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VwGH vom 17.05.2011, 2007/01/0389

VwGH vom 17.05.2011, 2007/01/0389

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des G M in W, geboren am 1984, vertreten durch Maga. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 225.880/0/5E-V/14/02, betreffend §§ 7, 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106, 40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Liberia, reiste am illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Asylantrag.

Vor dem Bundesasylamt begründete er seine Flucht aus Liberia im Wesentlichen damit, dass er im Jahr 1995 in der Rebellengruppe "ULIMO-J" gekämpft habe. Am sei er von der "Anti Terrorist Unit" (ATU) festgenommen, inhaftiert und gefoltert worden. Am sei er freigelassen worden, da man bei ihm keine Waffen gefunden habe. Er sei jedoch gewarnt worden, dass er für den Fall, dass man ihn wieder aufgreifen würde, in das Gefängnis der ATU gebracht werde; noch nie habe jemand dieses Gefängnis lebend verlassen.

Der "Bescheid" vom , mit welchem das Bundesasylamt diesen Antrag erledigte, enthält einen (nur) in englischer Sprache abgefassten Spruch, welcher wörtlich lautet:

"Decision

I:

Your application for asylum of is r e j e c t e d pursuant to section 7 of the Asylum Act 1997, Federal Law Gazette I 1997/76 (AsylG).

II.

Your deportation, forcible removal or expulsion to Liberia is permissible pursuant "

Nach der - in deutscher Sprache ausgeführten - Begründung folgt unter der Überschrift "Instructions about your right to appeal" eine ebenfalls nur auf englisch verfasste Rechtsmittelbelehrung.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde nach Durchführung einer Berufungsverhandlung mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG iVm § 50 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechten, die Staatssprache der Republik. Daher haben sich die Behörden - abgesehen von der in dieser Bestimmung vorgesehenen, im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahme betreffend sprachliche Minderheiten - der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen; die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben. Wenn der Gebrauch einer anderen Sprache nicht zugelassen ist, sind die behördlichen Erledigungen ausschließlich in deutscher Sprache abzufassen; die Verwendung der deutschen Sprache ist Voraussetzung dafür, dass die betreffende Äußerung der Behörde eine behördliche Erledigung darstellt, und damit wesentliches Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides. Verwenden Behörden selbst fälschlicherweise die Staatssprache nicht, handelt es sich um ein "rechtliches Nichts" (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/19/0990, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/21/0092).

Gemäß § 29 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1997 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle 2003 (AsylG) haben Bescheide den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten. Den Erläuterungen zu § 29 AsylG ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber damit - in Anlehnung an die bis dahin geltende Rechtslage nach dem Asylgesetz 199 - lediglich eine "Übersetzungspflicht" normieren wollte (vgl. RV 686 BlgNR 20. GP, S. 28). Um Art. 8 B-VG zu entsprechen, muss diese Regelung verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass der Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und der Hinweis nach § 61 a AVG nicht nur in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache, sondern auch in deutscher Sprache abgefasst sein müssen (vgl. Schmid/Frank, Asylgesetz 1997 (2001) S. 366).

Da es im gegenständlichen Fall der Erledigung des Bundesasylamtes vom an einem wesentlichen Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides - nämlich an einem in deutscher Sprache ausgeführten Spruch - mangelt, stellt diese Erledigung keinen anfechtbaren Bescheid dar.

Die belangte Behörde war daher auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers zu einem meritorischen Abspruch über dieses Rechtsmittel nicht befugt, da in derartigen Fällen die Zuständigkeit nur so weit reicht, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0061, mwN).

Da die belangte Behörde dies verkannte, ist der angefochtene Bescheid mit einer von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am