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VwGH vom 14.03.2013, 2011/08/0187

VwGH vom 14.03.2013, 2011/08/0187

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Peck, über die Beschwerde der A K in Wien, vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG, in 1080 Wien, Laudongasse 11/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom , Zl UVS-06/V/57/4747/2009-6, betreffend Übertretung des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, als unbegründet abgewiesen.

2. Im Übrigen - hinsichtlich des Straf- und Kostenausspruchs -

wird

a) das mit dem angefochtenen Bescheid insoweit bestätigte erstinstanzliche Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4. und 5. Bezirk, vom , Zl MBA 4/5 - S 897/08, folgendermaßen geändert:

Die verhängte Geldstrafe wird gemäß § 111 Abs 2 erster Strafsatz ASVG iVm § 20 VStG mit EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 6 Stunden) und der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit EUR 50,-- festgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

3. Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0086, verwiesen. Diesem Erkenntnis lag ein Bescheid der belangten Behörde zugrunde, mit dem die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt worden war "als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991" der N. HandelsgmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeberin in ihrem Handelsgewerbebetrieb ihrer Verpflichtung nach dem ASVG, jede von ihr nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte beschäftigte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, insofern nicht nachgekommen sei, als sie eine mit Namen und Geburtsdatum näher bezeichnete Person (M.O.) ab in ihrem Handelsgewerbebetrieb als Hilfskraft mit dem Nachschlichten von Waren in die Regale beschäftigt habe und bis um 10:50 Uhr nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger, der Wiener Gebietskrankenkasse, als versichert gemeldet habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 111 in Verbindung mit § 33 Abs 1 ASVG verletzt und es sei gemäß § 111 Abs 2 erster Strafsatz ASVG in Verbindung mit § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von EUR 910,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und elf Stunden) zu verhängen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit dem zitierten Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0086, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

"Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0527) muss im Spruch des Straferkenntnisses angeführt werden, in welcher Eigenschaft der Beschuldigte strafrechtlich verantwortlich gemacht wird; es ist demnach auch zu unterscheiden, ob der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen Berufener verantwortlich gemacht wird oder aber als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG.

Aus den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, die mit dem Akteninhalt übereinstimmen, ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin handelsrechtliche Geschäftsführerin der N HandelsgmbH ist, sodass eine Bestrafung als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG ausscheidet; auf Übertretungen des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG ist zudem § 9 Abs. 2 VStG nicht anwendbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0162). Der angefochtene Bescheid - mit dem durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Spruchs die Beschwerdeführerin ausdrücklich als 'verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG' bestraft wurde - erweist sich daher schon aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig."

Darüber hinaus hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die belangte Behörde keine näheren Feststellungen über den Umfang der Arbeitspflicht der M.O. getroffen habe. Insbesondere im Hinblick auf die nachfolgend erstattete Anmeldung betreffend eine geringfügige Beschäftigung sei auch nicht schlüssig dargelegt, dass - selbst wenn man der Beweiswürdigung der belangten Behörde folge, wonach M.O. als Verkäuferin angetroffen worden sei - ein vollversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Gelinge es aber nicht, einen solchen Umfang der Arbeitsverpflichtung festzustellen, dass daraus (oder aus den lohnrelevanten Vorschriften des Kollektivvertrags) verlässlich auf einen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Anspruchslohn geschlossen werden dürfe, käme nur ein Schuldspruch nach § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG in Betracht.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erneut ab, dies mit der Maßgabe, dass die Tatanlastung folgendermaßen zu lauten habe:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführerin und damit als nach außen vertretungsbefugtes Organ der (N. HandelsgmbH) zu verantworten, dass diese Gesellschaft mit Sitz in (W.) es als Dienstgeberin unterlassen hat, (M.O.), die von dieser Gesellschaft am in ihrem Handelsgewerbebetrieb in (W.) als Hilfskraft mit dem Nachschlichten von Waren in die Regale, somit zumindest geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin und daher als zumindest teilversicherte (in der Unfallversicherung) und pflichtversicherte Dienstnehmerin beschäftigt wurde, vor Arbeitsantritt bei der Wiener Gebietskrankenkasse als zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden."

Die verletzte Rechtsvorschrift laute § 33 Abs 1 iVm § 33 Abs 2 ASVG iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG.

