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VwGH vom 12.05.2011, 2009/04/0064

VwGH vom 12.05.2011, 2009/04/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Stadtgemeinde X, vertreten durch Dr. Andreas Widschwenter, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Salzburger Straße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) vom , Zl. BMWA-66.150/0125-IV/9/2008, betreffend Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (mitbeteiligte Partei:

Y GmbH, vertreten durch Dr. Georg Petzer, Dr. Herbert Marschitz, Dr. Peter Petzer und Mag. Johannes Bodner, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 24), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei auf deren Ansuchen vom der erstmalige Gewinnungsbetriebsplan für den Steinbruch L für das unter- und obertägige Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe (Dolomit) auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG X - R-Berg, Stadtgemeinde X, hinsichtlich der vorgesehenen Arbeiten und beabsichtigten Maßnahmen für einen Zeitraum von fünf Jahren ab "Genehmigung des Bescheides" genehmigt. Nach dem Spruch dieses Bescheides sieht dieser Gewinnungsbetriebsplan unter anderem im Rahmen der Abbauarbeiten vor, dass der Rohstoff über den untertägigen Sturzschacht auf die Grundetage gestürzt wird, dort mittels Radlader abgezogen und den Aufbereitungsanlagen zugeführt wird. Als Rechtsgrundlagen für die Genehmigung werden die §§ 116 und 171 Abs. 3 Z. 3 Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2006 (im Folgenden: MinroG), sowie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) angeführt.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit vorliegend wesentlich - aus, beim vorgelegten Gewinnungsbetriebsplan handle es sich um einen erstmaligen Gewinnungsbetriebsplan für das unter- und obertägige Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe (Dolomit), wobei - auf Grund der Abförderung durch einen Sturzschacht - eine wechselseitige Beeinflussung der unter- und obertägigen Gewinnung gegeben sei (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0079).

Da auf Grund der Abförderung durch einen Sturzschacht (diese sei dem Begriff "Gewinnen" in § 1 Z. 2 MinroG zuzurechnen) - eine wechselseitige Beeinflussung der unter- und obertägigen Gewinnung gegeben sei, fänden die §§ 81 bis 83 MinroG keine Anwendung. Dies ergebe sich aus § 116 Abs. 10 MinroG, wonach die §§ 81 bis 83 MinroG nur bei einer ausschließlich obertägigen Gewinnung anzuwenden seien, sowie aus den Erläuterungen zu § 112 Abs. 1 und § 116 Abs. 10 (zur MinroG-Novelle 2001 in RV 833 BlgNR XXI. GP).

Daher sei die mitbeteiligte Partei nicht verpflichtet gewesen, ein Konzept über den Abtransport im Sinne des § 80 Abs. 2 Z. 10 MinroG vorzulegen. Die belangte Behörde habe auch nicht gemäß § 83 Abs. 1 Z. 1 MinroG zu prüfen gehabt, ob das öffentliche Interesse an der Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes andere öffentliche Interessen im Hinblick auf die Versagung des Gewinnungsbetriebsplanes überwiege. Ebensowenig fänden die Abstandsvorschriften des § 82 MinroG Anwendung.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die belangte Behörde habe bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Unrecht die Bestimmungen der §§ 80 bis 83 MinroG nicht angewendet.

Im vorliegenden Fall sei nämlich ein untertägiger Abbau nicht gegeben. Lediglich ein Herstellen des Sturzschachtes wäre dem untertägigen Abbau zuzuordnen gewesen. Der Sturzschacht sei vorliegend aber bereits fertig errichtet gewesen und der Abbau selbst erfolge ausschließlich obertägig, wie auch der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0079, ausgeführt habe. Lediglich das Abwerfen des Materials im bereits errichteten Sturzschacht könne nicht als untertägige Gewinnung angesehen werden, welche rechtfertigen würde, das gesamte Projekt ausschließlich den Bestimmungen der untertägigen Gewinnung zu unterstellen.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des MinroG lauten wie folgt:

" Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. 'Aufsuchen' jede mittelbare und unmittelbare Suche nach mineralischen Rohstoffen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden Tätigkeiten sowie das Erschließen und Untersuchen natürlicher Vorkommen mineralischer Rohstoffe und solche enthaltender verlassener Halden zum Feststellen der Abbauwürdigkeit;

2. 'Gewinnen' das Lösen oder Freisetzen (Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten;

3. 'Aufbereiten' das trocken und/oder naß durchgeführte Verarbeiten von mineralischen Rohstoffen zu verkaufsfähigen Mineralprodukten mittels physikalischer, physikalisch-chemischer und/oder chemischer Verfahren, insbesondere das Zerkleinern, das Trennen, das Anreichern, das Entwässern (Eindicken, Filtern, Trocknen, Eindampfen), das Stückigmachen (Agglomerieren, Brikettieren, Pelletieren) und das Laugen, sowie die mit den genannten Verfahren zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten;

Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen

§ 116. (1) Gewinnungsbetriebspläne sind, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn

1. die im Betriebsplan angeführten Arbeiten, sofern sich diese nicht auf grundeigene mineralische Rohstoffe beziehen, durch Gewinnungsberechtigungen gedeckt sind,

2. sofern sich der Gewinnungsbetriebsplan auf das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe bezieht, der (die) Grundeigentümer dem Ansuchenden das Gewinnen auf den nicht dem Ansuchenden gehörenden Grundstücken einschließlich des Rechtes zur Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen hat (haben).

