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VwGH vom 22.07.2015, 2011/13/0067

VwGH vom 22.07.2015, 2011/13/0067

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/13/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerden des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, 1.) vom , Zlen. RV/1769-W/09, RV/1770-W/09 und RV/955-W/11 (erstangefochtener Bescheid), betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2005 (mitbeteiligte Partei:

E in W, vertreten durch Dr. Sabine Reichl, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Bernardgasse 32), und 2.) vom , Zl. RV/3272-W/11 (zweitangefochtener Bescheid), betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 (mitbeteiligte Partei: E in W, vertreten durch Dr. Alice Gao, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Bernardgasse 32),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird, soweit sie die Einkommensteuer für das Jahr 2005 betrifft, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

2. zu Recht erkannt:

Der erstangefochtene Bescheid, soweit er die Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 sowie die Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 betrifft, und der zweitangefochtene Bescheid werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

In der Begründung des an den Mitbeteiligten ergangenen Einkommensteuerbescheides 2005 vom wurde zum Ansatz eines geldwerten Vorteils im Sinne des § 15 EStG 1988 bei den nichtselbständigen Einkünften im Wesentlichen ausgeführt, die Ehefrau des Mitbeteiligten habe von dessen (früherer) Arbeitgeberin mit Kaufvertrag vom eine Wohnung (Penthouse) in der Innenstadt von Wien zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis erworben. Nach Punkt VI des Kaufvertrages sei die Übergabe und Übernahme der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile am Tag der Vertragsunterfertigung erfolgt; der Kaufpreis sei von der Ehefrau am entrichtet worden. Der geldwerte Vorteil sei dem Mitbeteiligten somit mit Unterfertigung des Kaufvertrages am zugeflossen. Der Umstand, dass die Ehefrau des Mitbeteiligten als zivilrechtliche Eigentümerin der Wohnung aufscheine, sei für die lohnsteuerliche Zurechnung nicht von Bedeutung. Ebenso sei es irrelevant, dass der Wohnungsverkauf nunmehr im Jahr 2006 seitens der (Rechtsnachfolgerin der) Verkäuferin im Klagsweg bekämpft werde.

In der Berufung gegen diesen Bescheid (Berufungsschriftsatz vom , Mängelbehebungsschriftsatz vom ) wurde der Rechtsstandpunkt vertreten, dass seitens der früheren Arbeitgeberin grundsätzlich ein Nettovorteil hätte zugewendet werden sollen. Dies stütze sich auf die Tatsache, dass die Arbeitgeberin bereits mehrfach Wohnungen an andere Vorstandsmitglieder verkauft habe und auch bei diesen Verkäufen die tatsächlich geleisteten Kaufpreise von der Finanzverwaltung beanstandet worden seien. Soweit bekannt seien allerdings sämtliche Lohnsteuernachforderungen im Zusammenhang mit den "verbilligten" Verkäufen der (ehemaligen) Dienstgeberin vorgeschrieben und von dieser auch bezahlt, "jedoch noch niemals ein Regress beim 'begünstigten' Dienstnehmer durchgeführt", worden. Auch im Beschwerdefall hätte die sich ergebende Lohnsteuer der ehemaligen Dienstgeberin vorgeschrieben werden müssen. "Unserer Information nach" sei der Wohnungsankauf zu den in den Kaufvertrag aufgenommenen Bedingungen auch vom Aufsichtsrat genehmigt worden. Es sei daher von "einer bewussten und gewollten Vorteilszuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer auszugehen" und die Lohnsteuer daher dem Dienstgeber vorzuschreiben. Der Mitbeteiligte habe inzwischen zwei Immobiliensachverständige mit der Bewertung der Wohnung beauftragt. Der sich aus diesem Gutachten ergebende Wert sei sodann für "die weitere Bewertung anzuwenden".

Die Berufungserledigung erfolgte seitens des Finanzamtes mit Berufungsvorentscheidung vom , in die auch die Ergebnisse einer Mitte 2008 beim Mitbeteiligten abgeschlossenen Außenprüfung (Prüfungszeitraum u.a. Einkommensteuer 2002 bis 2004, Prüfungsbericht vom ) Eingang fanden.

