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VwGH vom 25.01.2007, 2006/16/0163

VwGH vom 25.01.2007, 2006/16/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der S GmbH Nfg KEG in F, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0149-F/06, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin der F GmbH ein Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages unterbreitete. Die Präambel dieses Anbotes lautete:

"Die F GmbH ist bereits seit dem auf Grund eines mündlichen Pachtvertrages Pächter, des im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Betriebes der Sessellifte S, G und des Schleppliftes G. In diesem Pachtvertrag wurden jedoch keine Regelungen für die Zukunft getroffen, sondern lediglich ein Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Beschwerdeführerin unterbreitet nunmehr, da auch einige wesentliche Regelungen den zukünftigen Fortbestand der F GmbH getroffen werden konnten, das Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages, um hier eine rechtssichere und endgültige Lösung zwischen der Beschwerdeführerin und der F GmbH herzustellen."

Auf Aufforderung des Finanzamtes Feldkirch hin teilte die Beschwerdeführerin der Behörde mit, dass das Pachtverhältnis zwischen ihr und der F GmbH bereits seit dem in Form eines mündlichen Pachtvertrages bestehe und damals ein Pachtzins in der Höhe von EUR 98.472,-- zuzüglich Umsatzsteuer festgelegt worden sei. Mit dem Anbot vom sei diese Vereinbarung unverändert übernommen worden.

Mit Bescheid vom , betreffend "Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages vom mit der F GmbH", setzte die Abgabenbehörde erster Instanz gegenüber der Beschwerdeführerin die Gebühr für dieses Rechtsgeschäft mit EUR 3.544,99 fest. Begründend führte die Behörde aus, Gegenstand der Vergebührung sei "der Pachtvertrag bis Änderung".

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, nach Aufhebung von Teilen des ersten Satzes des § 15 Abs. 2 GebG 1957 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom sei das gegenständliche schriftliche Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages nicht gebührenpflichtig. Die Tatsache, dass dieses Angebot durch fristgerechte Einzahlung eines Betrages auf ein bestimmtes Konto zu Stande komme, verwirkliche ebenso wenig wie ein reines Anbot den Gebührentatbestand. Dieser werde auch dadurch nicht verwirklicht, dass ein schriftliches Anbot einem mündlichen Mietvertrag, welcher ebenfalls nicht gebührenpflichtig sei, folge. Rein durch die Abgabe eines schriftlichen Angebotes komme es nämlich zu keinerlei Bestätigung des mündlichen Mietvertrages, sondern zum Abschluss eines neuen Angebotes, welches durch eine faktische Handlung angenommen worden sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung als unbegründet ab. Der Gebührenbemessung liege - so die Begründung dieses Bescheides - der ursprüngliche Pachtvertrag seit zu Grunde, wie er in der Präambel des Anbotes beurkundet worden sei. Dieses Rechtsgeschäft sei Gegenstand der Gebührenfestsetzung. In der Präambel seien die wesentlichen Vereinbarungen des seit bestehenden Pachtvertrages, nämlich Verpächter, Pächter, Pachtgegenstand und Dauer (unbestimmte Dauer) des ursprünglichen Pachtverhältnisses festgehalten. Darin sei eine gebührenrechtlich relevante nachträgliche Beurkundung dieses bestehenden Pachtverhältnisses zu erblicken, sodass die Voraussetzungen einer Beurkundung nach § 15 Abs. 1 GebG 1957 gegeben seien. Keineswegs sei erforderlich, dass die Urkunde alle für die Festsetzung der Gebühren bedeutsamen Umstände enthalte. Die Gebührenbemessung sei nach dem Pachtzins ab vorgenommen worden.

Hierauf beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, mit dem Erstbescheid sei die Gebühr nicht für das Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages, sondern für die in der Präambel dieses Anbotes erfolgte Beurkundung eines in der Vergangenheit mündlich abgeschlossenen Pachtvertrages vorgeschrieben worden. Dies gehe klar aus der Begründung des Bescheides vom hervor.

