TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 26.05.2014, 2013/17/0498

VwGH vom 26.05.2014, 2013/17/0498

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der C GmbH in Wien, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein KG in 1010 Wien, Plankengasse 7, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-241.176, betreffend Nachsicht und Stundung der Kriegsopferabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schriftsatz vom beim Amt der Landeshauptstadt Bregenz die Nachsicht näher angeführter fälliger Abgabenschulden betreffend Kriegsopferabgaben und Gemeindevergnügungssteuer durch Abschreibung gemäß § 236 BAO sowie Stundung gemäß § 212 BAO.

In der Begründung verwies die beschwerdeführende Partei darauf, dass ohne die exorbitante Vorschreibung von Kriegsopferabgabe und Gemeindevergnügungssteuer die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin stabil wäre und nur durch die Auferlegung der genannten Abgaben, wie sie insbesondere seit der ruinösen Interpretation des "Eintrittsgeldes" durch den Verwaltungsgerichtshof erfolge, das Unternehmen binnen kürzester Zeit in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werde. Durch das Abstellen auf die zwischen den Spielern vereinbarten Einsätze, von denen die Veranstalter nicht profitierten, als "Eintrittsgeld" bei Pokerkartencasinos komme es zu einer atypischen Belastungswirkung, die vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigt gewesen sei. Es sei bei Ansiedlung des gegenständlichen Kartencasinos in Vorarlberg, für das eine Gewerbeberechtigung zur "Durchführung erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter" vorliege, auch nicht vorhersehbar gewesen, dass die Vorschreibung einer Landesbzw. Gemeindeabgabe, die nur als Zuschlagsabgabe konzipiert sei, eine solche Höhe ausmache, dass diese den Gesamtumsatz des in ganz Österreich tätigen Unternehmens um ein Vielfaches übersteige.

Der Antrag auf Stundung wurde damit begründet, dass die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für die Beschwerdeführerin mit erheblichen Härten, nämlich mit der sofortigen Konkurseröffnung, verbunden wäre.

1.2. Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz diesen Antrag hinsichtlich der Kriegsopferabgabe sowohl in Bezug auf den Nachsichtsantrag als auch auf die begehrte Stundung ab. Ein Abspruch über die hinsichtlich der Gemeindevergnügungssteuer gestellten Anträge erfolgte damit nicht.

In Bezug auf die beantragte Nachsicht wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit sei im Hinblick auf die besonderen Bestimmungen des Kriegsopferabgabegesetzes zu beurteilen. Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz des Kriegsopferabgabegesetzes sei zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet, wer die von der Abgabe betroffenen Veranstaltungen gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes besuche. Dem Veranstalter obliege es gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit., die Abgabe vom Abgabepflichtigen in Form eines Zuschlags zum Eintrittsgeld einzuheben und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes abzuführen. Die Beschwerdeführerin hebe seit Geschäftsbeginn nur einen Bruchteil der fällig werdenden Kriegsopferabgabe beim Besucher ein und verletze damit ihre abgaberechtlichen Sorgfaltspflichten. Die beharrliche Verletzung abgaberechtlicher Bestimmungen könne nicht im Nachsichtsverfahren mit dem Hinweis auf eine persönliche Unbilligkeit saniert werden. Auch eine sachliche Unbilligkeit sei zu verneinen, da die Bestimmungen des Kriegsopferabgabegesetzes alle Veranstalter von Kartenspielen in gleicher Weise träfen. Eine Unbilligkeit, die für die davon Betroffenen aus dem Gesetz direkt folge und für deren Hintanhaltung der Gesetzgeber selbst hätte sorgen müssen, sei der Beseitigung im Wege des an Unbilligkeiten aus der Besonderheit des Einzelfalles orientierten § 236 BAO entzogen.

Die Abweisung des Antrags auf Stundung begründete die Erstbehörde damit, dass die Beschwerdeführerin selbst bestätige, dass das Unternehmen bereits zum jetzigen Zeitpunkt insolvent sei. Es sei davon auszugehen, dass durch die Gewährung einer Stundung die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Abgabeneinbringung weiter sinken würde, zumal weiterhin nur ein Bruchteil der entstehenden Abgabe beim Besucher eingehoben würde und somit die Rückstände monatlich anwüchsen. Die Einbringlichkeit der Abgabe sei daher bei Gewährung der Stundung gefährdet.