Der mit datierte Prüfungsbericht beschäftigt sich unter Tz. 1 mit der "Kostentragung" im Zusammenhang mit dem "aufwendigen Umbau sowie der Einrichtung" der Wohnung durch die Dienstgeberin des Mitbeteiligten "und - in weiterer Folge - Erwerb dieser Penthouse-Wohnung" durch die Ehefrau des Mitbeteiligten mit Kaufvertrag vom "zu einem nicht marktüblichen Preis". Da sich diesbezüglich die Alleinverantwortung des Mitbeteiligten herausgestellt habe, habe das Finanzamt eine Ermessensentscheidung dahingehend getroffen, anstelle der Arbeitgeberhaftung den Mitbeteiligten persönlich im Zuge des Veranlagungsverfahrens in Anspruch zu nehmen. Im Hinblick auf seine gesicherte Position, die sich u.a. in einer am eingeräumten Option zum Erwerb der Wohnung ausgedrückt habe, seien die Umbaukosten bzw. die Kosten für die Einrichtung der Wohnung vom Mitbeteiligten in dem Bewusstsein "geordert" worden, "dass er de facto für die Wohnung, die er sich ausgesucht hatte, investieren ließ". Zudem sei der Kaufpreis für die Wohnung bereits im Jahr 2001 festgelegt worden, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Umbau noch nicht einmal abgeschlossen gewesen sei. Unter Ausnützung der "Vormachtstellung" als Generaldirektor sei dem Mitbeteiligten die Wohnung von der Wirtschaftsabteilung seiner Arbeitgeberin zu einem Preis angeboten worden, der weder die (übermäßig) teuren Umbaukosten "berücksichtigt noch den realistischen Wert einer Wohnung in bester Lage und bester Ausstattung rechtfertigt". Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass der Vorteil, den sich der Mitbeteiligte auf Grund seiner Stellung verschafft habe, diesem steuerrechtlich zuzurechnen und gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 15 Abs. 2 EStG 1988 zu bewerten sei. Wäre seine Arbeitgeberin nicht bereit gewesen, die Umbaukosten zu übernehmen, hätte der Mitbeteiligte den Betrag für den von ihm gewünschten Umbau aus eigenen Mitteln finanzieren müssen. Zweifellos sei "von Anfang an" eine Finanzierung der "Penthouse-Wohnung" durch die Arbeitgeberin vorgesehen gewesen, wobei dem Mitbeteiligten keinerlei Kosten aus dem Umbau sowie der Einrichtung der Wohnung entstanden seien. Diese (näher dargestellten) Kosten für Umbauarbeiten und Einrichtungsgegenstände hätten vom Mitbeteiligten als Vorteile aus dem Dienstverhältnis zur Einkommensteuer erklärt werden müssen, was jedoch unterblieben sei. Zum Zeitpunkt des Zuflusses des Sachbezuges im Sinne des § 19 EStG 1988 sei davon auszugehen, dass die Vorteile der vom Arbeitgeber getragenen Umbaukosten (die Umbauarbeiten erstreckten sich vor allem auf die Jahre 2001 und 2002) sowie die Kosten für die Einrichtungsgegenstände im Zeitpunkt des Bezuges der Räumlichkeiten (Anmeldung am ) im Jahr 2003 endgültig zugekommen seien. Selbst wenn man dafür auch den Zeitpunkt der Einräumung einer Kaufoption betreffend die Wohnung am als maßgeblich erachte, würde sich dadurch am Zurechnungsjahr 2003 nichts ändern. Der Zufluss des Vorteiles im Zusammenhang mit dem verbilligten Ankauf der Wohnung durch die Ehefrau des Mitbeteiligten werde weiterhin im Jahr 2005 gesehen. Die Höhe des Sachbezuges ergebe sich als Differenz zwischen dem gezahlten (zu niedrigen) Kaufpreis und dem festgestellten Verkehrswert laut dem Schätzungsgutachten zum Erwerbszeitpunkt ().

Tz. 2 des Prüfungsberichtes vom behandelt "weitere Vorteile aus dem Dienstverhältnis iSd § 25 (1) Z 1 lit a iVm § 15 (2) EStG 1988". Die Hinzurechnung betrifft für das Jahr 2002 durch eine Tochtergesellschaft der Dienstgeberin des Mitbeteiligten übernommene Kosten der privaten Lebensführung ("Sky TV Card; Gebühr für Teilnahme an einem Charity Golf Turnier; Kildare Street Club") von insgesamt 16.093,70 EUR. Neben ebenfalls durch die Tochtergesellschaft übernommenen Kosten der privaten Lebensführung ("Sky TV Card, Kildare Street Club") von 1.260,70 EUR ist für das Jahr 2003 eine Hinzurechnung aus dem Titel "Abschiedsgeschenk anlässlich der Pensionierung - Bild von (K.A.); Wert gem. 15 (2) EStG 1988" in Höhe von 45.000 EUR ausgewiesen. Die Hinzurechnung für das Jahr 2004 umfasst wiederum die übernommenen Kosten der privaten Lebensführung seitens der Tochtergesellschaft ("Sky TV Card, Kildare Street Club") im Gesamtbetrag von 1.260,70 EUR.

