VwGH vom 02.04.2014, 2013/17/0307
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des GL in R, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-HO-12-1010, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Horn vom wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1, erstes Tatbild, in Verbindung mit §§ 1, 2 Abs. 1, 2 und 4 GSpG als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches Organ einer juristischen Person eine Geldstrafe von EUR 3.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden, verhängt.
1.2. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als verspätet zurückgewiesen. Begründend wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Annahme der Verspätung seiner Berufung gegeben worden sei. Der Beschwerdeführer habe daraufhin mitgeteilt, dass er sich bis zum in Znaim aufgehalten habe, und hiefür eine in tschechischer Sprache von einer Privatperson verfassten Bestätigung vorgelegt.
Das angefochtene Straferkenntnis erster Instanz sei nach einem erfolglosen Zustellversuch am am selben Tag bei einem näher genannten Postamt hinterlegt worden. Der Beginn der Abholfrist sei laut dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt befindlichen Rückschein der gewesen. Nach Wiedergabe des Inhalts des § 17 Zustellgesetz führte die belangte Behörde aus, dass der Beschuldigte entweder noch am Abend des nach seiner Rückkehr aus Znaim oder spätestens am vom Zustellvorgang habe Kenntnis erlangen können. Es sei ihm somit die in Ansehung des zugestellten Straferkenntnisses wahrzunehmende Rechtsmittelfrist von zwei Wochen nahezu ungekürzt zur Verfügung gestanden. Die Hinterlegung des Straferkenntnisses sei somit aus dem Grunde des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz wirksam geworden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/06/0140).
Es sei nämlich keinesfalls erforderlich, dass dem Empfänger in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines Rechtsmittels zur Verfügung stehen müsse. Dies zeige das Rechtsinstitut der Zustellung der Hinterlegung deutlich auf, wonach auch in Fällen, in denen dem Empfänger die Abholung einer hinterlegten Sendung nachweislich am Tag der Hinterlegung nicht möglich war, dennoch dieser Tag als Zustelltag gilt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0067).
Da dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis am Dienstag, dem , rechtswirksam zugestellt worden sei, habe die zweiwöchige Rechtsmittelfrist am Dienstag, dem , geendet. Da der Beschwerdeführer die Berufung erst am mittels E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft Horn übermittelt habe, sei sie wegen Verspätung zurückzuweisen gewesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1554/12-3, ablehnte und die Beschwerde mit Beschluss vom , B 1554/2012-5, über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht.
1.4. Das an Stelle der ursprünglich belangten Behörde gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:
"(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."
2.3. Der Beschwerdeführer macht der Sache nach geltend, dass er durch seinen Aufenthalt in Znaim bis ortsabwesend im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gewesen sei, sodass die Berufungsfrist gegen das am 9. Oktober zugestellte Straferkenntnis erst am 10. Oktober zu laufen begonnen habe.
Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass die Anordnung des § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz, demzufolge ein Dokument nicht als zugestellt gilt, "wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte", mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam wird, voraussetzt, dass der Empfänger durch die Ortsabwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte .
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu die Auffassung vertreten, "rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung sei dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung gestanden sei, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt habe, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so müsse die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0091).
Die bescheiderlassende Behörde hat daher die Abwesenheit des Beschwerdeführers bis zum , auf Grund derer der Beschwerdeführer spätestens am Kenntnis von der Zustellung erlangen konnte, zutreffend nicht als eine derartige Abwesenheit qualifiziert, die die rechtzeitige Kenntnisnahme vom Zustellvorgang verhindert hätte.
2.4. Da somit § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz im Beschwerdefall nicht eingreift, hat die Berufungsfrist gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist zu laufen begonnen (vgl. zur Maßgeblichkeit der Angabe des Beginns der Abholfrist auf der an der Abgabestelle zurückgelassenen Verständigung von der Hinterlegung bzw. zum Beweiswert des Rückscheins in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/11/0188).
Die bescheiderlassende Behörde hat daher ohne Rechtsirrtum angenommen, dass die am eingebrachte Berufung verspätet war.
2.5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am