Im gegenständlichen Fall sei die Urkunde (das Anbot) von der Beschwerdeführerin unterfertigt und der F GmbH ausgehändigt worden. Dies gehe auch aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Berufung hervor, wonach die F GmbH durch eine faktische Handlung das Anbot angenommen hätte. Da die Beurkundung des mündlichen Pachtvertrages in der Präambel des Anbotes erfolgt sei, sei auch die von der Beschwerdeführerin unterfertigte Beurkundung des mündlichen Pachtvertrages der F GmbH ausgehändigt worden. Die Gebührenpflicht sei daher gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebG 1957 entstanden. Dies sei weder in der Berufung noch im Vorlageantrag bestritten worden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, es sei für die Entstehung der Gebührenschuld nicht erforderlich, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr in der Urkunde über das Rechtsgeschäft genannt werde. Insbesondere habe sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1913/73, Slg. 4.684/F, ebenfalls zu einem Bestandvertrag mit ähnlichen Beschwerdeeinwendungen wie im nunmehrigen Beschwerdefall befasst. Der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass der Bestandvertrag durch die Urkunde, in der unter anderem die Bezeichnung des in Bestand gegebenen Objektes, Abreden über Vertragsdauer und die Zahlungsmodalitäten enthalten gewesen seien, beweiskräftig festgehalten worden sei. Seien also in der Urkunde alle für einen Bestandvertrag notwendigen Elemente mit Ausnahme der ziffernmäßigen Höhe des Bestandzinses angeführt, so genüge dies, um die Gebührenpflicht zu begründen. In der gegenständlichen Urkunde seien auch die wesentlichen Bestandteile eines Pachtvertrages, nämlich Verpächter, Pächter, Pachtgegenstand und Laufzeit unbestimmte Dauer angegeben gewesen. Selbst wenn man auf Grund der Nicht-Angabe des Bestandzinses nicht deutlich die Beurkundung eines Bestandvertrages erblicken wollte, wären die Abgabenbehörden im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GebG 1957 berechtigt gewesen, dies zu vermuten und den in der Urkunde ziffernmäßig nicht weiter bestimmten Bestandzins bis zum Beweis der tatsächlichen Höhe etwa mit einem bloß geschätzten Betrag der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen. Abgesehen davon enthalte das Gebührengesetz keine Norm, die die den Abgabenpflichtigen durch § 119 BAO auferlegten Offenlegungs- und Wahrheitspflichten einschränken würde. Es sei daher dem Finanzamt auch frei gestanden, sich an die Beschwerdeführerin zu wenden, um Auskunft über die Höhe des Bestandzinses zu verlangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in ihrem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Ausnahme von der Gebührenpflicht gemäß § 15 GebG" verletzt erachtet. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG 1957 sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

Nach § 16 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird,

a) wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung;

b) wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an dessen Vertreter oder an einen Dritten.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das eingangs genannte Anbot vom von der Beschwerdeführerin unterfertigt und der F GmbH ausgehändigt wurde.

Die Beschwerdeführerin sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass in der Präambel lediglich auf den ursprünglich mündlich geschlossenen Pachtvertrag verwiesen werde, keinesfalls darin aber eine Beurkundung dieses Pachtvertrages liege, weil der wesentliche Inhalt des ursprünglichen Pachtvertrages samt Nebenbestimmungen nicht angeführt sei. Auch sei etwa die Höhe des Pachtentgeltes sowie eine Regelung über die Erhaltung des Pachtgegenstandes nicht angeführt und könne schon daraus geschlossen werden, dass von den Parteien keine Beurkundung des ursprünglichen Vertrages beabsichtigt gewesen sei, sondern lediglich im Zuge der Erstellung des neuen Anbotes auf den ursprünglichen Vertrag verwiesen worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es nicht erforderlich ist, dass aus der Urkunde alle für die Gebührenbemessung erheblichen Umstände hervorgehen. Auch der bloß erzählende Hinweis auf ein bereits früher abgeschlossenes Rechtsgeschäft in einer Urkunde löst die Gebührenpflicht für jedes Rechtsgeschäft (abermals) aus, sofern der Inhalt der Schrift geeignet ist, hierüber Beweis zu machen (vgl. die in Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren7, unter E 75 f zu § 15 GebG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, es sei für die Entstehung der Gebührenschuld nicht erforderlich, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr in der Urkunde über das Rechtsgeschäft genannt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0304, mwN).

Auch der Einwand, es sei nicht in der Absicht der Parteien gelegen, den Vertrag, nämlich das seit bestehende Pachtverhältnis festzuhalten, ist für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 15 Abs. 1 GebG 1957 - die Errichtung einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft - unmaßgeblich, weil der Beweggrund für die schriftliche Beurkundung für die Beurteilung der Gebührenpflicht rechtlich unerheblich ist (vgl. die in Fellner, aaO, unter E 2 und E 84 zu § 15 GebG wiedergegebene Judikatur).

Soweit die Beschwerdeführerin in der Präambel des Anbotes nähere Bestimmungen über die Erhaltung des Pachtgegenstandes sowie über die Auflösung des Pachtverhältnisses vermisst, tat dies der Beurkundung des seit unstrittig bestehenden Pachtverhältnisses keinen Abbruch, zumal sich nähere Rechte und Pflichten aus dem Pachtverhältnis an Hand des Gesetzes bestimmten.

Schließlich weist die Beschwerde darauf hin, dass das Anbot vom nur von einem Vertragsteil unterfertigt worden sei. Es fehle sohin an der Unterfertigung der zweiten Partei und könne daher nicht von einem ordentlich beurkundeten Rechtsgeschäft gesprochen werden.

Anknüpfungspunkt für die Gebührenpflicht eines Rechtsgeschäftes ist nach § 15 Abs. 1 GebG 1957 die Urkunde als schriftliches Beweismittel über das Rechtsgeschäft. Soweit die Urkundenerrichtung nicht bereits Voraussetzung für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ist (rechtserzeugende Urkunde), kann ein Schriftstück als Urkunde nur dann eine Gebührenpflicht auslösen, wenn es Beweis zu machen geeignet ist. Beweis zu machen geeignet ist grundsätzlich auch ein Schriftstück, das bei einem zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft nur einer der beiden Vertragsteile ausfertigt (und unterfertigt) und dann dem anderen Vertragsteil aushändigt (übersendet; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0040, mwN).

Nach dem Gesagten genügte es für die Begründung der Gebührenpflicht, dass die das seit bestehende Pachtverhältnis in ihrer Präambel bezeugende Urkunde lediglich von der Beschwerdeführerin unterzeichnet (und der F GmbH ausgehändigt) worden war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am