Zur "Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO" wies der Prüfer darauf hin, dass die Feststellungen unter Tz. 1 und 2 des Prüfungsberichtes eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 erforderlich machten. Die Wiederaufnahme erfolge unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung, die nicht als geringfügig anzusehen sei. Bei der Ermessensübung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen.

Mit einem Verweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt mit datierte Wiederaufnahme- und (neue) Sachbescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004. Die Feststellungen des Prüfers für das Jahr 2005 fanden in die - bereits oben erwähnte - Berufungsvorentscheidung vom Eingang.

Mit Schriftsatz vom erhob der Mitbeteiligte gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2002 bis 2004 sowie die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2005 "Berufung" (die betreffend Einkommensteuer 2005 als Vorlageantrag zu werten war).

Die Begründung der Berufung zur "Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO" lautet wie folgt:

"Wie die nachstehenden Ausführungen in der Berufungsbegründung zu den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2002 bis 2004 zeigen, sind die steuerlichen Auswirkungen sehr wohl als geringfügig anzusehen, sodass eine Interessensabwägung ergeben muss, dass dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit einzuräumen ist."

In der Begründung zur Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 setzte sich der Mitbeteiligte mit den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichtes unter Tz. 2 zu den übernommenen Kosten der privaten Lebensführung ("Sky TV-Card, Gebühr für Teilnahme an einem Charity-Golfturnier, Kildare Street Club") auseinander. Bei der Teilnahme an dem Charity-Golfturnier habe es sich keineswegs um Kosten der privaten Lebensführung für den Mitbeteiligten, sondern um eine Werbemaßnahme für die Arbeitgeberin gehandelt. Auch könne der exakte Betrag, der auf dieses Golfturnier entfalle, nicht angegeben werden, weil das Ersuchen um Ergänzung vom , in dem erstmals derartige Sachbezüge angesprochen worden seien, keine genaue Aufgliederung enthalte. Auch die Mitgliedschaft im Kildare Street Club sei nicht der privaten Lebensführung des Mitbeteiligten zuzurechnen, zumal er die durch diesen Club angebotenen Leistungen niemals in Anspruch genommen habe. Die Höhe der jährlichen Kosten könne ebenfalls nicht detailliert angeführt werden, weil ihm diese auch niemals konkret vorgehalten worden seien, und der Mitbeteiligte "keine Ahnung hat, wie viel die jährliche Mitgliedschaft gekostet hat". Weiters sei darauf hinzuweisen, dass nach dem Ersuchen um Ergänzung vom angeblich geldwerte Vorteile in den Jahren 2002 bis 2005 in Höhe von 5.042,81 EUR vorgelegen seien und "dieser Betrag aus verfahrensökonomischen Gründen gleichmäßig auf vier Jahre zu EUR 1.260,70 aufgeteilt wird". Es wäre Verpflichtung der Abgabenbehörde gewesen, die Aufteilung auf die im Betriebsprüfungsbericht nunmehr angeführten Einzeltatbestände bzw. deren genaue Verausgabung festzustellen (eine gleichmäßige Aufteilung "auf immerhin vier Veranlagungszeiträume" könne hier ohne nähere Details nicht hingenommen werden). Es werde daher in diesem Punkt das Berufungsbegehren gestellt, lediglich die Kosten für die Sky TV-Card als Sachbezug anzusetzen.

Zur Einkommensteuer 2003 sei zur Hinzurechnung von 1.260,70 EUR auf die Ausführungen zum Jahr 2002 zu verweisen. Zum Sachbezug in Höhe von 45.000 EUR betreffend das an den Mitbeteiligten anlässlich seiner Pensionierung überreichte Bild bleibe die Betriebsprüfung die Begründung dafür schuldig, weshalb der Sachbezug mit 45.000 EUR angesetzt worden sei. Diesbezüglich werde beantragt, das Abschiedsgeschenk als Nettovorteil von lediglich 30.000 EUR zu behandeln, den darauf entfallenden Einkommensteuerbetrag der Arbeitgeberin vorzuschreiben und sodann den Bruttobetrag unter Anrechnung der Lohnsteuer in die Einkommensteuerveranlagung 2003 einfließen zu lassen. Zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Umbau und den Einrichtungsgegenständen für die Wohnung werde das Berufungsbegehren gestellt, die marktüblichen Baukosten für die Errichtung einer Dachgeschoßwohnung unter Berücksichtigung der geschaffenen Wohnfläche und Terrassenflächen durch eine entsprechend befugten Gutachter feststellen zu lassen, diesen Wert sodann von den noch genau festzustellenden Baukosten in Abzug zu bringen, den Verkehrswert für die Aufgabe der Kaufoption für eine andere Wohnung zu ermitteln und "diesen von den Baukosten in Abzug zu bringen, und somit nur mehr die sodann verbleibende Differenz der Einkommensbesteuerung zugrunde zu legen".