1.3. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom keine Folge gegeben. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der den verfahrensgegenständlichen Zeitraum (April 2009 bis Dezember 2011) betreffenden Vorschreibungen der Kriegsopferabgabe und der Gemeindevergnügungssteuer stellte die belangte Behörde fest, dass Gegenstand ihres Verfahrens ausschließlich die Kriegsopferabgabe sei. Die genaue Höhe der noch nicht entrichteten, aber fälligen Kriegsopferabgabe sei dem Antrag nicht zu entnehmen; diese liege zwischen EUR 7.986.696,95 und EUR 7.957.660,82.

Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung sei zu verneinen, da die Bestimmungen des Kriegsopferabgabegesetzes alle Veranstalter von Kartenspielen (ohne Bankhalter) in gleicher Weise träfen. Die Höhe der zu entrichtenden Kriegsopferabgabe habe der Beschwerdeführerin seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2005/15/0128, bekannt sein müssen. Das Anwachsen der Steuerschuld durch Unterlassung der vom Gesetz gebotenen Vorsorge bewirke keine sachliche Unbilligkeit.

Nach § 2 Abs. 2 Kriegsopferabgabegesetz sei der Veranstalter verpflichtet, die Abgabe vom Abgabepflichtigen in Form eines Zuschlags zum Eintrittsgeld einzuheben und abzuführen. Es handle sich daher um eine Abgabe, die auf den Besucher der Veranstaltung zu überwälzen und somit überwälzbar sei. Sei eine Abgabe überwälzbar, dann sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine persönliche Unbilligkeit ausgeschlossen; aber selbst dann, wenn der Abgabepflichtige irrtümlich die Abgabe nicht überwälze, stelle dies nach der Rechtsprechung keine persönliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO dar.

Aber selbst für den Fall der Bejahung persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit wäre dem Nachsichtsantrag der Erfolg versagt, weil es die Beschwerdeführerin unterlassen habe aufzuzeigen, inwieweit eine Nachsicht die behauptete Existenzgefährdung des Unternehmens hätte abwenden können, und selbst beim Nachweis der Existenzgefährdung das Ermessen gemäß § 20 BAO insbesondere aus Gründen der Zweckmäßigkeit im Sinne einer Gleichbehandlung aller Abgabengläubiger und im Sinne einer Billigkeit nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgeübt werden könnte.

Die Beschwerdeführerin habe ihrem Nachsichtsantrag nur den verkürzten Jahresabschluss zum angeschlossen und damit keine schlüssigen Unterlagen zu ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage offen gelegt, weshalb sie die ihr zukommende Mitwirkungspflicht verletzt habe. Aber auch bei Berücksichtigung der im Firmenbuch veröffentlichten verkürzten Jahresabschlüsse für die Jahre 2008 bis 2011 lägen Eigenmittelquoten ( 8% vor, weshalb von einem insolvenzgefährdeten Unternehmen auszugehen sei. Unabhängig von der vorgeschriebenen Kriegsopferabgabe zeigten die Berechnungen zur Eigenkapitalquote, dass die Beschwerdeführerin bereits in den Vorjahren stets eine negative Eigenkapitalquote aufgewiesen habe. Ein Sanierungseffekt, der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Voraussetzung für eine Nachsicht sei, könne durch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht erreicht werden.

Bei der Ausübung von Ermessen im Nachsichtsverfahren habe die Abgabenbehörde die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin keine Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung getroffen habe, obwohl eine solche Vorsorge möglich gewesen wäre. Aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht, der Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige- , Offenlegungs- und Wahrheitspflichten über mehrere Jahre (2009 und 2010), des Unterlassens der Einreichung von Abgabenerklärungen, der nicht zeitgerechten Entrichtung der Abgabe und der mehrfachen Bestrafung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin wegen Abgabenverkürzung könnte das Ermessen in keiner Weise zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgeübt werden, dies insbesondere auch deshalb, weil sie die gesetzliche Verpflichtung habe, eben diese Kriegsopferabgabe auf den Kunden zu überwälzen oder sonst entsprechend Vorsorge zu treffen. Zu berücksichtigen sei weiters die Gleichbehandlung von Abgabepflichtigen, somit sei eine Benachteiligung ehrlicher Steuerschuldner durch Bevorzugung Unehrlicher zu vermeiden.

Der Antrag auf Stundung wurde unter Verweis auf die erstinstanzliche Begründung abgewiesen, da die Einbringung der ausständigen Abgaben gefährdet sei.

