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VwGH vom 07.10.2013, 2013/17/0274

VwGH vom 07.10.2013, 2013/17/0274

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2013/17/0277 E

2013/17/0276 E

2013/17/0275 E

2013/17/0273 E

2013/17/0272 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der B N in H, vertreten durch Kopp-Wittek Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-1181/K1-2011, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Strafausspruch des erstinstanzlichen Bescheides abweist, und hinsichtlich seines Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wurde die Beschwerdeführerin als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten englischen Private Limited Company by Shares (Ltd.) der Übertretung der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 4 sowie 3 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin und der genannten Gesellschaft mit Bescheid vom Folge und hob das angefochtene Straferkenntnis auf. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit den gegenständlichen Glücksspielgeräten Spiele mit mehr als EUR 10,-- pro Spiel durchgeführt worden seien und insofern eine eventuelle Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

1.2. Auf Grund einer Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0213, den Berufungsbescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2012/17/0156. Darin hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass sich eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand nur für die Veranstaltung von Spielen ergebe, bei denen der Einsatz EUR 10,-- übersteige. Im Übrigen verbleibe die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.

1.3. Mit dem angefochtenen, im fortgesetzten Verfahren erlassenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis.

In der Begründung führte die belangte Behörde zu der in Berufung behaupteten sachlichen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft aus, mit welchen Einsätzen anlässlich der durchgeführten Überprüfung gespielt worden sei. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergäben sich nach Ansicht der belangten Behörde keine Anhaltspunkte dafür, dass gegenständlich Einsätze getätigt worden seien, auf Grund welcher sich eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 StGB ableiten ließe. Nach der Rechtsprechung des VwGH bestehe eine gerichtliche Strafbarkeit nur dann, wenn Einsätze von mehr als EUR 10,-- tatsächlich geleistet worden seien.

Den vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken hielt die belangte Behörde - ebenfalls gestützt auf die hg. Judikatur (zB das Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0068) - im Wesentlichen entgegen, dass eine nationale Rechtsvorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspiels normiere, mit Unionsrecht vereinbar sei. Die aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen nach dem österreichischen Glücksspielgesetz gegenüber Personen, denen entgegen dem Unionsrecht die Erlangung einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz verwehrt worden wäre, greife daher nicht gegenüber natürlichen bzw. juristischen Personen wie die Berufungswerberinnen.

Die festgesetzte Strafe von EUR 4.000,-- erachtete die belangte Behörde als "schuld-, tat- und einkommensangemessen". Darauf, dass dieser Betrag im erstinstanzlichen Straferkenntnis in Form einer Gesamtstrafe verhängt wurde, ging die belangte Behörde in der Begründung nicht ein.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden auf Grund eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (vgl. auch das Erkenntnis vom , Zl. 2009/03/0096). An diese Rechtsanschauung ist nicht nur die belangte Behörde, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof selbst gebunden, sofern sich seit der Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht geändert hat (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/03/0056). Die Bindungswirkung erstreckt sich dabei nur auf jene Fragen, zu denen sich der Verwaltungsgerichtshof geäußert hat, sowie auf die Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde als notwendige Voraussetzung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/03/0148).

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis vom gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 2012/17/0156, verwiesen. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Gerichtshof darin mit der Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand nur für die Veranstaltung von Spielen bestehe, bei denen der Einsatz EUR 10,-- übersteige und dass im Übrigen die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden verbleibe.

Seit Erlassung des aufhebenden Erkenntnisses hat sich die maßgebende Rechtslage nicht geändert. Auch eine Änderung des für die Entscheidung relevanten Sachverhaltes wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Vor diesem Hintergrund vermag das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG und die Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand schon wegen der nach § 63 Abs 1 VwGG auch den Verwaltungsgerichtshof treffenden Bindung an die im aufhebenden Vorerkenntnis vom geäußerte Rechtsansicht keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

An dieser Bindung ändert auch der Umstand nichts, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem - in einem anderen Verfahren ergangenen - Erkenntnis vom , B 422/2013, bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB eine gegenteilige Rechtsansicht vertreten hat und dass sich der Verwaltungsgerichtshof dieser - das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 7 ZPEMRK berücksichtigenden - Rechtsansicht mit Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0249, angeschlossen hat. Eine Änderung der Rechtsprechung ist - abgesehen von Fällen, wo es unionsrechtlich geboten ist - nicht einer Änderung der Rechtslage gleichzuhalten (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0289).

2.2. Was die Frage der Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen des Glücksspielrechtes betrifft, gleicht der vorliegende Beschwerdefall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, über den mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0068, zu entscheiden war. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Die Beschwerdeführerin wurde als zur Vertretung nach außen befugtes Organ einer englischen Private Limited Company by Shares (Ltd.) wegen Übertretung des GSpG bestraft. Auch wenn es sich bei dieser Gesellschaft um eine juristische Person mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsform der englischen Limited mit der österreichischen GmbH vergleichbar ist. Da im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet wurde, dass die englische Gesellschaft über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat verfüge, kann in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die englische Gesellschaft könne schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen, weil sie nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-64/08, Engelmann , grundsätzlich zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfülle und deswegen eine Unionsrechtswidrigkeit nicht gegeben sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0417, in dem diese Rechtsansicht betreffend eine s.r.o. nach tschechischem Recht vertreten wurde).

2.3. Soweit in der Beschwerde ein Rechtsirrtum geltend gemacht wird, ist zum einen auf die Begründung der belangten Behörde zu verweisen. Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof zu den in diesem Zusammenhang von der Beschwerde vorgetragenen Argumenten zum Beispiel bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0238, auf das ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, Stellung genommen und dargelegt, warum ein entschuldbarer Rechtsirrtum der Beschwerdeführerin nicht vorliegt.

2.4. In der Beschwerde wird schließlich vorgebracht, die Strafe hätte pro Glücksspielgerät verhängt werden müssen und nicht - wie gegenständlich - als Gesamtstrafe. Im hier zu beurteilenden Fall ginge es um zwei Verwaltungsübertretungen, die mit verschiedenen Geräten begangen worden seien und für die ein gleicher Tatzeitraum vorliege.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu:

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG macht sich strafbar, wer "zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht". Dabei ist der Tatbestand des Veranstaltens, Organisierens, Anbietens oder unternehmerisch Zugänglichmachens bereits durch den Betrieb eines Spielautomaten verwirklicht und eine Bestrafung für jedes einzelne Gerät zulässig (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 422/2013, in Übereinstimmung mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0040). Es handelt sich somit um verschiedene selbständige Übertretungen im Sinne des § 22 VStG, für die nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/17/0074).

Im vorliegenden Fall hat die erstinstanzliche Behörde die Strafe jedoch nicht pro Glückspielgerät, sondern in Form einer Gesamtstrafe (in der Höhe von EUR 4.000,--) verhängt. Dies wurde von der belangten Behörde im Berufungsverfahren nicht aufgegriffen. Damit verstößt der angefochtene Bescheid gegen das Kumulationsprinzip des § 22 VStG, demzufolge über jemanden, der durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind. Durch die Verhängung einer Gesamtstrafe ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der beiden selbständigen Handlungen ist, sodass keine nachprüfende Kontrolle des Gerichtshofes in der Richtung möglich ist, ob die Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen hinsichtlich jeder der einzelnen Übertretung im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/02/0208).

2.5. Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid - soweit damit die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Strafausspruch des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Strafausspruches wird auch dem Kostenauspruch die Rechtsgrundlage entzogen (§ 42 Abs. 3 VwGG). Dieser war daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen war die Beschwerde - aus den unter Pkt. 2.1 bis 2.3. angeführten Erwägungen - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am