Zur Einkommensteuer 2004 werde das Berufungsbegehren gestellt, anstelle der Einkünfte in Höhe von 1.260,70 EUR lediglich die Kosten für die Sky TV-Card als Sachbezug anzusetzen.

Betreffend Einkommensteuer 2005 finde sich im Prüfungsbericht keine Begründung, weshalb zur Ermittlung des Verkehrswertes nicht der Wertermittlung eines anderen Gutachters gefolgt worden sei, dessen Gutachten wesentlich plausibler sei und zu einem wesentlich niedrigeren Wert komme. Es werde daher in diesem Punkt der Antrag gestellt, der Einkommensbesteuerung den Verkehrswert gemäß dem Gutachten des anderen Gutachters abzüglich der tatsächlich geleisteten Zahlungen zugrunde zu legen.

Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens zog der Mitbeteiligte mit Schreiben vom den im Rechtsmittelschriftsatz vom gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 Folge (die Wiederaufnahmebescheide würden ersatzlos aufgehoben). Die Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 werde gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen. Weiters würden der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 vom und die Berufungsvorentscheidung vom gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

Im Erwägungsteil des erstangefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es sei unstrittig, dass der Mitbeteiligte seine Leistungen als Vorstandsmitglied gegenüber seiner Arbeitgeberin bis zum im Rahmen eines zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führenden Dienstverhältnisses erbracht habe. Die Voraussetzungen für eine Veranlagung der lohnsteuerpflichtigen Einkünfte des Mitbeteiligten nach den Bestimmungen des § 41 EStG 1988 seien gegeben gewesen. Eine Bindung an die Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber bestehe nicht. Ebenso sei es nicht von Belang, ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen worden sei.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO sei in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkämen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Sei ein Wiederaufnahmebescheid angefochten, habe die Berufungsbehörde zu prüfen, ob die von der Abgabenbehörde erster Instanz angenommenen Wiederaufnahmegründe die Wiederaufnahme rechtfertigen; ein Aufgreifen von Wiederaufnahmegründen, die von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht herangezogen worden seien, überschreite die durch § 289 Abs. 2 BAO eingeräumte Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde.

Davon ausgehend - so die weiteren Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid - ergebe sich zur Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2002, dass sich im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung "keine Belege bzw. detaillierte Unterlagen" betreffend die zur Wiederaufnahme im Prüfungsbericht verwiesenen Feststellungen unter Tz. 2 befänden. Auch sei dem Einwand des Mitbeteiligten in der Berufung vom "" (gemeint wohl: ), wonach eine entsprechende Aufteilung der strittigen Beträge durch die Betriebsprüfung nicht erfolgt sei, zuzustimmen. Es wäre Aufgabe der Abgabenbehörde erster Instanz gewesen, die Aufteilung auf die im Betriebsprüfungsbericht angeführten Tatbestände bzw. deren genaue Verausgabung festzustellen. Auch einem im Arbeitsbogen einliegenden Ersuchen des Finanzamtes um Überprüfung der Zurechnung bzw. einer privaten Teilnahme am "Charity-Golfturnier" sei die Betriebsprüfung nicht nachgekommen. Da aus dem bekämpften Bescheid "somit nicht nachvollziehbar ist, auf welche neu hervorgekommenen Tatsachen oder auf welches Ergebnis des Verfahrens sich die Wiederaufnahme des Verfahrens stützt, erfolgte die Wiederaufnahme durch das Finanzamt ohne Begründung". Abgesehen davon, dass es der Berufungsbehörde verwehrt sei, von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht herangezogene Gründe für eine Verfahrenswiederaufnahme anzuführen, wäre dies im Beschwerdefall mangels nachvollziehbarer Belege auch gar nicht möglich. Durch die im Wiederaufnahmebescheid seitens des Finanzamtes vorgenommene "untaugliche Begründung" könne nicht vom Vorliegen neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel ausgegangen werden. Der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer für 2002 sei daher Folge zu geben und der Wiederaufnahmebescheid ersatzlos aufzuheben gewesen. Da damit auch der Einkommensteuerbescheid aus dem Rechtsbestand ausscheide, sei die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Zur Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 wird im erstangefochtenen Bescheid zur Tz. 2 des Prüfungsberichtes zunächst (etwa zu den fehlenden Feststellungen der Betriebsprüfung bzw. des Finanzamtes) gleichlautend argumentiert wie zum Jahr 2002. Weiters seien für das Jahr 2003 auch zu dem unter Tz. 2 angeführten Abschiedsgeschenk (Bild im Wert von 45.000 EUR) von der Betriebsprüfung keine näheren Feststellungen (z.B. hinsichtlich "Wertermittlung, tatsächliche Geschenkgeber, Nettovorteil") getroffen worden, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtlich begründen könnten. Mit den Einwendungen des Mitbeteiligten "zu dieser Feststellung" in der Berufung vom habe sich das Finanzamt nicht auseinandergesetzt. Im Arbeitsbogen liege ein Aktenvermerk auf, wonach "der von den Geschenkgebern aufgebrachte Betrag von EUR 15.000,00 ausreicht um den Wert des Bildes abzudecken". Da es aus dem bekämpften Bescheid somit nicht nachvollziehbar sei, auf welche neu hervorgekommene Tatsachen "oder auf welches Ergebnis des Verfahrens sich die Wiederaufnahme des Verfahrens stützt, erfolgte die Wiederaufnahme durch das Finanzamt ohne Begründung". Abgesehen davon, dass es der Berufungsbehörde verwehrt sei, von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht herangezogene Gründe für die Verfahrenswiederaufnahme anzuführen, wäre dies "mangels Vorliegens nachvollziehbarer Belege auch gar nicht möglich".