1.4. Mit Beschluss vom , B 289/2013, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom an den Verwaltungsgerichtshof ab.

1.5. In der ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren, das mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2.2. Im vorliegenden Fall kommen das Gesetz über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz), LGBl. Nr. 40/1989 idF LGBl. Nr. 11/2012, sowie das Gesetz über die Behörden und das Strafrecht in Abgabensachen (Abgabengesetz - AbgG), LGBl. Nr. 56/2009 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 44/2013, zur Anwendung.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Kriegsopferabgabegesetzes

lauten:

" § 2

Abgabepflichtige und einhebepflichtige Personen

(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist verpflichtet, wer die von der Abgabe betroffenen Veranstaltungen gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes besucht. (...)

(2) Der Veranstalter ist verpflichtet, die Abgabe vom Abgabepflichtigen in Form eines Zuschlages zum Eintrittsgeld einzuheben und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes abzuführen. Er haftet für die richtige Abfuhr aller Beträge, zu deren Einhebung er verpflichtet ist. Kommen mehrere Personen gemeinsam als Veranstalter in Betracht, so haften sie für die Abgabe zur ungeteilten Hand. Dies gilt in gleicher Weise für Personen, die Bildträger Dritten gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen überlassen.

(3) ...

§ 4

Pauschalierung der Abgabe

(1) Wenn die Bemessung der Abgabe nach dem Eintrittsgeld besonders umständlich ist oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht oder für den Betrieb des Veranstalters störend oder hindernd wirkt, so kann die Abgabe auf Antrag des Veranstalters oder von Amts wegen mit Bescheid mit einem Pauschalbetrag bemessen werden. Für die Pauschalierung der Abgabe ist bei einmaligen Veranstaltungen die Gemeinde, bei wiederkehrenden Veranstaltungen das Landesabgabenamt zuständig.

(2) Der Abgabenpauschalbetrag ist nach dem Gesamtbetrag der Eintrittsgelder zu bemessen, der bei gleichartigen oder ähnlichen Veranstaltungen unter den gegebenen Umständen durchschnittlich erzielt werden kann oder für einen gleich großen Zeitraum bei bereits durchgeführten gleichartigen Veranstaltungen durchschnittlich erzielt worden ist.

(3) Weichen die vom Veranstalter für die Bemessung des Abgabenpauschalbetrages gemachten Angaben von den bei der nachfolgenden Durchführung der Veranstaltung festgestellten tatsächlichen Verhältnissen ab und wird dadurch die Abgabe in erheblichem Maße verkürzt, so kann die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde eine entsprechende Ergänzung der Abgabe vorschreiben.

§ 5

Anzeige abgabenpflichtiger Veranstaltungen

(1) Abgabenpflichtige Veranstaltungen sind vom Veranstalter spätestens drei Tage vor ihrer Durchführung der für den Veranstaltungsort zuständigen Gemeinde anzuzeigen. Das Aufstellen oder der Betrieb eines Wettterminals ist von der abgabepflichtigen Person der Gemeinde spätestens drei Tage im Voraus anzuzeigen.

(2) Durch diese Anzeige wird die nach anderen Vorschriften etwa bestehende Verpflichtung des Veranstalters zur Erstattung einer Anzeige oder zur Einholung einer behördlichen Bewilligung nicht berührt.

§ 6

Abgabenerklärung, Abgabenentrichtung

(1) Binnen drei Tagen nach Durchführung der Veranstaltung hat der Veranstalter der Gemeinde eine nach den verschiedenen Eintrittsgeldern geordnete Zusammenstellung über den der Abgabenbemessung zugrunde zu legenden Gesamtbetrag der erzielten Eintrittsgelder und die demnach zu entrichtende Abgabe vorzulegen.

(2) Bei mehreren regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen innerhalb eines Monats hat der Veranstalter über alle in diesem Kalendermonat stattgefundenen Veranstaltungen eine Abgabenerklärung zu erstatten und diese innerhalb eines Monats und 15 Tagen nach Ablauf des betreffenden Kalendermonats beim Gemeindeamt einzureichen.

(3) Das aus der Ausstellung von Dauereintrittskarten erzielte Eintrittsgeld ist jeweils in der Ersten auf ihre Ausstellung folgenden Abgabenerklärung auszuweisen.

