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VwGH vom 27.02.2009, 2006/17/0016

VwGH vom 27.02.2009, 2006/17/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. FJS in W, vertreten durch die Dr. Franz J. Salzer Rechtsanwalt KEG in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission vom , Zl. ABK - 104/05, betreffend Gebührenvorschreibung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer für eine am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes gemäß §§ 5 und 6 des Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/1965, und der hiezu ergangenen Gebührenordnung eine Gebühr von EUR 407,-- zur Zahlung binnen eines Monates vorgeschrieben.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei am infolge eines Sturzes gehunfähig gewesen und habe Bedienstete der Aufsicht der U-Bahn im Bereich des Westbahnhofes ersucht, ihm ein Taxi zu beschaffen, damit er in das Allgemeine Krankenhaus gebracht werde. Tatsächlich sei aber kein Taxi bestellt, sondern die Rettung geholt worden, um ihn in das Krankenhaus zu bringen. Für die Fahrt vom Westbahnhof in das Allgemeine Krankenhaus hätte er bei einem Taxi rund EUR 15,-- bezahlt. Es sei ihm sohin der 27-fache Betrag davon vorgeschrieben worden. Das sei geradezu wucherisch. Hätte er auch nur geahnt, dass die Fahrt mit der Rettung EUR 407,-- kosten würde, hätte er es abgelehnt, den Dienst der Rettung in Anspruch zu nehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die erstinstanzliche Gebührenvorschreibung dahingehend abgeändert, dass die Wendung "Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes der Stadt Wien" durch "Inanspruchnahme des Rettungsdienstes der Stadt Wien" ersetzt wurde und die Gebühr gemäß der Transportgebührenordnung 1985, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17/1985 idF Nr. 52/2002 vorgeschrieben wurde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, dass für den Beschwerdeführer am um 19.46 Uhr der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen worden sei und dieser ihn ins Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien gebracht habe. Ob der Beschwerdeführer ursprünglich andere Überlegungen bezüglich eines Transportes in ein Krankenhaus gehabt habe, sei irrelevant. Wenn der Beschwerdeführer ausschließlich an der Höhe der zur Verrechnung gelangenden Gebühr Kritik übe und daher die Aufhebung des erstinstanzlichen Gebührenbescheides verlange, verkenne er, dass die jeweiligen Gebühren nicht willkürlich, sondern nach eingehenden und begründeten Berechnungen vom Gemeinderat in der Gebührenordnung festgesetzt würden und sowohl die erste Instanz als auch die belangte Behörde daran gebunden seien. Die Abänderung des Spruches habe der Präzisierung der anzuwendenden Vorschriften gedient.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 955/05-6, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese auf Antrag des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof u.a. aus, soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Gesetzwidrigkeit des § 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 4 des Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, ABl. Nr. 52/2002, behauptet werde, lasse ihr Vorbringen im Hinblick auf die (aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche) Bestimmung des § 5 Abs. 3 letzter Satz des Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/1965, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des Gesetzes betreffend das Rettungs- und Krankenbeförderungswesen in Wien (in der Folge: Wr Rettungs- und KrankenbeförderungsG), LGBl. Nr. 22/1965 (§ 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 47/1983), lauteten:

"§ 1

Öffentlicher Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst

(1) Der Stadt Wien obliegt es, Einrichtungen zur Ersten Hilfe

(öffentlicher Rettungsdienst) für Personen aufrecht zu halten, die

in Wien

a) außerhalb ihrer Unterkunft eine erhebliche

Verletzung oder eine andere erhebliche Gesundheitsstörung erlitten

haben;

b) einen lebensbedrohenden Unfall in ihrer Unterkunft

erlitten haben;

c) in ihrer Unterkunft wegen unmittelbarer

Lebensgefahr sofortiger ärztlicher Hilfe bedürfen, die anders nicht gewährleistet ist.

Die Erste Hilfe umfasst, sofern es unbedingt notwendig ist, auch die Beförderung in eine Krankenanstalt oder in die Unterkunft.

(2) ...

§ 5

Gebühr für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes

(1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes oder des öffentlichen Krankenbeförderungsdienstes, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Beförderung), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzwagens kommt.

(2) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen.

