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VwGH vom 29.06.2010, 2006/18/0389

VwGH vom 29.06.2010, 2006/18/0389

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der E W, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 762/06, betreffend Abweisung eines Zustellantrages i.A. eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer israelischen Staatsangehörigen, vom auf neuerliche Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom , mit dem gegen sie ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, gemäß § 23 Abs. 4 Zustellgesetz - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, abgewiesen.

Der genannte Berufungsbescheid vom sei der Beschwerdeführerin am selben Tag gemäß § 8 Abs. 2 ZustG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfügt. Auch eine Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger nach einem allfälligen Arbeitgeber sei ergebnislos verlaufen. Da keine Abgabestelle eruierbar gewesen sei und die Beschwerdeführerin, die vom laufenden Verfahren Kenntnis gehabt habe, ihre Abgabestelle geändert habe, ohne dies der Behörde mitzuteilen bzw. ohne eine neue Wohnanschrift bekannt zu geben, sei diese Form der Zustellung rechtmäßig erfolgt.

Am habe die Beschwerdeführerin die (neuerliche) Zustellung des genannten Aufenthaltsverbotsbescheides an ihren nunmehrigen Rechtsvertreter beantragt. Dieser Antrag sei damit begründet worden, dass die Beschwerdeführerin seit in W, J., und seit in W, B., gemeldet gewesen wäre. Im Zeitpunkt der Hinterlegung (am ) wäre sie in J. gemeldet und wohnhaft gewesen, weshalb eine Zustellung an dieser Adresse möglich und auch gesetzlich geboten gewesen wäre. Die Hinterlegung bei der Behörde wäre unzulässig gewesen.

Im nunmehrigen Verfahren (über den Zustellantrag) sei der Beschwerdeführerin ein Erhebungsbericht eines Organwalters des Magistrates der Stadt W vom zur Kenntnis gebracht worden, dem zufolge die Beschwerdeführerin laut den Angaben einer Nachbarin an der genannten Anschrift (J.) völlig unbekannt wäre und an dieser Adresse vielmehr eine andere Person wohnte. Ferner sei der Beschwerdeführerin eine im amtlichen Abmeldeverfahren am mit der damaligen Unterkunftgeberin der Wohnung in J. aufgenommene Niederschrift zur Kenntnis gebracht worden. Die Unterkunftgeberin habe bei der Behörde vorgesprochen und um amtliche Abmeldung der Beschwerdeführerin und deren Kinder von dieser Anschrift ersucht, weil diese Personen unbekannt verzogen wären und kein Kontakt zu ihnen bestünde. Weiters seien der Beschwerdeführerin ein Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom und die dazu gehörigen Zustellnachweise zur Kenntnis gebracht worden, die das Schreiben als "zurück, nicht behoben" auswiesen. Letztlich sei dem Schreiben der belangten Behörde vom an die Beschwerdeführerin die Kopie einer Niederschrift mit der damaligen Unterkunftgeberin vom beigelegen, in der diese angegeben habe, die Beschwerdeführerin hätte sie ersucht, sie an deren Anschrift kurzfristig anzumelden. Die Beschwerdeführerin hätte ihr erklärt, sie würde ein Haus verkaufen, eine Wohnung im 19. W Gemeindebezirk kaufen und vorübergehend für ein oder zwei Wochen eine aufrechte Meldung benötigen. Sie (die Beschwerdeführerin) würde ihr etwas bezahlen, wenn sie bei ihr gemeldet sein dürfte. Die Unterkunftgeberin hätte die Beschwerdeführerin an ihrer Anschrift angemeldet, obwohl klar gewesen wäre, dass diese niemals bei ihr Unterkunft nehmen würde, und diese eine solche Unterkunft auch tatsächlich nicht genommen hätte. Sie hätte die Beschwerdeführerin jedoch nicht gefragt, warum diese unbedingt eine Meldeanschrift benötigte, an der sie nicht wohnhaft wäre.

Zum Ergebnis des Beweisverfahrens habe die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben.

Die belangte Behörde habe daher als erwiesen angenommen, dass die Zustellung durch Hinterlegung am rechtmäßig erfolgt sei und die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet weder gemeldet noch an ihrer vormaligen Anschrift trotz der erfolgten amtlichen Abmeldung wohnhaft gewesen sei.

Die solcherart erfolgte rechtmäßige Zustellung durch Hinterlegung bei der Behörde und die damit eingetretene Rechtskraft des Aufenthaltsverbotsbescheides stünden einer neuerlichen Zustellung entgegen, zumal eine solche gemäß § 6 ZustG keine rechtliche Wirkung entfalten könnte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides durch Hinterlegung (am ) an der Anschrift in J. gemeldet und dort wohnhaft gewesen sei, weshalb die Zustellung an dieser Adresse möglich und auch gesetzlich geboten sowie die Hinterlegung bei der Behörde daher unzulässig gewesen sei. Von einer amtlichen Abmeldung habe die Beschwerdeführerin keine Kenntnis gehabt, sodass sie auch keinen Anlass gehabt habe, der Erstbehörde einen Wohnungswechsel oder eine Adressenänderung bekannt zu geben.