(4) Personen, die Bildträger Dritten gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen überlassen, haben über die in einem Kalendermonat eingehobenen Abgabenbeträge aufgrund geeigneter Unterlagen und Aufzeichnungen eine Abgabenerklärung zu erstellen und diese innerhalb eines Monats und 15 Tagen nach Ablauf des betreffenden Kalendermonats beim Gemeindeamt einzureichen.

(5) Gleichzeitig mit der Vorlage der Abgabenerklärung hat die einhebepflichtige Person (§ 2 Abs. 2) die ausgewiesene Abgabe an die Gemeinde abzuführen.

(6) Die Abgabe für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals ist von der abgabepflichtigen Person für jeden Kalendermonat bis zum 15. des Folgemonats an die Gemeinde abzuführen.

§ 7

Sicherstellung der Abgabe

(1) Die Gemeinde kann Veranstaltern, die für die ordnungsmäßige Entrichtung der Abgabe nicht persönlich volle Gewähr bieten, die Sicherstellung der voraussichtlich zu entrichtenden Abgabe auftragen und die Durchführung der Veranstaltung vom Erlag der Sicherstellung abhängig machen. Eine solche Sicherstellung ist insbesondere von jenen Veranstaltern zu verlangen, die ihren ständigen Sitz außerhalb des Landes Vorarlberg haben.

(2) Bezüglich der Höhe des Sicherstellungsbetrages gilt sinngemäß die Bestimmung des § 4 Abs. 2.

§ 8

Abgabenabfuhr durch die Gemeinde

(1) Die Gemeinde hat die im Verlaufe eines Monats an sie abgeführten Abgabenbeträge jeweils bis zum 15. des folgenden Monats an das Landesabgabenamt zu überweisen.

(2) Gleichzeitig mit der Überweisung der Abgabe hat die Gemeinde ein Verzeichnis über die von den einzelnen einhebepflichtigen Personen abgeführten Abgabenbeträge vorzulegen.

(3) Gemeinden, in denen Abgabenbeträge nur vereinzelt anfallen, kann das Landesabgabenamt für die Abrechnung gemäß den Abs. 1 und 2 bis zu drei Monaten Frist einräumen.

(4) Als Entschädigung für ihre Tätigkeit bei der Einbringung der Abgabe kann die Gemeinde 10 v.H. der eingehobenen Abgabe zurückbehalten.

§ 9

Abgabenüberwachung durch das Landesabgabenamt

(1) Die Gemeinden werden hinsichtlich der Vorschreibung und Einhebung der Abgaben vom Landesabgabenamt beaufsichtigt.

(2) Ergeben sich aufgrund der Überprüfung der von den Gemeinden vorgelegten Abgabenverzeichnisse hinsichtlich der Abgabe Zweifel oder Unstimmigkeiten, so hat das Landesabgabenamt die Gemeinde zur Überprüfung der Abgabenerklärung und zur Vorschreibung einer allenfalls zu entrichtenden Ergänzungsabgabe anzuweisen."

§§ 1, 3 und 4 des am in Kraft getretenen AbgG

lauten:

" I. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt, welche Behörden des Landes und der Gemeinden zur Verwaltung, insbesondere zur Vorschreibung, Einhebung und Vollstreckung, der Abgaben zuständig sind.

(2) Dieses Gesetz regelt weiters das Strafrecht in Abgabensachen.

§ 3

Subsidiarität

Dieses Gesetz gilt nicht, wenn sich aus den Abgabenvorschriften etwas anderes ergibt.

II. Hauptstück

Abgabenbehörden

1. Abschnitt

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

§ 4

Abgabenbehörden des Landes

Zur Verwaltung, einschließlich der Vollstreckung, der Landesabgaben ist in erster Instanz das Landesabgabenamt und in zweiter Instanz die Landesregierung zuständig."

Weiters finden die §§ 212 und 236 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 112/2012, Anwendung:

" § 212. (1) Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.

(2) ...

§ 236. (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten."

2.3.1. Bei der Kriegsopferabgabe handelt es sich nach § 14 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 um eine Landesabgabe. Zur Verwaltung, einschließlich der Vollstreckung, der Landesabgaben in erster Instanz ist das Landesabgabenamt zuständig, sofern sich nicht aus den Abgabenvorschriften etwas anderes ergibt (vgl. §§ 3 und 4 des am in Kraft getretenen AbgG).

