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VwGH vom 31.01.2012, 2009/05/0296

VwGH vom 31.01.2012, 2009/05/0296

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der Gemeinde K, vertreten durch Dr. Manfred Moser, Rechtsanwalt in 7033 Pöttsching, Wiener Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom , Zl. EU-02-04-103-2, betreffend Versagung einer Baubewilligung, in der Fassung des Berichtigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom , Zl. EU-02-04-103-3, (mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. S W und 2. J W, beide in K, beide vertreten durch schwartz huber-medek und partner rechtsanwälte og, 1010 Wien, Stubenring 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen

Begründung

I.

Zur Vorgeschichte wird auf das aufgrund einer Säumnisbeschwerde der mitbeteiligten Parteien (im Folgenden: MP) ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0228, verwiesen, mit dem der Antrag der MP vom auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Einfriedung (Einfriedungsmauer) auf deren im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde befindlichen Grundstück nach § 42 Abs. 4 VwGG iVm § 17 Abs. 1 der Burgenländischen Bauverordnung, LGBl. Nr. 11/1998, (im Folgenden: BauVO 1998) abgewiesen worden war.

Mit Eingabe vom stellten die MP an den Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde neuerlich einen Antrag, ihnen die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Einfriedung im Vorgartenbereich ihres Grundstückes zu erteilen. Am legten die MP bei der Baubehörde einen Auswechslungsplan samt einer Baubeschreibung vor, wonach die Einfriedung im Vorgartenbereich an keiner Stelle höher als 1,50 m und (hievon) der Sockel an keiner Stelle höher als 60 cm sei.

Dieses modifizierte Bauansuchen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom gemäß § 18 Abs. 4 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 - Bgld. BauG, LGBl. Nr. 10/1998, idF LGBl. Nr. 53/2008 (im Folgenden: BauG) iVm § 2 lit. d der Verordnung des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom , mit der Bebauungsrichtlinien für ein Teilgebiet der KG K erlassen wurden, abgewiesen.

Die MP erhoben dagegen Berufung, die mit Bescheid des Gemeinderates vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom (in der Fassung des Berichtigungsbescheides derselben Behörde vom ) wurde gemäß § 84 Abs. 1 und § 86 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung der von den MP gegen den genannten Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung Folge gegeben, dieser Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die beschwerdeführende Partei zur neuerlichen Entscheidung verwiesen. Dazu führte die belangte Behörde (u.a.) aus, der Gemeinderat habe seine Berufungsentscheidung unter Hinweis auf § 3 BauG mit baupolizeilichen Interessen an der Festigkeit und Standsicherheit der bereits errichteten Einfriedungsmauer, mit Interessen des Orts- und Landschaftsbildes sowie damit begründet, dass in § 2 lit. d der im Jahr 2003 ordnungsgemäß erlassenen Bebauungsrichtlinien (im Folgenden: Richtlinien) eine vordere Baulinie als fakultative Baulinie in einem Abstand von 1,5 m von der vorderen Grundstücksgrenze festgelegt worden sei. Diese verordnungsmäßig festgelegte Baulinie gelte - so die Berufungsbehörde - nicht nur für Gebäude, weil eine diesbezügliche Einschränkung nicht gegeben sei. Da beim gegenständlichen Bauansuchen der Abstand von 1,5 m nicht eingehalten werde, sei dieses gemäß § 18 Abs. 4 BauG abzuweisen. Bezüglich der bereits errichteten Mauer an der Grundstücksgrenze sei im Jahr 2004 die Einstellung der Arbeiten verfügt worden, weil sich auf Grund des Bauwerkes an der Grundstücksgrenze laut dem Amtssachverständigen für Verkehrstechnik gravierende Einschränkungen der ursprünglich vorhandenen Sichtweiten ergäben und daher eine wesentliche Herabminderung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs gegeben sei.