Im Rahmen der Ausführungen zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2003 beschäftigte sich die belangte Behörde im erstangefochtenen Bescheid weiters mit der "Kostentragung im Zusammenhang mit dem Umbau sowie der Einrichtung der Wohnung". Der Mitbeteiligte habe die Wohnung im Jahr 2002 angemietet. Mit seinem Ausscheiden als Generaldirektor sei dem Mitbeteiligten am die schriftliche Option eingeräumt worden, die Dachgeschoßwohnung entweder selbst käuflich zu erwerben oder dafür eine dritte Person namhaft zu machen. Die bis gültige Option habe der Mitbeteiligte am angenommen. Am sei zwischen der früheren Arbeitgeberin und der Ehefrau des Mitbeteiligten ein Kaufvertrag über die Dachgeschoßwohnung abgeschlossen worden. Dieser Kaufvertrag sei nicht grundbücherlich durchgeführt worden. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen habe mit Urteil vom festgestellt, dass der zwischen der Arbeitgeberin als klagender Partei und der Ehefrau des Mitbeteiligten als beklagte Partei am abgeschlossene Kaufvertrag rechtsunwirksam gewesen sei. Das Verfahren sei mit Klage vom eingeleitet worden. Die Ehefrau des Mitbeteiligten sei für schuldig befunden worden, der Klägerin den "abgeschlossenen Originalkaufvertrag vom Zug um Zug gegen Rückzahlung des bereits bezahlten Kaufpreises von EUR 569.353,22 herauszugeben". Dieses Urteil sei vom Oberlandesgericht als Berufungsgericht mit Urteil vom bestätigt worden. Am sei in der Folge ein Vertrag über die Anerkennung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Wohnung abgeschlossen worden. Darin sei u.a. seitens des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau ein angemessenes Benützungsentgelt für die Wohnung für den Zeitraum vom bis zur ordnungsgemäßen Übergabe (von eigenen Fahrnissen geräumt) der Wohnung vereinbart worden (wobei hier eine Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch auf den Kaufpreis erfolgt sei). Dieser Vertrag sei dem Finanzamt vom steuerlichen Vertreter des Mitbeteiligten mit Schreiben vom übermittelt worden. Auch die angeführten Urteile des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen und des Oberlandesgerichtes lägen im Veranlagungsakt des Finanzamtes auf. Rechtlich sei dieser Sachverhalt für das Jahr 2003 dahingehend zu würdigen, dass die übernommenen Baukosten im Jahr 2003 in Höhe von rund 2,4 Mio. EUR von der Betriebsprüfung zu Unrecht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis behandelt worden seien. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass die Zurverfügungstellung der Wohnung an den Mitbeteiligten mit seinem Dienstverhältnis im Zusammenhang gestanden sei. Für die Feststellung der Betriebsprüfung, wonach die der Dienstgeberin angefallenen Umbaukosten dem Mitbeteiligten gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 15 Abs. 2 EStG 1988 zugeflossen seien, finde sich allerdings keine rechtliche Grundlage. Der Mitbeteiligte bzw. seine Ehefrau seien zivilrechtlich niemals Eigentümer dieser Wohnung geworden (wobei auf die folgenden Ausführungen zur Einkommensteuer für das Jahr 2005 verwiesen werde). Die von der "Betriebsprüfung gesehenen Vorteile aus dem Dienstverhältnis sind dem (Mitbeteiligten) daher nicht zugeflossen". Das Finanzamt hätte allenfalls ab Jänner 2003 für die geldwerten Vorteile aus der Wohnungsbenützung den üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ansetzen dürfen. Dies wäre aber nicht zulässig gewesen, falls tatsächlich angemessene Mietzahlungen durch den Mitbeteiligten erfolgt wären. Daraus folge für den bekämpften Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2003, dass die im Prüfungsbericht vom als Wiederaufnahmegründe ("Zusammenhang mit dem Umbau sowie der Einrichtung der Wohnung") herangezogenen neuen Tatsachen oder Beweismittel nicht geeignet gewesen seien, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen.