§ 1 Abs. 1 des AbgG, das die Zuständigkeit der Behörden des Landes und der Gemeinden zur Abgabenverwaltung festlegt, zählt jedenfalls die "Vorschreibung, Einhebung und Vollstreckung der Abgaben" zur "Verwaltung" der Abgaben.

Fraglich ist verfahrensgegenständlich, inwieweit das Kriegsopferabgabegesetz die Gemeinde mit der Verwaltung der Kriegsopferabgabe betraut.

Die §§ 4 bis 8 Kriegsopferabgabegesetz weisen der Gemeinde konkrete Aufgaben im Bereich der Abgabenpauschalierung, der Entgegennahme der Anzeigen abgabenpflichtiger Veranstaltungen, Abgabenerklärungen und der Abgaben, deren Abfuhr an das Landesabgabenamt sowie der Abgabensicherstellung zu. Daran anschließend normiert § 9 Abs. 1 leg. cit. unter dem Titel "Abgabenüberwachung durch das Landesabgabenamt", dass die Gemeinden hinsichtlich der Vorschreibung und Einhebung der Abgaben vom Landesabgabenamt beaufsichtigt werden. Daraus folgt, dass der Landesgesetzgeber bei der Übertragung von Kompetenzen der Kriegsopferabgabenverwaltung auf die Gemeindeorgane den gesamten Vorschreibungs- und Einhebungsvorgang (wie er in den §§ 4 bis 8 konkretisiert ist) vor Augen hatte. Sämtliche Verfahrensschritte, die nach der von den Abgabenbehörden anzuwendenden BAO im Zusammenhang mit der Abgabenvorschreibung und -einhebung zu setzen sind, obliegen daher in erster Instanz den Organen der Gemeinde.

Bei der Stundung (§ 212 BAO) und bei der Nachsicht (§ 236 BAO) handelt es sich um Rechtsinstitute, die im

6. Abschnitt der BAO (§§ 210 bis 242a BAO), der den Titel "Einhebung der Abgaben" trägt, geregelt sind. Demnach sind die Stundung und die Nachsicht der Abgabenentrichtung als Maßnahmen im Rahmen der Einhebung von Abgaben zu betrachten und fallen als solche im Sinne der obigen Ausführungen in erster Instanz in die Zuständigkeit der Gemeindeorgane.

Auch die hg. Judikatur zu dem vom Abgabengesetz abgelösten Abgabenverfahrensgesetz (LGBl. Nr. 23/1984) sowie zu früheren Fassungen des Kriegsopferabgabegesetzes (vgl. z.B. die im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/17/0218, und vom , Zl. 2005/15/0128) ging davon aus, dass die sachliche Zuständigkeit zur Verwaltung der Kriegsopferabgabe in erster Instanz dem Bürgermeister zukomme, da diese von der Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich durchgeführt werde. Anders als die Beschwerdeführerin vermeint, ist diese Judikatur auch auf die in Bezug auf das Abgabengesetz neue Rechtslage übertragbar, hat sich doch der Inhalt der wesentlichen Rechtsvorschriften nicht geändert: Auch das mit Ablauf des außer Kraft getretene Abgabenverfahrensgesetz, LGBl. Nr. 23/1984 idF LGBl. Nr. 6/2004, hatte mit § 13 eine Subsidiaritätsklausel hinsichtlich der Zuständigkeit des Landesabgabenamtes zugunsten spezieller Regelungen in Abgabenvorschriften. Weiters war die Aufgabenzuweisung bei der Abgabenverwaltung im Kriegsopferabgabegesetz im Wesentlichen bereits in der Stammfassung, LGBl. Nr. 11/1952, enthalten (mit LGBl. Nr. 40/1989 erfolgte lediglich eine Neukundmachung des Kriegsopferabgabegesetzes 1952, LGBl. Nr. 11/1952, unter Berücksichtigung der erfolgten Novellierungen).

Für die hier in Rede stehende Stundung und Nachsicht ist daher (durch die Neufassung des Abgabengesetzes) keine Zuständigkeitsänderung in erster Instanz vom Bürgermeister zum Landesabgabenamt eingetreten.

2.3.2. Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anomalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt.

Im Falle eines Ansuchens um Nachsicht hat die Abgabenbehörde zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" entspricht. Verneint sie diese Frage, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr, demnach ist der Antrag abzuweisen.

Im Nachsichtsverfahren ist es Sache des Nachsichtswerbers, im Sinne der ihn treffenden Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/15/0173).