Wie sich aus der Entscheidung (Erkenntnis) des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. V 55/05, ergebe - so die belangte Behörde weiter in ihrer Bescheidbegründung -, unterliege das Grundstück der MP den mit rechtsgültiger Verordnung des Gemeinderates vom erlassenen Richtlinien. In § 2 lit. d dieser Verordnung sei eine vordere Baulinie als fakultative Baulinie in einem Abstand von 1,5 m von der vorderen Grundgrenze festgelegt worden, innerhalb derer Bauwerke (keine Einschränkung auf Gebäude) errichtet werden dürften. Das abgeänderte Bauansuchen der MP vom habe, den Vorgaben im oben zitierten Erkenntnis, Zl. 2006/05/0228, entsprechend, die Errichtung einer Einfriedung mit einer Sockelhöhe von 60 cm und darüber einem Maschendrahtgeflecht in der Höhe von 90 cm, womit die Einfriedung die maximal zulässige Höhe von 1,50 m einer Einfriedung im Vorgarten gemäß dem hier anzuwendenden § 41 Burgenländische Bauverordnung 2008 - Bgld. BauVO 2008 (im Folgenden: BauVO 2008) nicht überschreite, zum Gegenstand. Die betreffende Fläche, auf welcher die geplante Einfriedung errichtet werden solle, sei als Vorgarten definiert. Demgemäß sei auf die Burgenländischen Baubestimmungen für Vorgärten und in weiterer Folge auf § 41 dieser Verordnung abzustellen, der bestimme, wie Einfriedungen im Vorgartenbereich auszusehen hätten bzw. welche Einschränkungen möglich seien. Die von den MP konsenslos errichtete Einfriedungsmauer sei vom Gemeinderat im Berufungsbescheid zwar thematisiert worden, aber nicht Gegenstand des Vorstellungsverfahrens.

Die Berufungsbehörde werde daher in einem ordentlichen Ermittlungsverfahren neuerlich festzustellen haben, ob das Bauansuchen in der vorliegenden Form im Hinblick auf das BauG und die BauVO 2008 bzw. die Vorgaben des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes - nicht nur im Hinblick auf den "Teilbebauungsplan" der beschwerdeführenden Gemeinde - zu genehmigen sein werde, und begründet im Einzelnen über Ausnahmen im Interesse der Sicherheit, des Anrainerschutzes oder der Straßenansicht im Sinne des § 3 BauG bzw. des § 41 Abs. 3 BauVO 2008 abzusprechen haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit den Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte nur den von ihr geführten Akt des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die MP - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 84 Burgenländische Gemeindeordnung, wiederverlautbart durch LGBl. Nr. 55/2003, lautet (auszugsweise):

"§ 84

Vorstellung

(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in einer aus dem Vollziehungsbereich des Landes stammenden Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzugs (§ 83 Abs. 1) innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheids dagegen Vorstellung erheben.

(…)

(5) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

(6) Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden."

Gemäß § 86 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. ist zur Entscheidung über die Vorstellung, falls durch Gesetz nicht anderes bestimmt wird, jedenfalls die Bezirkshauptmannschaft zuständig.

Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG hat die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 und Art. 132 B-VG) und vor dem Verfassungsgerichtshof (Art. 144 B-VG) Beschwerde zu führen.

Das Beschwerderecht nach Art. 119a Abs. 9 B-VG stellt ein Beschwerderecht wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung dar und ist daher als Parteibeschwerde zu betrachten. Mit Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof kann eine Rechtsverletzung von der Gemeinde releviert werden, wenn die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides überhaupt nicht hätte erfolgen dürfen, aber auch dann, wenn der Gemeindebehörde mit dem Vorstellungsbescheid eine Rechtsansicht überbunden wird, die eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes bewirkt. Der Bescheid der Vorstellungsbehörde ist daher wegen der Bindungswirkung schon dann aufzuheben, wenn sich auch nur ein den Spruch tragender Aufhebungsgrund als rechtswidrig erweist. Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich nach der hg. Judikatur ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht jedoch auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0242, mwN; ferner in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/05/0068, und vom , Zl. 2007/05/0159).

Tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides ist die zur Aufhebung des gemeindebehördlichen Berufungsbescheides führende Rechtsansicht der belangten Behörde, dass in Anwendung des § 41 BauVO 2008 und des § 2 lit. d der genannten Richtlinien die Errichtung einer Einfriedung mit einer Sockelhöhe von 60 cm und darüber einem Maschendrahtgeflecht in der Höhe von 90 cm, womit die Einfriedung die maximal zulässige Höhe von 1,50 m einer Einfriedung in einem Vorgarten gemäß § 41 BauVO 2008 nicht überschreite, - entgegen der Ansicht der Berufungsbehörde - nicht unzulässig sei. Demzufolge werde die beschwerdeführende Partei "im Einzelnen" über Ausnahmen im Interesse der Sicherheit, des Anrainerschutzes oder der Straßenansicht im Sinne des § 3 BauG bzw. des § 41 Abs. 3 BauVO 2008 abzusprechen haben.

2. Die Beschwerde bringt vor, dass laut dem zitierten Erkenntnis, Zl. 2006/05/0228, die in § 2 lit. d der Richtlinien festgesetzte Baulinie, weil eine diesbezügliche Einschränkung fehle, nicht nur für die Errichtung von Gebäuden, sondern bezüglich aller Bauwerke Geltung habe. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass diesem Erkenntnis zufolge bei Einhaltung der in § 41 Abs. 1 BauVO 2008 genannten Höhen (im Vorgartenbereich) die Errichtung einer Einfriedung an den Grundstücksgrenzen jedenfalls zulässig sei, so habe sie dieses Erkenntnis und auch das Burgenländische Raumplanungsgesetz (im Folgenden: RplG) falsch interpretiert. § 41 BauVO 2008 regle nämlich lediglich die Höhe der zu errichtenden Einfriedung und sage nichts darüber aus, in welcher Entfernung von der Grundgrenze eine Einfriedung errichtet werden dürfe. Da § 22 Abs. 3 RplG anordne, bei der Festsetzung der Baulinien sei darauf zu achten, dass die Sichtverhältnisse für Verkehrsteilnehmer durch Bauwerke möglichst wenig beeinträchtigt würden, werde in § 22 RplG die Berechtigung einer Gemeinde zur Festlegung von Baulinien im Rahmen von Bebauungsrichtlinien sowohl in Bezug auf die Errichtung von Gebäuden als auch (gemäß § 22 Abs. 3 leg. cit.) in Bezug auf die Errichtung von sämtlichen Bauwerken normiert. Im Hinblick auf das RplG sei daher im Sinne einer gesetzeskonformen Interpretation davon auszugehen, dass mit § 2 lit. d der gegenständlichen Richtlinien eine Baulinie im Abstand von 1,5 m zur Grundgrenze für sämtliche Bauwerke festgelegt worden sei. Dies bedeute, dass die Errichtung von sämtlichen Bauwerken und nicht nur von Gebäuden nicht zulässig sei.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.1. Vorauszuschicken ist, dass im Beschwerdefall im Hinblick darauf, dass das gegenständliche Baubewilligungsansuchen von den MP im Dezember 2008 gestellt wurde, die Bestimmungen des BauG idF der Baugesetz-Novelle 2008, LGBl. Nr. 53, (vgl. § 35 Abs. 6 BauG) und die BauVO 2008, LGBl. Nr. 63, (vgl. § 43 dieser Verordnung) anzuwenden sind.

§ 2 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 3 Z 1 und 2 BauG lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Bauwerke oder Bauten sind Anlagen, die mit dem Boden in Verbindung stehen und zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.

(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können. (…)

(…)

(4) Bauvorhaben sind die Errichtung, Änderung oder der Abbruch von Bauwerken und damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen, die baupolizeiliche Interessen berühren.

