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VwGH vom 27.06.2022, Ra 2021/03/0328

VwGH vom 27.06.2022, Ra 2021/03/0328

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie den Senatspräsidenten Dr. Lehofer, die Hofräte Dr. Kleiser, Mag. Nedwed, Mag. Samm und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Julcher und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Himberger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H P in M, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard-Breitner-Straße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG-1480-1484/3/2021, betreffend Übertretungen des Waffengesetzes 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Landesverwaltungsgericht Kärnten (mit im Revisionsverfahren nicht relevanten Maßgaben betreffend die Tatzeitpunkte und die Tatorte) ein Straferkenntnis der belangten Behörde vom . Demnach habe der Revisionswerber am 11. und durch näher umschriebene Tathandlungen in fünf Fällen Verwaltungsübertretungen begangen, wobei der Revisionswerber - hier zusammengefasst - in zwei Fällen Waffen (bzw. Waffen und Munition) nicht sicher verwahrt habe (einmal in einem Pkw, einmal im Wohnhaus des Revisionswerbers), weiters eine bestimmte Munition besessen habe, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, und es schließlich in zwei Fällen unterlassen habe, als Erwerber und Registrierungspflichtiger Waffen registrieren zu lassen. Der - insoweit im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes bestätigte - Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde bezeichnete die verletzten Verwaltungsvorschriften wie folgt:

„1.§ 51 Abs. 1 Ziffer 9 i.V.m. 16b Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018

2.§ 51 Abs. 1 Ziffer 9 i.V.m. 16b Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018

3.§ 51 Abs. 2 i.V.m. § 24 Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018

4.§ 51 Abs. 1 Ziffer 7 i.V.m. § 33 Abs. 1 Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018

5.§ 51 Abs. 1 Ziffer 7 i.V.m. § 33 Abs. 1 Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018“

2Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Revisionswerber Geldstrafen in der Höhe von 1. EUR 150,--, 2. EUR 200,--, 3. EUR 50,--, 4. EUR 100,-- sowie 5. EUR 100,--, jeweils unter Androhung einer Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Als angewendete Strafbestimmungen nannte das insoweit durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes bestätigte Straferkenntnis der belangten Behörde „§ 51 Abs. 1 Ziffer 9 Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018“ (hinsichtlich der Übertretungen zu den Spruchpunkten 1 und 2), „§ 51 Abs. 2 BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018“ (zu Spruchpunkt 3) und „§ 51 Abs. 1 Ziffer 7 BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018“ (zu den Spruchpunkten 4 und 5).

3Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ab, wonach im Spruch bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift auch die Angabe ihrer - richtigen - Fundstelle anzuführen sei und zwar die Fundstelle jener Novelle, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten habe (Hinweis auf ). Zudem missachte das Erkenntnis auch die gleichlautende Judikatur zur Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG (Hinweis auf ). Entgegen dieser Rechtsprechung seien im vorliegenden Falle die verletzten Rechtsvorschriften des Waffengesetzes alle mit der Fundstelle „Waffengesetz BGBl. I Nr. 12/1997 idF. BGBl. I Nr. 97/2018“ zitiert worden. Das „BGBl. I Nr. 12/1997“ sei die Stammfassung des Waffengesetzes, nicht die Fundstelle der verletzten Norm und auch nicht die der verletzten Verwaltungsvorschrift. „BGBl. I Nr. 97/2018“ sei ebenfalls nicht die Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift, denn durch dieses Gesetz seien lediglich einzelne andere Bestimmungen des Waffengesetzes geändert worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4Die Revision erweist sich im Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen als zulässig, jedoch nicht als begründet.

5§ 1 und § 44a VStG lauten (auszugsweise) wie folgt:

Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit

§ 1. (1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

[...]

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.die als erwiesen angenommene Tat;

2.die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.[...]“

6Diese Bestimmungen sind gemäß § 38 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen sinngemäß anzuwenden (vgl. etwa zur Konkretisierung der Tat gemäß § 44a Z 1 VStG sowie der Übertretungsnorm gemäß § 44a Z 2 VStG durch das Verwaltungsgericht , Rn. 25).

7§ 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. ; , beide mwN).

8Grundgedanke der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ist es, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Straftatbestand möglich ist. Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (, und , beide mwN).

