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VwGH vom 29.05.2009, 2009/03/0018

VwGH vom 29.05.2009, 2009/03/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M K in K, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom , Zl uvs-2008/21/2049-5, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe "als Verantwortlicher" der Firma A GmbH mit Sitz in Deutschland, welches Unternehmen Mieterin eines durch Angabe der Kennzeichen näher bestimmten Sattelkraftfahrzeuges sei, nicht dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten würden. Das Sattelfahrzeug sei (durch Angabe von Kontrollort und -zeitpunkt näher bestimmt) zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern (gefährlicher Abfall) von Italien nach Deutschland verwendet worden, ohne dass der Lenker eine Gemeinschaftslizenz mitgeführt habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 7 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 9 Abs 1 GütbefG übertreten. Über ihn wurde gemäß § 23 Abs 1 Z 8 in Verbindung mit Abs 3 und 4 GütbefG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens (die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand) erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 GütbefG auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92,
2.
Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom ,
3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
4. Auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
Gemäß § 9 Abs 1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.
Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem
V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.
2. Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Firma A GmbH (idF: "A"), deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, das in Rede stehende Sattelkraftfahrzeug am Tattag angemietet und als Mieter den gegenständlichen Transport durchgeführt hat. Zulassungsbesitzer und Halter des Sattelkraftfahrzeuges ist unstrittig ein anderes Unternehmen, nämlich die Firma F GmbH (idF: "F").
3. Die Verpflichtung gemäß § 9 Abs 1 GütbefG, dafür zu sorgen, dass die Nachweise nach § 7 Abs 1 GütbefG mitgeführt werden, trifft den Unternehmer, der die verfahrensgegenständliche Güterbeförderung veranlasst. Dabei muss es sich nicht notwendiger Weise um den Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs handeln (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0014, mwN).
4. Die belangte Behörde hat angenommen, dass nicht der Zulassungsbesitzer, sondern die Firma A als Mieterin die verfahrensgegenständliche Güterbeförderung durchgeführt hat. Sie hat es dabei aber unterlassen, in einer dem § 60 AVG genügenden Weise die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen. Auch wenn Berufungsbescheide auf die Feststellungen der Unterinstanz verweisen können, wenn sie in der Frage des Sachverhalts und der rechtlichen Beurteilung mit der ersten Instanz einer Meinung sind, muss doch die Begründung des Berufungsbescheides erkennen lassen, in welcher Weise sich die Behörde mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt hat bzw auf Grund welcher Erwägungen sie entgegen dem Berufungsvorbringen an der Beurteilung der ersten Instanz festhält.
Die belangte Behörde hat sich damit begnügt, im angefochtenen Bescheid (jeweils wörtlich) den Inhalt des Straferkenntnisses, der Berufung, des Protokolls über die Rechtshilfevernehmung des Zeugen C M und der dazu erstatteten Stellungnahme der Beschwerdeführerin wiederzugeben, um dann folgende "Feststellungen" zu treffen:
"Zulassungsbesitzer des verwendeten Sattelzuges ist die Firma F GmbH in D- N. Transportiert wurde zum Tatzeitpunkt gefährlicher Abfall. Da die Firma F GmbH nicht über die nötige EU-rechtliche Notifizierung zum Transport von gefährlichem Abfall verfügt, wurde der in Italien befindliche Lkw-Zug samt Fahrer an die Firma A GmbH vermietet. Im Akt befindet sich ein aufrechter Mietvertrag. Die Tatsache, dass der Mietvertrag von der A nicht unterzeichnet ist, spielt keine Rolle. Auch in den italienischen Frachtpapieren ist als Transporteur, also als Unternehmer im Sinne des Güterbeförderungsgesetzes nicht die Firma F, sondern die A GmbH angeführt. Die Tatsache, dass zum Tatzeitpunkt der Lkw-Lenker C M keine Gemeinschaftslizenz, ausgestellt auf die Firma A GmbH, mitgeführt hat, ist aktenkundig und wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten. Der Berufungswerber ist Geschäftsführer der A GmbH und somit als nach außen hin verantwortliches Organ dieser Firma zu behandeln."
