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VwGH vom 23.05.2012, 2011/08/0138

VwGH vom 23.05.2012, 2011/08/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des J G in G, vertreten durch die Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/0566/2011-He/S, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom mangels Arbeitslosigkeit abgewiesen. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, der Beschwerdeführer habe im Jahr 2010 aus seiner selbständigen Tätigkeit ein Einkommen erzielt, welches im Durchschnitt monatlich über der Geringfügigkeitsgrenze liege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, er habe seine Selbständigkeit aufgegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag vom angegeben, selbständig erwerbstätig gewesen zu sein und diese Tätigkeit mit Ende Juli 2010 beendet zu haben; für diese Tätigkeit habe er keine Gewerbeberechtigung benötigt.

Im Zuge des Berufungsverfahrens habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angeführt, dass der Beschwerdeführer als "Neuer Selbständiger" keiner Interessenvertretung angehöre. Der Beschwerdeführer sei bis bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vollversichert gewesen und habe sich bis freiwillig krankenversichert; nach dem habe er bekannt gegeben, weiterhin geringfügig erwerbstätig zu sein. Am habe er der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angezeigt, dass er seine künstlerische Tätigkeit gänzlich beendet habe.

Der Beschwerdeführer sei ersucht worden, vollständige Erklärungen zum Bruttoeinkommen und zum Umsatz in den Monaten des Jahres 2010 vorzulegen. Er habe diese Daten am bekannt gegeben:


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Zeitraum
Bruttoeinkommen (EUR)
Umsatz (EUR)
1/2010
- 71,61
300,--
2/2010
- 285,22
0,--
3/2010
1.297,47
1.709,94
4/2010
- 683,18
0,--
5/2010
2.479,98
2.766,42
6/2010
- 83,17
318,36
7/2010
464,95
1.280,--
8/2010
- 44,29
391,40
9/2010
- 173,42
0,--
10/2010
- 1.585,86
0,--
11/2010
- 241,98
150,--
12/2010
- 559,67
210,--

Am habe der Beschwerdeführer niederschriftlich erklärt, dass er nach Ende des Dienstverhältnisses bei L mit zum Arbeitsmarktservice gekommen sei, weil er von der selbständigen Erwerbstätigkeit alleine nicht leben könne. Er habe gewollt, dass ihm das Arbeitsmarktservice Jobangebote zusende. Dem Beschwerdeführer seien sodann Sozialarbeiterstellen angeboten worden, er habe aber eine Kulturmanagerausbildung, eventuell vom Arbeitsmarktservice unterstützt machen wollen; dies habe jedoch nicht funktioniert. Seine Anträge vom August und vom November seien abgelehnt worden, weil er in den Anfangsmonaten des Jahres 2010 zu viel aus seiner selbständigen Tätigkeit (Regisseur und Theaterpädagoge) verdient habe. Er habe im September und Oktober 2010 keine Tätigkeit im Rahmen seiner selbständigen Erwerbstätigkeit ausgeübt und auch keinen Umsatz erzielt. Dies gehe auch aus den Erklärungen zu den monatlichen Umsätzen hervor. In diesen Monaten habe er deshalb ein "Minuseinkommen", weil er laufende Ausgaben (Büro in der Wohnung, Telefon, Auto, Fachliteratur) habe. Derzeit mache er wieder an zwei Schulen Theaterkurse; weiter absolviere er einen Wochenendlehrgang (Freitag ab 14 Uhr bis Samstag 17 Uhr: Kulturmanagement), den er selbst finanziere. Die laufenden Ausgaben würden von seiner Lebensgefährtin getragen.

Jemand, der beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnehme, gelte nicht als arbeitslos, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat liege. Dies gelte auch für selbständig Erwerbstätige, sofern diese die Tätigkeit beendet und innerhalb eines Monats wieder aufgenommen haben.

Der Beschwerdeführer sei bis bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vollversichert und bis freiwillig krankenversichert gewesen. Er habe nach dem bekannt gegeben, dass er weiterhin geringfügig selbständig tätig sei.

Entgegen der Berufungseinwendung habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft nachweisen können, dass er seine selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich aufgegeben oder für mindestens einen Monat tatsächlich unterbrochen habe. Dagegen würden die vorgelegten Einkommensnachweise für die Monate des Jahres 2010 sprechen, wonach der Beschwerdeführer - abgesehen von einigen wenigen Monaten - im Jahr 2010 Umsätze aus der selbständigen Tätigkeit erzielt habe. Durch die laufenden Ausgaben habe er teilweise kein Einkommen bzw. einen Verlust erzielt. Zudem habe der Beschwerdeführer bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nach der Vollversicherungspflicht bekannt gegeben, dass er die selbständige Erwerbstätigkeit auf geringfügiger Basis weiterführe.

Erst am habe er der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angezeigt, dass er die künstlerische Tätigkeit gänzlich beendet habe. Auch das habe sich aufgrund der niederschriftlichen Angaben (er mache seit Februar 2011 wieder Theaterkurse an zwei Schulen) als unrichtig herausgestellt.

