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VwGH vom 16.06.2021, Ra 2020/15/0034

VwGH vom 16.06.2021, Ra 2020/15/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Steiermark Mitte, in 8018 Graz, Adolf-Kolping-Gasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100803/2019, betreffend Einkommensteuer 2018 (mitbeteiligte Partei: J S in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Die mitbeteiligte Partei ist - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - ein deutscher Staatsbürger, der aufgrund eines Wohnsitzes in Österreich seit Jahren unbeschränkt steuerpflichtig ist. Österreich ist sein Ansässigkeitsstaat. Im Verfahrensjahr 2018 erzielte er „Einkünfte aus mehreren Ruhegenussbezügen (deutsche staatliche Altersrente, deutsche Betriebsrente, österreichische Sozialversicherungspension, slowenische staatliche Pension)“.

2Nach Einreichung einer Arbeitnehmerveranlagung erließ das Finanzamt (aufgrund anderer Streitpunkte) einen abweichenden Einkommensteuerbescheid, gegen den die mitbeteiligte Partei Beschwerde erhob.

3Erstmals in der daraufhin ergangenen Beschwerdevorentscheidung erfasste das Finanzamt sodann auch die „slowenische Sozialversicherungspension“ in Höhe von 175,75 €, nachdem ihm diese im Rahmen eines zwischenstaatlichen Informationsaustausches bekannt geworden war.

4Im Vorlageantrag bestritt die mitbeteiligte Partei eine Steuerpflicht dieser Einkünfte in Österreich.

5Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das BFG der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid zu Gunsten der mitbeteiligten Partei ab. Begründend führte es aus, die Rechtslage zur Besteuerung der slowenischen Rentenbezüge der mitbeteiligten Partei sei mit jener für die Besteuerung der staatlichen Alterspension aus Deutschland vergleichbar. So wie das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Österreich und Deutschland ordne auch das DBA zwischen Österreich und Slowenien, BGBl. III Nr. 4/1999, das Besteuerungsrecht für „Ruhegehälter“ grundsätzlich dem „Kassenstaat“ zu. Art. 18 DBA Slowenien laute (im Übrigen analog zu Art. 18 des OECD-Musterabkommens): „Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 2 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.“ Für die Anwendbarkeit des Art. 19 DBA Slowenien (Öffentlicher Dienst) fänden sich im anhängigen Verfahren keine Anhaltspunkte. So wie das DBA Deutschland sehe auch das DBA Slowenien zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung u.a. für „Ruhegehälter“ die „Befreiungsmethode“ unter Anwendung eines „Progressionsvorbehalts“ vor (Art. 24 DBA Österreich Slowenien). Aus Slowenien stammende „Ruhegehälter“ seien für in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger daher zufolge Art. 18 DBA Slowenien in Österreich steuerfrei, jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes im Wege des „Progressionsvorbehalts“ einzubeziehen. Die Pensionsbezüge aus Slowenien seien sohin - analog den Bezügen aus der deutschen staatlichen Rente - nicht unter „steuerpflichtige Bezüge“, sondern unter „steuerfreie, progressionswirksame Pensionseinkünfte aus dem Ausland“ zu erfassen.

6Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision. Zu deren Zulässigkeit bringt das Finanzamt vor, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Rechtsfolgensetzung des Art. 18 DBA Slowenien, zu dem Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle und der sich von Art. 18 DBA Deutschland unterscheide.

7Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

8Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9Die Revision ist zulässig und begründet.

10Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III 4/1999, lautet:

„Artikel 18

Ruhegehälter

Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 2 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.“

11Das DBA Slowenien teilt damit - entsprechend dem Musterabkommen der OECD - das ausschließliche Besteuerungsrecht an „Ruhegehältern ... für frühere unselbständige Arbeit“ dem Ansässigkeitsstaat des Ruhegehaltsempfängers zu. Diesem kommt damit auch das Besteuerungsrecht für ausländische Sozialversicherungspensionen zu, sofern diese - was vom BFG im Revisionsfall noch festzustellen wäre - durch ein früheres Arbeitsverhältnis veranlasst sind (vgl. Ismer, in Vogel/Lehner, DBA6 Art. 18 Rz 29a; sowie Schmidjell-Dommes, in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 Art. 18 Rz 33 und 43 ff, mwN; vgl. ferner seit 2005 auch ausdrücklich OECD-Musterkommentar Art. 18 Rz 24; zu den damit nicht in Widerspruch stehenden früheren Fassungen des Musterkommentars vgl. Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen 59).

12Eine dem DBA Deutschland vergleichbare Ausnahmeregelung, wonach Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, abweichend davon nur in diesem anderen Staat besteuert werden dürfen (Kassenstaatsprinzip für Sozialversicherungspensionen; vgl. dazu näher Schmidjell-Dommes, in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 Art. 18 Rz 44 ff), enthält das DBA Slowenien nicht.

13Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020150034.L00

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