Abgabepflichtiger im Sinne der BAO ist, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt (s. § 77 Abs. 1 BAO). Auch Abfuhrpflichtige sind Abgabepflichtige im Sinne des § 77 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz , BAO5, § 77 Tz 4 mwN). Die Antragslegitimation für die Anträge auf Nachsicht und Stundung ist bezüglich der beschwerdeführenden Partei, die gemäß § 2 Abs. 2 des Kriegsopferabgabegesetzes als Veranstalterin zur Einhebung und Abfuhr der Kriegsopferabgabe verpflichtet ist, gegeben.

Im Erkenntnis vom , Zl. 90/13/0208, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass eine Überwälzbarkeit der Abgabenschuld die Annahme persönlicher Unbilligkeit der Abgabeneinhebung für den betroffenen Steuerpflichtigen ausschließt. Wenn schon die "echte" Überwälzbarkeit von Abgaben vom Abgabepflichtigen auf seine nicht abgabepflichtigen Kunden den Ausschluss persönlich bedingter Unbilligkeit bewirkt, so muss dies umso mehr für einen Fall wie den vorliegenden gelten, in dem der (bloß) Abfuhrpflichtige die Abgabe von Gesetzes wegen vom abgabepflichtigen Besucher einzuheben hat.

Mit dem Einwand, sie könne die Kriegsopferabgabe nicht auf die Spieler "überwälzen", da sie als Betreiberin eines rein gewerblichen Pokersalons den Spielern für ihre Einsätze im Spiel weder etwas in Aussicht stellen noch etwas erbringen noch etwas anbieten und daher auch keine Abzüge von ihren Einsätzen oder Gewinnen vorschreiben dürfe, um nicht unter den Ausspielungsbegriff zu fallen, verkennt die Beschwerdeführerin, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Einhebung der Kriegsopferabgabe von den abgabepflichtigen Spielern in keinem Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage steht, ob ein Spiel eine Ausspielung iSd § 2 GSpG darstellt.

Dem Beschwerdeeinwand, es stelle eine sachliche Unbilligkeit dar, zweckgewidmete Abgaben weit über den zur primären Zweckerreichung der Abdeckung der Beiträge an den Landeskriegsopferfonds notwendigen Betrag einzuheben, wodurch der subsidiäre Zweck der Behindertenhilfe in den Vordergrund trete, ist entgegenzuhalten, dass eine sachliche Unbilligkeit nicht vorliegt, wenn sie ganz allgemein die Auswirkung genereller Normen ist (vgl. die in Ritz , BAO5, § 236 Tz 13 zitierte hg. Judikatur). Ein bei Anwendung des Gesetzes im Einzelfall vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis kann darin nicht erblickt werden.

Das Nachsichtsverfahren ist weiters nicht dazu bestimmt, Einwänden gegen die Abgabenvorschreibung (und deren Rechtsgrundlagen; vgl. zu diesen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0114, mwN auch aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) zum Durchbruch zu verhelfen (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz , BAO3, § 236 E 259 und E 264).

Die belangte Behörde hat daher im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung verneint, sodass es sich erübrigt, auf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Ermessensübung einzugehen.

Hinsichtlich des Stundungsansuchens schloss sich die belangte Behörde der Begründung des Verfassungsgerichtshofs im Rahmen dessen Entscheidungen über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung in zwei dortigen Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerdeführerin an, in denen als öffentliches Interesse die anzunehmende Gefährdung der Einbringlichkeit angenommen wurde. Mit der Ausführung, der Verweis auf diese Entscheidungen gehe ins Leere, da bei den dort gegenständlichen Anträgen nicht die Grundsätze der BAO gälten und diese Anträge lediglich außerordentliche Rechtsbehelfe darstellten, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan, weshalb die (zuvor schon vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen der Bewertung des öffentlichen Interesses getroffene) Beurteilung der belangten Behörde, die Einbringlichkeit der Abgabenforderung sei gefährdet, nicht zutreffen sollte. Auch die Aktenlage erweckt keine diesbezüglichen Bedenken. Ist aber von der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben durch den begehrten Aufschub auszugehen, kommt dessen Bewilligung nicht in Betracht, da die in § 212 BAO normierten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen zum Stundungsansuchen.

2.3.3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aF als unbegründet abzuweisen.

2.4. Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG aF kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom , Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. In seinem Urteil vom , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

2.5. Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am