Auch der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 sei damit Folge zu geben (und die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid damit zurückzuweisen) gewesen.

Die Begründung im erstangefochtenen Bescheid zur Stattgabe der Berufung betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2004 entspricht (weitgehend wörtlich) der Begründung zur stattgebenden Berufungserledigung für das Jahr 2002.

Zur Einkommensteuer für das Jahr 2005 sei nach den Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid strittig, ob der Erwerb der Wohnung durch die Ehefrau des Mitbeteiligten zu einem nicht marktüblichen Preis einen Vorteil aus dem (ehemaligen) Dienstverhältnis darstelle. Der geldwerte Vorteil sei vom Finanzamt zunächst im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom in Höhe von rund 7 Mio. EUR festgestellt worden. In der Berufungsvorentscheidung vom habe das Finanzamt den geldwerten Vorteil zum Erwerbszeitpunkt auf rund 2,6 Mio. EUR verringert.

Entsprechend den bereits zur Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2003 dargestellten Überlegungen sei zunächst eine zivilrechtliche Beurteilung des Erwerbsvorganges vorzunehmen. Unstrittig sei, dass die Arbeitgeberin mit der Ehefrau des Mitbeteiligten am einen Kaufvertrag über die Wohnung abgeschlossen habe. Dieser Kaufvertrag sei - wie auch die Einräumung der Option zum Erwerb dieser Wohnung - nach den dargestellten Urteilen des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen sowie des Oberlandesgerichtes nicht rechtswirksam zustande gekommen. Sowohl die mit Schreiben vom eingeräumte Kaufoption als auch der Kaufvertrag vom seien somit "als ex tunc nichtig zu behandeln". Weiters stehe fest, dass der Kaufvertrag vom grundbücherlich nicht durchgeführt worden sei. Mangels Vorliegens "eines rechtsgültigen Titels und auch eines rechtskonformen Modus" habe die Ehefrau des Mitbeteiligten somit kein Eigentum erworben.

Das Verfahren zur Anfechtung des Kaufvertrages vom sei mit Klage vom eingeleitet worden. Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 sei am , die dazu ergangene Berufungsvorentscheidung am vom Finanzamt erlassen worden. Es könne nach Ansicht der belangten Behörde "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht gerechtfertigt sein, einen nichtigen Anschaffungsvorgang zu ignorieren und einen (auch) wirtschaftlich nicht realisierten Vorteil aus dem (ehemaligen) Dienstverhältnis der Besteuerung zu unterziehen". Die Besteuerung von Einnahmen setze gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 den Zufluss voraus. Der Steuerpflichtige müsse über die Einnahme rechtlich und wirtschaftlich frei verfügen können. Auch diese Voraussetzungen seien mangels grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrages vom nicht erfüllt gewesen. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass auch das Finanzamt in einer schriftlichen Rechtsauskunft vom die Ansicht vertreten habe, dass es zu keinem Vorteil aus dem Dienstverhältnis komme, wenn das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen in Rechtskraft erwachse und die Wohnung samt Einrichtungsgegenständen an die klagende Partei zurückgegeben werde. Im Beschwerdefall sei somit der Kaufvertrag über den Erwerb der Wohnung vom als ex tunc nichtig anzusehen und mangels "Erwerbes zu einem nicht marktüblichen Preis" sei ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis nicht zu ermitteln.