9Nach der älteren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Unterlassung der Angabe der zur Anwendung gebrachten Verwaltungsvorschrift im Straferkenntnis dann nicht von wesentlicher Bedeutung, wenn sich aus dem Zusammenhang unzweifelhaft ergab, welche Bestimmung die Behörde zur Anwendung gebracht hat (; vgl. weiters und 938/78). Ebenso stellte die Unterlassung der Anführung der Gesetzesstelle im Spruch des Straferkenntnisses, nach der die Strafe bemessen worden war, dann keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn mit Rücksicht auf die Eindeutigkeit des Gegenstandes kein Zweifel darüber bestehen konnte, welche gesetzliche Bestimmung die Grundlage für die Verhängung der Strafe gebildet hat ( 398/70).

10Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert sowohl die Anführung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift nach § 44a Z 2 VStG als auch die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG die Angabe ihrer korrekten Fundstelle. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nach dieser Rechtsprechung nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Entsprechendes gilt auch für die Strafsanktionsnorm (vgl. aus jüngster Zeit ; ; jeweils mwN), richtet sich doch die Strafe gemäß § 1 Abs. 2 VStG grundsätzlich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre (vgl. hierzu auch , mwN).

11Diese Rechtsprechung entwickelte sich in Fällen, in denen die verletzte Norm gar nicht angegeben war (), irrtümlich ein falsches Gesetzblatt angegeben war (), eine nicht existierende Norm zitiert wurde bzw. bei der Angabe „in der geltenden Fassung“ die Fundstelle jener Novelle fehlte, durch die die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hatte (), eine zum Tatzeitpunkt nicht mehr geltende Fassung zitiert wurde (), bloß ein Gesetz mit dem Beisatz „i.d.g.F.“ ohne jegliche Fundstelle angegeben war (), die Fundstelle der Stammfassung angegeben wurde, wobei die Norm erst aufgrund einer nicht angegebenen Novelle auf den dort bestraften Lenker anwendbar geworden war (), oder schließlich ein Gesetz ohne jede Fundstelle zitiert wurde (, , Ra 2021/02/0023; , Ra 2021/02/0178; , Ra 2021/02/0256; , Ra 2020/02/0242).

12Die Zitierung eines Gesetzes unter Angabe der Gesetzblattnummer der Stammfassung mit dem Beisatz „i.d.g.F.“ (bzw. „idgF“) wurde in der Rechtsprechung als zulässig angesehen, wenn sich die relevante Norm seit dem Inkrafttreten der Stammfassung nicht mehr verändert hat (, und ), hingegen als unzureichend, wenn die als verletzt erachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung durch eine Novelle erhalten hat ( bis 0167; vgl. hingegen , wo die Zitierung einer Norm unter Angabe der Fundstelle der Stammfassung des Gesetzes mit dem Zusatz „i.d.g.F.“ dahin verstanden wurde, dass damit (rechtswidriger Weise) die nach Inkrafttreten der Stammfassung, aber vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung bereits durch eine Novelle geänderte - im konkreten Fall für den Beschuldigten ungünstigere - Fassung der Sanktionsnorm herangezogen wurde; vgl. weiters , wo die Zitierung „AuslBG BGBl. Nr. 218 i.d.g.F.“ nicht beanstandet wurde).

13Keine Rechtswidrigkeit wurde angenommen, wenn die Fundstelle der Stammfassung eines Gesetzes angegeben wurde, das vor dem Tatzeitpunkt zwar einmal novelliert worden war, wobei die Novelle allerdings weder die im Spruch des Straferkenntnisses genannte Übertretungs- noch die dort angegebene Strafsanktionsnorm betraf ().

14Nach der mit dem Erkenntnis , begonnenen Rechtsprechungslinie zur Angabe der richtigen „Fundstelle“ der verletzten Verwaltungsvorschrift im Spruch des Straferkenntnisses konnte ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden.

