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VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0006

VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Gemeinde L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Heis in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3/III, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0182-I/05, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A.N. und die beschwerdeführende Gemeinde schlossen einen Vertrag mit nachstehendem Inhalt:

"II.

(A.N.) ist Alleineigentümer der Liegenschaft in EZ ...

III.

Im Jahre 2000 war das Gst 16/3 als Freiland gewidmet. Es fanden Gespräche über die Umwidmung und die Raumordnungsziele in (der beschwerdeführenden Gemeinde) statt. Dabei kam es zwischen (A.N.) und der (beschwerdeführenden Gemeinde) im Sinne des § 35 TROG zu einer Vereinbarung des Inhaltes, wonach im Falle einer Umwidmung des Gst 16/3 in Bauland (A.N.) damit einverstanden ist, dass er zwei Baugrundstücke im Ausmaß von je 750 m2 aus Gst 16/3 behält und die übrigen Grundflächen aus Gst 16/3 an die (beschwerdeführende Gemeinde) ins Eigentum überträgt.

Die Umwidmung ist zwischenzeitlich erfolgt. Der gegenständliche Vertrag dient der Durchführung der getroffenen Vereinbarung.

Die (beschwerdeführende Gemeinde) benötigt die Grundflächen zur Errichtung eines Altenwohnheims, zur Arrondierung des öffentlichen Weges auf Gst ... und zur Schaffung eines Tauschgrundstückes zur Erfüllung bereits eingegangener Verpflichtungen. Die der (beschwerdeführenden Gemeinde) zu übertragende Fläche wird deshalb geteilt in die Teilflächen 1 und 2 (Arrondierungsflächen), das Gst 16/31 (Tauschgrundstück) und das verbleibende 16/3 (Grundfläche für Altenwohnheim samt Zufahrt).

...

V.

In Erfüllung des gemäß Punkt III. dieses Vertrages bezeichneten Vereinbarung übergibt (A.N.) die Teilstücke 1 und 2 sowie das neu gebildete Gst 16/31 im Ausmaß von 692 m2 und das restliche Gst 16/3 im Ausmaß von 2576 m2 an die (beschwerdeführende Gemeinde) und diese nimmt diese Grundflächen in ihr Eigentum."

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom schrieb das Finanzamt Innsbruck der beschwerdeführenden Gemeinde ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 112.260,-- Grunderwerbsteuer von EUR 3.929,10 vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Gemeinde vor, es handle sich um einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 33 TROG und deshalb bestehe keine Abgabepflicht.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Verfahrensparteien hätten das Vorliegen der Voraussetzung einer "Maßnahme zur besseren Gestaltung von Bauland" außer Streit gestellt. Strittig bleibe, ob der in Anwendung des § 33 TROG abgeschlossene Vertrag über den Grundstückserwerb als unmittelbare Rechtswirkung einer "behördlichen Maßnahme" im Sinne der Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG zu qualifizieren sei. In der Berufungsverhandlung vom sei von der beschwerdeführenden Gemeinde zugestanden worden, dass zwecks Erwerbes der Grundflächen kein behördliches Verfahren abgeführt, kein Bescheid erlassen und sohin von der beschwerdeführenden Gemeinde keinerlei hoheitsrechtliche Befehls- und Zwangsgewalt unmittelbar ausgeübt worden sei. Vielmehr handle es sich bei der Vereinbarung um einen privatrechtlichen Vertrag und damit um einen freiwilligen Akt, der infolge des § 33 TROG als eine "Maßnahme der Gemeinde als Träger von Privatrechten" zustande gekommen sei. Nach den Angaben der beschwerdeführenden Gemeinde sei diese an den Grundstückseigentümer herangetreten und habe ihm in Gesprächen das Anbot unterbreitet, das Gst 16/3 in Bauland umzuwidmen, wenn der Gemeinde im Gegenzug für öffentliche Zwecke, vorrangig zwecks Errichtung eines Altenwohnheimes, der Großteil der Liegenschaft abgetreten werde. Hätte der Grundstückseigentümer dem Ansinnen der Gemeinde nicht zugestimmt, so wäre ihm die Umwidmung in Bauland verwehrt geblieben, wodurch er einen großen finanziellen Nachteil erlitten hätte. Zufolge dieses Sachverhaltes sei aber nicht erkennbar, dass die beschwerdeführende Gemeinde eine Maßnahme gesetzt hätte, der sich der Grundeigentümer in keiner Weise hätte entziehen können, bzw. dass die Gemeinde auf ihn einen derartigen Druck ausgeübt hätte, dass er den Abschluss des Vertrages nicht auch mit Erfolg hätte verweigern können. Daran ändere auch nichts, dass der Grundeigentümer insofern unter einen gewissen Druck gesetzt worden sei, als die Verweigerung der Zustimmung die Nichtumwidmung in Bauland und damit einen finanziellen Nachteil gezeitigt hätte. Abgesehen davon sei jedenfalls davon auszugehen, dass der Grundeigentümer seine Zustimmung zum Abschluss des Vertrages und zur Überlassung der Grundflächen an die Gemeinde jederzeit hätte auch versagen können, weshalb die für die begehrte Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG erforderliche behördliche Zwangsmaßnahme nicht vorgelegen sei.

Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht dadurch verletzt, dass die belangte Behörde die vom Finanzamt festgesetzte Grunderwerbsteuer bestätigt und nicht von der gänzlichen Befreiung von der Steuerpflicht ausgegangen sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG sind von der Besteuerung ausgenommen, bei behördlichen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland der Erwerb eines Grundstückes nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt das Wesen einer behördlichen Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG darin, dass derjenige, den die Maßnahme betrifft, keine Möglichkeit hat, ihr auszuweichen. Eine behördliche Maßnahme ist so geartet, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Eine freiwillig geschlossene Vereinbarung ist keine Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/16/0232).

In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, diese Interpretation der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG werde dem Wesen von Vereinbarungen gemäß § 33 Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 (TROG) nicht gerecht. Die Behörde (Gemeinde) trete einerseits als Träger von Hoheitsrechten und andererseits als Vertragspartei gemäß § 33 TROG auf.

§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz TROG hat nachstehenden Inhalt:

"§ 33

Maßnahmen der Gemeinden als Träger von Privatrechten

(1) Die Gemeinden haben als Träger von Privatrechten die Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung und der Festlegung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, insbesondere die Sicherung ausreichender Grundflächen für den Wohnbau und für gewerbliche und industrielle Zwecke, anzustreben. Insbesondere dürfen Investitionen und Förderungsmaßnahmen der Gemeinden nur im Einklang mit den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept erfolgen.

(2) Die Gemeinden können zum Zweck der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung und der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes Verträge mit Grundeigentümern abschließen."

Wenn die Gemeinde als Träger von Privatrechten die Verwirklichung der in § 33 Abs. 1 TROG angeführten Ziele und Festlegungen anzustreben haben und mit Grundeigentümern gemäß § 33 Abs. 2 TROG Verträge abschließen können, dann handelt es sich dabei nicht um "behördliche" Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG. Es reicht für die Ausnahme von der Besteuerung nach dieser Bestimmung nicht aus, dass die Maßnahme von einer Behörde (im organisatorischen Sinn) gesetzt wurde, sondern sind "behördliche" Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG nur solche, die in Ausübung behördlicher Befehlsgewalt gesetzt wurden (zum Behördenbegriff vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 549).

Im Beschwerdefall liegt kein hoheitliches Handeln vor. Der Erwerbsvorgang war auch nicht unmittelbar die Folge einer behördlichen Verfügung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 3053/F). Vielmehr wurde, wie in der Beschwerde dargestellt, eine privatrechtliche Vereinbarung über den Grundstückserwerb durch die Gemeinde vor der Umwidmung im Bauland abgeschlossen.

Die beschwerdeführende Gemeinde vertritt auch die Ansicht, aus teleologischer Sicht erscheine es notwendig, dass Gemeinden im Falle des Erwerbes von Grundstücken im Sinne des § 33 TROG für öffentliche Zwecke von der Grunderwerbsteuer befreit sein sollten, begründet diese rechtspolitische Forderung aber nicht weiter. Eine solche Abgabenbefreiung enthält das GrEStG nicht.

Da die beschwerdeführende Gemeinde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2003.

Wien, am