Der Beschwerdeführer habe demnach seine selbständige Tätigkeit nach dem nicht beendet oder tatsächlich für mindestens einen Monat unterbrochen. Arbeitslosigkeit liege daher nicht vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer (u.a.) der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.

§ 12 AlVG idF BGBl. I Nr. 104/2007 lautet (auszugsweise):

"(1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

(…)

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:


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a)
wer in einem Dienstverhältnis steht;
b)
wer selbständig erwerbstätig ist;
(…)
h)
wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.
(…)

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;

b) wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führt, wenn 3 vH des Einheitswertes die jeweils geltende Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG nicht übersteigen;

c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;

(…)"

§ 36a AlVG idF BGBl. I Nr. 128/2003 lautet auszugsweise:

"(1) Bei der Feststellung des Einkommens für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit (§ 12 Abs. 6 lit. a bis e), des Anspruchs auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2 und 5), und für die Anrechnung auf die Notstandshilfe ist nach den folgenden Absätzen vorzugehen.

(2) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, zuzüglich den Hinzurechnungen gemäß Abs. 3 und dem Pauschalierungsausgleich gemäß Abs. 4. (…)

(5) Das Einkommen ist wie folgt nachzuweisen:

1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach diesem Bundesgesetz bezogen wird, und bis zum Vorliegen dieses Bescheides auf Grund einer jeweils monatlich im nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise;

2. bei Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit durch die Vorlage einer aktuellen Lohnbestätigung;

3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft durch Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides;

4. bei steuerfreien Bezügen durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle.

(6) (…)

(7) Als monatliches Einkommen gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag. Bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr ist das Einkommen in einem bestimmten Kalendermonat jeweils durch Zusammenrechnung des für diesen Kalendermonat nachgewiesenen Einkommens mit den für frühere Kalendermonate desselben Kalenderjahres nachgewiesenen Einkommen geteilt durch die Anzahl der Monate im Kalenderjahr, für die eine Einkommenserklärung vorliegt, zu ermitteln."

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es gehe aus der im Berufungsverfahren übermittelten Erklärung eindeutig hervor, dass er seit September 2010 keine bzw. lediglich geringfügige Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielt habe und auch keine bzw. nur geringfügige Umsätze habe erwirtschaften können. Es sei unverständlich, warum die belangte Behörde auf diese vom Beschwerdeführer vorgelegte Erklärung nicht eingegangen sei. Der Beschwerdeführer habe zumindest seit September 2010 ein negatives Bruttoeinkommen und keinen bzw. lediglich einen sehr geringen Umsatz erwirtschaftet. Dem Beschwerdeführer sei es nicht möglich gewesen, von seiner selbständigen Tätigkeit zu leben, was ein weiteres Indiz dafür sei, dass der Beschwerdeführer als arbeitslos anzusehen sei. Die belangte Behörde habe lediglich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers verwiesen, aber keine Feststellungen getroffen, sodass das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Sollte aber das im Bescheid Enthaltene wider Erwarten als Feststellung anzusehen sein, ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zumindest seit September 2010 kein bzw. lediglich ein geringes Einkommen erzielt habe und auch keine bzw. nur geringe Umsätze erwirtschaftet habe. Werde dies anerkannt, folge daraus, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld erfüllt habe.

3. Mit der Frage der Auswirkungen der Neugestaltung des (gemäß § 79 Abs. 94 AlVG für ab geltend gemachte Ansprüche anzuwendenden) § 12 AlVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0194, näher auseinandergesetzt und dazu ausgesprochen, dass die Ausübung einer "geringfügigen Erwerbstätigkeit" in den in § 12 Abs. 6 AlVG näher festgelegten Grenzen weiterhin Arbeitslosigkeit iSd § 12 Abs. 1 AlVG nicht ausschließt, egal ob diese Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) noch während der aufrechten (anwartschaftsbegründenden oder die Arbeitslosigkeit nach § 12 Abs. 3 AlVG ausschließenden) Erwerbstätigkeit oder erst nach deren Beendigung aufgenommen wird, sofern keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung (§ 12 Abs. 1 Z 2 AlVG) vorliegt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0195).

4. Der gesamte Zeitraum, während dessen eine selbständige Erwerbstätigkeit gegen Entgelt angeboten wird, ist als Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit anzusehen, unabhängig davon, an welchen Tagen Leistungen tatsächlich erbracht und honoriert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0058, mwN). Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde nicht (mehr), dass er seine selbständige Tätigkeit (im Sinne eines Anbietens von Leistungen gegen Entgelt) eingestellt hat. Aus seinen im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden und den dazu getätigten Erläuterungen geht auch hervor, dass für die selbständige Tätigkeit jedenfalls durchgehend Aufwendungen - etwa für Büro oder Telefon - angefallen sind, was aber unverständlich wäre, falls er die Tätigkeit bereits beendet hätte.

