Eigenkapitals mit dem Betrag fest, um den der Gewinn die "Entnahmen (§ 4 Abs. 1)" übersteigt, wobei "Einlagen (§ 4 Abs. 1)" insoweit von den Entnahmen abzuziehen sind, als sie betriebsnotwendig sind.

Entnahmen und Einlagen iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 sind privat veranlasste Minderungen bzw. Mehrungen des Betriebsvermögens (vgl. Hofstätter/Reichel , Tz 162ff zu § 4 Abs. 1 EStG 1988).

Der Beschwerdeführer bringt vor, der Zweck der Regelung des § 11a EStG 1988 liege in der tariflichen Begünstigung für nicht entnommene Gewinne. Den Gesetzesmaterialien zufolge bestehe die Zielsetzung der Bestimmung in der Förderung der Eigenkapitalbildung. Als Anstieg des Eigenkapitals gelte der Betrag, um den der steuerliche Gewinn die getätigten Entnahmen iSd § 4 Abs. 1 EStG übersteige. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lägen nur dann "getätigte Entnahmen" vor, wenn es zu einem echten finanziellen Abgang für das Unternehmen gekommen sei. Solches sei etwa bei tatsächlichen Entnahmen nach der Z 1 des § 16 Abs. 5 UmgrStG der Fall. Nur weil aber das UmgrStG in der Z 2 des § 16 Abs. 5 die Möglichkeit eines Ansatzes einer Passivpost für vorbehaltene Entnahmen, also "mögliche Entnahmen" vorsehe, könne noch nicht von einer Entnahme iSd § 11a EStG 1988 gesprochen werden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers könnten lediglich in den Folgejahren tatsächlich aus der GmbH getätigte Entnahmen schädlich sein. Der Beschwerdeführer habe zwar von der Möglichkeit des Ansatzes einer Passivpost von 250.000 EUR nach § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG Gebrauch gemacht. Wesentlich sei aber, dass er diesen Betrag von 250.000 EUR bis heute nicht aus der Gesellschaft herausgenommen habe.

Gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG kann u.a. bei der Einbringung von Betrieben in Körperschaften das nach § 14 Abs. 1 UmgrStG auf den Einbringungsstichtag anzusetzende einzubringende Vermögen des Einbringenden dahingehend verändert werden, dass eine Passivpost für vorbehaltene Entnahmen gebildet wird. § 16 Abs. 5 letzter Satz UmgrStG lautet: "Der sich ergebende Betrag gilt mit Ablauf des Einbringungsstichtages als entnommen." Gemäß § 14 Abs. 1 UmgrStG endet für das einzubringende Vermögen das Wirtschaftsjahr des Einbringenden mit diesem Einbringungsstichtag. Dabei ist das Betriebsvermögen mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt. Gemäß § 14 Abs. 2 UmgrStG sind die Einkünfte des Einbringenden hinsichtlich des einzubringenden Vermögens so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Ablauf des Einbringungsstichtages erfolgt wäre.

Aus den vorstehenden Bestimmungen ergibt sich bereits, dass unbare Entnahmen iSd § 16 Abs. 5 UmgrStG dem Einbringenden als Entnahmen zuzurechnen sind und das Ausmaß des nach § 11a EStG 1988 zu besteuernden Gewinnes mindern. Die durch § 16 Abs. 5 UmgrStG ermöglichte Minderung des Betriebsvermögens hat eine außerbetriebliche Veranlassung. Das Gesetz spricht ausdrücklich davon, dass der entsprechende Betrag als "entnommen" gilt.

§ 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG stellt eine Eigenkapitalentziehungsmöglichkeit besonderer Art dar. Vielfach beschränkt sich der Zweck von Umgründungen darauf, dem Betrieb durch Anwendung des § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG Eigenkapital zu entziehen. Bereits das Einstellen der Passivpost nach § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG bewirkt die Entnahme und damit das Absinken des Eigenkapitals. Die - in der Beschwerde angesprochene - spätere Tilgung dieser Passivpost aus Aktiva des Betriebsvermögens lässt hingegen den Eigenkapitalstand unberührt.

Es entspricht somit dem Gesetz, dass die belangte Behörde die Entnahme von 250.000 EUR zum Ansatz gebracht hat. Gerade im Hinblick auf den in der Beschwerde zutreffend als Förderung der Eigenkapitalbildung beschriebenen Zweck der Regelung des § 11a EStG 1988 muss sich die gezielte Eigenkapitalentziehung nach § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG als schädlich erweisen.

Ob unverbindlichen Richtlinien der Finanzverwaltung allenfalls eine andere Rechtsauslegung hätte entnommen werden können, wie dies in der Beschwerde durch die Wiedergabe einer im Verwaltungsverfahren eingebrachten Eingabe vorgebracht wird, mag dahinstehen, weil solche Richtlinien keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle darstellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0057). Es war dem Beschwerdeführer jedenfalls stets unbenommen, sich am Gesetz und dessen klaren Wortlaut zu orientieren.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, dass im Falle einer Betriebsaufgabe, bei der das gesamte Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt werde, keine Nachversteuerung der Begünstigung des § 11a EStG 1988 eintrete, ist zu erwidern, dass eine solcher Sachverhalt nicht vorliegt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall, wie dies in der Literatur von Doralt/Heinrich , EStG12, § 11a Tz 55, für den Fall der Betriebsveräußerung ausdrücklich vertreten wird, die Nachversteuerungsregelung des § 11a Abs. 3 EStG 1988 analog anzuwenden wäre.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am