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VwGH vom 14.11.2012, 2011/08/0157

VwGH vom 14.11.2012, 2011/08/0157

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des F B in P, vertreten durch Mag. Christian Kieberger und Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in 4320 Perg, Linzerstraße 14, gegen den mit "" (richtig: 2011) datierten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich, Zl. VwSen- 252667/15/Gf/Mu, betreffend Übertretung des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft P vom wurde ausgesprochen, dass es der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG berufenes Organ der B. GmbH zu verantworten habe, dass diese als Dienstgeberin auf einer Baustelle in S die Dienstnehmer R.L. und M.T. zumindest in der Zeit vom " bis " als Monteure mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt von EUR 24,60 pro Stunde beschäftigt habe. Die B. GmbH habe die Dienstnehmer, bei denen keine Ausnahme von der "Meldepflicht gemäß § 5 ASVG" gegeben gewesen und die Höhe des Entgelts über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 ASVG Abs. 2 ASVG gelegen sei, nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet. Dies sei bei einer Kontrolle durch Organe des Finanzamts S, Team KIAB, am um 16:20 Uhr auf der Baustelle festgestellt worden. Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschriften des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gemäß § 111 Abs. 2 ASVG eine Geldstrafe von EUR 730,- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen), verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Dienstnehmereigenschaft der Betretenen, da es an persönlicher Abhängigkeit zur B. GmbH fehle. R.L. und M.T. hätten jederzeit und sanktionslos Aufträge ablehnen können und dies auch tatsächlich gemacht. Allenfalls sei zu prüfen, ob Beschäftigungsverhältnisse nach § 4 Abs. 4 ASVG vorliegen würden. Diesfalls sei allerdings die Ausnahme nach § 4 Abs. 4 lit. a ASVG erfüllt, da die Betretenen bereits nach GSVG pflichtversichert gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in der unter anderem R.L. und M.T. als Zeugen einvernommen wurden, der Berufung insoweit statt, als sie von der Verhängung einer Geldstrafe absah und stattdessen eine Ermahnung erteilte. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und der angefochtene Strafbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass es in dessen Spruch anstelle von "2010" richtig jeweils "2009" zu lauten habe.

Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

"Die GmbH des Beschwerdeführers beauftragte den ersten und den zweiten Zeugen damit, im Zuge der Herstellung einer Glasfassade entsprechende Winkelprofile und Schienen, die als Halterungen für die Glasplatten dienten, zu montieren. Da diese Profile und Schienen passgenau an der Gebäudewand zu verankern waren, erhielten die beiden Zeugen die dementsprechenden Anweisungen vom dritten Zeugen, einem Arbeitnehmer der GmbH, dem die Bauleitung für die Herstellung der gesamten Glasfassade oblag. Aus vertragsrechtlicher Sicht waren die ersten beiden Zeugen - allseits unbestritten - nicht auf der Grundlage eines Werkvertrages, sondern im Wege eines freien Dienstverhältnisses mit der GmbH des Beschwerdeführers tätig. Sie verfügten überdies jeweils über eine eigenständige Gewerbeberechtigung - beim zweiten Zeugen lautend auf ' Montage und Demontage von vorgefertigten Winkelprofilen und Fachböden durch einfache Schraubverbindungen ', beim ersten Zeugen noch ergänzt durch den Zusatz ' unter Ausschluss der den reglementierten Gewerben vorbehaltenen Tätigkeiten ' - und waren dem entsprechend während des Tatzeitraumes allseits unbestritten nach GSVG pflichtversichert. Weiters wurde nicht in Abrede gestellt, dass diese beiden Beschäftigten zwar das zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Kleinwerkzeug (Bohrmaschine, Akkuschrauber, normaler Werkzeugkasten) selbst beigestellt haben; das Material (Alu- und Stahlwinkel, Profilschienen) und größere Arbeitsgeräte (z.B. Gerüst, Leitern, elektronische Metallsäge) wurden aber seitens der GmbH beigebracht. Die Entlohnung des ersten und des zweiten Zeugen erfolgte wöchentlich je nach der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden, wobei der Inhalt ihrer Tätigkeit nach den insoweit übereinstimmenden Angaben aller Zeugen primär die Montage von Winkelprofilen, darüber hinaus aber auch sämtliche Tätigkeiten erfasste, die nach den Vorgaben des ersten Zeugen auf der Baustelle gerade anfielen (wie das Tragen und Einpassen der Glasscheiben, das Verbrechen der fixierten Fassade, etc.)."

Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, es sei nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass die Herstellung von Profiltragevorrichtungen für Glasfassaden nicht von jedermann erbracht werden könne, sondern ein gewisses Mindestmaß an Fachkenntnis erfordere. Entscheidend sei aber, dass es den Vertragsparteien darauf ankomme, dass die "beiden Ausländer" zwar keinen spezifischen Erfolg, sondern lediglich ein ernsthaftes Bemühen, geschuldet hätten, aber dass diese organisatorisch nicht in das Unternehmen des Beschwerdeführers eingebunden sein sollten. Dies werde insbesondere daran deutlich, dass sich der erste Zeuge explizit ausbedungen habe, seine in der BRD lebenden pflegebedürftigen Eltern im Notfall jederzeit unterstützen zu können; wäre eine derartige Situation eingetreten, hätte die GmbH selbst für einen entsprechenden Ersatz sorgen müssen. Dass ein Unternehmen überhaupt auf einer solchen relativ unverbindlichen Basis mit Beschäftigten kooperiere, sei vornehmlich in deren "besonderen fachlichen Qualitäten" begründet. Eine eigenunternehmerische Tätigkeit auf einer sie derart einseitig bevorzugenden Rechtsgrundlage vermöchten nur solche Beschäftigte über einen längeren Zeitraum wirtschaftlich durchzuhalten, die in der Branche über einen besonders guten Ruf verfügten; dass dies im gegenständlichen Fall auf beide Zeugen zutreffe, zeige der Umstand, dass ihnen der Beschwerdeführer bereits mehrfach eine Fixanstellung in seiner GmbH angeboten habe, was diese jedoch bisher stets unter Hinweis auf die weitere Aufrechterhaltung ihrer Unabhängigkeit abgelehnt hätten. Nach "allgemein-zivilrechtlicher Beurteilung" sei somit ein freier Dienstvertrag abgeschlossen worden, was auch von allen Verfahrensbeteiligten nicht in Abrede gestellt worden sei. Eine Beurteilung nach den Kriterien des § 539a ASVG müsste hingegen dazu führen, dass es sich insoweit nicht um einen "reinen" freien Dienstvertrag, sondern "um einen solchen in der Sonderform eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. des ASVG handelte", weil rein wirtschaftlich betrachtet die Montage der Winkelprofile auf Grund entsprechend detaillierter Plan- und Materialvorgaben durch einen Angestellten des Beschwerdeführers erfolgt sei und die Manipulationen der beiden ersten Zeugen objektiv besehen nur geringe Anforderungen an deren Fachkenntnisse gestellt hätten.

Weiters führte die belangte Behörde aus:

"Ob es sich daher im gegenständlichen Fall tatsächlich um einen 'reinen' freien Dienstvertrag bzw. um einen solchen (gemischten) freien Dienstvertrag, der zugleich auch ein 'Beschäftigungsverhältnis' i.S.d. § 35 Abs. 1 ASVG i.V.m.

§ 4 Abs. 2 und 4 ASVG und i.V.m. § 539a ASVG darstellt, handelt, zieht jedoch - von der Vertragsauslegung in Bezug auf nicht explizit geregelte Fragen (wie Gefahrtragung, Höhe und Fälligkeit des Entgelts, etc.) abgesehen - wesentliche Konsequenzen, eben bis hin zur Problematik 'Pflichtversicherung oder keine Pflichtversicherung nach ASVG?' und 'Strafbarkeit oder keine Strafbarkeit im Falle unterlassener Meldung?' nach sich, die von einem durchschnittlichen Gewerbetreibenden nicht eigenständig gelöst werden können (vgl. jüngst auch Zl. 2010/08/0102).

(…)

Selbst wenn der Beschwerdeführer und der erste und der zweite Zeuge aus deren subjektiver Sicht einen Werkvertrag i.S.d. §§ 1165 ff ABGB abschließen wollten, war die gegenständliche Vereinbarung aus dem Blickwinkel des § 4 Abs. 2 ASVG deshalb als ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren, weil es objektiv besehen gerade essentiell darauf ankam, dass die beiden Zeugen die ausbedungene Leistung (Montage von Winkelprofilen) in ihrer spezifischen Eigenschaft als gewerberechtlich befugte (und daher nicht weiter einschulungsbedürftige) Professionisten eigenständig erbringen, sodass eine Vertretung nicht in Betracht kam."

