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VwGH vom 16.02.2011, 2011/08/0014

VwGH vom 16.02.2011, 2011/08/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des PZ in W, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ges-180155/5-2010-Bb/Kie, betreffend Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer vom bis zum (dem Tag, an dem das Dienstverhältnis von der I. GmbH ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgelöst worden war) bei der I. GmbH in einem die Pflichtversicherung (Vollversicherung) nach dem ASVG begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden ist.

Vor dem Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht schloss der Beschwerdeführer mit der I. GmbH am folgenden prätorischen Vergleich:

"1. Das bestandene Dienstverhältnis wird einvernehmlich zum aufgelöst.

2. Die I. GmbH verpflichtet sich, 20.000,-- Euro brutto als Gehaltsnachzahlung für das Jahr 2007 zu bezahlen. Dieser Betrag wird auf allfällige offene Provisionen nicht angerechnet.

4. Mit Rechtskraft dieses Vergleiches sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche mit Ausnahme allfälliger Provisionsansprüche bzw. Ansprüche auf Garantieprovision bereinigt und verglichen."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses des Beschwerdeführers mit der I. GmbH für die Beitragszeiträume von Jänner bis Juli 2007 näher genannte Beitragsgrundlagen festgestellt.

Die belangte Behörde führte begründend aus, mit dem Vergleich sei - abgesehen von den Provisionen - eine abschließende Regelung getroffen worden. Das Dienstverhältnis habe vom 1. Jänner bis zum 31. Juli (bzw. bis zum 16. Juli) 2007 angedauert. Fragen im Zusammenhang mit der fristlosen Entlassung und der allfälligen Eigenschaft des Beschwerdeführers als begünstigter Behinderter seien obsolet geworden. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2006 EUR 42.816,65 an allgemeinen Beitragsgrundlagen erworben, was einem durchschnittlichen monatlichen Entgelt von etwa EUR 3.568,-- entspreche. Für das Jahr 2007 sei eine Gehaltsnachzahlung von EUR 20.000,-- geleistet worden. Für die vom Beschwerdeführer gewünschte Aufteilung des Vergleichsbetrages auf die Monate Jänner bis März 2007 biete der Vergleich keine Anhaltspunkte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe sich nicht mit den Umständen auseinander gesetzt, welche zum gerichtlichen Vergleich vom geführt hätten. Sie sei "hinsichtlich der korrekten Widmung des Vergleichsbetrages von EUR 20.000,--" von einem falschen bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen und habe lediglich formal das Vergleichsergebnis betrachtet, statt sich damit auseinander zu setzen, "was am inhaltlich tatsächlich verglichen worden ist". Die belangte Behörde sei davon in Kenntnis gesetzt worden, "dass es bei der Auslegung des Vergleiches unterschiedliche Ansichten mit letztendlich unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen" gebe. Zur Klarstellung dieser Auslegungsdifferenzen habe der Beschwerdeführer "ein entsprechendes Titelergänzungsverfahren vor dem ASG Linz" in die Wege geleitet. In diesem Verfahren werde sich

"der tatsächliche Sachverhalt ... klärend herausstellen". Erst

nach rechtskräftigem Abschluss werde sich zeigen, welche Monate bzw. Gehaltsbestandteile mit dem Vergleichsbetrag abgedeckt worden seien ("Widmung auf Monate lediglich ohne Entgeltfortzahlungsbezug, allenfalls freiwillige Abschlagsentschädigung für die Aufgabe des aufrechten Bestandes eines DV"). Vor Abschluss dieses Verfahrens sei ein Abspruch über die Beitragsgrundlagen "geradezu denkunmöglich".

Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinn gilt nach der Z. 1 des zweiten Satzes des § 44 Abs. 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt iSd § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6. Unter dem Entgelt pflichtversicherter Dienstnehmer sind nach § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten erhält.

Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Demnach kommt (gerichtlichen) Vergleichen maßgebliche Bedeutung zu, wobei diesen jedoch - wie allen sonstigen Vereinbarungen auch - keine den rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen vergleichbare Bindungswirkung (vgl. § 49 Abs. 6 ASVG) zukommt.

Aus dem gerichtlichen Vergleich vom ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an Gehalt für das Jahr 2007 eine Nachzahlung von EUR 20.000,-- erhalten hat. Der Beschwerdeführer vermochte keine Angaben darüber zu machen, welchen Inhalt die angeblich vom Vergleich abweichende Vereinbarung vom zwischen ihm und der I. GmbH haben sollte. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vergleich ist - abgesehen von seinen prozessualen Wirkungen - ein gültiger Vertrag, der die noch offenen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien endgültig regelt. Der Vergleich schlösse es zwar nicht aus, dass sich die Parteien nachträglich auf eine andere Vorgangsweise geeinigt und die vergleichsweise getroffene Einigung einvernehmlich wieder aufgehoben haben, doch hat der Beschwerdeführer derartiges auch in seiner Beschwerde nicht behauptet. Die belangte Behörde hatte keinen Anlass, diesbezüglich Ermittlungen einzuleiten. Mit dem Vergleich ist eine eindeutige und für die sozialrechtliche Beurteilung maßgebliche zeitliche und inhaltliche Zuordnung (Widmung) des genannten Vergleichsbetrages erfolgt. In Ansehung dieser zeitlich wirksamen Zuordnung des verglichenen Betrages zu einem bestimmten Zeitraum innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses bleibt für eine an deren Stelle tretende Verlängerung der Pflichtversicherung iSd § 11 Abs. 2 ASVG über dessen Ende hinaus kein Raum (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0229). Ausgeschlossen ist es ferner bei der vorliegenden Sachlage, den Vergleichsbetrag - wie vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gewünscht - als Gehaltsnachzahlung nur für die Monate Jänner bis März 2007 anzusehen.

Sofern der Beschwerdeführer auf eine anhängige "Titelergänzungsklage" bzw. auf künftige gerichtliche Entscheidungen über seinen Anspruchslohn verweist und daraus ableitet, dass die belangte Behörde die weiteren Entwicklungen hätte abwarten müssen bzw. für eine Feststellung der Beitragsgrundlagen unzuständig gewesen sei, ist ihm zu erwidern, dass die Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde davon nicht berührt wird (§ 38 AVG). Nachfolgende rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen über das Entgelt iSd § 49 Abs. 1 ASVG kommen allerdings als Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG in Betracht.

Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die ziffernmäßige Festsetzung der Beitragsgrundlagen nicht bekämpft. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am