3. gewährleistet ist, daß im Hinblick auf die Ausdehnung der Lagerstätte ein den bergtechnischen, bergwirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Erfordernissen entsprechender Abbau dieser Lagerstätte erfolgt,

4. ein sparsamer und schonender Umgang mit der Oberfläche gegeben ist und die zum Schutz der Oberfläche vorgesehenen Maßnahmen als ausreichend anzusehen sind,

5. im konkreten Fall nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben,

6. nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist,

7. keine Gefährdung von dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (§ 119 Abs. 5) zu erwarten ist,

8. die vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung des Abbaus als ausreichend anzusehen sind und

9. beim Aufschluß und/oder Abbau keine Abfälle entstehen werden, die nach dem besten Stand der Technik vermeidbar oder nicht verwertbar sind. Soweit eine Vermeidung oder Verwertung der Abfälle wirtschaftlich nicht zu vertreten ist, muss gewährleistet sein, dass die entstehenden Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden.

(3) Parteien im Genehmigungsverfahren sind:

4. Die Gemeinde (Standortgemeinde), auf deren Gebiet der Aufschluß und/oder Abbau beabsichtigt ist, zum Schutz der in Abs. 1 Z 4 bis 9 genannten Interessen. Die Gemeinde ist berechtigt, die genannten Interessen als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Davon wird eine allfällige Parteistellung der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten nicht beeinträchtigt.

(10) Handelt es sich um die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes für die ausschließlich obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe, sind für dessen Genehmigung auch noch die §§ 81, 82 und 83 anzuwenden.

§ 171 . …

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist außer in den in diesem Bundesgesetz ausdrücklich angeführten Fällen in erster Instanz zuständig:

3. Wenn ein natürliches Vorkommen mineralischer Rohstoffe unter- und obertags gewonnen wird und eine wechselseitige Beeinflussung der unter- und obertägigen Gewinnung gegeben ist."

2. Zur ausschließlich obertägigen Gewinnung nach § 116 Abs. 10 MinroG:

Im Beschwerdefall geht es alleine um die Frage, ob es sich beim vorliegenden Gewinnungsbetriebsplan um eine "ausschließlich obertägige Gewinnung" im Sinne des § 116 Abs. 10 MinroG handelt.

Dabei ist entscheidend, dass - wie im angefochtenen Bescheid bei der Beschreibung der Abbauarbeiten angeführt wird und es sich im Übrigen auch aus dem in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Projekt ergibt (vgl. Einreichprojekt vom , Punkt C.9. Aufschlussbeschreibung) - der untertägige Sturzschacht nicht (neu) hergestellt, sondern bereits vorhanden ist. Dieser bereits vorhandene Sturzschacht wird projektgemäß für den Transport des gewonnenen Rohstoffes verwendet, indem der abgebaute Dolomit über diesen untertägigen Sturzschacht auf die Grundetage gestürzt wird, dort mittels Radladers abgezogen und den Aufbereitungsanlagen zugeführt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0079, im Hinblick auf die Zuständigkeitsnormen der §§ 170 bzw. 171 Abs. 1 MinroG festgehalten, dass der "Abbau" nur ein Teil des "Gewinnens" (§ 1 Z. 2 MinroG) sei und alle Tätigkeiten umfasst, soweit sie nicht dem "Aufsuchen" (Z. 1) und "Aufbereiten" (Z. 3) zuzurechnen sind und bei einer Gewinnung, bei der ein obertägiger Abbau und eine untertägige Abförderung durch einen Sturzschacht projektiert sei, eine wechselseitige Beeinflussung (der unter- und obertägigen Gewinnung) gegeben sei und somit nicht mehr von einer ausschließlich obertägigen Gewinnung gesprochen werden könne (gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen).

Davon ausgehend ist auch für die Frage, ob nach § 116 Abs. 10 MinroG eine "ausschließlich obertägige Gewinnung" vorliegt, alleine entscheidend, ob bei einem obertägigen Abbau auch eine untertägige Abförderung durch einen Sturzschacht vorgesehen ist und kommt es nicht - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - darauf an, ob die Herstellung eines solchen Sturzschachtes Bestandteil des Projektes ist. Vielmehr reicht es (für die Verneinung einer "ausschließlich obertägigen Gewinnung") aus, wenn dieser Sturzschacht bereits vorhanden ist und für die Abförderung der obertägig gewonnenen Rohstoffe verwendet wird. Eine solche Sichtweise lässt sich bereits mit dem umfassenden Begriff des "Gewinnens" nach § 1 Z. 2 MinroG begründen, nach der auch die mit dem Abbau "zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten" der Gewinnung zuzurechnen sind.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Auffassung vertreten, dass es sich vorliegend nicht um eine "ausschließlich obertägige Gewinnung" im Sinne des § 116 Abs. 10 MinroG handelt und die §§ 81, 82 und 83 MinroG nicht angewendet.

3. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in dem in der zitierten Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-86963