(…)"

"Zulässigkeit von Bauvorhaben (Baupolizeiliche Interessen)

§ 3. Bauvorhaben sind nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn sie

1. dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan/Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen,

2. den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen,

(…)"

Gemäß § 18 Abs. 4 BauG ist ein Ansuchen um Baubewilligung ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich schon aus dem Ansuchen ergibt, dass das Vorhaben unzulässig ist und die Gründe der Unzulässigkeit sich nicht beheben lassen.

§ 41 der auf Grund des § 4 BauG erlassenen BauVO 2008 lautet:

"§ 41

Einfriedungen

(1) Einfriedungen im Vorgartenbereich dürfen sowohl gegen die öffentliche Verkehrsfläche als auch nachbarseitig einschließlich Sockel 1,50 m nicht übersteigen und über dem Sockel (höchstens 0,60 m) nicht undurchsichtig ausgeführt werden. Einfriedungen außerhalb des Vorgartenbereichs dürfen nicht höher als zwei Meter sein und auch undurchsichtig ausgeführt werden, wobei lebende Zäune, Hecken udgl. entlang der Grundstücksgrenze nicht höher als drei Meter sein dürfen. Bei der Berechnung der Höhe ist vom Gehsteig bzw. vom höher gelegenen Grundstück an der Grundgrenze auszugehen.

(2) Bei Einfriedungen dürfen als oberer Abschluss keine spitzen oder verletzungsgefährdenden Materialien verwendet werden.

(3) Im Interesse der Sicherheit, des Anrainerinnen- oder Anrainerschutzes oder der Straßenansicht sind Ausnahmen von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 zulässig."

Gemäß § 22 Abs. 1 lit. c RplG, LGBl. Nr. 18/1969, idF LGBl. Nr. 64/2000 sind (u.a.) durch einen Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) die Baulinien, das sind die für jeden Bauplatz festzulegenden Grenzlinien, innerhalb derer Gebäude errichtet werden dürfen, festzulegen. Gemäß § 22 Abs. 3 leg. cit. ist bei der Festsetzung der Baulinien darauf zu achten, dass bei Straßenkreuzungen und Straßeneinmündungen die Sichtverhältnisse für Verkehrsteilnehmer durch Bauwerke möglichst wenig beeinträchtigt werden.

§ 25a leg. cit. lautet (auszugsweise):

"Bebauungsrichtlinien

§ 25a. (1) Sofern kein Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan vorliegt, hat der Gemeinderat die Grundsätze der Bebauung mit Verordnung durch Bebauungsrichtlinien festzulegen.

(2) Die Bebauungsrichtlinien dürfen dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen und haben überdies dem Charakter der jeweiligen Widmung zu entsprechen. Bei der Erlassung der Bebauungsrichtlinien ist darauf zu achten, dass Beeinträchtigungen der Nachbarn vermieden werden.

(3) Die Bebauungsrichtlinien haben zu beinhalten:

(…)

b) die Baulinie,

(…)

(6) Die Bebauungsrichtlinien haben die Wirkung, dass Baubewilligungen nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, in der jeweils geltenden Fassung, nur zulässig sind, wenn sie den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen."

Vom Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde wurde die Verordnung vom beschlossen, mit der Bebauungsrichtlinien für einen Teil des Gemeindegebietes, in dem auch das Grundstück der MP gelegen ist, erlassen wurden. Gemäß § 2 lit. d dieser Richtlinien wird die vordere Baulinie als fakultative Baulinie in einem Abstand von 1,5 m von der vorderen Grundgrenze festgelegt.

