VwGH vom 27.04.2011, 2011/08/0073

VwGH vom 27.04.2011, 2011/08/0073

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des F W in F, vertreten durch Dr. Werner Stolarz und Mag. Rainer Ebert, Rechtsanwälte in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/977-2010, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Im Rahmen einer Kontrolle durch Kontrollorgane illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB) am gegen 10 Uhr wurden drei (im angefochtenen Bescheid namentlich genannte) tschechische Staatsbürgerinnen beim Unkrautentfernen am Kürbisfeld des Beschwerdeführers angetroffen, ohne dass diese Personen zur Sozialversicherung gemeldet waren.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse schrieb mit Bescheid vom dem Beschwerdeführer die Leistung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von EUR 2.300,-- vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet ab. Die drei betretenen Personen seien als Dienstnehmer im Sinne des ASVG gegen Entgelt tätig gewesen. Gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sei ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person sowie ein Betrag von EUR 800,-- für den Prüfeinsatz anzusetzen. Aufgrund der nachgewiesenen längerfristigen wiederholten Tätigkeit von drei Betretenen könne auch nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher oder besonders berücksichtigungswürdiger Umstände oder von unbedeutenden Folgen ausgegangen werden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Der Beschwerdeführer rügt, aufgrund des identen Vorfalls sei ihm auch ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 ASVG in Höhe von EUR 38,90 vorgeschrieben worden; diesen Beitragszuschlag habe er bezahlt. Die Behörde hätte sich mit dem Umstand auseinander zu setzen gehabt, dass eine Vorschreibung gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Z 2 nicht möglich sei. Ein Beitragszuschlag könne nur entweder nach Z 1 oder Z 2 vorgeschrieben werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 33 ASVG (idF BGBl. I Nr. 31/2007) lautet:

"(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab) meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind."

§ 113 Abs. 1 bis 3 ASVG (idF BGBl. I Nr. 31/2007) lauten:

"(1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder


Tabelle in neuem Fenster öffnen
3.
das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4.
ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 EUR je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 EUR. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 EUR herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

(3) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären."

Eine beschäftigte Person ist demnach vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldung auch in zwei Schritten erfolgen kann: Mindestangaben-Anmeldung vor Arbeitsantritt, Anmeldung der noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen. Bei Unterbleiben der Anmeldung vor Arbeitsantritt können Beitragszuschläge gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG verhängt werden, bei Unterbleiben der vollständigen Anmeldung binnen sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung Beitragszuschläge nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG. Diese Beitragszuschläge sind voneinander unabhängig; zur Vorschreibung eines Beitragszuschlages müssen die Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 nicht kumulativ vorliegen (Verknüpfung durch "oder"). Es können auch Beitragszuschläge nach beiden Bestimmungen vorgeschrieben werden:

Wird etwa eine beschäftigte Person vor Arbeitsantritt zwar gemäß § 33 Abs. 1a Z 1 ASVG vor Arbeitsantritt angemeldet (Mindestangaben-Anmeldung), erfolgt aber sodann nicht die vollständige Anmeldung (gemäß § 33 Abs. 1a Z 2 ASVG), kann (ausschließlich) ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG vorgeschrieben werden. Wird hingegen eine beschäftigte Person nicht vor Arbeitsantritt angemeldet (und sie durch Prüforgane iSd § 111a ASVG betreten), erfolgt aber innerhalb von sieben Tagen eine vollständige Anmeldung (§ 33 Abs. 1a Z 2 ASVG), kann (ausschließlich) ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG vorgeschrieben werden. Wird aber eine beschäftigte Person nicht vor Arbeitsantritt angemeldet (§ 33 Abs. 1 iVm Abs. 1a Z 1 ASVG) und erfolgt auch keine vollständige Anmeldung binnen sieben Tagen (§ 33 Abs. 1a Z 2 ASVG), liegt sowohl der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG als auch jener des § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG vor; in diesem Fall können daher Beitragszuschläge nach beiden Bestimmungen vorgeschrieben werden.

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse steht damit der Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG nicht entgegen. Ob (im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Anmeldung der Beschäftigten sei "mittlerweile" erfolgt) im vorliegenden Fall ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG zu Recht vorgeschrieben und der Höhe nach richtig bemessen wurde, ist hier nicht zu prüfen, da die Vorschreibung dieses Beitragszuschlages nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen und erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am