(3) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach der Anzahl der gefahrenen Kilometer sowie nach der Anzahl und der Art des eingesetzten Personals, abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(4) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren den Aufwand für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(5) Für Einsätze außerhalb Wiens ...

(6) Die Gebührenordnung wird im Publikationsorgan der Stadt Wien kundgemacht und tritt, sofern § 10 Abs. 2 dieses Gesetzes nicht anderes bestimmt, mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.

§ 6

Zahlungspflicht

(1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst oder der öffentliche Krankenbeförderungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder Beförderung wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Abs. 1 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners ..."

Die Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz, ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2002, lautet (auszugsweise):

"Gemäß § 16 Abs. 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2001, BGBl. Nr. 3/2001, in der Fassung BGBl. I Nr. 115/2002 und gemäß §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 22/1965, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. für Wien Nr. 5/2002, wird verordnet:

Artikel I

§ 1. Für jede Inanspruchnahme des Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der Wiener städtische Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch eine Beförderung unterblieben sind, ist eine Gebühr von 407 Euro zu entrichten.

...

Artikel II

(1) Die Verordnung tritt mit in Kraft.

(2) ..."

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer am durch den öffentlichen Rettungsdienst der Stadt Wien vom U-Bahn-Bereich des Wiener Westbahnhofs in das Allgemeine Krankenhaus gebracht worden ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Gebührenvorschreibung mit dem Vorbringen, es sei keine der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Wr Rettungs- und KrankenbeförderungsG vorgelegen.

Zunächst ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall ausschließlich der Tatbestand des § 1 Abs. 1 lit. a Wr Rettungs- und KrankenbeförderungsG in Betracht kommt, weil sich der Beschwerdeführer unzweifelhaft außerhalb seiner Unterkunft befunden hat. Diese Bestimmung setzt weiters eine erhebliche Verletzung oder eine andere erhebliche Gesundheitsstörung voraus. Die belangte Behörde konnte aber auf Grund des Berufungsvorbringens, wonach der Beschwerdeführer nach seinem Sturz gehunfähig gewesen sei und das Allgemeine Krankenhaus habe aufsuchen wollen, vom Vorliegen einer solchen erheblichen Verletzung ausgehen. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführt, "infolge eines Sturzes lediglich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt" gewesen zu sein, so steht diesem Vorbringen das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen.

Darüber hinaus kommt es nicht allein darauf an, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich war, sondern ob das Vorliegen der Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes des Beschwerdeführers mit gutem Grund hatte angenommen werden können, wobei diese Annahme bei jenem Mitarbeiter des Rettungsdienstes bestanden haben musste, der die Anforderung (betreffend des Rettungseinsatzes) entgegen genommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0012, mwN). Der Meldung eines U-Bahn-Bediensteten, wonach eine Person nach einem Sturz gehunfähig sei und begehre, ins Allgemeine Krankenhaus gebracht zu werden, kann aber die Eignung, eine solche Annahme hervorzurufen, nicht abgesprochen werden. Die belangte Behörde war aus diesem Grunde auch nicht gehalten, Feststellungen zum tatsächlichen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu treffen.

Der Beschwerdeführer erachtet auch in seiner ergänzten Beschwerde die Gebühren-Verordnung als gesetzwidrig, weil sie insbesondere jene Vorgaben des § 1 Abs. 1 Wr Rettungs- und KrankenbeförderungsG "außer Acht" lasse. Abgesehen davon, dass er jede Konkretisierung dieses Vorbringens unterlässt, übersieht er auch, dass § 5 Abs. 3 Wr Rettungs- und KrankenbeförderungsG eine Pauschalregelung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung erlaubt (vgl. auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom ).

Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass eine Fahrt mit dem Taxi nur einen Bruchteil jenes Betrages, der ihm vorgeschrieben worden ist, ausgemacht hätte, ist entgegenzuhalten, dass die Leistungen des Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes regelmäßig wesentlich über jene, welche Taxis erbringen, hinausgehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie im Beschwerdefall - gehunfähige bzw. gehbehinderte Personen von Orten, welche mit Personenkraftwagen nicht erreicht werden können, abgeholt und versorgt werden müssen.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am