Wie bereits zur Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2003 ausgeführt, lägen nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zuflössen. Ob "überhaupt bzw. ob gegebenenfalls angemessene Mieten" für die Benutzung der Wohnung verrechnet worden seien, lasse sich aus den vom Finanzamt der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen nicht ermitteln. Offenbar habe sich das Finanzamt damit auch bisher nicht auseinandergesetzt. Es sei nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde jene Behörde sei, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittle und einer Beurteilung unterziehe. Im Beschwerdefall wären konkrete Sachverhaltsermittlungen für das Jahr 2005 durchzuführen gewesen, ob bzw. in welcher Höhe vom Mitbeteiligten Mietzahlungen für die Benutzung der Wohnung geleistet worden seien. Wegen des Umfanges der dazu vorzunehmenden Verfahrensergänzungen sei der Aufhebung nach § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz der Vorrang vor der Durchführung von zweitinstanzlichen Ermittlungen zu geben gewesen.

Gegen den erstangefochtenen Bescheid richtet sich die zur Zl. 2011/13/0067 protokollierte Beschwerde des Finanzamtes.

Mittels Schriftsatzes über die "Vorlage einer Abschrift des Bescheides über die Klaglosstellung gemäß § 300 Abs. 1 BAO" übermittelte die belangte Behörde am einen auf § 300 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid vom , Zl. RG/0208-W/11, mit dem die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 aufhob. Im erstangefochtenen Bescheid sei nämlich unberücksichtigt geblieben, dass am ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 erlassen worden sei. Daher sei der erstangefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde in der Folge neuerlich über die Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom werde gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben. Die Bescheidbegründung entspricht derjenigen des erstangefochtenen Bescheides (das Jahr 2005 betreffend).

Gegen den zweitangefochtenen Bescheid richtet sich die zur Zl. 2011/13/0139 protokollierte Beschwerde des Finanzamtes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften zu beiden Beschwerden sowohl seitens der belangten Behörde als auch des Mitbeteiligten erwogen:

Wegen der oben erwähnten Klaglosstellung zum erstangefochtenen Bescheid war die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid hinsichtlich Einkommensteuer 2005 - nach Anhörung der beschwerdeführenden Partei - gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist gemäß § 303 Abs. 4 BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c leg. cit. und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO in der angeführten Fassung hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz außer in hier nicht interessierenden Fällen des Abs. 1 immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Aufgabe der Berufungsbehörde bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch das Finanzamt ist es, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen (dem als neu hervorgekommen beurteilten Tatsachenkomplex) wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Eine Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt allerdings noch kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 2006/13/0114, vom , 2008/15/0005, und vom , 2012/15/0030, mwN).

Im Beschwerdefall hat das Finanzamt die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2002 bis 2004 u.a. auf die Feststellungen der Tz. 2 des Prüfungsberichtes vom gestützt. Dort waren mit bestimmten Ausgaben der privaten Lebensführung (und eines Abschiedsgeschenkes) Tatsachenkomplexe an sich konkret bezeichnet, deren Neuhervorkommen im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO auch in der Berufungsschrift vom grundsätzlich nicht bestritten wurde (zur Bekämpfung der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde nur auf die nach Ansicht des Mitbeteiligten geringfügigen steuerlichen Auswirkungen hingewiesen; vgl. zu der im Rahmen der Ermessensübung allenfalls Bedeutung zukommenden "Geringfügigkeit" im Übrigen beispielsweise das Erkenntnis vom , 2010/15/0159). Wenn im erstangefochtenen Bescheid u.a. auf eine mangelhafte Aufteilung der "strittigen Beträge" hingewiesen wird, wobei es Aufgabe der Abgabenbehörde erster Instanz gewesen wäre, "die Aufteilung auf die im Betriebsprüfungsbericht angeführten Tatbestände bzw. deren genaue Verausgabung" festzustellen (auch zum Abschiedsgeschenk seien keine näheren Feststellungen beispielsweise hinsichtlich "Wertermittlung, tatsächliche Geschenkgeber, Nettovorteil" getroffen worden), hat die belangte Behörde die ihr obliegende Entscheidungspflicht in der Sache selbst nach § 289 Abs. 2 BAO verkannt, wobei hier - wie erwähnt - eine Präzisierung der mangelhaften erstinstanzlichen Begründung in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen auch noch kein unzulässiges Auswechseln der Wiederaufnahmegründe bedeutet hätte. Die belangte Behörde hat damit den erstinstanzlichen Bescheid, soweit er über die Wiederaufnahme der Verfahren (und damit im Zusammenhang die Zurückweisung der Berufung) abspricht, schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im Übrigen hätte die belangte Behörde zu ihren offenbar erstmals - unter Verweis auf den Arbeitsbogen des Prüfers - im erstangefochtenen Bescheid dargelegten Zweifeln am Neuhervorkommen der Wiederaufnahmegründe etwa im Zusammenhang mit einer Teilnahme am "Charity-Golfturnier" oder dem Abschiedsgeschenk dem Finanzamt Parteiengehör gewähren müssen. Den Ausführungen in der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid, in denen das beschwerdeführende Finanzamt den entsprechenden Annahmen der belangten Behörde im Einzelnen entgegentritt, kann damit entgegen dem Vorbringen in der Gegenschrift des Mitbeteiligten auch nicht das Neuerungsverbot entgegen gehalten werden.