Weiters wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs 1 und 3 VStG verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von EUR 182,-- zu bezahlen.

Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der im Zuge der mündlichen Verhandlung durchgeführten Parteien- und Zeugeneinvernahmen stellte die belangte Behörde als Sachverhalt fest, dass die Beschwerdeführerin nach dem Firmenbuchauszug zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der N. HandelsgmbH mit Sitz in W. und als solche verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei. Die N. HandelsgmbH habe M.O. in ihrem Handelsgewerbebetrieb in W. als Hilfskraft mit dem Nachschlichten von Ware beschäftigt, ohne diese Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben. M.O. sei geringfügig beschäftigt gewesen.

Es werde von der Beschwerdeführerin bestritten, dass M.O. in dem gegenständlichen Betrieb gearbeitet habe; es habe demnach lediglich ein Vorstellungsgespräch stattgefunden. Der Zeuge S., der von der Finanzbehörde bei der gegenständlichen Kontrolle auch M.O. zu ihrer Beschäftigung in dem gegenständlichen Geschäft befragt habe, habe glaubwürdig dargelegt, dass er M.O. danach gefragt habe, ob sie in diesem Geschäft arbeite. Dabei handle es sich gerade bei Kontrollen nach dem AuslBG sowie nach dem ASVG um Standardfragen. Wenn M.O. meine, dass sie nicht danach gefragt worden sei, ob sie in dem Geschäft arbeite, sei dies unglaubwürdig.

Nicht nachvollziehbar erschienen auch die Ausführungen von M.O., weshalb sie bei einem Vorstellungsgespräch ihre persönlichen Sachen, wie etwa ihre Garderobe und ihre Handtasche im Büro des Geschäfts aufbewahrt habe. M.O. habe auch nicht darlegen können, weshalb sie im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs in einem Regal Ware geschlichtet habe. Vielmehr ergebe sich daraus, dass sie bereits in diesem Geschäft gearbeitet habe.

Des Weiteren habe M.O. während der Kontrolle nicht darauf hingewiesen, dass gerade ein Vorstellungsgespräch stattfinde. Auch K. (ein Mitarbeiter der N. HandelsgmbH) habe bei der Kontrolle nicht darauf hingewiesen, dass er gerade mit M.O. ein Vorstellungsgespräch geführt habe. Er habe aber angegeben, beobachtet zu haben, dass auch M.O. kontrolliert worden sei. Sollte tatsächlich ein Vorstellungsgespräch stattgefunden haben, hätten wohl beide bei der Kontrolle darauf hingewiesen. Die Aussagen der Zeugen M.O. und K. würden im Hinblick auf die Ausführungen, wonach die Kontrolle während eines Vorstellungsgesprächs stattgefunden habe, konstruiert wirken.

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre. In einem solchen Fall sei gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Das bedeute, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen habe, was für seine Entlastung spreche, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen habe. Da die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihr die Einhaltung der gegenständlich übertretenen Verwaltungsvorschrift des ASVG ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen wäre, sei im vorliegenden Fall davon auszugehen gewesen, dass sie die ihr angelastete Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu vertreten habe.

Zur Neuformulierung des Spruchs im zweiten Verfahrensgang führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin die gegenständliche Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs 1 VStG als handelsrechtliche Geschäftsführerin zu verantworten habe. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei der Umstand, ob der Beschuldigte die Tat in der Eigenschaft als zur Vertretung nach außen Berufener oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten habe, nicht Sachverhaltselement. Insoweit diesbezüglich einem erstinstanzlichen Straferkenntnis ein Mangel anhafte, könne dieser im Berufungsbescheid beseitigt werden.

Die Korrektur der verletzten Rechtsnorm sei erforderlich gewesen, weil nach dem vorliegenden Ermittlungsergebnis M.O. geringfügig bei der N. HandelsgmbH beschäftigt gewesen sei.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin laut Aktenlage bislang nicht wegen einer gleichartigen Verwaltungsübertretung bestraft worden sei, es komme daher § 111 Abs 2 erster Strafsatz ASVG (von EUR 730,-- bis EUR 2.180,--) zur Anwendung. Durch die von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Verwaltungsübertretung sei das öffentliche Interesse an der fristgerechten Anmeldung von Arbeitnehmern beim zuständigen Träger der Krankenversicherung und an der damit verbunden sozialen Absicherung der betreffenden Arbeitskräfte in nicht unerheblichem Maße geschädigt worden. Daher könne der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig angesehen werden.