15In seinem Erkenntnis vom , Ra 2022/02/0024, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsprechung zur verpflichtenden Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Strafsanktionsnorm fortgeführt und auf einen Fall angewendet, in dem sowohl die verletzten Verwaltungsvorschriften als auch die Strafsanktionsnormen unter Angabe der Gesetzblattnummern sowohl der Stammfassung als auch einer späteren Novelle angegeben waren. Konkret hatte in dem dort zu beurteilenden Fall das Verwaltungsgericht im Hinblick auf zwei am begangene Taten als verletzte Verwaltungsvorschriften und angewendete Strafnormen 1. „§ 52 lit a Z 10a StVO, BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 34/2011 iVm § 99 Abs 2e StVO, idF BGBl I Nr 42/2018“ und „§ 99 Abs 2e StVO idF BGBl I Nr 42/2018“ sowie 2. „§ 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG, BGBl Nr 267/1967, idF BGBl I Nr 19/2019“ und „§ 134 Abs 1 KFG, idF BGBl I Nr 19/2019“ angeführt. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete diese Angaben als unzureichend, da es sich dabei nicht um die Fundstellen gehandelt habe, in denen die jeweils zum Tatzeitpunkt geltende Rechtsvorschrift im Bundesgesetzblatt auffindbar wäre: Weder § 52 lit. a Z 10a StVO noch § 99 Abs. 2e StVO seien durch die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses angeführten Novellen BGBl. I Nr. 34/2011 und BGBl. I Nr. 42/2018 geändert worden, sodass im Tatzeitpunkt noch § 52 lit. a Z 10a StVO idF BGBl. Nr. 518/1994 und § 99 Abs. 2e StVO idF BGBl. I Nr. 39/2013 in Geltung gestanden seien. Das BGBl. I Nr. 19/2019 sei erst am - somit nach Tatbegehung - kundgemacht worden und habe keinerlei Änderungen in Bezug auf § 103 Abs. 2 KFG und § 134 Abs. 1 KFG vorgesehen. Die in jenem Fall maßgebliche verletzte Verwaltungsvorschrift sei somit § 103 Abs. 2 KFG idF BGBl. Nr. 106/1986, die heranzuziehende Strafsanktionsnorm § 134 Abs. 1 KFG idF BGBl. I Nr. 9/2017 gewesen.

16Diese Rechtsprechung kann so verstanden werden, dass - selbst wenn kein Zweifel an den herangezogenen verletzten Verwaltungsvorschriften und Strafsanktionsnormen besteht - die Fundstelle jener Rechtsvorschrift (jener Novelle) anzugeben ist, mit der die konkrete Norm auf ihrer untersten Gliederungsebene - also etwa Absatz, Ziffer, Buchstabe oder gegebenenfalls auch einzelner (Teil-)Satz - zuletzt geändert wurde und die für den zu entscheidenden Fall maßgebende Fassung erhalten hat.

17Von dieser Rechtsansicht, wonach im Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls die Fundstelle jener Novelle anzugeben ist, durch welche die als verletzt betrachtete Norm sowie die Strafsanktionsnorm (jeweils auf ihrer untersten Gliederungsebene) ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat, geht der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in einem verstärkten Senat gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG ab:

18Zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG erkennt nämlich der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung hat, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (vgl. etwa , 0066). Diese Überlegung hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits für die nach § 44a Z 2 VStG gebotene Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift als maßgeblich erachtet. Demnach dient die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (, mwN). Vergleichbares hat auch für die Angabe der Strafsanktionsnorm nach § 44a Z 3 VStG zu gelten.

19Wie auch bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG kommt es bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gemäß § 44a Z 2 und 3 VStG daher darauf an, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. zu § 44a Z 1 VStG etwa , m.w.N.). Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw. nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der über ihn verhängten Strafe überprüfen zu können (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG).

20Für die Frage, ob eine dem Beschuldigten vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung zu beurteilen ist und welche Strafe gegebenenfalls zu verhängen ist, kommt es vor dem Hintergrund des § 1 VStG einerseits auf die zum Tatzeitpunkt in Kraft befindlichen Verwaltungsvorschriften an, andererseits auf jene Strafsanktionsnormen, die im Entscheidungszeitpunkt der Behörde bzw. - im Fall einer Beschwerde - des Verwaltungsgerichtes in Geltung stehen.

21Neben der jedenfalls anzugebenden Bezeichnung der Rechtsvorschrift (gegebenenfalls mit dem Kurztitel oder auch einer Abkürzung, deren Kenntnis beim Beschuldigten erwartet werden kann) wird daher im Regelfall die Angabe einer „Fundstelle“, insbesondere der Gesetz- oder Amtsblattnummer, mit der die Norm kundgemacht (und gegebenenfalls zuletzt geändert) wurde, im Sinne der Zielsetzung des § 44a VStG zweckmäßig sein, um dem Beschuldigten zu erleichtern, die Norm in den entsprechenden Kundmachungsorganen auffinden und den zeitlichen Anwendungsbereich prüfen zu können. Dies ermöglicht der beschuldigten Person insbesondere die Überprüfung, ob die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht rechtsrichtig die Fassung der betreffenden Norm zum Tatzeitpunkt, zum Entscheidungszeitpunkt oder zu einem im konkreten Fall gegebenenfalls anderen relevanten Zeitpunkt herangezogen hat.