Dieser Sachverhalt ergebe sich, so die belangte Behörde, "zweifels-, wenn auch nicht widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt". Für die belangte Behörde stehe "ganz außer Zweifel, dass der von der Firma F gehaltene Sattelzug samt Fahrer deshalb an die Firma A GmbH vermietet worden ist, da die Firma F selbst keine EU-rechtliche Notifizierung zum Zwecke des Transportes von gefährlichen Abfällen hat, wohl aber die A GmbH."
Die belangte Behörde hat bei ihren Erwägungen, die sich mit der Frage des Abschlusses eines Mietvertrages zwischen der Firma F und der Firma A befassen, auf einen sich im Markt befindlichen "aufrechten Mietvertrag" verwiesen, und dem Umstand, dass der Mietvertrag seitens der Beschwerdeführerin nicht unterfertigt ist, "keine Rolle" beigemessen.
Nun trifft es zwar zu, dass ein Mietvertrag als Konsensualvertrag (Abschlusswille vorausgesetzt) bereits mit Einigung über Bestandsache und Preis der Gebrauchsüberlassung zustande kommt (vgl Würth in Rummel I3, Rz 3 zu §§ 1092 bis 1094 ABGB), daher auch konkludent (§ 863 ABGB) geschlossen werden kann. Die Einhaltung der Schriftform im Sinne des § 886 ABGB, somit die Unterfertigung des Vertragstextes durch beide Vertragsteile (vgl das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom , Zl 5 Ob 2085/96w), ist für die Gültigkeit des Mietvertrags grundsätzlich also nicht erforderlich. Daran ändert - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch § 6 Abs 4 GütbefG nichts: Diese Bestimmung verpflichtet - werden zur gewerbsmäßigen Güterbeförderung Mietfahrzeuge gemäß § 3 Abs 3 GütbefG verwendet - zum Mitführen eines bestimmte Mindestangaben enthaltenden Vertrages über die Vermietung des Fahrzeugs, statuiert aber keine Ungültigkeit eines nicht schriftlich geschlossenen Mietvertrags. Insofern kommt dem Umstand, dass die im Akt liegende Ausfertigung des Mietvertrags nur von der Firma F unterfertigt ist, keine allein ausschlaggebende Bedeutung zu.
Angesichts des Fehlens einer von beiden Vertragsteilen unterfertigten Vertragsurkunde wäre es aber Sache der belangten Behörde gewesen, nachvollziehbar darzulegen, auf Grund welcher Erwägungen sie dessen ungeachtet das Zustandekommen eines Mietvertrags (allenfalls schlüssig im Sinne des § 863 ABGB) angenommen hat. Daran fehlt es, wie die Beschwerdeführerin zutreffend rügt. Dazu kommt, dass die belangte Behörde auch in keiner Weise dargelegt hat, auf welche Beweisergebnisse sie ihre Feststellung, die Firma F verfüge "nicht über die nötige EUrechtliche Notifizierung zum Transport von gefährlichem Abfall" (worauf sie ihre Annahme, der Sattelzug samt Fahrer sei an die Firma A, die über eine derartige Berechtigung verfüge, gestützt hat), gründet.
Sie hat deshalb den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
5. Dazu tritt Folgendes:
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
§ 44a Z 1 VStG erfordert unter anderem, dass im Spruch des Bescheides gegebenenfalls auch die im Sinne des § 9 Abs 1 VStG maßgebliche juristische Person, die Personengesellschaft des Handelsrechts oder die eingetragene Erwerbsgesellschaft, zu deren Vertretung nach Außen der Beschuldigte berufen ist, genannt wird. Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft, so erfordert es die Bestimmung des § 44a Z 1 VStG weiters, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, der zufolge der Täter zur Vertretung nach Außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0012, mwN).
Im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses wird dem Beschwerdeführer, wie dargestellt, zur Last gelegt, "als Verantwortlicher" der Firma A GmbH für die Einhaltung von Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes nicht Sorge getragen zu haben, wobei die belangte Behörde eine Konkretisierung dieses Spruches durch eindeutige Anführung der Art der Organfunktion des Beschwerdeführers nicht vorgenommen hat. Warum aber der Beschwerdeführer die Eigenschaft "als Verantwortlicher" hat (als Geschäftsführer), wäre im Spruch des Straferkenntnisses zu konkretisieren gewesen.
Auch dem genügt der angefochtene Bescheid nicht.
6. Auf Grund dieser - prävalierenden - Rechtswidrigkeit des Inhaltes war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VStG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am