Dass die Einhaltung der übertretenen Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei weder hervorgekommen, noch sei dies aufgrund der Tatumstände anzunehmen gewesen. Es könne daher auch das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht als geringfügig angesehen werden.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit komme der Beschwerdeführerin nicht mehr zu Gute, erschwerende Umstände seien im Verfahren keine hervorgekommen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin seien in Hinblick auf die angegebenen Einkommensverhältnisse als durchschnittlich gewertet worden, Sorgepflichten für ein Kind seien zu berücksichtigen gewesen.

Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien und des zitierten gesetzlichen Strafsatzes erscheine die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafsatzes festgesetzte Strafe jedenfalls tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich, um die Beschwerdeführerin künftig vor Verwaltungsstraftaten gleicher Art wirksam abzuhalten. Eine weitere Strafherabsetzung komme nicht in Betracht, zumal im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgekommen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und stellte den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs 1 ASVG in der im Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung des SRÄG 2007, BGBl I Nr 31/2007, haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a ASVG Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

§ 111 ASVG idF des SRÄG 2007 lautet (auszugsweise):

"§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder


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3.
Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4.
gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar


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-
mit Geldstrafe von 730 EUR bis zu 2 180 EUR, im Wiederholungsfall von 2 180 EUR bis zu 5 000 EUR,
-
bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 EUR herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

(3) Die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs 2 beträgt ein Jahr.

(4) (…)"

2. Die Beschwerde behauptet zunächst, die belangte Behörde habe entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem aufhebenden Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0086, erneut eine Bestrafung nach § 33 Abs 1 ASVG wegen Vollbeschäftigung der M.O. ausgesprochen ohne schlüssig darzulegen, auf welche Beweisergebnisse sich ein solcher Umfang der Arbeitsverpflichtung stütze.

Mit diesem Vorbringen geht die Beschwerdeführerin am eindeutigen Wortlaut des angefochtenen Bescheids vorbei. Die Bestrafung erfolgte im zweiten Verfahrensgang spruchgemäß nach § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG, da M.O. als "zumindest geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin" ohne Anmeldung beschäftigt worden sei. Auch in der Begründung des angefochtenen Bescheids geht die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei M.O. um eine geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin handelte. Somit hat die belangte Behörde den vom Verwaltungsgerichtshof im ersten Verfahrensgang geäußerten Bedenken Rechnung getragen.

3. In der Folge bekämpft die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangten Behörde und sieht diese "im Widerspruch zu den logischen Denkgesetzen". So stütze sich die belangte Behörde bei ihren Feststellungen auf die Angaben der Zeugen N. und S. und messe diesen höhere Beweiskraft zu als den Angaben der Zeugen K. und M.O. sowie den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin. Die Angaben der Zeugen N. und S. würden jedoch keineswegs mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit den Schluss zulassen, dass M.O. zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich bereits im Betrieb der Beschwerdeführerin tätig gewesen sei. So habe etwa der Zeuge N. angegeben, nicht zu wissen bzw nicht sagen zu können, ob die Zeugin M.O. gefragt wurde, ob sie dort arbeite oder weshalb sie sonst dort anwesend sei. Der Zeuge S. wiederum habe auf Vorhalt dieser Aussage angegeben, dass er die Zeugin "sicher" gefragt habe, zumal es sich um Standardfragen handle. Der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend würden Zeugen nur dann die Worte "sicher" verwenden und sich nur dann auf einen Standard berufen, wenn ihnen eine konkrete Erinnerung fehle. Bei "richtiger Beweiswürdigung" hätte daher die belangte Behörde erkennen müssen, dass aus den Angaben der Zeugen N. und S. nicht mit ausreichender Sicherheit geschlossen werden könne, dass M.O. tatsächlich dazu befragt worden sei, was sie im Betrieb der Beschwerdeführerin mache. Dies umso mehr, als die angeblich von der Zeugin M.O. getätigte Aussage, dass sie im Geschäft der Beschwerdeführerin arbeite, nirgends schriftlich festgehalten worden sei, obwohl dies in jedem anderen Verwaltungsstrafverfahren immer der Fall sei.

4. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, dh sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2003/08/0233, mwN).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Hilfsarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs uva das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/09/0015).

Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde davon aus, dass M.O. bei einer Kontrolle im Betrieb der Beschwerdeführerin beim Nachschlichten von Ware angetroffen wurde. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, M.O. habe sich nur für ein Bewerbungsgespräch und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Geschäft aufgehalten. Im Zuge der Beweiswürdigung hat sich die belangte Behörde detailliert mit den Aussagen der Zeugen N., S., K. und M.O. sowie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Darstellung der Zeugen M.O. und K., dass es sich dabei um ein Vorstellungsgespräch gehandelt habe, unglaubwürdig und konstruiert wirke und weshalb sie der Schilderung des Zeugen S. folge. Der Verwaltungsgerichtshof kann in dieser Beweiswürdigung keine den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechenden Schlussfolgerungen erkennen, weshalb die Feststellung, dass M.O. bei der Verrichtung von Hilfstätigkeiten - nämlich dem Einschlichten von Regalen - angetroffen wurde, nicht zu beanstanden ist. Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, dass die Tätigkeit der M.O., bei deren Verrichtung sie betreten wurde, in einem Dienstverhältnis erbracht wurde.

Es ist unstrittig, dass dieses Dienstverhältnis zum Zeitpunkt der Kontrolle am nicht gemeldet war und dass die Beschwerdeführerin diese Meldung als zur Vertretung nach außen befugte handelsrechtliche Geschäftsführerin durchzuführen gehabt hätte. Die belangte Behörde hat daher zu Recht eine Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen eines Meldeverstoßes nach § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG ausgesprochen.

Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen den - im angefochtenen Ersatzbescheid neu gefassten - Schuldspruch richtet, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Zur Strafbemessung bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Geldstrafe auf EUR 365,-- herabzusetzen. Hätte die Beschwerdeführerin die ihr vorgeworfene Meldepflichtverletzung tatsächlich begangen, so wäre dies wenige Tage nach Inkrafttreten der nunmehr strengen Meldepflicht des § 33 Abs 1 ASVG geschehen, sodass ihr Verschulden geringfügig wäre. Da M.O. "damals wegen anderseitiger Verpflichtungen überdies nur mit 20 Wochenstunden beschäftigt werden konnte (und ab wurde)", wären auch die Folgen der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Übertretung unbedeutend gewesen. Gemäß § 111 Abs 2 2. Satz ASVG wäre daher die Geldstrafe mit EUR 365,-- zu bemessen gewesen.

6. Die belangte Behörde hat, da es sich nach den Feststellungen nicht um einen Wiederholungsfall handelt, den Strafrahmen EUR 730,-- bis EUR 2.180,-- (§ 111 Abs 2 erster Strafsatz ASVG) herangezogen und die mit dem erstinstanzlichen Bescheid verhängte Strafe in der Höhe von EUR 910,-- bestätigt.

§ 111 Abs 2 ASVG sieht jedoch auch vor, dass die Behörde - unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG - bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf EUR 365,-- herabsetzen kann, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Das vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung verwendete Wort "kann" ist im vorliegenden Zusammenhang nicht als Einräumung von freiem Ermessen, sondern als Ermächtigung zu einer gebundenen Entscheidung zu verstehen, zumal dem Gesetz auch keine weiteren Anhaltspunkte zu entnehmen sind, nach welchen Kriterien in diesen Fällen eine Ermessensausübung durch die Behörde zu erfolgen hätte. Liegt daher die im Gesetz genannte Voraussetzung eines erstmaligen ordnungswidrigen Handelns nach § 111 Abs 1 ASVG vor, das auf bloß geringfügigem Verschulden beruht und nur unbedeutende Folgen nach sich zog, so hat die Behörde der Strafbemessung eine Strafuntergrenze von lediglich EUR 365,-- zugrunde zu legen (vgl zur ähnlich lautenden Bestimmung betreffend die Herabsetzung des Beitragszuschlags nach § 113 Abs 2 ASVG das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/08/0218).

Im Beschwerdefall ist nun unstrittig, dass die Beschwerdeführerin erstmalig ordnungswidrig im Sinne des § 111 Abs 1 ASVG gehandelt hat. Die belangte Behörde ist aber davon ausgegangen, dass das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht geringfügig sei und dass die nachteiligen Folgen der Tat "nicht als geringfügig angesehen werden" könnten.