Es sei unbestritten, dass "die beiden Ausländer" zum Tatzeitpunkt im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG pflichtversichert gewesen seien. Ebenso stehe außer Streit, dass sie auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle nicht bloß solche Tätigkeiten, die von ihrer Gewerbeberechtigung umfasst gewesen seien, sondern darüber hinaus auch Arbeiten durchzuführen gehabt hätten - und auch tatsächlich durchgeführt hätten - wie sie auf einer Baustelle üblicherweise anfallen (Abladen von Materialien, Verbringen der Glasplatten in den 4. Stock, Ein- und Anpassen der Scheiben, Montage von Blechverkleidungen, etc.). Dem Umstand, dass das Ausmaß dieser "berechtigungsfremden" Tätigkeiten im Details letztlich nicht genau eruierbar gewesen sei, komme auf der Ebene der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit keine maßgebliche Bedeutung zu: Weil § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a ASVG explizit auf "diese" Tätigkeit abstelle, gehe daraus zweifelsfrei hervor, dass eine bestehende Pflichtversicherung nach dem GSVG eine Meldepflicht nur dann und insoweit obsolet mache, als der Beschäftigte ausschließlich Tätigkeiten vornehme, die durch den Rahmen seiner Gewerbeberechtigung gedeckt seien; hinsichtlich aller darüber hinausgehenden Arbeiten bestehe hingegen eine (zusätzliche) Versicherungs- und damit Meldepflicht nach ASVG, weil es sich insoweit nicht (mehr) um eine unter die genannte Ausnahmebestimmung fallende eigenunternehmerische Tätigkeit des Beschäftigten handle. Da hier die "berechtigungsfremden" Tätigkeiten jeweils aufgrund entsprechender Anweisungen des Bauleiters des Beschwerdeführers vorgenommen worden seien und diesbezüglich zweifelsfrei eine persönliche Abhängigkeit und organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Beschwerdeführers vorgelegen sei, könne insoweit auch dem Aspekt, dass im Übrigen das zur Montage der Winkelprofile erforderliche - und insoweit nicht relevante - Werkzeug von den Ausländern selbst beigestellt worden sei, im Hinblick darauf, dass die erforderlichen Bauteile (Glasplatten) und Hilfsmittel (Gerüst, Leitern) von der GmbH gestammt hätten, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen.

In Verbindung damit, dass der erste und der zweite Zeuge auch insoweit ihre Arbeitszeit und den Arbeitsort ebenso wenig wie den Arbeitsablauf völlig frei gestalten hätten können, sondern jedenfalls der Rahmenkoordination des dritten Zeugen, eines Arbeitnehmers des Beschwerdeführers, unterstellt gewesen seien - sodass sie ihre Arbeit allseits unbestritten am selben Ort und während der selben Zeit wie die Bediensteten des Beschwerdeführers ausführen hätten müssen - liege aber diesbezüglich nicht einmal ein bloß "freier Dienstvertrag" im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG und - weil es den Auftragnehmern gerade nicht völlig frei gestanden sei, die Leistung entweder selbst zu erbringen oder jemand anderen damit zu betrauen - erst recht kein Werkvertrag, sondern im Ergebnis vielmehr ein "(reiner) Dienstvertrag i.S.d. §§ 1153 ff ABGB" vor.

Davon ausgehend komme dem Beschwerdeführer sohin die Eigenschaft eines "Dienstgebers" im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zu. Dadurch dass er als solcher der sich an das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis knüpfenden Meldepflicht nicht entsprochen habe, habe er tatbestandsmäßig im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG schuldhaft gehandelt, weshalb die generelle Strafbarkeit gegeben sei.

Schließlich führte die belangte Behörde aus:

"In welchem quantitativen Ausmaß die beiden Ausländer solche Tätigkeiten, die nicht von ihrer Gewerbeberechtigung umfasst waren und daher der Versicherungspflicht nach ASVG unterlagen, ließ sich nach nunmehr eineinhalb Jahren, aber auch deshalb nicht mehr exakt klären, weil die seitens des Magistrates der Stadt Wien ausgestellten Gewerbeberechtigungen insoweit auch einen gewissen Graubereich offenlassen. Grundsätzlich wäre diese Frage bereits von der (erstinstanzlichen) Behörde zu ermitteln gewesen; daher kann im Zuge der vo(n der belangten Behörde) nunmehr vorzunehmenden ex-post-Betrachtung - weil entgegenstehende Beweisergebnisse objektiv nicht vorliegen - den Aussagen der beiden Ausländer und des Rechtsmittelwerbers, dass diese 'berechtigungsfremden' Tätigkeiten umfangmäßig weniger als 10% betragen haben, nicht entgegengetreten werden.

Wenn davon ausgehend die gemäß § 111 ASVG erforderliche Meldung bloß für einen Zeitraum von vier Tagen unterblieben ist, waren die Folgen dieser Übertretung aber offensichtlich unbedeutend."

Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 388/11-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete ein Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzulehnen, in eventu sie kostenpflichtig abuzweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Antritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

§ 4 ASVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 83/2009 lautet (auszugsweise):

"§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

(…)

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

(…)

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

(…)

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind (…)"

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12.325/A) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffs - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechts des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbilds der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0027).

Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG durch das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0123, mwN).

2. Dem Beschwerdeführer wird im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, dass es die von ihm vertretene B. GmbH unterlassen habe, zwei von ihr zumindest in der Zeit vom 21. September bis auf einer Baustelle beschäftigte Dienstnehmer nicht vor Arbeitsantritt bei der zuständigen Gebietskrankenkasse gemeldet zu haben.