Nach den - von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht in Frage gestellten - Angaben des Beschwerdeführers (welche mit einem in den Verwaltungsakten befindlichen Auszug betreffend die "Versicherungszeiten" des Beschwerdeführers übereinstimmen) endete aber sein (laut Inhalt der Verwaltungsakten am begonnenes) Dienstverhältnis bei L mit .

Damit ist aber die Voraussetzung des § 12 Abs. 1 Z 1 AlVG erfüllt, dass nämlich eine unselbständige Erwerbstätigkeit beendet wurde. § 12 Abs. 1 Z 1 AlVG setzt hingegen nicht voraus, dass sämtliche Erwerbstätigkeiten beendet, also zur Gänze eingestellt werden.

5. Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Antrages auf Arbeitslosengeld tragend darauf, dass Arbeitslosigkeit nur dann vorliege, wenn der Beschwerdeführer seine selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich beende bzw. für mindestens einen Monat unterbreche. Auch Pfeil (Arbeitslosenversicherungsrecht3, § 12 Anm. 3.1) und Krapf/Keul (Arbeitslosenversicherungsgesetz, 7. Lfg., § 12 Rz 334) führen aus, § 12 Abs. 3 lit. h AlVG sei auch auf selbständige Tätigkeiten anzuwenden. Dieser Ansicht ist aber nicht zu folgen:

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass § 12 Abs. 3 lit. h AlVG nach seinem Wortlaut sich nur auf unselbständige Beschäftigungen bezieht. Diese Bestimmung wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, (damals als lit. i) eingefügt. Entsprechend den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (72 BlgNR 20. GP, 234 f) seien vermehrt Fälle aufgetreten, in denen ein Arbeitnehmer beim selben Arbeitgeber von einem vollversicherten Dienstverhältnis in ein geringfügiges Dienstverhältnis wechsle und daneben Arbeitslosengeld beziehe. Um diese Missbrauchsmöglichkeit hintanzuhalten, solle in einem solchen Fall der Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgeschlossen sein. Wenn jedoch zwischen dem Vollarbeitsverhältnis und der geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mehr als einem Monat liege, solle dennoch Arbeitslosengeld gebühren.

Eine entsprechende Missbrauchsmöglichkeit besteht jedoch im Bereich der selbständigen Erwerbstätigkeit im Allgemeinen nicht, da der selbständig Erwerbstätige regelmäßig einer Vielzahl von Vertragspartnern gegenübersteht, für die er Leistungen gegen Entgelt erbringt. Eine einvernehmliche Reduktion der Tätigkeit auf einen bloß geringfügigen Umfang erscheint sohin nicht naheliegend. Dass hingegen vermehrt Fälle aufgetreten seien, in denen selbständig Erwerbstätige missbräuchlich ihre Tätigkeit einseitig reduziert hätten, um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen zu können, ist zumindest nicht notorisch. Auch der vorliegende Fall bietet hiefür keine Anhaltspunkte.

Gemäß § 36a Abs. 7 AlVG gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des Jahreseinkommens als monatliches Einkommen; bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides ist das Einkommen "rollierend" zu ermitteln. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei selbständig Erwerbstätigen das (unterjährige) monatliche Einkommen erheblich stärker schwankt als das Einkommen unselbständig Beschäftigter; wohl gerade aus diesem Grund erfolgt die unterjährige rollierende Ermittlung des Einkommens sowie - nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides - eine Durchschnittsbetrachtung. Diese Durchschnittsbetrachtung wäre aber nicht erforderlich, würde es für den Ausschluss der Arbeitslosigkeit bereits ausreichen, dass in einem einzigen Monat des Kalenderjahres ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt würde und im Hinblick auf § 12 Abs. 3 lit. h AlVG sodann auch in den folgenden Monaten (und Jahren, bis zur Einstellung oder Unterbrechung von einem Monat) keine Arbeitslosigkeit vorläge.

Gerade im Hinblick auf das stärker schwankende Einkommen ist daher § 12 Abs. 3 lit. h AlVG (übereinstimmend mit seinem Wortlaut) auf eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht anwendbar.

6. Damit ist der Beschwerdeführer im hier zu prüfenden Zeitraum (ab ) als arbeitslos zu beurteilen, wenn er aufgrund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit nicht pensionsversichert war (§ 12 Abs. 1 Z 2 AlVG) und überdies sein Einkommen (oder Umsatz) aus dieser selbständigen Erwerbstätigkeit die in § 12 Abs. 6 lit. c AlVG angeführten Grenzen nicht überstieg.

Zu diesen Fragen hat die belangte Behörde - in Verkennung der Rechtslage - aber keine Feststellungen getroffen (sondern lediglich das Vorbringen des Beschwerdeführers geschildert). Ausgehend von diesem - im bisherigen Verfahren noch nicht geprüften Vorbringen - wäre aber nicht ableitbar, dass der Beschwerdeführer (im hier zu prüfenden Zeitraum) pensionsversichert gewesen wäre oder er ein Einkommen (oder Umsätze) über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt hätte.

7. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am