Es kann dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall unbedeutende Folgen vorliegen, da jedenfalls von keinem bloß geringen Verschulden auszugehen ist:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 21 VStG ist von geringem Verschulden dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2012/09/0066, mwN).

Der Schutzzweck der hier übertretenen Norm des § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG ist nicht bloß darauf gerichtet, die Pflichtversicherung für die Beschäftigten sicherzustellen. Wesentlicher Zweck der - vor Arbeitsantritt zu erfüllenden - Meldepflicht gemäß § 33 ASVG in der Fassung des SRÄG 2007 ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit (vgl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 77 BlgNR 23 GP, 3). Dieser Zweck würde konterkariert, wenn im Falle einer Anmeldung kurz nach Betretung bei einer Kontrolle jedenfalls eine Herabsetzung der Strafe unter die Mindeststrafe zu erfolgen hätte (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/08/0172).

Auch der Umstand, dass die Betretung nur wenige Tage nach Inkrafttreten der strengeren Meldepflichten des § 33 ASVG idF des SRÄG 2007 stattgefunden hat, kann entgegen dem Beschwerdevorbringen kein geringfügiges Verschulden begründen. Die Beschwerdeführerin trifft als Geschäftsführerin einer Gesellschaft, die Dienstnehmer beschäftigt, die Verpflichtung, sich über die für die Beschäftigungsverhältnisse maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen - einschließlich der Meldevorschriften und deren Novellierungen - zu informieren (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0056). Die Unkenntnis des Inkrafttretens des SRÄG 2007 ist daher von der Beschwerdeführerin zu vertreten; besondere Umstände, die im konkreten Fall ein bloß geringfügiges Verschulden annehmen ließen, konnte die Beschwerdeführerin nicht aufzeigen.

Ein Anwendungsfall des § 111 Abs 2 2. Satz ASVG liegt daher aufgrund des nicht nur geringfügigen Verschuldens der Beschwerdeführerin nicht vor.

7. Die Strafbemessung und der Ausspruch über die Verfahrenskosten erweisen sich jedoch aus einem anderen Grund als rechtswidrig:

Der Beschwerdeführerin wurde die Verwaltungsübertretung erstmals mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom vorgeworfen (die Verjährungsfrist für die gegenständliche Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 111 Abs 3 ASVG ein Jahr). Das erstinstanzliche Straferkenntnis erging am . Der in Folge der Berufung der Beschwerdeführerin ergangene Bescheid der belangten Behörde vom wurde im ersten Verfahrensgang durch das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0086, aufgehoben. Mit dem gegenständlichen angefochtenen Ersatzbescheid vom wurde der erstinstanzliche Strafausspruch von der belangten Behörde übernommen. Das gesamte Verfahren seit der ersten Verfolgungshandlung hat somit - unter Einrechnung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof - bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Ersatzbescheides mehr als zweieinhalb Jahre gedauert.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Verfahrensverzögerung der Sphäre der Beschwerdeführerin zuzurechnen oder einer ungewöhnlichen Komplexität und Schwierigkeit dieser Rechtssache geschuldet wäre. Die Verfahrensdauer ist daher nicht mehr angemessen im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK. Dieser Umstand ist in Anwendung des § 19 VStG iVm § 34 Abs 2 StGB als strafmildernd - allenfalls auch durch Unterschreitung des Strafrahmens - zu bewerten (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/09/0209, mwN), sodass sich die von der belangten Behörde der Strafbemessung zugrunde gelegte Beurteilung, es lägen keine mildernde Umstände vor, nicht als zutreffend erweist.

Gemäß § 42 Abs 3a VwGG idF BGBl I Nr 51/2012 kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben, da sich lediglich die von der belangten Behörde vorgenommene Strafbemessung (und daraus folgend die Kostenentscheidung) wegen Nichtaufgreifens des Milderungsgrundes der unangemessen langen Verfahrensdauer als rechtswidrig erwiesen hat.

Die verhängte Geldstrafe war daher durch den Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der unangemessen langen Verfahrensdauer unter Anwendung der außerordentlichen Milderung der Strafe nach § 20 VStG auf EUR 500,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag 6 Stunden herabzusetzen. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens war gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit EUR 50,-- festzulegen.

Da die Berufung der Beschwerdeführerin damit teilweise erfolgreich war, waren ihr gemäß § 65 VStG die Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am