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde im Wesentlichen die Dienstnehmereigenschaft der beiden von der B. GmbH beschäftigten Arbeiter, da keine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vorliege. Es mangle an der persönlichen Arbeitspflicht, da Aufträge sanktionslos abgelehnt hätten werden können. Stattdessen liege ein freies Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG vor, für das jedoch der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 4 lit. a ASVG zur Anwendung komme, da "die Beschäftigten bereits GSVG pflichtversichert" seien.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

3. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheids lässt sich zunächst nicht eindeutig erkennen, ob die belangte Behörde vom Vorliegen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG oder von solchen im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG ausgegangen ist. Zum einen kommt die belangte Behörde in ihrer Begründung zu dem Ergebnis, dass "ein (reiner) Dienstvertrag i.S.d. §§ 1153ff ABGB" vorliege und dass "die gegenständliche Vereinbarung aus dem Blickwinkel des § 4 Abs. 2 ASVG (…) als ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren" sei. Zum anderen führte die belangte Behörde aber aus, dass die beiden Betretenen aus vertragsrechtlicher Sicht "- allseits unbestritten - nicht auf der Grundlage eines Werkvertrages, sondern im Wege eines freien Dienstverhältnisses mit der GmbH des Beschwerdeführers tätig" gewesen seien. Sie prüfte außerdem hinsichtlich der Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 4 Abs. 4 lit. a ASVG, in welchem "quantitativen Ausmaß" die beiden Betretenen Tätigkeiten im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung verrichtet hätten. Eine Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 lit. a ASVG setzt aber voraus, das nicht ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG, sondern grundsätzlich ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG vorliegt.

Die Begründung des angefochtenen Bescheids lässt somit nicht eindeutig erkennen, ob die belangte Behörde von - einander ausschließenden - Beschäftigungen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG oder solchen im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG ausgegangen ist.

4. Die gegenständliche Bestrafung nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG bezieht sich auf eine Meldepflichtverletzung nach § 33 Abs. 1 ASVG. Eine solche Meldepflichtverletzung wäre bei verspäteter oder unterlassener Meldung eines Beschäftigungsverhältnisses sowohl im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG als auch im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG gegeben. Ungeachtet des Umstands, dass die Begründung des angefochtenen Bescheids nicht zweifelsfrei erkennen lässt, von welcher Beschäftigungsform die belangte Behörde ausgegangen ist, vermögen die Feststellungen des angefochtenen Bescheids auch weder das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG noch im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG zu tragen:

Hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung an die belangte Behörde die persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten mit dem Argument bestritten, dass diese Aufträge jederzeit sanktionslos ablehnen hätten können und davon auch Gebrauch gemacht hätten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb nicht vor. Besteht die Befugnis, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder Aufträge sanktionslos ablehnen zu können, mangelt es an der persönlichen Arbeitspflicht (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0137).

Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten aufgrund der Möglichkeit, Aufträge sanktionslos abzulehnen, nicht vorliege, hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt und diesbezüglich keine eindeutigen Feststellungen getroffen. Zwar stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschäftigten hinsichtlich der Tätigkeit auf der Baustelle ihre Arbeitszeit nicht "völlig frei gestalten hätten können", damit wurde aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob die beiden Beschäftigten verpflichtet waren, überhaupt eine Arbeitsleistung zu erbringen bzw. ob sie diese ablehnen konnten.

Unter der Annahme, dass die belangte Behörde von Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausgegangen ist, wäre der angefochtene Bescheid daher mit einem wesentlichen Feststellungsmangel belastet.

Unter der Annahme, dass die belangte Behörde vom Vorliegen freier Dienstverhältnisse im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG ausging, stehen dieser Bewertung aber die Feststellungen des angefochtenen Bescheids entgegen, wonach die beiden Beschäftigten die Tätigkeit im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigungen verrichteten. In diesem Fall schließt die Innehabung eines Gewerbescheins - und daraus folgend die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG - beim freien Dienstvertrag die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 lit. a ASVG nämlich aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0102).

Angesichts dessen, dass nach den Feststellungen eine einheitliche Tätigkeit der Beschäftigten für die B. GmbH vorlag, bleibt auch für die von der belangten Behörde vorgenommene Aufteilung der Tätigkeit in ihm Rahmen der Gewerbeberechtigung verrichtete und "berechtigungsfremde" Tätigkeiten (die "umfangmäßig weniger als 10% betragen" hätten) kein Raum.

5. Beide von der belangten Behörde vertretenen Begründungsvarianten vermögen daher die Bestrafung nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG wegen verspäteter Meldung einer Beschäftigung nach § 33 Abs. 1 ASVG nicht zu tragen, weshalb der angefochtene Bescheid wegen - vorrangig aufzugreifender - Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am