22Werden die angewendeten Normen einer Rechtsvorschrift - wie im Straferkenntnis, das dem vorliegenden Revisionsfall zugrunde liegt - pauschal mit dem Gesetz- oder Amtsblatt der Stammfassung sowie der zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgten Änderung der Rechtsvorschrift (nicht notwendigerweise auch der konkret angewendeten Bestimmungen) zitiert, so ist dies ohne Weiteres dahin zu verstehen, dass die Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (die es durch die zuletzt genannte Novelle erhalten hat) zur Anwendung gelangte.

23Sofern nicht aus besonderen Gründen - etwa aufgrund gestaffeltem, verzögertem oder später geändertem Inkrafttreten - für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG daher jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird, oder wenn die zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Novellierung bezogen auf einzelne Paragraphen oder Artikel der Rechtsvorschrift zitiert wird, ohne dass mit den zitierten Änderungen zwingend auch die jeweils konkret anzuwendende Untergliederung der Rechtsvorschrift geändert wurde. Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle kann aber dann keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person bewirken, wenn die herangezogene Rechtsvorschrift für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnte.

24Für den vorliegenden Revisionsfall ist vorweg festzuhalten, dass der Revisionswerber im Straferkenntnis der belangten Behörde mehrerer Übertretungen des Waffengesetzes für schuldig erkannt wurde. In seiner Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde hat er ausschließlich sachverhaltsbezogene Einwendungen vorgebracht (die sich im Übrigen auch nur gegen die ihm mit den Spruchpunkten 1 und 2 des angefochtenen Bescheids der belangten Behörde angelasteten Tathandlungen richteten). Weder der Beschwerde noch der zuvor erfolgten Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde ist ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass dem Revisionswerber die angewendeten Rechtsvorschriften, insbesondere im Hinblick auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich, unklar gewesen wären.

25Die nun vorliegende Revision enthält nicht nur im Zulässigkeitsvorbringen, sondern auch in den Revisionsgründen ausschließlich Vorbringen, das sich auf die Angabe der Fundstellen der verletzten Verwaltungsvorschrift sowie der Strafsanktionsnorm bezieht. Der Revisionswerber macht nicht geltend, dass die zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften unklar wären, insbesondere weil sie sich etwa zwischen Tatzeitpunkt und dem angefochtenen Erkenntnis geändert hätten. Er behauptet auch nicht, dass eine Norm herangezogen worden wäre, die zum Tatzeitpunkt (bzw. hinsichtlich der Sanktionsnorm auch zum Entscheidungszeitpunkt) nicht mehr oder noch nicht in Geltung gestanden wäre.

26Das Verwaltungsgericht hat - durch die Bestätigung des angefochtenen Bescheides - die angewendeten Bestimmungen des Waffengesetzes jeweils „idF. BGBl. I Nr. 97/2018“ angegeben. Bei dieser Novellierung handelte es sich um die letzte vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Änderung des Waffengesetzes, durch die zwar § 51 Abs. 1 Z 9 WaffG (die Strafnorm hinsichtlich jener Übertretungen, die den Spruchpunkten 1 und 2 des Straferkenntnisses der belangten Behörde zugrunde lagen) ihre für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über die Beschwerde maßgebliche Fassung erhielt, nicht aber die weiteren verletzten Verwaltungsvorschriften und Sanktionsnormen. Es besteht jedoch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Revisionswerber (aus Gründen, wie sie in Rn. 23 genannt wurden) durch diese „pauschale“ Zitierung des Waffengesetzes in der vor dem Tatzeitpunkt zuletzt geänderten Fassung in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden wäre oder dass er nicht in der Lage gewesen wäre, seine Rechtsschutzinteressen zu wahren. Ebensowenig tritt hier die Gefahr einer Doppelbestrafung des Revisionswerbers in den Blick.

27Die Revision war daher, da bereits ihr Inhalt erkennen lässt, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021030328.L00

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