Der erstangefochtene Bescheid war daher, soweit er die Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich

Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 sowie die Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 betrifft, bereits deshalb insgesamt (auch hinsichtlich der als Folge der Bescheidaufhebung ausgesprochenen Zurückweisung der Berufung; vgl. das Erkenntnis vom , 2012/15/0047) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass hinsichtlich 2003 darauf näher einzugehen war, ob auch die unter Tz. 1 des Prüfungsberichtes enthaltenen Feststellungen zur "Kostentragung" im Zusammenhang mit der Wohnung die Verfahrenswiederaufnahme hätten rechtfertigen können.

Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verbilligt Grundstücke, so liegt im Unterschied zwischen dem vom Arbeitnehmer gezahlten Preis und dem Verkehrswert ein steuerpflichtiger Vorteil aus dem Dienstverhältnis (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 1192/72, VwSlg 4508/F). Daran ändert es auch nichts, wenn die Überlassung an die Ehefrau des Arbeitnehmers erfolgt (vgl. in diesem Sinne zuletzt etwa das Erkenntnis vom , 2012/15/0003, mwN).

Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Insbesondere entsteht der Abgabenanspruch u.a. bei der Einkommensteuer nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Ist ein Abgabenanspruch entstanden, so ist grundsätzlich der Wegfall des Abgabenanspruchs durch nachträgliche Dispositionen (rückwirkende Rechtsgeschäfte) des Abgabepflichtigen ausgeschlossen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom , 2007/13/0084, VwSlg 8607/F, mwN).

Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen. Für den Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen sind die allgemeinen Regeln des § 19 EStG 1988 maßgeblich. Nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Zugeflossen ist eine Einnahme nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann, sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt. Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein und muss der Steuerpflichtige über die Einnahme "frei verfügen" können (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 2009/13/0209, mwN). Ein Eigentumsübergang nach bürgerlichen Recht ist nicht Voraussetzung für einen Zufluss (vgl. Doralt , EStG10, § 19 Tz 8), sodass entgegen der im zweitangefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht der belangten Behörde die fehlende grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages vom einem ertragsteuerrechtlichen Zufluss nicht entgegen stand.

Folgen Tatbestände des Steuerrechts der wirtschaftlichen Anknüpfung, so ist für die Besteuerung der eingetretene wirtschaftliche Erfolg von Bedeutung. Diese Wirkung tritt im Bereich der wirtschaftlich anknüpfenden Steuertatbestände ein, gleichgültig ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte zulässig sind oder nicht, beziehungsweise gleichgültig ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie nichtig sind (vgl. Stoll , BAO-Kommentar, 276, sowie Ritz , BAO5, § 23 Tz 12). Konsequenterweise ordnet auch § 23 Abs. 3 BAO an, dass die (wegen Formmangels oder eines Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit eingetretene) zivilrechtliche Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung sein soll, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen (vgl. Doralt/Ruppe , Steuerrecht II7, Tz 117, sowie z.B. das Erkenntnis vom , 2011/15/0003, 0004).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde zwar davon ausgegangen, dass der Kaufvertrag vom "nichtig" gewesen sei (was sich auf Grund eines im Jahr 2006 eingeleiteten Zivilprozesses herausgestellt habe), die belangte Behörde hat aber keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass die am Kaufvertrag beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis damals nicht hätten eintreten und bestehen lassen. Damit kann aber der belangten Behörde nicht darin gefolgt werden, wenn sie im zweitangefochtenen Bescheid die Ansicht vertritt, dass "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise" der nichtige Anschaffungsvorgang nicht ignoriert werden könne und damit im Jahr 2005 nach Maßgabe des am abgeschlossenen Kaufvertrages (Übergabe und Übernahme der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile laut Pkt. VI am Tag der Vertragsunterfertigung) kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis zugeflossen sei.

Damit war auch der zweitangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen war.

Wien, am