3.2. In dem oben genannten, von der Beschwerde ins Treffen geführten Erkenntnis, Zl. 2006/05/0228, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf § 2 lit. d der genannten Richtlinien und § 17 BauVO 1998 - diese Regelung wurde in ihrem wesentlichen Inhalt von § 41 der im vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden BauVO 2008 übernommen - (u.a.) ausgeführt, dass unter einem "Vorgarten" (im Sinne der Bauverordnung 1998) der Grundstücksteil zwischen der Grenze der öffentlichen Verkehrsfläche (Straßenfluchtlinie) und der vorderen Baulinie zu verstehen ist. In dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Fall erachtete der Verwaltungsgerichtshof die Errichtung der (damals mit einer durchschnittlichen Höhe von 1,95 m) projektierten Einfriedungsmauer im Vorgartenbereich im Sinn des § 17 BauVO 1998 deshalb für unzulässig, weil dort die Einfriedung nur in der Höhe von 1,50 m errichtet werden dürfte, wobei davon ein Sockel von höchstens 0,60 m errichtet werden dürfte und die darüber hinausgehenden 0,90 m nicht undurchsichtig ausgeführt sein dürften. In Anbetracht des im Wesentlichen gleichen Regelungsinhaltes der im vorliegenden Beschwerdefall zur Anwendung kommenden Verordnungsbestimmungen sieht der Verwaltungsgerichtshof keine Veranlassung, von der in seinem Erkenntnis, Zl. 2006/05/0228, geäußerten Rechtsansicht abzugehen.

Wenn die Beschwerde auf die in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses enthaltene Passage verweist, wonach die in § 2 lit. d der Richtlinien festgesetzte Baulinie mangels einer Einschränkung nicht nur bei der Errichtung von Gebäuden gelte, so ändert dies nichts daran, dass - wie dies in dem dieser Passage folgenden Satz und in den vorangegangen Ausführungen dieses Erkenntnisses zum Ausdruck gebracht wurde - auf ein Bauvorhaben wie das gegenständliche die Bestimmung des § 17 BauVO 1998 (nunmehr im Wesentlichen inhaltsgleich: § 41 BauVO 2008) anzuwenden ist, der zufolge die Errichtung einer Einfriedung mit einer Gesamthöhe bis zu 1,50 m bei einem Sockel von höchstens 0,60 m und einer darüber hinausgehenden (bis zu 0,90 m hohen durchsichtigen) Einfriedung im Vorgarten grundsätzlich zulässig ist.

Auch irrt die Beschwerde mit ihrer Auffassung, dass der Begriff "Gebäude" in § 22 Abs. 1 lit. c RplG im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 22 Abs. 3 leg. cit. auf "Bauwerke" abstellt, im Sinne von "Bauwerke" zu verstehen und damit gleichzusetzen sei. Diese beiden Begriffe sind für den Anwendungsbereich des RplG in § 2 Abs. 2 und 3 BauG idF vor Inkrafttreten der Burgenländischen Baugesetz-Novelle 2008 (vgl. dazu § 35 Abs. 7 BauG) definiert. Wenn der Gesetzgeber in § 22 RplG beide Begriffe verwendet, so kann ihm mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, dass er beiden Begriffen dieselbe Bedeutung zumessen wollte. Das genannte Normenverständnis der beschwerdeführenden Partei kann somit nicht nachvollzogen werden.

Der belangten Behörde ist daher bei der Auslegung der genannten Bestimmungen kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Die weitere Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dass in Bezug auf die mittlerweile konsenslos errichtete Einfriedungsmauer noch Ermittlungen erforderlich seien und von der Berufungsbehörde im Einzelnen begründet über Ausnahmen im Interesse der Sicherheit, des Anrainerschutzes oder der Straßenansicht im Sinne des § 3 BauG bzw. des § 41 Abs. 3 BauVO 2008 abzusprechen sei, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht bekämpft.

3.3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vollständig vorgelegt hat, war der von ihr verzeichnete Vorlageaufwand nicht zuzuerkennen und ihr diesbezügliches Mehrbegehren abzuweisen (vgl. dazu etwa die in Mayer , B-VG4, zu § 48 VwGG II.2. zitierte hg. Judikatur; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/07/0001, mwN).

Wien, am