2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Nach § 8 Abs. 2 leg. cit. ist, wird diese Mitteilung unterlassen, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Gemäß § 23 Abs. 4 ZustG gilt die so hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt.

Gemäß § 2 Z. 5 leg. cit. ist "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

Unter einer "Wohnung" im Sinn des ZustG ist jene Räumlichkeit zu verstehen, die der Empfänger tatsächlich benützt, wo er also tatsächlich wohnt. Der dazu erforderliche regelmäßige Aufenthalt des Empfängers in seiner Wohnung ist dabei nach objektiven Gesichtspunkten ex post und ohne Rücksicht darauf zu beurteilen, wie sich die Verhältnisse dem Zustellorgan seinerzeit subjektiv geboten haben, und ohne Rücksicht auf die Absichten des Empfängers (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/18/0428, mwN).

Voraussetzungen für die als Zustellung geltende Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch nach § 8 Abs. 2 ZustG sind die Änderung der bisherigen Abgabenstelle, die Unterlassung der Mitteilung hievon und die Unmöglichkeit, eine (andere neue) Abgabestelle ohne Schwierigkeiten festzustellen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/20/0480).

2.2. Die belangte Behörde stützte ihre Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Abgabestelle in W, J., an der weder im September 2005 (vgl. die Verständigung der belangten Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom ) noch im November 2005 (vgl. die Verständigung der Beschwerdeführerin vom Ersuchen um Vornahme der Abmeldung durch das Magistrat der Stadt W vom ) an die Beschwerdeführerin hatte zugestellt werden können, geändert hatte und dass die Beschwerdeführerin - entgegen ihren Behauptungen - am an der genannten Anschrift (J.) nicht wohnhaft war, auf den im angefochtenen Bescheid näher angeführten Erhebungsbericht vom , eine mit der früheren Unterkunftgeberin der Beschwerdeführerin aufgenommene Niederschrift, wonach die Beschwerdeführerin bei ihr niemals Unterkunft genommen hatte, und den Umstand, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet nicht polizeilich gemeldet war, wobei auch eine Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergebnislos verlaufen war.

Zu diesen Ermittlungsergebnissen hat die Beschwerdeführerin, der nach Ausweis der Verwaltungsakten mit Verfügung der belangten Behörde vom dazu Parteiengehör eingeräumt worden war, - was in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird - im Berufungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben. In der Beschwerde geht die Beschwerdeführerin auf den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Inhalt der behördlichen Ermittlungen und der Angaben der befragten Personen nicht näher ein und legt auch nicht dar, aufgrund welcher im Verwaltungsverfahren beantragter oder vorgelegener Beweise die belangte Behörde zu anderen, für die Beschwerdeführerin günstigen Feststellungen hätte gelangen müssen. Ihre Beschwerdebehauptung, dass sie im Zeitpunkt der Hinterlegung (am ) an der Anschrift in W, J., gemeldet gewesen sei, findet in den Verwaltungsakten keine Deckung (vgl. den diesbezüglichen Melderegisterauszug vom , dem zufolge die Beschwerdeführerin nur bis zum an der genannten Wohnanschrift polizeilich gemeldet war).

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Hinterlegung an dieser Anschrift (J.) weder polizeilich angemeldet noch dort wohnhaft war, begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Dass zu diesem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin an keiner anderen Anschrift polizeilich gemeldet war und auch eine Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergebnislos verlief, wird von der Beschwerde nicht bestritten.

2.3. Auf dem Boden der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen, sohin unbedenklichen Feststellungen ist die Annahme der belangten Behörde, dass sich die frühere Abgabestelle der Beschwerdeführerin (vgl. dazu etwa deren Vollmachtsbekanntgabe und Stellungnahme vom und die Mitteilung über die Vollmachtskündigung vom ) geändert habe, nicht zu beanstanden. Die belangte Behörde war daher - infolge Unterlassens einer Mitteilung im Sinn des § 8 Abs. 1 ZustG durch die Beschwerdeführerin - gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. berechtigt, die Zustellung des genannten Aufenthaltsverbotsbescheides durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zu bewirken, hatte die belangte Behörde doch versucht, eine Abgabestelle der Beschwerdeführerin zu eruieren, und ist nicht ersichtlich, welche weiteren zweckmäßigen und nicht mit Schwierigkeiten verbundenen Schritte sie diesbezüglich noch hätte unternehmen sollen. Demzufolge war der Aufenthaltsverbotsbescheid der belangten Behörde vom an die Beschwerdeführerin durch Hinterlegung nach § 8 Abs. 2 ZustG wirksam zugestellt worden.

Im Hinblick darauf hat die belangte Behörde zu Recht den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf (neuerliche) Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides abgewiesen.

3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am